Eine richtige Entscheidung

Anette Shavan ist zurückgetreten. Das war eine richtige Entscheidung, alleine schon weil so weiterer Schaden vom Amt der Bundesbildungsministerin genommen wird. Der Schaden für die Union und die Kanzlerin allerdings bleiben.

Das zweite Merkel’sche Kabinett hat jetzt, abgesehen von ihr selbst, nur noch wenige Minister, die auf ihrem ursprünglichen Posten sitzen: Schäuble als Finanzminister, Leutheusser-Schnarrenberger als Justizministerin Aigner als Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Peter Ramsauer als Verkehrsminister und Niebel als Entwicklungshilfeminister. (Naja, und Pofalla als Kanzleramtsminister)

Zwar ist Westerwelle noch immer Außenminister, aber nicht mehr Vizekanzler. Ansonsten sind die Wechsel schon ziemlich massiv: Franz-Josef Jung trat im November 2009 zurück, damit Guttenberg nicht beschädigt wird. Ersetzt wurde der Arbeitsminister durch die bisherige Familienministerin Ursula von der Leyen, deren Nachfolge trat die Extremismusexpertin der Union, Kristina Schröder an. Im März 2011 mußte Guttenberg trotzdem zurücktreten, wegen einer Plagiatsaffäre. Dessen Nachfolge trat der bisherige Innenminister Thomas de Maziére an, der wiederum von Hans-Peter Friedrich beerbt wurde. Im Mai 2011 trat Rainer Brüderle als Wirtschaftsminister zurück (im Zuge von Westerwelles Sturz, der zwar die FdP nicht mehr nach außen vertreten sollte, wohl aber Deutschland) und wurde durch Philip Rösler ersetzt, der das Gesundheitsministerium an Daniel Bahr abgab. Rösler wurde bei der Gelegenheit auch Vizekanzler. Im Mai 2012 chasste Merkel ihren Umweltminister Röttgen, weil dieser die Landtagswahlen in NRW in den Sand gesetzt hatte, ihn ersetzte Peter Altmeier. Nun ist Anette Schavan zurückgetreten, wieder wegen einer Plagiatsaffäre. Sie wird ersetzt durch Johanna Wanka.

Nicht erwähnt habe ich hierbei die Vernichtung gleich zweier Bundespräsidenten, die sind natürlich auch keine Kabinettsmitglieder.

Die Zahl der Kabinettsumbildungen ist zwar nicht ohne Beispiel, aber schon deutlich. Die christliche Union mußte zwei ihrer Minister wegen mutmaßlichen wissenschaftlichen Betruges absägen, die FdP verspielte wegen ihrer menschenverachtenden Grundhaltung jedwedes Ansehen und fiel vor allem durch peinliche Personalpolitik auf. Das Kabinett Merkel steht letztendlich wie ein Haufen werteloser Gesellen da, der nur an Macht und Machterhalt interessiert ist. Dem Ruf des Politikers allgemein und den beteiligten Parteien im Besondern hat das schwer geschadet.

Was bleibt ist eine Regierung, die ihrer mittleren Silbe eindeutig die größte Bedeutung zumisst. Wird mehr als Zeit, sie abzulösen.

Das Lex Google ist von der Regierung beschlossen

Heute hat das Bundeskabinett das „Lex Google“ auf den Weg gebracht. Das Gesetz ist die Umsetzung des vom deutschen Verlagswesen geforderten „Neuen Leistungsschutzrechts„, das in diesem Video recht nett erklärt wird:

Das Hauptproblem der Geschichte besteht darin, daß die Verleger künftig für jede Nutzung von Wortfolgen, die sie selbst schon verlegt haben, Gebühren kassieren möchten, insbesondere von Suchmaschinen, aber auch von Bloggern, wobei das zumindest wohl erst in die zweite Phase geschoben wird. Die Suchmaschinen werden sich das aber wahrscheinlich nicht leisten können – und wenn alles gut geht entsprechend reagieren:

Künftig sollten einfach Microsoft, Yahoo und Google und wie sie alle heißen deutsche Zeitungen und Verlage grundsätzlich nicht mehr verlinken. Ich wette, die sind schneller platt als Bertelsmann „INSM“ rufen kann. Das wäre in mehr als einer Hinsicht ein Segen.

