Wie der "schwarze Filz" tickt…

Das Beste an der Demokratie ist der gelegentliche Wechsel der Regierungsmehrheiten. Das führt dazu, daß nicht eine Gruppe alleine ihren Einfluß auf die Verwaltung, die Justiz und manchmal sogar die Medien ausübt, sondern daß es da gelegentlich zu einem Wechsel kommt.

Nun ist es in Bayern ja geradezu ein offenes Geheimnis, daß eine Verwaltungskarriere eine bestimmte Stufe nicht erreichen wird, wenn man nicht über das richtige Parteibuch verfügt. Hier ist es längst in Teilen zu einem „Filz“ gekommen, der eigentlich dringend durchbrochen werden muß, der Skandal um den Augsburger Staatsanwalt Winfried Maier, der wegen seiner Ermittlungen gegen Max Straß strafversetzt wurde, zeigte das überdeutlich. Geändert hat die Geschichte aber nichts.

Trotzdem begehren immer wieder einzelne Mitglieder der Gesellschaft auf. So auch der Journalist Peter Welchering, der über seine Heimatstadt Kornwestheim berichtet und das auf der Ebene von Blog und Twitter. Er beschreibt einen kleinen Finanzierungsskandal in Pattonville, wird daraufhin von den Lokalmedien (welche die Lufthoheit über den Stammtischen bislang genießen durften) bedroht und letztendlich sogar von Seiten der Kommunalen Politik bedrängt. Als Reaktion darauf beschreiben andere Journalisten offenbar auch derartige Erfahrungen, geradezu bedroht werden sie manchmal aus den Reihen der kommunalen Behörden.

Hallo, wo sind wir hier?

Man hat langsam wirklich das Gefühl, in einer Bananenrepublik gelandet zu sein.

Kurzer Nachtrag:
Auch wenn ich jetzt hier zwei Beispiele aus dem schwarzen Filz herausgegriffen habe, sollte ich alleine schon der Gerechtigkeit halber betonen, daß es umgekehrt auch nicht gut ist, wenn die andere Seite zu lange ununterbrochen regiert, siehe Kölner Klüngel. Wie gesagt, ein Wechsel ist demokratisch.
Interessant ist in dem Zusammenhang aber, daß man bei schwarzen Korruptionsfällen oftmals nur mit den Schultern zuckt, während die Bevölkerung Korruption bei der SPD immer besonders kritisch betrachtet. Das bringt einen zu einer interessanten Erkenntnis: Anscheinend hat man an die Sozialdemokratie nicht nur den höheren Anspruch was Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und Sauberkeit angeht, sondern es gibt scheinbar auch noch einen gewissen Rest von gutem Ruf. Sonst wäre im anderen Fall die Enttäuschung auch nicht so groß…

Au revoir, Stéphane!

Stéphane Héssel ist tot. der 95-jährige war ein Überlebender des KZ Buchenwald und ein ehemaliger Kämpfer der Résistance, der mutmaßlich der letzte Überlebende Mitarbeiter der Ersteller der UN-Charta der Menschenrechte war. Nun ist er in der Nacht auf heute gestorben.

Héssel wurde vor allem in neuerer Zeit durch seine Streitschrift „Empört Euch!“ bekannt, ein kaum 20 Seiten starkes Büchlein das nicht nur die Finanzkrise und den Umgang damit von Politik und Hochfinanz kritisierte, sondern auch die junge Generation aufforderte, keinen Stein auf dem anderen stehen zu lassen, wenn das Gesellschaftssystem nicht in der Lage ist, ein gewisses Minimum an Gerechtigkeit zu erzeugen.

Damit wurde Héssel zum Namensgeber der Bewegung der Empörten, welche Gesellschaft und System für seine stete Umverteilung von unten nach oben kritisieren – und deren Kampf ist noch lange nicht vorbei. Héssel forderte ein gerechteres und ehrlicheres System, das demokratische Legitimation für alle Verantwortlichkeiten verlangt und Gewaltlosigkeit praktiziert.

