Wie der "schwarze Filz" tickt…

Das Beste an der Demokratie ist der gelegentliche Wechsel der Regierungsmehrheiten. Das führt dazu, daß nicht eine Gruppe alleine ihren Einfluß auf die Verwaltung, die Justiz und manchmal sogar die Medien ausübt, sondern daß es da gelegentlich zu einem Wechsel kommt.

Nun ist es in Bayern ja geradezu ein offenes Geheimnis, daß eine Verwaltungskarriere eine bestimmte Stufe nicht erreichen wird, wenn man nicht über das richtige Parteibuch verfügt. Hier ist es längst in Teilen zu einem „Filz“ gekommen, der eigentlich dringend durchbrochen werden muß, der Skandal um den Augsburger Staatsanwalt Winfried Maier, der wegen seiner Ermittlungen gegen Max Straß strafversetzt wurde, zeigte das überdeutlich. Geändert hat die Geschichte aber nichts.

Trotzdem begehren immer wieder einzelne Mitglieder der Gesellschaft auf. So auch der Journalist Peter Welchering, der über seine Heimatstadt Kornwestheim berichtet und das auf der Ebene von Blog und Twitter. Er beschreibt einen kleinen Finanzierungsskandal in Pattonville, wird daraufhin von den Lokalmedien (welche die Lufthoheit über den Stammtischen bislang genießen durften) bedroht und letztendlich sogar von Seiten der Kommunalen Politik bedrängt. Als Reaktion darauf beschreiben andere Journalisten offenbar auch derartige Erfahrungen, geradezu bedroht werden sie manchmal aus den Reihen der kommunalen Behörden.

Hallo, wo sind wir hier?

Man hat langsam wirklich das Gefühl, in einer Bananenrepublik gelandet zu sein.

Kurzer Nachtrag:
Auch wenn ich jetzt hier zwei Beispiele aus dem schwarzen Filz herausgegriffen habe, sollte ich alleine schon der Gerechtigkeit halber betonen, daß es umgekehrt auch nicht gut ist, wenn die andere Seite zu lange ununterbrochen regiert, siehe Kölner Klüngel. Wie gesagt, ein Wechsel ist demokratisch.
Interessant ist in dem Zusammenhang aber, daß man bei schwarzen Korruptionsfällen oftmals nur mit den Schultern zuckt, während die Bevölkerung Korruption bei der SPD immer besonders kritisch betrachtet. Das bringt einen zu einer interessanten Erkenntnis: Anscheinend hat man an die Sozialdemokratie nicht nur den höheren Anspruch was Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und Sauberkeit angeht, sondern es gibt scheinbar auch noch einen gewissen Rest von gutem Ruf. Sonst wäre im anderen Fall die Enttäuschung auch nicht so groß…

Endspurt

Nun geht es in den Endspurt, liebe Leserinnen und Leser: Das Volksbegehren gegen Studiengebühren endet morgen. Wer noch nicht im Rathaus war, sollte es nun unbedingt tun.

Bayernweit fehlten nämlich gestern noch knapp 2,5%, damit die erforderlichen 10%  erreicht werden. Und das ist ja im Grunde auch nur der erste Schritt.

Das Volksbegehren ist die erste Stufe eines Verfahrens, das zum Volksentscheid führen kann. Erst der Volksentscheid ist dann die eigentliche Wahl, bei der die Bürgerinnen und Bürger sich eben entscheiden können, ob sie Studiengebühren wollen oder nicht. Damit dieses basisdemokratische Verfahren aber überhaupt in Gang kommt, müssen zunächst genügend Bürgerinnen und Bürger ihr Interesse bekunden…

Sollten morgen die 10% erreicht werden wird der Gesetzentwurf in den bayerischen Landtag eingereicht. Nun ist es so, daß der Landtag dem Ganzen einfach zustimmen kann, dann braucht es keinen Volksentscheid. die FdP hat schon angekündigt, den Entwurf abzulehnen, die CSU wirkt unschlüssig, auch weil die FDP mit dem Bruch der Koalition droht. Sollte der Landtag den Gesetzentwurf ablehnen, dann hätten binnen drei Monaten die Bürger tatsächlich eine Wahl – und könnten dafür oder dagegen stimmen.

Von daher – und alleine schon, weil Mitbestimmung ohnehin viel zu selten ist – könnte sich vielleicht auch der eine oder andere Gebührenbefürworter vielleicht zur Eintragungsstelle schleppen. In München – bislang ein recht mieses Ergebnis, am Montag waren es knapp 8% – läuft das auch super einfach: Zum Rathaus und dort gleich in die Informationsstelle. Kaum Anstehen, einfach schnell rein und die Unterschrift leisten. Alternativ suchen Sie Ihre Eintragungsstelle hier.

Nebenbei – meine Heimatgemeinde Zorneding hat bis jetzt über 13% geschafft.

Zu Erinnerung:

Eintragungsberechtigt sind Personen,

  • die Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 Grundgesetz sind,
  • das 18. Lebensjahr am letzten Tag der Eintragungsfrist (30. Januar) vollendet haben und
  • seit mindestens drei Monaten (also seit 30. Oktober 2012) in Bayern ihre Wohnung, bei mehreren Wohnungen ihre Hauptwohnung, haben.