Von einer überflüssigen Kampagne – gegen Schwarz-Gelb

Niemand mag diese Regierung. Sie selbst mag sich auch nicht mehr, die Traumhochzeit der Tigerentenkoalition ist längst dem Gefühl der vollkommenen Ehe im Sinne einer lateinischen Abkürzung verkommen. Schwarz-Gelb hat versagt, Merkel, Westerwelle und Rösler haben sich als genau die Nieten erwiesen, als die US-Amerikanische Diplomaten sie einschätzten. Das alles bestreitet niemand. Dennoch müssen sie im Amt bleiben – schon weil sie an anderer Stelle versagt haben.

Ob nun Torsten Denkler oder Stefan Braun, Peter Blechschmidt oder Susanne Höll bei der SZ, auch in anderen Medien findet sich der Beginn der Kampagne, alles schreibt, alle hassen diesen Regierungszustand. Allerdings vergessen bei der Forderung nach Neuwahlen die meisten ein paar wichtige Elemente

Zwei Gegenargumente gegen Neuwahlen, die fehlen:

1. Es gibt kein gültiges Wahlgesetz. Jede Wahl würde – zu Recht! – vom BVG gekippt werden weil das derzeitige Wahlrecht ungültig ist. Und das ist kein Zufall, daß die Regierung das bislang „Nicht zustande gebracht“ hat. Da steckt schon Kalkül dahinter. Ergebnis wäre daher, daß die Regierung „kommissarisch“ weitermachen würde. und dann?
2. Sobald die deutsche Regierung nicht mehr eine Finanzwirtschaftshörige ist wird als erstes die Bonität Deutschlands bei den Ratingagenturen zurückgestuft werden und man wird sich auf Deutschland einschießen. Der einfache Wähler wird – da ich annehme daß der Propagandaetat der FdP nicht sinken wird bloß weil sie nicht mehr im Bundestag sitzt – darauf hingewiesen daß die miese Lage ja logischerweise Schuld der „Linken“ im Lande sei, die eben von Wirtschaft nichts verstünden. Könne man ja auch sehen, weil es schlechter geht seit die regieren. Von daher wäre es den jetzigen Regierungsparteien zu gönnen, den drohenden Absturz auch zu verantworten und sich nicht wie 1998 aus der Verantwortung zu stehlen.

Von der Merkel'schen Moral

In den vergangenen Tagen dieser Republik gab es gleich zwei Ereignisse, die dem geneigten Betrachter wieder einmal zeigten, wie man es mit Frau Merkel, der CDU und der Moral halten muß: Zuerst ein lukrativer Besuch aus China, dann ein lukrativer Deal mit den Saudis. Eine kleine Polemik.

