Lastknightniks Woche (35/2012)

Wie (fast) jeden Freitag eine kurze Nachschau über die fünf m.E. nach wichtigsten oder interessantesten Geschichten der Woche zur Nachlese.

Redaktionelle Werbung

Schon der Bildblog beschäftigt sich ja recht gerne mit der mangelhaften Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbetexten. Interessant finde ich generell die Rubrik „Ausflugsziele in Bayern“ in der Sueddeutschen Zeitung. Darunter fand ich diesen Artikel hier.

Daneben gibt es noch Artikel zum Gasthaus Hoffranger in Passau, Schloß Wildthurn in Landau, das Museums-Café in Regensburg oder auch das Stemplinger Hansl in Hauzenberg die alle von Margit Brand geschrieben wurden und vermutlich diesem Buch hier entnommen sind.

Andere sind gleich gar nicht mit einem Autor gekennzeichnet. Natürlich ist so ziemlich alles, was unter der Rubrik „Reise und Ausflugsziele“ erscheint, irgendwie kein redaktioneller Inhalt, auch wenn die Rubrik die nette Subüberschrift „Die schönsten Ausflugstipps aus der SZ-Redaktion“ trägt. Naja, „die besten Anzeigeninhalte aus der SZ-Redaktion“ kommen da vermutlich auch nicht so gut. Wie das funktioniert haben übrigens die Jungs von der Anstalt mal schön herausgearbeitet (ab Minute 6 ungefähr):

Das Lex Google ist von der Regierung beschlossen

Heute hat das Bundeskabinett das „Lex Google“ auf den Weg gebracht. Das Gesetz ist die Umsetzung des vom deutschen Verlagswesen geforderten „Neuen Leistungsschutzrechts„, das in diesem Video recht nett erklärt wird:

Das Hauptproblem der Geschichte besteht darin, daß die Verleger künftig für jede Nutzung von Wortfolgen, die sie selbst schon verlegt haben, Gebühren kassieren möchten, insbesondere von Suchmaschinen, aber auch von Bloggern, wobei das zumindest wohl erst in die zweite Phase geschoben wird. Die Suchmaschinen werden sich das aber wahrscheinlich nicht leisten können – und wenn alles gut geht entsprechend reagieren:

Künftig sollten einfach Microsoft, Yahoo und Google und wie sie alle heißen deutsche Zeitungen und Verlage grundsätzlich nicht mehr verlinken. Ich wette, die sind schneller platt als Bertelsmann „INSM“ rufen kann. Das wäre in mehr als einer Hinsicht ein Segen.

Fundstück der Woche (35. KW): Public Viewing

Daß das Public Viewing mit das schönste am Fußball ist, dürfte unbestritten sein. Allerdings ist es stressig, zumindest für die Servicekräfte.


Das lustige daran ist, daß „Public Viewing“ eigentlich die  Aufbahrung eines Verstorbenen meint…. was in Anbetracht der Korruption im Fußball gar nicht mal so unpassend erscheint….

Lastknightniks Woche (34/2012)

Wie (fast) jeden Freitag eine kurze Nachschau über die fünf m.E. nach wichtigsten oder interessantesten Geschichten der Woche zur Nachlese.

"Menschen" bei Maischberger – Vielen Dank, Herr Ponader.

Es ist immer wieder faszinierend, wie das Fernsehen funktioniert. Das sogenannte Unterschichtenfernsehen lebt davon, Menschen bloßzustellen die nur wenig vom Leben haben und denen in durchaus böswilliger Absicht Hoffnung gemacht wird: Letztendlich scheint der Unterhaltungswert darin zu bestehen, daß die Hoffnungen wieder kaputtgemacht werden. Aber da gibt es ja noch das bürgerliche Fernsehen.