Wir werden ihn vermissen. Und uns weiter über diese Welt empören.

„Neues schaffen heißt Widerstand leisten! Widerstand leisten heißt Neues schaffen!“

Politischer Aschermittwoch

Der politische Aschermittwoch in Vilshofen war wieder einmal ein echtes Erlebnis! Im Gegensatz zu dem Eindruck, den die eher schwache Presseberichterstattung gebracht hat, war das „Aufeinanderdreschen“ der Politiker zumindest in Vilshofen eher eine Randerscheinung. Zwar haben sich die Zeitungen wie Sueddeutsche oder Merkur ebenso wie die Tagesschau (sogar in Deppendorfs Woche) redlich bemüht, das Ganze wieder einmal auf so eine Schimpfveranstaltung zu reduzieren, aber so einfach ist es nicht.

Ude und Steinbrück haben klipp und klar gesagt, was sie vorhaben im Falle eines Wahlsieges – und darauf wird (und soll) man sie auch festnageln. Lediglich Florian Probold anfangs heizte ein wenig die Stimmung auf indem er (naja, einen) gelungenen Spruch brachte. Ansonsten war es eine Wahlkampfveranstaltung, bei der die SPD ihre Positionen deutlich gemacht hat (Wahrscheinlich deswegen keine Berichte darüber? Oder bin ich schon wieder paranoid..?).

Um 5.30 Uhr morgens (!) fuhr unser Bus in Zorneding ab, mit einer großen Schleife um Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Ebersberg, Erding und Freising einzusammeln und – mit ein wenig Stau unterwegs – waren wir um kurz nach 9 im niederbayerischen Vilshofen. Dort erwartete uns wie letztes jahr ein riesiges Bierzelt und im Ganzen waren zwischen 4.500 und 5.000 „Sozis“ sowie Freunde und Verbündete da. Das Bier – Wolferstetter Bier – war gut wie immer und nach einem Weißbier und einem Paar Weißwürste mit Breze ging es dann los….

Fangen wir mal mit der hervorragenden Rede von Christian Ude an:

Darauf folgte die Rede von Peer Steinbrück, die auch nicht von schlechten Eltern war. Steinbrück beeindruckte zumindest mich mit seiner Selbstironie.

Der Vollständigkeit halber hier noch die Rede von Florian Pronold, in der er unter anderem Aufzeigt, daß die CSU kaum die von allen Medien vermeldeten 6.000-7.000 Anhänger in die Dreiländerhalle hätte quetschen können:

Ich mag auch mal….

Verschwörungstheorien machen ja Spaß. Jetzt darf ich mal. Ein nicht ganz bierernster Beitrag.

Es ist Dienstag Abend und ein wenig verwundert nach einem recht fiesen Arbeitstag reibe ich mir die Augen und frage mich, ob ich eigentlich heute schon Nachrichten gehört habe. Ich kann mich nicht entsinnen, irgendein Fettnäpfchen von Peer Steinbrück in den letzten Tagen durch die Medien geistern zu sehen. Nichtmal erwähnt hatten sie eines.

Habe ich wirklich Nachrichten gehört, gelesen und gesehen? Hm… Doch, halt, klar, Antenne Bayern hat  ja halbstündig jubiliert, daß Bayern nun gegen den Ländferfinanzausgleich klagt. und dabei immer Söder zitiert, damit beim Hörer der Eindruck hängen bleibt, daß letztlich Söder gegen Wowereit klagt. Auch Radio Gong macht das so. Naja, gut. Aber sonst?

Oh, ja richtig: Die Bundesregierung profiliert sich mit einer möglichen Absage an die Erhöhung der Kosten von Stuttgart 21. Die gute Union, immer auf der Höhe der Zeit.