Daß die FdP keine Werte hat, die jenseits eines Kaufvertrages Bestand haben müssen ist seit der Lambsdorff’schen Zerschlagung des bürgerrechtlichen Flügels der Partei unstrittig. Irgendwer hat dafür mal den Begriff des „Ichlings“ geprägt, eine besonders abstoßende Kreatur die da aus der Menschheit hervorgegangen ist.
Der einzige Wert, der bei den Gelben Bestand zu haben schien war die Parole des „Freiheit statt Sozialismus“ – Geschwafels, das wahlweise von Leichtmatrosen und Freiheitsstatuen zur Belustigung des sedierten Volkskörpers in jede Diskussion gedröhnt wurde. Sozialismus, das ist das Übel, darin war man sich weltbildtechnisch völlig einig. Sozialismus, das ist Diktatur, und Mauerbau und kostenloser Zahnersatz. Und dagegen kämpfen die Liberalen um Westerwelle, Rösler, Lindner und Brüderle, koste es, was es wolle.
Das wäre so weit eigentlich nur harmlos und letztlich seit 20 Jahren wenigstens veraltet, wenn nicht der große Bruder CDU dabei wäre, der demselben Inhalt aufgesessen ist. Die CDU inszeniert sich allerdings viel stärker als die Yuppie-Brüder bei der FdP als tief bürgerliche, ethisch im Christentum und der Freiheit und irgendwie auch dem Fortschritt und dem deutschen Wesen verwurzelten Gruppierung, die in Sachen Moral und Ethik eine ähnliche Haltung einnimmt wie die Amtskirche.
Und wie die Amtskirche, so sieht es auch bei der CDU (nicht nur natürlich) mit den eigenen Werten ganz schnell anders aus, wenn einer mit dem Scheckbuch winkt. Als erklärter Feind des Kommunismus, den zu bekämpfen die CDU angetreten ist, macht sie mit, wenn Merkel und die sie steuernde deutsche Wirtschaft eine Reihe lukrativer Verträge mit China abschließen. Natürlich, China ist im Grunde der Definition des Koalitionsvertrages zwischen den Regierungsparteien kein Sozialistisches Land, obwohl die Mindestlöhne haben, sondern pressen – ganz in freiheitlicher Traditionihr Volk kräftemäßig, finanziell und rechtlich aus bis zum Anschlag. Ein Menschenleben zählt wenig bis gar nichts, Hauptsache die Kasse stimmt.
Natürlich passt die chinesische Führung ethisch zu Merkel und Westerwelle. Die Ideologie heißt anders, aber letzten Endes ist der Staatsapparat in China lediglich in seiner Bauform anders – sein Zweck ist derselbe wie bei uns: Er muß den Eliten dienen.
Jetzt wittert die Opposition einen neuen Skandal, der in die gleiche Bresche schlägt. Der mögliche Panzerverkauf an das Königreich von Saudi-Arabien ist ebenso ein wunderbares Beispiel für konservative Moral: Während hier in jedem Bierzelt und an jedem Stammtisch über die Bedrohung durch den Islam schwadroniert wird und man die islamische Gefahr schön akut hält, bejubelt man nach außen die Demokratiebewegungen in Afrikas nördlichen Staaten und verkauft ihren Feinden Waffen. So ist er, der Konservative: nach außen gut gesittet aber hinter dem geschlossenen Vorhang geht’s zu….

Heuchelei bei der Opposition
Scheinheilig ist allerdings die moralinsaure Entrüstung, die Grüne und SPD jetzt in die Presse blasen. Natürlich ist es richtig den Merkel-Westerwelle – Deal zu kritisieren, aber wer hat gleich wieder Hand- und Faustfeuerwaffendeals, Verträge zwischen der deutschen Waffenindustrie und Saudi-Arabien über kleine Waffen die bestens geeignet sind, um die eigene Bevölkerung mundtot zu machen? Ahja, richtig, da war doch was in Rot/Grünen Zeiten. So mit Gerd und Jockel und Steinmeier als Kanzleramtschef.
Letzten Endes ist so eine Demokratiebewegung, wenns nicht gleich wie in Libyen zum Bürgerkrieg mutiert, mit einer gut ausgestatteten Polizei, Tränengas und Gewehren leichter im Griff zu halten als mit Panzern. Alle Panzer haben dem Schah von Persien seinerzeit nichts genutzt. Ahmadinedschad hingegen hält „seine“ Leute mit Tränengas und Reiterei bei der Stange.
Nicht vergessen: Sozial ist, was Arbeit schafft.Das haben die Bürger dieses Landes gewählt.

Von der Vorreiterrolle

Am vergangenen Tage dieser Republik stellten die sogenannten Wirtschaftsweisen ihren Vorschlag vor, die Renten in Deutschland langfristig weiter zu kürzen, indem man das Renteneintrittsalter auf 69 anhebt. Zeitgleich blies die Kanzlerin auf einer CDU-Veranstaltung ins gleiche Horn und sprach davon, daß sich ganz Europa Deutschland anpassen müsse.

Da wird man ja stutzig. Frau Merkel erklärte, wie man der Tagesschau, der Sueddeutschen und der FAZ schön entnehmen kann, daß Deutschland z.B. beim Thema Rentensystem Vorbild und Vorreiter sei. Das überrascht. Erinnern Sie sich an Diskussionen zum Thema Sicherheit, Atomenergie, Steuerpolitik, Mindestlohn und vielen anderen und an das wichtigste Argument der Kanzlerin? Ich verrate es Ihnen: Ein nationaler Alleingang bringe nichts, Deutschland könne nicht einfach nach vorne preschen ohne die anderen und ds alles braucht sowieso einen (nicht zu schaffenden) europäischen Konsens.

Seltsam, das geht nirgens. Nur bei der Rente, da auf einmal.