Nicht eintragungsberechtigt sind Personen,

  • die ihre melderechtliche Hauptwohnung außerhalb Bayerns haben,
  • die infolge Richterspruchs das Stimmrecht nicht besitzen,
  • für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten eine Betreuerin/ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist, oder
  • die sich aufgrund einer Anordnung nach § 63 i.V.m. § 20 des Strafgesetzbuchs in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden.

Eintragungsberechtigung in den Münchner Eintragungsstellen
In den Münchner Eintragungsstellen kann sich nur eintragen, wer in einem Wählerverzeichnis der Landeshauptstadt München eingetragen ist oder einen Eintragungsschein besitzt.

  • Stimmberechtigte, die am 13. Dezember 2012 in München mit Hauptwohnung gemeldet waren, wurden automatisch in das Wählerverzeichnis eingetragen.
  • Stimmberechtigte, die ihre melderechtliche Hauptwohnung in einer anderen bayerischen Gemeinde haben und dort im Wählerverzeichnis eingetragen sind, müssen in Ihrer Heimatgemeinde vorher einen Eintragungsschein beantragen, um sich in einem Münchner Eintragungsraum für das Volksbegehren eintragen zu können.

Wofür man sich als Deutscher schämen sollte

Der heutige Kommentar von Heribert Prantl brachte mir wieder einmal die Tatsache in Erinnerung, daß wir seit der Kohlregierung ein unglaublich schlechtes Asyl- und Flüchtlingsrecht haben, das jedweder Beschreibung einem zivilisierten Staat Hohn spottet.

Vor einiger Zeit machte eine Journalistin des rbb eine Reportage namens „Vier Wochen Asyl – ein Selbstversuch mit Rückkehrrecht“ bei dem sie vier Wochen lang als Asylbewerberin lebte und dabei lernte, wie diese Menschen eigentlich zu leben gezwungen werden in einem der reichsten Länder der Erde. Falls Sie die verpasst haben, gönnen Sie sich die halbe Stunde, die Doku ist wirklich gut.

Tatsächlich ist es so, daß in den 1990er Jahren die „bürgerliche“ Rechte den Medienzirkus mit einer „Das Boot ist voll“-Rhetorik beherrschte. Von einer „Asylantenschwemme“ war die Rede, die den Staat irgendwie aussaugen würde. Tatsächlich gab es in dieser Zeit eine größere Zahl von Flüchtlingen, was vor allem dem Zusammenbruch Jugoslawiens geschuldet war der in mehrere Kriege mündete, die der „Ehrenbürger Europas“ Helmut Kohl geflissentlich ignorierte, Völkermord hin oder her. Die Stimmung kumulierte letztendlich in den Anschlägen in Rostock-Lichtenhagen, bei dem eine Gruppe Neonazis unter johlendem Beifall der ansässigen Bevölkerung ein Asylbewerberheim niederbrannten und die Polizei sich nicht traute, einzugreifen.

Diesen großen Erfolg des Boulevards möchte sich selbiger natürlich nicht wegnehmen lassen weswegen immer wieder in kleinen Beiträgen Stimmung gemacht wird was dann auch prompt funktioniert. Damals allerdings hatten sich CDU/CSU und FdP etwas ganz besonderes einfallen lassen – und die SPD hat sich ebenfalls mit dieser Schande befleckt, weil sie dem auch noch im Bundesrat zustimmte: Die Abschaffung des deutschen Asylrechts.

Nach dem zweiten Weltkrieg und unter dem Eindruck der Verbrechen der Nationalsozialisten haben die Gründerväter der Bundesrepublik in die Formulierung der Grundrechte den Artikel 16a aufgenommen: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ Die Bestimmungen der Grundrechte (Art. 1–19) und der sog. grundrechtsgleichen Rechte (Art. 20 Abs. 4, Art. 33, Art. 38, Art. 101, Art. 103 und Art. 104) sind allerdings, bis auf Artikel 1 und 20, veränderlich, sofern nicht ein Gericht feststellt, daß das Grundrecht auf Menschenwürde (Art. 1) durch ein Gesetz verändert wird und genau das hatten Kanzler Kohl und seine Handlanger in den anderen Parteien ausgenutzt, um das Asylrecht de facto abzuschaffen und es zu einem bürokratischen Monster aufzublähen, das letztendlich abschreckt und abschrecken soll.

Im Ursprung hatten die Väter der Verfassung nämlich vorgesehen, daß das Deutsche Volk als künftig friedlicher Teil der Völkergemeinschaft der Erde seine Kraft auch dazu benutzt, all jenen, denen Unrecht geschieht, Schutz angedeihen zu lassen, wenn man es darum bittet. Wer in seiner Heimat verfolgt wurde aufgrund seiner Hautfarbe, Religion und Weltanschauung, der sollte nach Deutschland fliehen können und von Deutschland beschützt werden, bis sich die Situation in seiner Heimat verbessert hat. Wir alle, wir Deutschen, wir sollten helfen, Unrecht zu verhindern oder es wenigstens abmildern indem wir jenen wenigstens ein Dach über dem Kopf anbieten.