Bürgerliches Fernsehen ist heute das, was früher auch Unterschichtenfernsehen war. Wenn früher Oliver Geissen oder einer seiner Klone ihre Sendung dazu benutzt haben, um Lebensstile vielleicht zu karikieren aber mit Sicherheit Laiendarsteller dazu benutzt haben, Menschen bloßzustellen, so macht dieses Format, Talkshow genannt, heute das bürgerliche Fernsehen. Ob das seit einiger Zeit Günther Jauch ist oder Anne Will, sie alle haben stets eine irgendwie illustre Runde und geben vor sich mit dieser zu unterhalten. Hauptsächlich ist der Zweck der Sendung, daß Platitüden von Platitüdenbaronen und -baronessen unkommentiert abgesondert werden dürfen weswegen Fernsehen nach wie vor ähnlich unterhaltsam ist wie das angucken von Sofakissen.

Menschen bei Maischberger“ nennt sich auch so ein Format daß Sie, verehrter Leser, vermutlich besser kennen als ich der es bislang vermieden hat einen Fernseher anzuschaffen. Damit auch nur ja jeder mitbekommt was der eine oder andere zu sagen hatte gibt es in den sogenannten Qualitätsmedien wie der Süddeutschen Zeitung dann immer eine Nachkritik, in der die Sendung einfach nochmal erzählt wird. So auch bei dieser Sendung. Die Kritik bewog mich, die Sendung in der ARD-Mediathek nachzuschlagen und selbst anzusehen, denn hauptsächlich beschäftigte sich die Kritik damit, daß der Pirat Ponader nichts gesagt habe und dafür auf Twitter verspottet wurde.

Mal ganz abgesehen davon, daß ich durchaus nachvollziehen kann, daß man sich gegenüber rhetorisch gut geschulten Leuten ein wenig ins Abseits gedrängt fühlen kann, hatte diese Sendung einen interessanten Aspekt schon gleich zu Anfang herausgearbeitet: Was für Gesäßviolinen die Oberschicht zu bieten hat.
Tatsächlich eröffnete die als „Selfmade-Millionärin“ vorgestellte Claudia Obert die Talkrunde mit einem derart unerträglichen Gesülze, daß man schon fast vergaß sich über diese penetrant widerliche Stimme zu ärgern, die schwer an „Deckname Tinitus“ Birgit Homburger erinnerte. Ich darf zitieren:

Maischberger: „Frau Obert, Herr Ponader sagt, er brauche 1000 Euro im Monat zum Leben. Bei dem Lebensstil den Sie gerne haben, wie lange würden Sie dann damit auskommen?“
Obert: „Also, ich mein, ich verdien‘ mein Geld mit glamurösen Artikeln und Luxus und ich meine, ich sag mal so, das ist wie bei Anne-Sophies Mutter, die geigt auf ’ner Stradivari. Und, äh, ich bin keine Millionärin, ich leb, wie ’n Millionär, ja?“
Maischberger: „Sie sind keine Millionärin?“
Obert: „Vom Lebensstil vielleicht, ja. Ich mach mir, ähnlich wie Herrn Ponader, ich mach mir nix aus Hab und Gut, ich sag immer: Reich gelebt und Arm gestorben ist dem Teufel die Rechnung verdorben. Aber ich denk‘ mir, das Geld das bei halt immer so durch den Siffon sickert ist natürlich, äh…“
Maischberger: „Jetzt verstehe ich: Sie wären gerne Millionärin wenn Sie nicht gerne Geld ausgeben würden, sondern es vielleicht sparten, kann man das so sagen?“
Obert: „Also ich sag mal so, ich gebe eher am Tag 1000 Euro aus als daß ich 1000 Euro spare und so sehe ich mich eigentlich als sehr, sehr positives Element dieser Volkswirtschaft oder der Weltwirtschaft. Ich reis‘ natürlich auch viel, ja? Eröffne meinen Horizont und gucke mich um, New York, Tokio, was meinem Buissiness ja zugute kommt. Auch viel natürlich..“
Maischberger: „Aber Sie tragen ja auch gerne schönen Schmuck, wie man sieht.“
Obert: „Ja was soll ich denn ne Litfaßsäule für Luxus, ich sag ja, Anne-Sophies Mutter geigt auch auf ’ner Stradivari, und ich kann ja nicht Luxus verkaufen oder Schnaps brennen, wenn ich nicht weiß wie Schnaps schmeckt.“
Maischberger (kichert): „Sie kommen aus einer Beamtenfamilie, vier Kinder zuhause, das ist jetzt wahrscheinlich nicht arm aber auch nicht üppig, oder?“
Obert: „Also meine Eltern haben jeden Dollar umgedreht und mein Vater war sogar Finanzbeamter, und ich kann eigentlich nur sagen jeder zweite Satz von meinem Vater war ‚Wenn der Staat ein Privatunternehmen wäre, dann wäre er schon längst pleite.‘ Die können nicht mit Geld umgehen.“
Maischberger: „Waren Sie denn jemand der schon als Kind die Idee hatte ‚Ich möchte mal im Luxus leben, wenn ich groß bin‘?“
Obert: „Also mich hat neulich eine meiner besten Kundinnen gefragt, und eine der reichsten Frauen von Deutschland, ’nach wem kommen Sie eigentlich – nach Ihrem Vater oder Ihrer Mutter?‘ und dann habe ich gesagt: ‚Ich, ich komme nach Onassis’…“
Maischberger: „Nach Onassis?“ [gemeint ist wohl der Reeder Aristoteles Onassis, anm. v. Lastknighnik]
Obert: „Ich geb ehrlich zu, ja, ich geh nach dem Geld, ja? Geld ist nicht wichtig, wenn’s nur viel ist.“
Maischberger: „Und es macht glücklich?“
Obert: „Ich sag mal so, Sie können nicht das Fernsehen anschalten, ohne daß da über Geld argumentiert wird, ja?“
Maischberger: „Och, es gibt ein paar Sendungen, wo’s nicht so häufig vorkommt..:“
Obert: „In erster Linie ist mir meine Gesundheit wichtig und mein Selbstbestimmungsrecht. Ich bin mein eigener Herr und ich kann über mich selbst bestimmen, bin von niemandem abhängig, jeder muß für sein Brot und Butter klarkommen und mir ist es natürlich lieber, ich leb für Champagner und Kaviar und ich hab angeblich… ist mir zugetragen worden daß auch Frau Wagenknecht gesagt hat bei Harald Schmidt als Sie gefragt wurde ‚Was finden Sie toll am Kapitalismus?‘ ‚Mein Lebensstil‘. Ich lebe lieber in Reichtum als in Armut. Lieber reich und glücklich… lieber reich und gesund als arm und krank, das ist meine Devise.“

Und so weiter. Nachdem die Dame so viel über Stradivaris parlierte bin ich um den Begriff Gesäßvioline nicht herumgekommen, als sie dann endgültig den Piraten Poneder auf’s Korn nahm. Poneder erzählte das Gleichnis von der Maus Frederick, das letztendlich besagt, daß auch diejenigen, die vielleicht nur erzählen einen Teil zur Gesellschaft beitragen.

Das qualifizierte die Dame ab indem sie sinngemäß sagte: „Ich philosophier auch gerne und lese Bücher [Anmerkung: Ponader sprach von einem Kinderbuch aus dem Kindergarten…] aber wenn man Hunger hat muß Brot und Butter auf den Tisch oder ein Schnitzel und mit so einem Gefasel kann man nichts anfangen.“ Sie bestimmt nicht, verstanden hat sie nicht einmal die leichte Kindergeschichte über die Frage, was wichtig im Leben sein kann.