Doch was genau fordern die Wirtschaftsweisen denn nun eigentlich? (Den Bericht kann man hier abrufen, die Analyse der Tagesschau erreicht man hier.) Die Stammtische jubilieren ja über die „Vernunft“ angesichts des demographischen Wandels das Eintrittsalter für die Rente zu erhöhen weil – und das ist wirklich das Argument! – „Wir alle länger arbeiten müssen wenn wir älter werden.“

Das klingt logisch. Nur – es ist eine Lüge. Real erhöht sich das Renteneintrittsalter kaum, noch immer gehen die Deutschen im Schnitt mit 62,1 Jahren in Rente. Das ist weltweit nur mäßig anders. Lediglich in Japan liegt das reale Eintrittsalter weit über dem gesetzlichen – und in der Schweitz ein wenig. Ansonsten bewirkt eine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters in Wahrheit nur eine Kürzung der realen Renten.

Seit Jahren versuchen die Denkfabriken der Neokonservativen den Menschen einzureden daß das Rentensystem am Ende sei. Mittlerweile ist das regelrecht Konsens, das gehört zu den Dingen die „man halt weiß“. Es stimmt aber nicht. So hat Albrecht Müller schon 2005 sehr schön über den Denkfehler und 2009 über die Manipulation berichtet die so allumfassend ist daß die Infragestellung schon als Verschwörungstheorie gelten kann. So wird die Demographielüge kurzerhand abgetan und weiter blind ins Horn der aussterbenden Deutschen gestoßen.

Es täte der Regierung gut, die Vorreiterrolle Deutschlands auch mal  etwas mutiger in anderen Bereichen zu forcieren und sich zu überlegen, ob diese zig Berater von Ifo über INSM bis hin zu Bertelsmann nicht in Wahrheit Wirtschaftswaisen sind…

Von einer interessanten Frage eines Verschwörungstheoretikers

In den vergangenen Tagen dieser Republik behandelte die deutsche Öffentlichkeit als einem sehr zentralen Punkt die Frage, ob der als Lichtgestalt verehrte Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland in seiner Doktorarbeit plagiiert hat. So weit, so what? Viel interessanter finde ich die von seinen Anhängern ausgestoßenen Vorwürfe weil sie eine wirklich interessante Frage aufwerfen.

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Blickt man in die Schriften zu seiner Verteidigung (die ich am Wochenende mal zusammenkopieren und ohne Quelle angeben werde *kicher* – nein, natürlich nicht!), so wird immer wieder darauf verwiesen, daß der Bremer Professor Fischer-Lescano auch für die Friedrich-Ebert-Stiftung tätig ist, die der SPD gehört. Viele wittern hier einen Zusammenhang, eine sehr liebe Freundin von mir rief gar wutentbrannt, es handle sich doch „bei denen um Ratten! Immer irgendwas suchen nur um alles schlecht zu reden!
Davon kann nur keine Rede sein: Fischer-Lescano schrieb eine Rezension zur Arbeit von Guttenberg, das ist ein im Wissenschaftsbetrieb vollkommen üblicher Vorgang. Und als ihm klar wurde was er da in der Hand hatte, hat er halt die Presse angerufen. Das verwundert nicht, auch wenn die Bombe, als Rezension gleich erschienen, noch viel heftiger aufgeschlagen wäre. Im Grunde hat er recht effektiv Werbung für seine Rezension gemacht, also die Gesetze des Marktes begriffen…