Darauf kann man stolz sein, denn das ist ein klares Signal an die Welt gewesen, daß wir es künftig anders machen als früher.

Bis halt Helmut Kohl kam.

Die Politik stand dem in den 90ern plötzlich aufflammenden Rassismus ziemlich hilflos gegenüber und wußte nicht, wie sie das wirksam bekämpfen könnte und entschloß sich daher zur feigsten Art der Lösung: Dem Brand einfach die Grundlage zu entziehen. Anstatt ihn zu bekämpfen und sofort mit Aufklärungsmaßnahmen letztendlich das neorechte Denken zu zersetzen und halbwegs anständige Menschen aus denen zu machen, tauschte man lieber Opfer gegen Täter und zuckte mit den Schultern: Wenn Asylanten angegriffen werden sind sie schon selber schuld, hätten ja nicht kommen brauchen. Das nannte sich Asylkompromiß.

Die damaligen Parteivorsitzenden, Helmut Kohl (CDU), Otto Graf Lambsdorff (FDP), Björn Engholm (SPD) und Theo Waigel (CSU) tragen hierbei eine ebenso große Schuld an der Zerschlagung des Ausländerrechtes, wie die Ministerpräsidenten dieser Zeit und die Generalsekretäre. Es wäre wirklich an der Zeit, hier endlich einmal Veränderungen durchzusetzen und es stünde ganz besonders der SPD gut an, sich hier wieder auf die Grundbegriffe der Menschenwürde zu besinnen – und dem widerwärtigen Boulevard zu trotzen.

Von den Werten des "christdemokratischen" Menschen

Im politischen Alltag unserer Republik gibt es eine Vielzahl von Ereignissen, die manchmal am Verstand der Bevölkerung, besonders aber am Verstand der Politik zweifeln lassen. Liest man auf der Seite der Cristlich-Demokratischen Union oder auch bei den Christsozialisten nach, so findet man dort interessante Behauptungen.

Bei der CDU heißt es unter Selbstverständnis: „Grundlage unserer Politik ist das christliche Verständnis vom Menschen und seiner Verantwortung vor Gott. Unsere Grundwerte Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit sind daraus abgeleitet. Die CDU ist für jeden offen, der die Würde und Freiheit aller Menschen und die daraus abgeleiteten Grundüberzeugungen unserer Politik bejaht.“ Weiter heißt es: „Die CDU Deutschlands steht für die freiheitliche und rechtsstaatliche Demokratie, für die Soziale und Ökologische Marktwirtschaft, die Einbindung Deutschlands in die westliche Werte- und Verteidigungsgemeinschaft, für die Einheit der Nation und die Einigung Europas.“

Bei der CSU klingt das so:
„Die CSU ist die moderne wertorientierte Volkspartei in Bayern.
Die CSU gestaltet Politik aus christlicher und sozialer Verantwortung.
Die CSU ist die Partei der Freiheit.
Die CSU ist eine konservative Partei.
Die CSU gestaltet Politik zur Bewahrung der Schöpfung.
Die CSU ist eine bayerische Partei und gestaltet Politik für Bayern.
Die CSU trägt Verantwortung für unsere Zukunft in Deutschland und Europa.“

Diese Allgemeinplätze stehen unter der Schönen überschrift „Klare Werte„. Im Grundsatzprogramm im Bereich „die Wurzeln der CSU“ steht der schöne Satz: „Die christlich-soziale Volkspartei CSU ist überzeugungstreu im Grundsätzlichen und handlungsfähig in der praktischen Politik.“

Zusammengefasst also möchten uns beide Parteien sagen daß sie konservative, dem christlichen Abendland verpflichtete Parteien sind (interessant ist schon hier, daß das „christlich-jüdische Abendland“ gar nicht mehr als Kampfparole auftaucht…) die sich vor allem für die Einheit Deutschlands interessieren. Die CSU trägt sogar Verantwortung für die Zukunft also rufen Sie mal da an wenn Sie aus Ihrem Job rationalisiert werden.

Ware Werte
Was bleibt denn davon übrig, wenn man sich diesen Wertekanon ansieht und das Regierungshandeln der CDU – egal ob unter Kohl oder unter Merkel – daneben hält? Um es kurz zu machen: Nicht viel.

Bleiben wir mal bei der CDU. Die Grundlage ist das christliche Verständnis vom Menschen und die Verantwortung vor Gott. Der Mensch ist allerdings völlig egal was das reale Handeln der CDU betrifft, kaum lässt sich das schöner zeigen als an dem Schnappschuß, den ich zufällig dieses Wochenende in Pasing machen konnte, und der die Unterordnung christlicher Werte unter die ökonomischen nett darstellt:

Lust - die Sünde ist der Kaufanreiz

Schön, gell? Natürlich ist es nun nichts gerade ungewöhnliches, daß mit Hilfe einer Sünde ein Kaufanreiz geschaffen wird, aber rein von der Symbolik her fand ich die Verbindung von „Lust“ (Immerhin eine Todsünde im christlichen Verständnis) mit dem Kommerz hier besonders treffsicher platziert.