Interessant war an dem Auftritt dieser von der Süddeutschen liebevoll als „schriller Paradiesvogel“ titulierten Obert vor allem der argumentative Strang: Sie gönne ja „so Leuten“ wie Herrn Poneder ihren Lebensstil, also sie wolle jetzt kein despektierliches Wort für sie benutzen, aber ständig sprach sie über ihre Selbstbestimmung. Frau Obert, Selbstbestimmung heißt eben auch zum Beispiel als Künstler zu leben weil man sich da berufen fühlt. Und eben nicht Designerklamotten zu entwerfen. Freiheit, die eingegrenzt wird durch die Wirtschaftlichkeit ihrer Ideen ist keine Freiheit sondern reine Ökonomie. Herr Ponader hat sich den beleidigenden Äußerungen auch meines Erachtens nach gekonnt entzogen und eine sehr höfliche Form gewählt, um ihr Paroli zu bieten: „Vielen Dank.“

Letztendlich ist das bürgerliche Fernsehen hier zur Vorführung der Ober- statt der Unterschicht verkommen. Aber alleine dafür, daß ich mal wieder erleben durfte, was für eine Art „Mensch“ in der Oberschicht herumlaviert, und wie wenig Rücksicht man auf diese Leute nehmen muß wenn es um Gerechtigkeit geht, weil sie selbst völlig ohne soziale Empathie sind (Zitat: „Ich bin sowieso der Meinung, daß es in Deutschland keine Arbeitslosen gibt, sondern nur Arbeitsscheue“), dafür vielen Dank an Herrn Ponader.

Lieblingsspiel – Knights & Merchants

Lieblingsspiel: Knights & Merchants

Auch wenn das hier eigentlich ein politischer Blog ist, so möchte ich doch hin und wieder auch mal was anderes veröffentlichen. Dazu gehört die neue Reihe Lieblingsspiele.

Es gibt ja viele Siedler-Klone. Die Siedler-Reihe hat im Grunde die Aufbaustrategie erfunden und im Grunde schon im zweiten Teil perfektioniert gehabt. Allerdings gab es eine ganze Reihe von Spielen, die sich auf ähnliches besannen und trotzdem eine Menge eigener kreativer Ideen einbrachten. Das Beste ist meinem Empfinden nach Knights & Merchants von Joymania.

Bei diesem Spiel geht es darum, ein Königreich vor dem niederträchtigen Thronfolger zu retten – Dazu besiegt man in 20 Missionen die Armeen des Feindes und am Ende sind alle wieder glücklich. Mehr ist es nicht. Die Geschichte unterhält trotz ihrer Simplizität allerdings, weil nach und nach das gesamte Land vorgestellt wird und man so zumindest in Ansätzen den Eindruck von erzählerischer Tiefe erhält.

Screenshot von Evribiont.ru

Screenshot von Evribiont.ru

Screenshot von Evribiont.ru

Besiedelt das Land!
Zu den größten Herausforderungen zählt es, zunächst eine funktionierende Wirtschaft aufzubauen. Das gesamte Dorf kreist um Schule, Lagerhaus und Wirtshaus, es ist fast wie im richtigen Leben. In der Schule kann man neue aufgabenspezifische Dorfbewohner erschaffen, die den Ort nach und nach bevölkern. Man baut eine Holzfällerhütte? Dann muß man einen Holzfäller ausbilden. Die Ausbildung und damit die Erschaffung eines neuen Bewohners funktioniert lediglich über den Einsatz einer Kiste Gold.
Die Wirtschaftskreisläufe sind verhältnismäßig überschaubar in ihrer Komplexität, allerdings wird so manches in verschiedenen Kreisläufen verwendet: Schweine werden sowohl zu Würsten, als auch zu Leder verarbeitet, Holz dient sowohl als Baustoff, als auch als Grundlage für die Holzwaffenherstellung.
Man baut Granit und holzt Wälder ab, die man auch wieder aufforsten kann. Bauernhöfe produzieren Korn, das entweder in der Mühle und der Bäckerei zu Brot verarbeitet werden kann, oder als Futter für Schweine oder Pferde verwendet wird. Nahrung ist der Schmierstoff der ganzen Geschichte: Jeder Einwohner bekommt nach einer gewissen Zeit Hunger und muß im Gasthaus seine Kräfte auffrischen, Soldaten müssen mit Nahrung versorgt werden. Es gibt vier Arten: Fisch, Brot, Wurst und Wein. Am Anfang jedes Aufbaulevels ist es daher unumgänglich erst einmal die Nahrungsversorgung auf die Beine zu stellen.