Aber wenn man schon mit Genuß Verschwörungstheorien von „linken Seilschaften“ konstruieren will – ich hätte da auch eine. Wer genau hat etwas von der jetzigen Guttenbergmisere, der „Paste and Copy – Affäre„?
Die SPD? Ich weiß nicht. Könnte mir mal jemand einen bisherigen überzeugten Guttenberganhänger zeigen der bereit wäre, deswegen jetzt SPD zu wählen? Das ist schon einmal Unsinn.
Die Grünen? Naja, nach dem CSU-Propagandavideo (Niks Blog berichtete) wäre das zwar ein schöner Gegenschlag aber mit welchem Effekt? Wer wählt nun grün statt schwarz? Was macht der, wenn er 2013 Schwarzgrün bekommt? Das funktioniert doch nicht.
Daß die Linke das konstruiert hat um Guttenberg zu schaden halte ich aus den gleichen Gründen für ausgeschlossen, eigentlich sogar für noch viel ausgeschlossener – ein CSU’ler würde doch eher sterben als bei der Linken auch noch ausgerechnet ein Kreuz zu machen.
Bleiben die Regierungsparteien. Die CSU wird gegen den einzigen halbwegs gemochten Politiker in den eigenen Reihen wohl kaum vorgehen, allenfalls wenn Guttenberg angedeutet hätte, Seehofer aus dem Sattel zu schießen. Das hat er aber nicht.
Die FDP? Naja, CSU und FDP mögen sich schon länger nicht besonders und schmierige Manöver sind für Westerwelle zum Beispiel auch nichts neues. Ob aber wirklich die FDP beliebter wird wenn ein CSU-Politiker irgendwie unfähig erscheint? Das hätte ja bereits zu „100%-Ergebnissen“ führen müssen, kann also getrost vergessen werden.
Bleibt am Ende die CDU. Und da muß man doch feststellen, daß zwischen Merkel und Guttenberg eine zumindest in der Öffentlichkeit gezeigte potentieller-Nachfolger-Konkurrenzsituation herrscht. Und was mit Merkels Konkurrenten passiert beweist eine lange Liste.
Aber wie gesagt – alles nur Theorie. Wenn auch eine farbenfrohe.

Zu Mubarak…

… und seiner Lage in Ägypten habe ich in den vergangenen Tagen nichts gesagt und werde es auch künftig nicht tun. Gleichwohl ich natürlich die Berichterstattung in den Medien verfolge und mir meine Gedanken zu den Vorgängen mache reicht mein persönlicher Wissenschatz rund um die Zustände in Ägypten nicht aus, als daß ich zu einer klugen, fundierten Ansicht gelangen könnte.

 

Hingegen verstehe ich den Westen sehr wohl. Am Beispiel dieser Krise in Nordafrika zeigt sich sehr deutlich, was passieren mußte als die Wähler Europa dem Konservativen zum Fraß vorwarfen. Wie ich im Oktober vergangenen Jahres in einem offenen Brief an Gerhard Schröder schrieb hat das Jahrzehnt der sozialdemokratischen Herrschaft in Europa ausgerechnet die Sozialdemokratie in ihrem Kern versagen lassen, und das gründlich.

Das Ergebnis war, daß sich die Wähler wieder den konservativen Parteien zuwandten und dort nach Lösungen für die offenen Fragen suchten. Angeboten haben sie keine bekommen, aber Europas Konservative haben den Rest der Volkseigenen Pfründe auch noch an den meistbietenden verscherbelt. Das war bis dato einfach nur ärgerlich und in manchen Teilen peinlich, nun aber offenbart sich deutlich, was passiert wenn Europa von einer Ansammlung an Kleinststaatenparteien regiert wird: Es wird handlungsunfähig.

Anstatt daß Europa schnell und vor allem selbstsicher außenpolitisch agiert und versucht, im nicht fernen Ägypten eine Rolle als Friedensvermittler einzunehmen stellt sich die Konservative Bande hin und tut nichts. Die europäische Außenministerin fragt um Erlaubnis bei den Staats- und Regierungschefs, ob sie aktiv werden darf.

Merkel und Sarkozy entscheiden sich zur maximalen Gesprächsbereitschaft und das Büro vom deutschen Außenminister verlautbart andauernd, daß der Außenminister mal „eindringlich„, mal „gewissenhaft“ mit seinem Amtskollegen telefoniert habe. Wow, beeindruckend.

Berlusconi, der „Bonzai-Duce“ (Priol) spielt wieder einmal völlig verrückt und die Briten, die sich in der Region schon historisch mit am besten auskennen dürften hängen sich an die Amerikaner, die ihrerseits etwas unsicher wirken, aber wenigstens aktiv werden.