Tatsächlich haben CDU/CSU in Verbindung mit einer völlig aus dem Ruder gelaufenen FDP das Rennen aus dem Christlichen hinein ins Ökonomische angetreten. Das mag den einen oder anderen eingeschworenen Gegner dieser Parteien nun nicht weiter verwundern, aber was der SPD völlig zu Recht als Verrat an den eigenen Prinzipien ausgelegt wird, nämlich die Unterordnung der eigenen Wertewelt unter eine ökonomische Denkweise, scheint die Christdemokraten kaum zu berühren: Ihre Umfragewerte liegen stabil zwischen 32% und 36%.
Das ist interessant, denn eigentlich ist das Christentum eine recht sozialrevolutionäre Bewegung, die mit dem Begriff „Nächstenliebe“ die Gnade und das Mitleid in Gesellschaftsordnung und Wertebild der Menschen eingebracht hat. Reichtum ist im Christentum eigentlich verpönt – wer reich war, mußte um seinen Platz im Himmelreich bangen. Der Schutz der Armen ist Programm, und das schon ziemlich lange: „Wer dem Geringen Gewalt tut, lästert dessen Schöpfer; aber wer sich des Armen erbarmt, der ehrt Gott. (Spr 14,31)“
Sogar Mundraub, der Diebstahl von Essen aus Hunger, wird schon im Alten Testament legitimiert: „Wenn du in deines Nächsten Weinberg gehst, so magst du Trauben essen nach deinem Willen, bis du satt hast; aber du sollst nichts in dein Gefäß tun. Wenn du in die Saat deines Nächsten gehst, so magst du mit der Hand Ähren abrupfen; aber mit der Sichel sollst du nicht darin hin und her fahren.“ (5 Mose, Kap. 23, V.25-26)

Das möchte ich sehen, daß ein CDU-Politiker mit einem Lächeln drüber hinwegsieht, wenn ihm ein Obdachloser Trauben aus dem Weinberg klaut, selbst Heiner Geißler, der immerhin einen Weinberg in der Weinlage namens „Gleisweiler Hölle“ besitzt, würde das vermutlich nicht lustig finden.

Das Christentum hat sich schon im Mittelalter dahingehend gewandelt, daß die Amtskirche die Machtpositionen und die Machtsituation des Adels und natürlich von sich selbst als gottgegebener Situation darstellte. Den Menschen wurde eine Art Handel vorgeschlagen: Ihre Armut war eine göttliche Strafe für die Erbsünde, dafür stünde ihnen das Himmelreich offen – zumindest wenn sie für die Reichen beten; Die Reichen konnten ihre Seele mit dem Almosen an die Armen erretten. Und schon muß sich nichts ändern.
Diese Denkweise ist von der Amtskirche direkt ins politische Christentum gewandelt, es scheint sich nicht mehr als Volksverteidiger, sondern als Verteidiger eines Status Quo zu verstehen. Einen Jakobus würden CDU-Politiker vermutlich gleich direkt verneinen oder gar für linke Kampfrhetorik halten: „Wohlan nun, ihr Reichen, weint und heult über das Elend, das über euch kommt! Euer Reichtum ist verfault und eure Kleider sind zum Mottenfraß geworden; euer Gold und Silber ist verrostet, und ihr Rost wird gegen euch Zeugnis ablegen und euer Fleisch fressen wie Feuer. Ihr habt Schätze gesammelt in den letzten Tagen! Siehe, der Lohn der Arbeiter, die euch die Felder abgemäht haben, der aber von euch zurückbehalten worden ist, er schreit, und das Rufen der Schnitter ist dem Herrn der Heerscharen zu Ohren gekommen! Ihr habt euch dem Genuss hingegeben und üppig gelebt auf Erden, ihr habt eure Herzen gemästet wie an einem Schlachttag! Ihr habt den Gerechten verurteilt, ihn getötet; er hat euch nicht widerstanden.“ (Jak 5, 1-6)

Was bleibt ist die Erkenntnis, daß man unter der Herrschaft einer „christlichen“ Partei am Besten bei der Bibel bleibt. Zum Beispiel beim Propheten Amos, der nicht Teil der katholischen, sondern der jüdischen Bibel ist: „Darum, weil ihr die Armen unterdrückt und nehmt von ihnen hohe Abgaben an Korn, so sollt ihr in den Häusern nicht wohnen, die ihr von Quadersteinen gebaut habt, und den Wein nicht trinken, den ihr in den feinen Weinbergen gepflanzt habt. Denn ich kenne eure Freveltaten, die so viel sind, und eure Sünden, die so groß sind, wie ihr die Gerechten bedrängt und Bestechungsgeld nehmt und die Armen im Tor unterdrückt.“ (Amos 5, 11-12) Den Satz danach („Deshalb handelt jeder klug, der in solch einer bösen Zeit schweigt und sich euch nicht ans Messer liefert.“) will ich aber nicht gelten lassen….

Fundstück der Woche (06.KW): Gefällt mir!

