Morgengruß (LV)

Guten Morgen zusammen,

Wir nehmen bei der Stadt ja am ewigen Wettlauf zwischen technischer Innovation und grundsätzlichen datenschutzrechtlichen Bedenken teil. Dieses Wettrüsten gibt es schon seit Jahrhunderten, vor allem natürlich im militärischen Bereich.

Im hundertjährigen Krieg haben die Engländer lange Jahrzehnte auf den walisischen Langbogen gesetzt, dessen unübertroffener Reichweite und hoher Durchschlagskraft keine französische Rüstung gewachsen war. Erst gegen Ende des Krieges – um 1450 herum – fanden die Franzosen eine Waffe gegen diese Bedrohung: Die Artillerie. Manchmal hinterließ dieses Wettrüsten aber auch völlig unnütze Bauten:

1801 begannen die Franzosen auf einer kleinen Felsinsel an der Atlantikküste mit dem Bau von Fort Boyard, um die Lücke in der Verteidigung an der Mündung der Charente zu schließen und das Marinearsenal von Rochefort zu schützen. Der Bau war mühselig und umfasste die gesamte Insel – entsprechend lange dauerte er. 1857 war das Fort endlich erbaut. Mittlerweile hatten Kanonen allerdings eine so große Reichweite, dass das Fort keinen militärischen Nutzen mehr hatte.

Es wechselte dann mehrfach seinen Zweck und auch den Besitzer – mal als Gefängnis, mal als Zielobjekt für Übungsflüge deutscher Jagdflieger. Seit 1990 ist es Schauplatz der französischen Spieleshow Fort Boyard.

Schönen Tag Euch,
Euer Nik

Morgengruß (LIV)

Guten Morgen zusammen,

Vor meinem Urlaub habe ich ja über den Schimpansenkrieg von Gombe erzählt, der ersten territorialen Auseinandersetzung mit tödlicher Gewalt, die bei Primaten beobachtet werden konnte.

Zu den Schimpansen gehören auch die Bonobos oder Zwergschimpansen. Bonobos sind nur unwesentlich kleiner als gemeine Schimpansen, aber ähnlich verwandt mit uns. Im Gegensatz zu den gemeinen Schimpansen teilen sie sich ihre Territorien nicht mit Fresskonkurrenz wie den Gorillas, sondern leben recht isoliert zwischen dem Kasai, Sankuru und dem Kongo (also den Flüssen).

Diese Situation hat dazu geführt, dass Bonobos wesentlich friedlicher miteinander umgehen können als Schimpansen. Sie praktizieren recht häufig Geschlechtsverkehr, teilweise auch als Bezahlung für Nahrung oder um Spannungen in der Gruppe oder zwischen Individuen abzubauen und das recht erfolgreich.

Im Grunde haben unsere anderen nächsten Verwandten also die Methode „make love, not war“ als Lebenseinstellung gefunden.

In diesem Sinne einen friedlichen Tag wünscht Euch

Euer Nik

Morgengruß (LIII)

Guten Morgen zusammen,

Muckefuck ist nicht etwa Punkmusik, sondern Kaffee, der kein Kaffee ist – die Älteren werden sich erinnern. Der Begriff hat keine klare Herkunft – eine Vermutung ist das rheinische, wobei hier mucken (Holzmulm) und fuck (faul) als Herkunft angedacht sind, eine andere die eingedeutschte Form für das französische Mocca faux (falscher Kaffee).

Wie auch immer – Kaffeeersatzgetränke sind das Ergebnis von kriegsbedingten Importproblemen und/oder großer Armut. Schon die alten Babylonier verwendeten geröstete Körner, um Getränke herzustellen. Mitte des 18. Jahrhunderts erfreute sich der deutsche Feigenkaffee einer großen Beliebtheit, der Mitte des 19. Jahrhunderts dann als „Gesundheits-Kaffee“ verkauft wurde.

Eine andere weit verbreitete Variante ist der Kaffee aus Zichorien, der gemeinen Wegwarte. Ursprünglich erfunden von Christian von Heine aus Holzminden und Christian Gottlieb Förster aus Braunschweig, entwickelte sich der Zichorienkaffee zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig in Braunschweig. Heute ist davon nurmehr der Caro-Landkaffee (Eine Mischung aus Zichorie, Gerste, Malz und Roggen) übrig und praktisch bedeutungslos, und das ist auch gut so.

Trinkt lieber „wos g’scheits“.

Euer Nik

Morgengruß (LII)

Guten Morgen,

leise röchelt Kaffee – wir hatten schon lange nichts mehr über den braunen Saft des Lebens. Und bei Saft des Lebens fällt einem auch gleich der Whiskey ein, dessen eigentliche Bezeichnung uisce beatha (sprich: ‚ischke baha‘) lautet: Wasser des Lebens.

Was läge näher, als diese Getränke zu mischen? In den 1940er Jahren kam Joe Sheridan im Flughafenrestaurants des Flughafen Foynes (Vorläufer des Shannon International Airports) auf die Idee, Whiskey, karamellisierten Zucker, Kaffee und Sahne miteinander zu mischen.