Aber ich habe gar nichts mehr davon gelesen, daß er Politiker für unterbezahlt halte. Dabei sagen doch alle, daß er das gesagt habe. In der FAS. Bestimmt. Und nach „zu wenig“ kam bestimmt ein Punkt. Achso, nein. Na, was soll’s. Aber er hat ja unheimliche Nebeneinkünfte gehabt. und die sogar offengelegt. Und die anderen nicht! Naja, auch nicht erwähnenswert mehr.

Alles diese Geschichten. Warum lese ich gar nichts mehr davon? Achso, richtig, letzte Woche hatten wir den Eierlikör und den Besuch beim „unvorbereiteten Bürger“, der zufällig halt eine Genossin war. Stimmt. Das war aber letzte Woche.

Was war denn diese? Komm, da muß doch was sein…. au ja, ich habs: Den Peerblock. Gleich zweimal, also am 4.2. und am 5.2. ereifert sich die Sueddeutsche über den Peerblog und die Tatsache, daß da eine Presseagentur finanziert von fünf Unternehmern (wichtig: Sind ominöse Unternehmer) einen steinbrückfreundlichen (und wer ihn sich anguckt erkennt: auch eher peinlichen bis jämmerlichen Jubel-)Blog betreibt.

Puh, nagottseidank. Eine Woche ohne einen Steinbrückskandal, und ich wäre ausgewandert. Doch halt, lesen wir den Blog mal genauer.

Betrieben wird die ganze Geschichte von einer Agentur namens „steinkuehler-com“, die auch einen Großteil der Autoren stellen. Die Artikel reichen von den üblichen „Der Gegner ist schlecht“ bis hin zu den „Der Kandidat ist toll“ Artikeln aus der ersten Klassse der Journalistenschule. Okay. Ich habe nichts dagegen.
Finanziert wird die Geschichte von fünf Unternehmern (die offenbar nicht die SPD, sondern Peer Steinbrück unterstützen wollen, was zumindest für die Nachdenkseiten sicherlich Munition liefern wird), die nicht genannt werden wollen. Treffer, versenkt. Eine neue schöne Peer-Steinbrück-und-die-Reichen Geschichte, die Presse wird jubeln für dieses Geschenk.
Da stellt man sich doch die Frage, ob dieser hochintelligente Herr Steinbrück eigentlich wirklich eine so durchweg beschissene PR-Beratung hat. Wer bezahlt ihm eigentlich diese Berater? Die CDU?

Noch viel mehr frage ich mich aber, ob da nicht ein paar qualifizierte PR-Fritzen auf die Idee gekommen sind, ein paar Freunden und alten Spendern von CDU und FdP den Tipp zu geben, den Gegner dadurch zu bekämpfen, indem man der Presse neue Munition zuspielt. Eigentlich ein geniales Konzept.

Naja, ist ja nur eine Verschwörungstheorie. Diesmal aber meine. Ganz bestimmt.


Hm, mal im Ernst: Die Idee, eine Variante der amerikanischen PACs im deutschen Wahlkampf zu benutzen gefällt mir überhaupt nicht. Schon bei den Parteispenden läuft es alles andere als transparent ab, aber da jetzt noch mit dieser dubiosen Spendenvariante anzufangen halte ich für gefährlich.

14,4% Beeindruckend…

Das Volksbegehren gegen die Studiengebühren ist ein Erfolg, das ist inzwischen klar. Interessant ist der Blick auf die tatsächlichen Zahlen, die das statistische Landesamt nun veröffentlicht hat.

Unter dem Quorum von 10% blieben nur drei Landkreise: Berchtesgadener Land (9,4%),  Aschaffenburg – kreisfreie Stadt (9,9%) und  Neu-Ulm (8,6%). Die höchte Beteiligung hatten Erlangen – kreisfreie Stadt (22,3%), Erlangen-Höchstadt (20%) und Fürth (19,7%). Generell stechen die fränkischen Regierungsbezirke deutlich hervor, während Niederbayern (12,7%) und Schwaben (12,9%) die niedrigste Beteiligung verzeichneten. Nebenbei: Zorneding hat mit 20,4% einen verdammt hohen Anteil zustande gebracht. Gratuliere.