Dem Westen, so wird es besonders am Verhalten des Versager-Duos Merkel/Westerwelle deutlich ist es offensichtlich völlig egal, wer oder was Ägypten nachher beherrscht. Hauptsache der Tourismus floriert und die Regierung neigt dem Westen irgendwie zu. Da kann es auch ein neuer Autokrat werden. Aktiv werden unsere konservativen Christen höchstens wohl, wenn „Ägypten an eine Muslimbruderschaft fallen“ würde. Weil dann droht ja wieder irgendeine Verbreitung der kommunistischen islamischen Weltverschwörung…

 

Die Schulden, die Schulden! – Ein Beitrag aus dem Urlaub

In den vergangenen Tagen unserer Republik gab es ein Ereignis, das wir nicht vergessen sollten: Das Statistische Bundesamt gab die neuesten Zahlen zum Thema Staatsverschuldung heraus. Sie werden sich erinnern, die Konservativen können per Selbstdefinition ja gut mit Geld umgehen. Sind wir mal ehrlich, sie können noch etwas: das besser mal knicken.

Blickt man in die Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes, so findet man absolut nichts überraschendes, oder? Wir sind verschuldet und das nicht zu knapp: der Bund hat immerhin 1.086,9 Milliarden Euro Schulden, die Länder tragen eine Last von 588,1 Milliarden Euro und die Gemeinden zusammen nochmal etwa 116,3 Milliarden Euro. Nur um Ihnen mal eben das addieren zu erleichtern, wir reden also von einer Gesamtsumme 1.791,3 Milliarden Euro Schulden. In Zahlen sieht das toll aus: 1.791.300.000.000€. Das ist nebenbei der Stand am 30. September 2010 gewesen und entspricht etwa 73% unseres BIP pro Kopf. Also nach einem Jahr Schwarzgelber Haushaltsbereinigung.

Nun stellt sich die Frage, ob das wirklich ein Problem sein muß. Staatsverschuldung ist ein Dauerthema in der Politik und ganz besonders im konservativen Wahlkampf. Natürlich sind während konservativer Regierungszeiten die Staatsschulden immer besonders heftig gestiegen und wie bei jeder Partei ist daran nicht die Politik, sondern das Wetter, die Wirtschaft, die Welt, ein Krieg oder die SPD Schuld. Aber wo liegt das echte Problem? Einen Privatmann lässt eine Bank ohne Gewissenbisse bis zum Selbstmord untergehen, das ist Geschäft. Aber einen Staat? Das wäre doch etwas seltsam.

Die nächsten Tage werde ich dazu wahrscheinlich noch einiges schreiben, allerdings erst wenn ich das Statistische Jahrbuch 2010 durchgearbeitet habe und nachdem ich meine Serie über die Verhältnisse an Deutschlands Eliteunis weitergeführt habe. Freuen Sie sich daher erst einmal die nächsten Tage drauf zu erfahren, was man eigentlich aus dem Geld macht – im Jahr des doppelten Abiturjahrgangs in Bayern und Hamburg.

Wenn Hype Hyper wird…

Im journalistischen Alltag dieser Republik gab es ein Ereignis, das die „Mächtigen zittern ließ“ – die Veröffentlichung der nächsten Welle Geheimdokumente der US-Regierung. Aber ist das wirklich die Enthüllung des Jahrhunderts? Oder zumindest des Monats?

Wikileaks enthüllte ja vor ein paar Monaten eine ganze Reihe von Geheimdokumenten, die wirklich brisantes enthielten und eine Menge Dinge über den Irak-Feldzug enthüllten, die man sich zwar schon irgendwie gedacht hatte, aber noch nicht schwarz auf weiß belegen konnte. Nun ging das und die USA, einstmals tatsächlich ein wertvoller Freiheitsmotor in der Welt verloren auch den allerletzten Rest ihres angeschlagenen Ansehens.

Nun hat Wikileaks eine neue Reihe veröffentlicht und sie vorab einigen wenigen Medien zur Verfügung gestellt (Nik’s Notizblog berichtete). Allerdings macht sich beim Lesen des Artikels in mancherlei Hinsicht Ernüchterung breit: Die Urteile stammen alle von Mitarbeitern der US-Botschaften und sind schlicht persönliche Kommentare und Anmerkungen zu den betreffenden Politikern und das scheint es zunächt einmal gewesen zu sein.

Nun brauche ich nicht direkt Hilfe von einem Angehörigen der US-Amerikanischen Botschaft um zu merken, daß Merkel im Grunde unkreativ, Westerwelle verblödet aggressiv und Seehofer ahnungslos ist. Darauf wäre ich auch alleine gekommen. Auch daß man so manchem Sarkozy oder Putin nicht viel weiter trauen sollte als man den entsprechenden werfen könnte ist mir auch nicht direkt ein Neues.