Das Getränk gab es allerdings nur dort – 1952 berichtete der Journalist Stanton Delaplane dem Inhaber des Cafés Buena Vista in San Francisco davon. Jack Koeppler flog daraufhin nach Irland, um die richtige Mischung zu erfahren und machte das Getränk als Szenegetränk weltweit bekannt: Irish Coffee.

Und jetzt einen (noch alkoholfreien) Kaffee!

Euer Nik

Morgengruß (LI)

Guten Morgen,

derzeit wird ja am Stachus fleißig gebaut. Das Hotel Königshof wurde dort abgerissen und wird wohl wesentlich moderner wieder aufgebaut. Der Bau war einer der ersten deutschen nach Skelettbauweise, also ein Gebäude, das an einem tragenden Skelett aufgehängt wird. Der Königshof gilt als eines der teuersten und edelsten Hotels der Stadt und soll 2021 seine Pforten wieder öffnen.

Direkt daneben steht – wohl damit der Weg für die Oberschicht nicht zu lang wird – der Münchner Justizpalast. Ursprünglich enthielt er 330 Arbeitsräume und 20 Gerichtssäle und ist eines der Münchner Paradebeispiele für Bauten aus der Gründerzeit. Insgesamt 7 Jahre (1891-1897) wurde daran gebaut. Wer ihn noch nicht besichtigt hat, sollte das bei Gelegenheit mal nachholen. Sowohl der Lichthof mit Glaskuppel, wie auch die Haupttreppe sind eine Attraktion.

Was dem Bau tatsächlich fehlt ist eine bronzene Tafel neben dem Haupteingang mit der Aufschrift „Alle Gerichte auch zum mitnehmen.“

beste Grüße,
Euer Nik

Morgengruß (L)

Guten Morgen zusammen,

Vorhersagen zu machen kann im Zweifelsfall heutzutage ja als „Spoilern“ verunglimpft werden und ist äußerst unbeliebt, wenngleich nahezu jeder einen Spoilerartikel gerne liest. Kollege Jürgen bat mich inständig, ihm nicht zu verraten, wie die erste Staffel der Serie „Picard“ ausgeht. Den Gefallen habe ich ihm gern getan, jeder verdient hin und wieder eine Enttäuschung.

Die Serie Twin Peaks gilt als Kult unter ihren Fans und lief in den 1990er Jahren auf RTL plus. Darin geht es vordergründig um die Suche nach einem Mörder. Der Konkurrenzsender Sat. 1 platzierte auf der Startseite seines Teletextes einen Text, in dem er den Mörder verriet und damit auch die Lösung zu einem Gewinnspiel. RTL verklagte daraufhin Sat.1 und das Hamburger Landgericht stufte den Vorgang als sittenwidrig ein.

Mithin ist Spoilern also in Deutschland sittenwidrig. Wieder was gelernt.

Wie der Tag samt Kundengesprächen verlaufen wird verrät daher nicht

Euer Nik

Morgengruß (XLIX)

Guten Morgen zusammen,

mein geradezu sprichwörtlich fröhliches Wesen könnte damit zusammenhängen, dass ich nur ein paar Stunden älter bin als diese Zeichenfolge: 🙂

Das Smiley und sein Gegenstück 🙁 wurde am 19.September 1982 von Dr. Scott E. Fahlman an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, Massachusetts in einem Bulletin Board vorgeschlagen, um humorvoll gemeinte oder auch traurige Beiträge zu kennzeichnen. Die originale Nachricht lautete:

19-Sep-82 11:44 Scott E Fahlman :-)
From: Scott E Fahlman <Fahlman at Cmu-20c>

I propose that the following character sequence for joke markers:
:-)
Read it sideways. Actually, it is probably more economical to mark
things that are NOT jokes, given current trends. For this, use
:-(

Hintergrund war wohl der, dass seine sarkastischen Kommentare oftmals nicht richtig verstanden worden sind und es teilweise zwischen den Dozenten und Professoren im Arpanet regelrecht zu Streit gekommen war. Mit dem Smiley – der sich am Smileysignet orientierte, das Harvey Ball 1963 für eine Versicherungsgesellschaft erfunden hatte – war das Problem gelöst und die ASCII-Smileys bzw. Emoticons waren geboren.

Fahlman ist vor allem für das Smiley bekannt, leider wesentlich weniger für seine Forschung im Bereich der künstlichen Intelligenz und maschinellem Lernen. Seit 2017 ist er emeritiert.

In diesem Sinne: Keep Rockin‘!

\,,/(-_-)\,,/

Morgengruß (XLVIII)

Guten Morgen zusammen,

letztens habe ich ja von der Russnmaß erzählt und mir dabei die Frage gestellt, warum das Mathäser eigentlich ein Kino ist und so heißt.