Immerhin – ein Erfolg für die Bündnispartner ist es zweifellos und es wird nun spannend, wie sich die CSU nun verhält. Da Seehofer, der „Erfinder der Hirnpirouette“ (Pispers) durchaus Sorgen hat, ob es der Opposition nicht eventuell gelingt, ihn aus dem Amt zu drängen, könnte sich hier dem Trend anhängen.

Es bleibt auch deswegen spannend, weil die kommenden Landtagswahlen letztendlich auch über das Schicksal der bayerischen FdP entscheiden werden, die sich als einzige gegen den Trend stellen und bei ihrer Ansicht, an den Gebühren festhalten zu wollen, bleiben. Das ist natürlich ihr gutes Recht. Allerdings haben die Befürworter kaum vernünftige Argumente an der Hand und letztendlich ist in einem rohstoffarmen Land wie in unserem die Bildung die einzige Form von Kapital, die wir haben. Blickt man in den Bundeshaushalt, dann lernt man, daß unser Land 33 Milliarden Euro für die Verteidigung ausgibt, aber nur 4,7 Milliarden für Hochschulen. Das ist ein Mißverhältnis. Wenn durch den Wegfall der Gebühren der Staat letztendlich seinen Ausgabenanteil vergrößern muß, stehen wir sicher besser da.

Affe 1 – Bankster 0

Ich liebe ja den Deutschlandfunk. Information aus allen Bereichen von Politik bis Kultur und dazu eine große Mediathek, in der man wirklich in aller Seelenruhe zum Beispiel Abends nachhören kann. Nicht wie bei der ARD, die einen zwingt, schnell zu reagieren, wenn man es live nicht hinkriegt (oder wie ich keinen Fernseher hat).

Nun hat Forschung aktuell kürzlich von einem interessanten Experiment berichtet (hier zum nachhören): Es fing um Fairness unter Schimpansen. 2007 hieß es noch, daß es derartiges nicht gebe, das Experiment hier zeigte aber, daß die Schimpansen, wenn sie zusammenarbeiten, recht großzügig sein können und durchaus am Fairplay interessiert sind.

„Wir schließen aus den Ergebnissen, dass Schimpansen und Menschen einen ähnlichen Sinn für Fairness besitzen. Und dass die evolutionäre Geschichte der Fairness mindestens zurückreicht bis zu den gemeinsamen Vorfahren von Menschen und Schimpansen.“, sagte Darby Proctor

Tatsächlich ist man sich da aber nicht so richtig einig. Sicherlich akzeptieren Schimpansen ein wenig pragmatischer als Menschen auch eine unfaire Verteilung. Aber daß sie zu Fairness und Großzügigkeit fähig sind hebt sie immerhin über eine andere Spezies dieses Planeten: Die mit Stehkragen in Vorstandsetagen großer Banken, die zum Wohle von sich selbst auch gerne weiterhin mit Lebensmitteln spekulieren und Menschen verhungern lassen. Die sich mit Steuergeldern haben retten lassen und nun munter weiter gegen die Menschheit spekulieren.

Da ist der gemeine Affe schon weiter entwickelt.

Eine seltsam erscheinende Diskussion

Seit dem letzten Amoklauf beobachtet die deutsche Presse mit wachsender Irritation die Diskussion über eine potentielle Verschärfung des amerikanischen Waffenrechts. Diese Auseinandersetzung nimmt bisweilen groteske Formen an – aber worum geht es denn eigentlich da?