Zwei weitere Punkte kommen dazu: Die Diplomaten der USA sind selten ausgebildete Diplomaten sondern gerne Freunde von Wahlkampfspendern der jeweiligen Regierungen oder auch Spender selbst. Im Grunde holen die sich ihre Spende da quasi auf Steuerzahlerkosten zurück. In der Regel sind das Geschäftsleute, also die sind nun nicht völlig verblödet oder unnütz, aber technisch gesehen denken die nur einer bestimmten Richtung und irgendwie merkt man das der US-Diplomatie auch an. Stellen Sie sich einfach vor, ein BWL’er wäre Außenminister.

Der zweite Punkt ist die Frage, ob die internen Ansichten irgendwie wirklich wichtig sind. Ich meine, wen schert das? Wir reden hier über die persönlichen Meinungen von irgendwelchen Leuten über irgendwelche Leute. Kein Mensch würde einen Mitmenschen wie Dirk Niebel über den Status „extrem gewöhnlich“ hinausheben. Eine Null im Amt, das kennt man seit einer langen Reihe von so genannten Bundespräsidenten. Niebel hat (natürlich) bewiesen, daß es noch beschränkter geht und es hat auch nur für die Entwicklungshilfe gereicht.

Im Großen und Ganzen freut man sich als Angehöriger der oppositionellen Mehrheit der Bevölkerung mehr darüber, daß man selbst nicht so ganz alleine ist mit seiner Einschätzung des politischen Spitzenpersonals der Bundesregierung (die mit BuReGier eigentlich ausreichend umschrieben scheint). Vor allem daß die „Profis“ diese Ansicht teilen. Aber davon abgesehen ist eigentlich nicht viel dahinter. Ein paar Leute sind jetzt beleidigt und ein paar noch mehr sauer als vorher aber gebracht hat das Ganze zumindest im Informationsgehalt wenig.

Aber – und da kommt es wieder – es gibt dann doch zwei interessante Informationen: Worauf sich die Presse stürzte und was wirklich interessant ist, ist die Tatsache, daß das überhaupt möglich war – das spricht für ein massives Sicherheitsleck (was ja angeblich ein einfacher GI gewesen sein soll) über das man eigentlich nur noch amüsiert den Kopf schütteln kann angesichts der Datensammelwut der amerikanischen Behörden.

Die für mich aber pikanteste Information ist allerdings die Tatsache, daß die Koalitionsverhandlugen offensichtlich von einem FDP-Mitglied an die Amerikaner verkauft wurden. Von wem?

Sehen wir uns mal die Teilnehmer an:

Die Verhandlungen wurden in verschiedenen Arbeitsgruppen durchgeführt was ja völlig normal ist.

So saßen für die FDP bei den Verhandlungen im Bereich

Diese arbeiteten der Steuerungsgruppe zu die wiederum der großen Koalitionsrunde zuarbeitete. In der großen Runde saßen die Spitzenpolitiker drin sowie weitere Vertreter, von jeder Partei 9. Die FDP schickte den Parteivorsitzenden Westerwelle und acht weitere Vertreter.

Das waren also im einzelnen:

  • Guido Westerwelle
  • Rainer Brüderle
  • Hermann Otto Solms
  • Cornelia Pieper
  • Andreas Pinkwart
  • Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
  • Dirk Niebel
  • Birgit Homburger
  • Philipp Rösler

Ich möchte nun keine Verdächtigungen äußern, vermute aber stark, daß es ein Teilnehmer der Großen Runde gewesen sein muß. Vom Charakter her könnte man es jedem zutrauen, geltungssüchtig und bedeutungslose Persönlichkeiten sind sie ja alle.

Aber ich schlage vor, man beobachtet eventuelle „notwendige“ oder „aus persönlichen Gründen“ stattfindende personelle Veränderungen in der Spitzen-FDP im nächsten halben Jahr.

Es gibt das bekannte Buch „Unter Linken“ von Jan Fleischauer, hervorgegangen aus seinem Blog, das beweisen will, daß die Steigerung von Feind und Erzfeind der Parteifreund ist. Die Regeln in der Spitzenpolitik sind auch ziemlich hart. Aber mal ganz ehrlich: unter Rechten ist das nicht anders, höchstens schlimmer.