Zu Guttenberg wollte ich ja nichts mehr schreiben. Tu ich auch nicht. Das Bild der Facebook-Seite „Wir wollen Karl-Theodor zu Guttenberg zurück“, das ein weiblicher Fan anläßlich des Geburtstags des Barons bereitgestellt hat, spricht für sich:

Foto "Team zu Guttenberg"

Von der mangelnden Konsequenz…

Die CSU ist ja nicht gerade als eine konsequente oder ehrliche Partei bekannt; Wie auch, als christliche Partei ist sie der strukturellen Heuchelei natürlich schwer verpflichtet. Ein guter Christ im öffentlichen Christentum predigt Moral und stubst wenigstens vorher den Ministranten vom Schoß, ein CSU-Politiker wie Dohbrindt fordert das Verbot von demokratischen Parteien weil es fragwürdige Figuren darin gibt.

Wäre er konsequent, müsste er nun auch das Verbot der CSU fordern. Denn nach Medienberichten hat der Müncher Unionsangehörige Detlev Baasch  eine Rede auf einer NPD-Veranstaltung gehalten, weil er mit einem der veranstalter persönlich bekannt sei.

Wenn sich Mitglieder einer Partei in seltsamen Kreisen herumtreiben wie zum Beispiel der „kommunistischen Plattform“, dann stört es mich nicht im Mindesten wenn der Verfassungsschutz da mal nachsieht. Im Grunde ist er ja dafür da. Über die Qualität seiner Arbeit kann man natürlich reden, und gerade die ist in den letzten Wochen zu recht in die Kritik geraten. „Unser“ Verfassungsschutz ist offensichtlich auf dem Rechten Auge nicht nur blind, sondern auch noch hilfsbereit.

Links hingegen offenbar nicht. Und das hilft dem „bürgerlichen Lager“ (Auch so ein Begriff, wer hat sich das eigentlich ausgedacht?) seine konservativen Werte zu vermitteln: Konservativ scheint zu sein, daß man Ängste schürt wenn einem die Argumente ausgehen. Stets wenn das bürgerliche Lager oder sein Lagerwart Dobrindt von irgendwas ablenken muß wird die Angst vor dem Russen bzw. vor dem Kommunisten ausgepackt, während sie zeitgleich durch ihre Politik den Extremisten Zulauf verschaffen. Und trotzdem haben sie es nicht geschafft bislang, eine Linksextreme Szene mit einer ernsthaften Zahl Mitglieder zu erschaffen. Die paar Spinner schafft eine stabile Demokratie locker – im Gegensatz zur anderen Seite.

Links wird beobachtet, Rechts mordet. Und die CSU engagiert sich bei solchen Leuten…?

Das erfordet doch mal einen offenen Brief:

Sehr geehrter Herr Dobrindt,

Dank Ihrer lautstarken Forderung, die Linkspartei zu beobachten und notfalls auch zu verbieten, weil sich einige ihrer Mitglieder in tatsächlich sehr fragwürdigen Kreisen bewegen, möchte ich von Ihnen wissen, ob Sie sich nun auch konseuqnt für ein Verbot der CSU einsetzen möchten.

Das CSU-Mitglied Detlev Baasch hat eine Rede auf einer NPD-Veranstaltung gehalten, ein klares Signal daß sich Mitglieder der Partei offensichtlich in verfassungsfeindlichen Kreisen bewegen. Gemäß der Logik Ihrer Rhetorik müssten Sie nun zumindest die Beobachtung, wenn nicht gar das Verbot der CSU fordern.

Dankenswerter Weise setzt sich die CSU bislang stark für ein Verbotsverfahren gegenüber der NPD ein. Wie konkret soll dieses Verbotsverfahren nun in die Wege geleitet werden wenn da Verbindungen zur CSU auftauchen?

Ich bin gespannt auf die Antwort.

Weihnachten…

…. ist immer eine sehr schwierige Zeit für Sozialdemokraten. Das geht schon mit dem Glauben los – viele Sozialdemokraten verstehen sich als Christen und in Anbetracht der Taten der „C“-Parteien dürften sie die letzten echten politischen Christen sein., zumindest im Sinne des Christentums.

Ich selbst tue mir mit dem Glauben mitunter hart. Ich bin durch eigene Entscheidung evangelisch-christlich aufgewachsen, habe in der Kirche den Kindergottesdienst geleitet und auch ansonsten oftmals in Glaubensdingen mitgemacht. Ich finde die christliche Botschaft von Nächstenliebe ist richtig – und sie ist wichtig.
Sehe ich hingegen wie die katholische Kirche mit dem widerwärtigen Mißbrauch mit kleinen Kindern umgeht, wie die Kirche  – egal ob katholisch oder evangelisch – neuerdings mit den Herausforderungen fremder Glauben umgeht, dann wird mir eher mulmig. Die Kirche arbeitet hier mit der gleichen Propaganda wie besonders konservative Parteien und Volksgruppen und die Argumentationslinie macht mir ein bißchen Angst. Gerade an Weihnachten.

Die Argumentationslinie läuft letztendlich auf folgendes hinaus: „Ja, er tat schlimmes, aber er ist ja ein (guter) Christ.“ Das genügt, damit sowohl Prügler wie auch Schänder höchstens für ein paar Jahre Auszeit nehmen müssen bevor ihnen wieder Kinder zum Fraß vorgeworfen werden. Viele Menschen verweigern die Wiedereingliederung von Kinderschändern in die Gesellschaft, sofern das in ihrer Nachbarschaft stattfinden soll. Ist der Kinderschänder dagegen ein Pfaffe, Verzeihung, ein Pfarrer, dann ist das eine läßliche Sünde und dem betreffenden Mann wird bedenkenlos die nächste Ladung Ministranten geliefert. Würden Sie Ihre Kinder einem als Kinderschänder bekannt gewordenen Menschen anvertrauen, sagen wir für eine Nachmittagsbetreuung?