Für einen Mitteleuropäer ist es einigermaßen schwierig zu verstehen, warum die Amerikaner sich mit einer solchen Vehemenz um das Waffenrecht streiten. Das mag damit zusammenhängen, daß man in Europa im Großen und Ganzen nicht auf die Idee kommt, eine Waffe zur Selbstverteidigung zu benötigen. In Amerika braucht man das in Wirklichkeit auch nicht, aber dennoch reagieren einige Waffenfans… naja, hysterisch. Gucken Sie mal:


Schon seltsam, oder? Dieser Alex Jones redet sich in Minutenschnelle in Rage… und sein Diskussionspartner, der Moderator Piers Morgan antwortet ziemlich scharf darauf. Andere Diskussionen laufen da um einiges ziviler ab, aber dennoch geht es in den USA hier (ähnlich wie beim Thema Obamacare) ziemlich heftig zu.

Doch worum geht es denn? Das Recht aus Waffenbesitz ist im 2. Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung niedergelegt und hat nach den beiden Gerichtsurteilen des Supreme Court in den Fällen District of Columbia v. Heller und McDonald v. Chicago den Rang eines Grundrechtes bekommen. Das wiederum kann man nur verstehen, wenn man in die amerikanische Geschichte im Hinterkopf hat. Die hat nun einmal viel mit der Eroberung eines Landes (und einer ziemlich kontrovers zu diskutierenden Behandlung diverser Menschengruppen) zu tun.

Wenn die Regierung also wie geplant die Waffenverkäufe einschränken will muß das sorgfältig gemacht werden, sofern sie nicht die Verfassung ändern möchte. Und dafür wird sie niemals eine Mehrheit bekommen.

Auch hier gilt es wieder, die amerikanische Denkweise zu verstehen: Wer welche Waffe bekommt entschiedet nicht der Bund, sondern die einzelnen Bundesstaaten. Und da gibt es unterschiedlich starke Reglementierungen. Allerdings gibt es das Problem, daß bislang theoretisch jeder Amerikaner von einem anderen privat eine Waffe erwerben kann – und niemand registriert diese Waffen. Dabei gibt es eine theoretische Ausnahme: Den District of Columbia, der keinem Bundesstaat, sondern dem Bund – also dem Kongress – direkt unterstellt ist. Hier sind Waffen komplett verboten. Interessanter Weise stieg die Gewaltrate nach dem Beschluß, Waffen zu verbieten ziemlich dramatisch an, bis Washington auch zur “Mordhauptstadt” der USA wurde. Ein beliebtes Argument.

Wenn die Regierung nur die Verkaufsrechte für Waffen einschränkt wird es spannend – weil die NRA und ihre Sympathisanten sicherlich vor dem Obersten verfassungsgericht dagegen klagen werden. Vermutlich verhandelt deswegen die Regierung direkt mit der Lobby – ein Vorgang, bei dem es einem Demokraten eigentlich die Zehennägel aufrollen sollte.

Unsere Elite….

Da war die Deutsche Bank aber sauer. Sie hat versucht zu verhindern, daß sich Ermittler der Steuerfahndung mit einem der größten Betrugsfälle der deutschen Geschichte auseinandersetzt und dann kommen diese fiesen Ermittler einfach mal vorbei und machen eine Razzia. Bei den Herren des Landes! Unerhört!

Liest man den Artikel in der Sueddeutschen, so stellt man ganz erstaunliches fest, ich zitiere:

Wenn das Geldhaus bei den Ermittlungen wegen Steuerbetrug beim Handel mit Verschmutzungsrechten nicht endlich kooperiere und angeforderte Dokumente herausrücke, dann müsse die Behörde „alle prozessualen Möglichkeiten“ in Betracht ziehen, um Zugriff auf die Unterlagen zu erhalten. Am 6. Juni 2012 war das. Da bleibe dann nur noch eine Durchsuchung übrig, und das habe das Geldhaus also gewusst, heißt es in Ermittlerkreisen.

Es ist schon faszinierend daß man zum Einen der Bank genug Zeit einräumt, alle potenziellen Beweise zur Seite zu schaffen und zum Anderen, daß die Bank ihren Anwälten untersagt, die Papiere einfach herauszurücken. Scheinbar fühlen sich unsere Bankster tatsächlich als die Herren im Land.