Verteidigt das Land!
Nun wird die Heimat verteidigt und die Truppen des Gegners, die man bislang bestenfalls aufgehalten hat, müssen zurückgeschlagen werden. In der Schule bildet man Rekruten aus, die mit den in der Kaserne vorrätigen Waffen zu Soldaten gemacht werden. Hier wird das Spiel entschieden taktisch: Die Schlachten werden mit relativ vielen Truppen ausgetragen, weswegen es elementar wichtig ist, in Formationen zu arbeiten und diese nach einem strengen Stein-Scher-Papier Prinzip einsetzt. So ist Kavallerie effektiv gegen Infanterie und Schützen, Infanterie kann eine Position gut behaupten, Stangenwaffen sind effektiv gegen Kavallerie und Schützen schließlich sind stark im Angriff, aber können sich nicht verteidigen und müssen daher geschützt werden.
Die Waffenproduktion zerfällt in zwei grundsätzliche Typen: Holzwaffen und Eisenwaffen. Da die Vorräte an Eisen auf jeder Karte begrenzt sind ist es relativ effektiv, vermehrt auf Holzwaffen zu setzen (Holz wächst nämlich nach) und die vorhandene Kohle lieber zur Goldproduktion zu verwenden.

Schwachstelle Wirtschaft
Die Schwachstelle des Gegners ist in aller Regel die Wirtschaft. Die Hauptstütze der Wirtschaft ist der einfach Arbeiter, der Träger, im Spiel ″Gehilfe″ genannt. Jeder Gehilfe holt die benötigten Waren aus dem Lagerhaus und bringt sie an Ort und Stelle, umgekehrt holt er alle fertig produzierten Waren ab. Sind die Träger allerdings weg ist die Wirtschaft so gut wie am Ende, auch die Truppen werden nicht mehr versorgt. Die Dorfbewohner müssen dann der Spiellogik zufolge ebenfalls verhungern, weil die Bewohner sich die Lebensmittel nur im Gasthaus besorgen können.
Eine Alternative ist die Vernichtung von Schulhaus und Lager, dann können die Bauarbeiter auch nichts mehr erstellen und die Wirtschaft kommt zum erliegen. Manche Karten bieten für eine solche hinterhältige Taktik den Raum, andere tun das nicht.

Lieblingsspiel:
Ich liebe dieses Spiel und spiele es noch immer gerne. Die Erweiterung ″The Peasants Rebellion″ mochte ich nicht so sehr, besonders weil man seit der Erweiterung oft mit Steinewerfern statt Schützen spielte, die der taktischen Komponente „Schütze“ eine unverdiente Schwächung verpasste. Die Kombination aus gemächlicher Aufbaustrategie und richtig knackigem Militärteil, der anspruchsvoll und schwierig war, machte Knights & Merchants zu einem sensationellen Mix aus Siedler und Incubation.

Links:

Lastknightniks Woche (33/2012)

Wie (fast) jeden Freitag eine kurze Nachschau über die fünf m.E. nach wichtigsten oder interessantesten Geschichten der Woche zur Nachlese.

Sagen Sie mal, Herr Bohsem…

… haben Sie da irgendeine seltsame Drogenquelle aufgetan? In Ihrem Artikel in der Sueddeutschen Zeitung am Montag vermitteln Sie jedenfalls erfolgreich den Eindruck, komplett weggetreten zu sein. Sie loben den Erfolg von Hartz IV in Worten, die einen mehr oder weniger sprachlos zurücklassen.