Alle Menschen sind gleich – aber manche sind gleicher.
Das Motto scheint stets zu sein, daß man bestimmten Gruppen anscheinend schützen muß. „Wer dem Christentum/Der Kirche dient kann letztendlich kein schlechter Mensch sein.“ Dieser seltsame Gedanke scheitert alleine daran daß es kaum größere Verräter am Grundgedanken des Christentum gibt als die christlichen Parteien oder Kirchen.

Beginnen wir bei den Kirchen: Jahrhunderte von Unterdrückung, Mißbrauch von Kindern und Frauen (nur als Beispiel: Dem Bischof von Winchester gehörten knapp 80% der Londonder Hurenhäuser im 14. Jahrhundert!), und auch wenn es beliebt ist, die Inquisition und die Kreuzzüge als Errungenschaften christlich-katholischer Nächstenliebe zu verstehen, so sollte man nicht vergessen daß die Ausrottung der indianischen Völker in Amerika oder die beinahe gelungene Ausrottung der Aborigines in Australien möglicherweise von Katholiken begonnen – aber von Evangelen und Evangelikalen beendet wurde. Die katholische Kirche ist zumindest soweit, das ganze als möglichen Irrtum anzuerkennen, ich bezweifle daß man da von Evangelelen was zu hören würde. Gut – Evangelikale verbrennen ja gerade wieder Korane zwecks der Völkerverständigung und so….

Die politischen C-Parteien sind aber eigentlich fast noch schlimmer, da sie in einem säkularen Zeitalter, in dem wir uns Gott sei Dank befinden (und ja – den inhärenten Wortwitz darf jeder behalten), so ziemlich jeden christlichen Wert über den Haufen werfen. Armenpflege, Nächstenliebe? Der Wertschöpfung untergeordnet. Die Erkenntnis, daß nur der, der Gutes tut, auch Gutes schafft? Als „Gutmenschentum“ für doof erklärt. Verpflichtung gegenüber der Schöpfung? Nur wenn es Gewinn abwirft.

Christen teilen Ihr Kleid mit einem Armen um beide wenigstens ein bißchen zu wärmen. Christen helfen den Unterdrückten indem sie nicht etwa eine Spende an Weihnachten geben sondern indem sie sich das ganze Jahr über denen annehmen und sich um die bemühen, die eben nichts haben. Das macht aber die Linkspartei noch am ehesten, da will ich meine SPD („Rasieren Sie sich erst einmal“) gar nicht schonen. Die Belange der kleinen Leute sind uninteressant – sowohl für den kirchlichen als auch für den politischen Christen.

Jesus Christus würde sich für die vermeintlichen „Christen“ unserer Zeit schämen und sie verdammen.

In diesem Sinne – Frohe Weihnachten!

Man müsst ihn ja eigentlich ignorieren….

… aber der Erlöser ist zurück. Also der Erlöser der einfachen und wenig gebildeten Menschen. Der Mann, der seinen Doktortiltel aberkennen „ließ“ (sic!), damit jeder sehen konnte, daß das Heft des Handelns in seiner Patschepfote blieb. Der Blender und Verführer ist zurück – und gewohnt genial im Umgang mit den Medien.

Man kann über Karl-Theodor zu Guttenberg ja vieles sagen. Zum Beispiel daß er ein als Minister, egal ob als Wirtschafts- oder als Verteidigungsminister komplett versagt hatte. Man müßte aber fairerweise dazu sagen, daß das verdammt gut aussah, denn es gab tolle Photos davon. In Anlehnung an einen anderen Spruch könnte man auch von „Mieser Arbeit, aber mit geiler Grafik“ sprechen.

Guttenberg hat es, nicht zuletzt zum Neid seiner Gegner, tatsächlich geschafft den Nimbus der Anbetung um sich herum zu erhalten obwohl er in Wahrheit buchstäblich nichts auf die Reihe gebracht hatte. Als Wirtschaftsminister bei der Opel-Rettung, noch zu Zeiten der Großen Koalition, hat er dem Gegenteil dessen zugestimmt was er propagiert hatte. Gut, werden sich viele sagen: „CSU halt. In Bayern dagegen, in Brüssel dafür.“ Stimmt, so betrachtet war es konsequent. Trotzdem bleibt, daß KTzG buchstäblich nichts anderes getan hatte, als einzuknicken. Solange er das tat durfte er sich als „Widerstandinator“ aufspielen.
Als Verteidigungsminister und Erbe des auf Befehl der Oberkommandierenden in Kriegszeiten zurückgetretenen Ministers Jung nun hat er die Bundeswehrreform in Angriff genommen und die Wehrpflicht ausgesetzt. Angesichts der Tatsache, daß die CSU da immer schon dagegen war weils um das Land herum nur Russen und im Land nur Kommunisten gibt, tatsächlich eine beachtliche Leistung. Aber real war’s dann doch wieder Blendwerk: Sein Nachfolger Thomas de Maizière bescheinigte dem Reformwerk ziemliche Stümperei – auch wenn das natürlich sofort und umfassend dementiert wurde. Tatsächlich ist die Geschichte Stückwerk – der Ersatz des Wehrersatzdienstes kommt jedenfalls nicht so recht in die Gänge was nicht weiter verwundert, wünscht doch die gleiche Regierung daß man mit 17 bereits ein abgeschlossenes Studium und 15 Jahre Berufserfahrung mitbringt, um als Single flexibel für den Arbeitsmarkt 500km pendeln zu können. Da kommt Dienst an der Gesellschaft irgendwie nicht vor.