Auf dem Gelände des heutigen Mathäser in der Ludwigvorstadt stand schon im 15. Jahrhundert das Fuchsbräu, 1690 öffnete hier der erste Bierausschank. 1818 ersteigerte Georg Hartl, der Besitzer des Kleinen Löwengartens das Gelände und kaufte bzw. tauschte die umliegenden Grundstücke nach und nach dazu. Er war Braumeister und errichtete auf seinem Grundstück – nicht dem Mathäsergrundstück, sondern dem Löwengarten – eine neue Brauerei, die Hartlische Brauerei. Sein Erbe übernahm 1829 das Brauhaus und 1832 ging es an den Braugrafen von München, Theobald Graf von Buttler-Haimhausen und hieß nun „Buttlerbräu„.

1858 erwarb Georg Mathäser das Anwesen und setzte erst einmal nur die Gastwirtschaft fort. 1872 begann er allerdings mit dem Mathäser Bräu, seine Witwe führte den zusätzlichen Namen Zum bayerischen Löwen mit auf. 1907 kaufte die Löwenbräu AG das Gelände, errichtete drei Bierhallen und stellte den Brauereibetrieb dort 1915 endgültig ein.

Das Mathäser war danach ein wichtiger Anlaufpunkt der Münchner Geschichte – hier trafen sich die von Kurt Eisner geführten Arbeiter- und Soldatenräte der Münchner Räterepublik, Oskar Maria Graf rief hier 1919 zur Revolution auf (es kam aber keiner). Es blieb aber lange Zeit der größte Bierausschank der Welt.

Im Krieg zerbombt wurde das Gelände 1957 als Mathäser Bierstadt mit Kinosaal neueröffnet und war auch Schauplatz des deutschen Filmballs. 1996 wurde dort als letzter Film Mars Attacks! gezeigt und dann der Gaststättenbetrieb eingestellt.

Die Gebäude wurden abgerissen und der heute bekannte Multiplex-Filmpalast darauf errichtet und 2003 eröffnet. Der Name Mathäser-Bräu ging allerdings nicht verloren: Die Südbier Unternehmergesellschaft erwarb 2014 das Markenrecht und vertreibt seither ein entsprechendes Bier.

Puh, das war ja lang heute. Schönen Tag Euch!

Euer Nik

Morgengruß (XLVII)

Moin, Moin,

so begrüßt man sich ja in Norddeutschland den ganzen Tag lang. Dabei ist das gar nicht mal so lange üblich: Der Gruß lässt sich bis ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen, da verliert sich aber die Spur. Lange Zeit galt er eher als veraltet, erst in den 1970ern verbreitete er sich als Begrüßung über ganz Norddeutschland.

Die Herkunft des Wortes ist nicht so ganz gesichert. Moin könnte von plattdeutsch „moi“, also gut oder schön stammen. Der Ausruf „Moooii!“ im Angesicht einer Katze, eines Babys oder einer Babykatze, der so mancher Dame über die Lippen fließt, erhält diese Bedeutung auch noch. Eine Verbindung zum bayerischen „Mei“ würde ich dabei nicht ausschließen. Die Doppelung könnte dann aus dem friesischen stammen: moi morn als „guten Morgen“ oder „Guten Tag“. Der Gruß kommt in vielen nordischen Sprachen vor, reicht aber bis zum letzeburgischen.

Das bayerische „Servus“ hingegen lehnen viele Nordlichter ja mit der Begründung ab, den Gegenüber nicht als Sklave ansprechen zu wollen. Tatsächlich hat der Gruß seine Herkunft im lateinischen. „servus“ bedeutet Sklave, aber auch Diener. Als Gruß meint es – leicht verkürzt – also schlicht „Euer Diener“ oder „zu Diensten“ und ist alles andere als unhöflich.

In diesem Sinne also Servus!
Euer Nik

Morgengruß (XLVI)

Guten Morgen zusammen,

vielleicht erinnert Ihr Euch noch an den Krieg wider den Kaffeegenuss, den Friedrich der Große von Preußen gegen sein Volk führte. Stattdessen sollten die Menschen lieber Biersuppe zu sich nehmen und die hatte in Preußen einen schönen Namen: Quatschbier.

Bis weit ins 19 Jahrhundert hinein war es insbesondere in Preußen üblich, warme Biersuppe aus Dünnbier zu frühstücken, Brot und Kaffee setzten sich erst allmählich durch. Für das preußische Quatschbier wurden Äpfel über dem Feuer erhitzt bis sie matschig wurden und dann in die Suppe gelegt und zerquetscht. Meist hat man dann noch Rübenzucker und andere Gewürze mit dazugegeben.

Das Wort „Quatsch“, von dem das heute noch gebräuchliche „quetschen“ stammt, bezeichnet ursprünglich einfach „Dreck“ oder „Matsch“. Die Wandlung zur Bedeutung „Blödsinn“ erfolgte erst im 18. und 19. Jahrhundert. Ob die Redewendung „Quatsch mit Sauce“ sich allerdings schon auf den Blödsinn bezieht oder eher von einer Speise wie „Pudding mit Tunke“ herrührt, ist unter Sprachwissenschaftlern umstritten.

Bei denen fragt man sich schon, wie die zuhause erklären, was sie so tun.

„Womit hast Du Dich heute beschäftigt?“
„Na, mit Quatsch.“

Könnte uns hier nie passieren,
Euer Nik