Doch hat Hartz IV den Grundsatz verankert, dass es allemal besser sei, für weniger Geld zu arbeiten, als sein Leben in dauerhafter Abhängigkeit vom Staat zu fristen. Das ist ein Erfolg, den selbst die betroffenen Arbeitnehmer bescheinigen werden.“

Aha. Also vor Schröder waren alle Arbeitlosen faul und machten sich einen schönen Lenz auf Ihre Kosten. Jetzt haben sie Angst vor sozialem Abstieg, das verbessert die Lage. Um sowas denken zu können muß einem doch schon schwer was fehlen aber daß Sie sowas auch noch ins Internet stellen finde ich schon schwer beeindruckend. Da möchte ich Ihnen ernsthaft ans Herz legen sich mal Gedanken über strukturelle Arbeitslosigkeit, ihre Gründe und Ursachen zu machen und dann mal aufs Amt zu fahren und sich die Menschen anzusehen, die da so „herumlungern“. Reden Sie da mal mit Menschen und nicht über sie.

Deutschland galt als kranker Mann Europas. Niemand traute der Bundesrepublik eine derartige Kraftanstrengung zu. Heute arbeiten hierzulande mehr Menschen als jemals zuvor.
Aha. Also dieses „kranker Mann“-Gefasel ist ja mein Lieblingsbild. Die seinerzeit Drittmächtigste Industrienation des Planeten redete sich 20 Jahre lang ständig klein, unternahm endlich was gegen das „klein sein“ und ist nun auf Platz vier oder fünf, je nach dem wie man zählt. Bravo.

Und was den zweiten Satz betrifft: Mehr Menschen arbeiten zu weniger Lohn als vorher und müssen vom Steuerzahler aufgestockt werden. In diesem Land, einem der reichsten Länder der Erde, ist es kaum möglich, daß man von einem Job alleine lebt – besonders nicht wenn man eine Familie hat. Wir haben annähernd 8 Millionen Leistungsempfänger in diesem Land, vergessen Sie mal die Arbeitslosen. Menschen, die einen Job haben und um Stütze betteln müssen, die gezwungen werden zu betteln obwohl sie eine Stelle haben, denen schreiben Sie ins Gesicht, daß „es allemal besser sei, für weniger Geld zu arbeiten, als sein Leben in dauerhafter Abhängigkeit vom Staat zu fristen.“

Für so einen wie Sie, der völlig hirnverbrannt die dümmsten Parolen nachplappert ohne einen Funken Eigenintelligenz einzuwerfen gibt es kaum Begrifflichkeiten.  Schämen Sie sich! Schämen Sie sich in Grund und Boden! Sie sind in der falschen Branche, als Pressesprecher beim Hundt hätten Sie sicher mehr Erfolg. Aber daß die – ausgerechnet! – Süddeutsche Zeitung Ihnen für diesen Quark auch noch Platz und vermutlich Zeilengeld gibt, demonstriert den Niedergang des Restjournalismus in diesem Land in besonders effektiver Weise.

Die Hartz – Reformen haben tatsächlich einige strukturelle Probleme angegangen und das ist ja auch gar nicht schlecht. Der Preis aber ist, daß die Einkommensschere in einer Art und Weise auseinandergeglitten ist wie das 1985 sich noch keine hätte vorstellen können. Transportiert hat man soziale Kälte und regelrechten Klassenhaß, den heute die Gesellschaft untereinander empfindet. Bravo.

Nicht „Deutschland“ hat von Hartz-Reformen profitiert, sondern ein paar der oberen Zehntausend die nun für Dumpinglöhne arbeiten lassen und die Statistiker, die für das mittlerweile vollverblödete BILDungsbürgerliche Lager ständig Unsinn von wegen Vollbeschäftigung faseln. Wenn Sie, lieber Guido Bohsem, tatsächlich nicht in der Lage sind, die Statistiken mal richtig zu lesen, nicht in der Lage sind zu erkennen, daß der soziale Wert von Arbeit nur dann erreicht werden kann, wenn man von ihr auch leben kann, dann sollten Sie zurück auf die Grundschule. Vielleicht hilft auch ein bißchen Lektüre, um Politikersprech zu entschlüsseln. Dabei waren Sie doch auch mal ein bisßchen weiter wie man hier sehen kann. Was ist passiert?