Nun also droht ein Comeback, wie der ProGuttenbergBlog begeistert veröffentlicht (auch wenn er in seiner flammenden Begeisterung irgendwie das Gegenteil dessen schreibt, was er vor drei Tagen schrieb. Guttenberg habe sich entschuldigt, sei zurückgetreten und habe daher ein Recht auf Rehabilitation. Der Vorstand des Netzwerk Recherche habe betrogen, sich entschuldigt, sei zurückgetreten und der Nachfolgende Vorstand war im Amt als die Jury den Leuchtturm an die FAZ vergab. Das wirft natürlich ein bezeichnendes Licht auf den Preis, die Jury und ihre „linke“ Haltung. Ich hab selten so sehr lachen müssen als bei diesem kurz hintereinander erfolgten Beweis für die Redlichkeit der Verteidiger…).
Die Meisterschaft des „Platitüden-Barons“ (Priol) im Umgang mit der Presse zeigt sich aber wieder einmal in der Inszenierung des Mannes. Zufällig ein paar Tage vor Erscheinen seines Buches wird ein Interview geführt was zufällig die deutsche Presse bemerkt, woraufhin zufällig die ZEIT, ausgerechnet, die Kampagne startet um das Buch ihres Chefs zu verkaufen. Zufällig ereilt den Buchveröffentlichenden auch ausgerechnet in diesen Tagen das Urteil und zufällig darf er fürs kopieren NICHT wie ein gewöhnlicher DvD-Brenner („Noch viermal singen„) büßen, sondern öffentlichkeitswirksam die deutsche Krebshilfe unterstützen („KTzG – er hat ein Herz für Krebskranke Kinder“). Begeistert wirkt die Presse positiv wie negativ mit und schon stehen heute um 10:09 Uhr volle 7 (Sieben!) Artikel zu zu Guttenberg auf Sueddeutsche.de. Dafür mußte die NSU 10 Menschen abknallen und mutmaßlich Selbstmord begehen.

Die Bildzeitung schießt, wie immer, den Vogel ab indem sie das Interview und das Buch betitelt mit „zu Guttenberg rechnet mit sich ab“ – also gleich wieder am Nimbus des Heft-in-der-Hand-Halters schraubt. Finanzkrise, Regierungskrise, Nazi-Terror? Alles plötzlich Seite 5, der Erlöser ist da. Und ob es nun seine Gegner sind, oder seine Befürworter: Ein jeder schreibt einen Artikel dazu, oder auch zehn. Selbst ich.

Da bleibt nur Kopfschütteln.

Man müsste sich freuen, aber…

Der Vorstoß der CDU zum Thema Mindestlohn hat kollektiv überrascht. Sowohl Ursula von der Leyen als auch Angela Merkel sprechen plötzlich wie die „verrrückten Linken“ (Sprich: Alle anderen, abgesehen von der FdP vielleicht) von vorhandenen und kommenden Problemen wie Altersarmut, Menschenwürde und Grundversorgung. Dieser Erkenntnissprung wäre ein Grund zu Freude wenn nicht…

… wenn nicht doch wieder Union draufstünde. So begeistert die Zeit (wie andere) auch berichtet und sowohl SPD wie auch Gewerkschaften sich vorsichtig positiv äußern, so wenig Analyse scheint für diesen Vorstoß gegeben. Wie das Deutschlandradio hier und hier berichtet äußert sich der allseits so beliebte Christian Lindner wunderschön mit den Worten: „Wir verstehen das nicht und müssen es auch nicht verstehen“. Auch der Hundt der Nation ist natürlich sauer, aber auch er warnt gleich vor Arbeitsplatzverlusten und so weiter.

Aber einer, der da mal analysiert? Nö.

Was genau fordert denn der Antrag der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft von der Union?

Ich zitiere: „Wir wollen eine durch die Tarifpartner bestimmte und damit marktwirtschaftlich organisierte Lohnuntergrenze und keinen politischen Mindestlohn.“ Das bedeutet, daß sich die Tarifpartner auf eine Lohnuntergrenze einigen sollen und zwar in den Branchen, in denen es derzeit keine Tarifverträge gibt. Und warum gibt es keine? Na weils in der Regel in diesen Branchen an Tarifpartnern mangelt.

Auch wenn es inzwischen sogar für Zeitarbeiter gelungen ist, einen Mindestlohn einzuführen (der tatsächlich lächerlich niedrig ist), so gibt es nach wie vor gerade im „Niedriglohnsektor“ eine gigantische Menge an Aufstockern. Diese Aufstocker sind letztendlich kaschierte Arbeitslose, denn sie werden nicht in der Statistik geführt (woführ sich die Regierung ja immer wieder schön bejubelt), stehen aber trotz eines Arbeitsplatzes um die Stütze vom Staat an. Dazu gibts dann aus den neoliberalen Kreisen der Bevölkerung immer noch zynische Kommentare der Kategorie „Die sollen sich halt eine besser bezahlte Arbeit suchen, der Markt regelt das“ Nett, gell?

Der Antrag nun fordert konkret, daß überall dort, wo die Beschäftigten in Betrieben arbeiten, die sich nicht an die Tarifpartner gebunden fühlen, eine Gesetzgebung greifen muß. Nach wie vor wollen sie die Tarifautonomie unangetastet lassen, sondern nur dort handeln „wo die Tarifautonomie nicht mehr greift“.

Was ist positiv an diesem Vorstoß?

Eine Reihe von Dingen fallen positiv auf und das muß auch ehrlich benannt werden:

  • die CDU erkennt damit endlich an, daß sich die Spielregeln des Martktes eben verzerrt haben weil Dumpinglöhne möglich sind
  • Die CDU begreift, daß der niedriglohnsektor schweineteuer ist und noch teurer wird sobald diese Menschen alt sind
  • Die Festlegung auf eine Lohnuntergrenze ist die Erkenntnis der CDU, daß die Arbeitgeber und zwar einseitig seit den 90er Jahren aus den Tarifverträgen herausgehüpft sind. Nicht alle, aber eine große Mehrheit.

Und was ist negativ?

Mehreres. So zeitgemäß der Vorstoß ist, so absurd sind einige Elemente auch:

  • Die Höhe am Mindestlohn für Zeitarbeiter zu orientieren ist eine interessante Idee, auch wenn die Höhe tatsächlich sehr gering ist. Aber zeitgleich wird gefordert daß Zeitarbeiter letztlich den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit erhalten sollen. Sprich: Die Erkenntnis, daß Zeitarbeiter schlecht bezahlt sind wird mit der Forderung, andere auch so zu bezahlen verknüpft…
  • Die grundsätzliche Hinwendung an die Tarifpartner ist eine typische CDU-Sache, der gesetzliche Mindestlohn wird aber nach wie vor abgelehnt. Die Gewerkschaften fordern 8,50€ was im europäischen Vergleich eher moderat ist und der wirklich wichtige Unterschied ist die Tatsache, daß ein gesetzlicher Mindestlohn gefordert wird. Es ist nämlich durchaus so, daß zum Einen nicht alle Gewerkschaften wirklich im Sinne ihrer Mitglieder streiten und zum Anderen sind die Gewerkschaften eben nicht überall vertreten. Solange der Gesetzgeber nicht eingreift wird sich aber nichts wirklich ändern.

Wie ist das zu bewerten?

Das gehört zu den interessantesten Elementen. Zunächst einmal muß man sich darüber im Klaren sein, daß der Vorschlag nicht neu ist, er stammt eigentlich aus dem Mai 2011. Auch muß man sich klarmachen, daß die allseits beliebte Behauptung, daß sich durch Mindestlöhne Arbeitsplätze vernichten lassen, einfach nicht stimmt.

Dennoch lässt die Hinwendung der Kanzlerin zu dem Thema erahnen, wie es um die Regierung bestellt ist:

  1. Merkel bereitet wohl die nächste Große Koalition vor. Ihr ist klar, daß Schwarz-Gelb nur dann 2013 überleben kann, wenn sie bis dahin den Kriegsfall ausrufen kann.
  2. Der generelle Linksruck der CDU (Atomausstieg, Abschaffung der Wehrpflicht, Frauenquotendebatte) ist interessant und zeigt, daß die Partei ziemlich Angst hat, die gesellschaftlichen Realitäten gänzlich aus den Augen zu verlieren. Würde man die CDU als politischen Arm der Kirche verstehen so wäre das Verkennen der Wirklichkeit ja noch nachvollziehbar, aber eigentlich wirkt die CDU durch den Aktionismus nur noch hilfloser.
  3. Merkel verärgerte zuerst die CSU (Steuersenkungsdebatte) und nun die FdP. Das ist seltsam – zumal sie in letzter Zeit auch beginnt, gerade bei europäischen Fragen mit der Opposition zu regieren. Dagegen spricht nichts, aber man muß sich schon fragen wohin die Kanzlerin ihre CDU da führt. Ist das eigentlich noch ein vernünftiges, parlamentarisches System, wenn die Regierung zerstritten ist und eine Regierungspartei dann mit der Opposition regiert?

Übrigens: Der BDA reagierte besonders lecker: „Die Produktivität der Köchin, des Wachmanns oder der Pflegerin lasse schlicht keine höheren Entgelte zu, argumentiert der BDA. Wenn denen das nicht zum Leben reiche, müsse eben die Gemeinschaft der Steuerzahler einspringen und den Lohn aufstocken.“ Da fällt es schwer, den Begriff mit dem A am Anfang und mit dem Loch am Ende nicht zu verwenden.