Fitschen griff zum Telefon und beklagte sich bei Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, das schade dem Image des Geldhauses und dem Standort Deutschland. Der Einsatz der Ermittler sei völlig überzogen.

Aha. Ich möchte mir das nochmal kurz auf der Zunge zergehen lassen: man ruft dann einfach mal bei der Regierung an und fordert von der Exekutive, die Judikative zurückzupfeifen. Das impliziert zwei Dinge:

  1. Anscheinend geht das, was angesichts der theoretischen Staatsform bei uns eigentlich nicht der Fall sein dürfte (was zwar jeder weiß, aber es ist schön, wenn man es mal wieder auf dem Silbertablett präsentiert bekommt)
  2. Scheinbar betrachtet man es als selbstverständlich, daß man als Banker seinen „Untergebenen“ in der Landesregierung anrufen kann um darauf hinzuweisen, daß der Nachweis krimineller Machenschaften schlecht für den Ruf der Bank ist und deswegen auch schlecht für den bösen Staat, der die arme Bank jagt. Sonst werden doch Ermittler immer als Querulanten und psychisch Kranke entsorgt, in Wiesbaden ging’s doch auch schon einmal

Sollte bei mir mal aus irgendeinem Grund die Polizei was ermitteln, sagen wir, eine Ausweiskontrolle, ruf ich auch einfach mal in der Staatskanzlei an. Sind schließlich meine Angestellten.

Sollte jeder machen, scheint uns ja als Bürgern zuzustehen. Bin mal gespannt, inwieweit die Politik reagiert, wenn jetzt jeder Bürger wegen einer seiner Ansicht nach „überzogenen“ Verkehrskontrolle einfach mal beim Ministerpräsidenten anruft. Die Nummer ist auch gar nicht schwer rauszukriegen. 😉

Von der schwachen Geburtenrate

Wie heute Morgen mit ein wenig erstaunlicher Fingerzeige-Haltung die Sueddeutsche Zeitung berichtet liegt Deutschland nach einer Studie des Bundsinstitus für Bevölkerungsforschung im hinteren Drittel, was die Geburtenrate betrifft. Schuld daran sei, so die Studie und die Sueddeutsche, vor allem der manische Glaube, eine „gute Mutter“ bleibe zu Hause.

Aber ganz so einfach ist das nicht, wie das hier dargestellt wird. In einigen eher konservativ geprägten Ländern, gerade was das Familienbild angeht, wie Irland oder auch die Türkei ist die Geburtenziffer bedeutend größer, in anderen, ebenfalls sehr konservativen Ländern (vom Familienbild her) wie Ungarn, Polen oder Rumänien ist sie niedriger als in Deutschland. Da sich hinzustellen und zu sagen, daß die doofen Frauen sich vom Leitbild einer CSU beeinflussen lassen halte ich für sehr simplifiziert.

Vielmehr ist es doch so, daß es in Deutschland für einen nicht unerheblichen Teil der Gesellschaft keineswegs mehr finanzierbar ist, Kinder zu haben – da müssen oft beide Elternteile arbeiten nur um Miete und Lebensunterhalt zu bestreiten. Im Land des „besten Niedriglohnsektors“ (G. Schröder) kommt außerdem hinzu, daß eine große Zukunftsunsicherheit herrscht: Habe ich morgen noch einen Job? Wird er mir wenigstens 70% dessen einbringen, was er kosten sollte?
Als Leiharbeiter Kinder in die Welt zu setzen ist auf schon fast kriminelle Weise unverantwortlich. Na wen wundert es, daß man sich bei den Aussichten einfach nicht mehr um das Thema schert? Noch dazu, wo den meisten inzwischen eh klar ist, daß sie im Alter arm sein werden – dann geben die Leute ihre paar Kröten eben lieber für jetzt aus – später ist eh nix mehr zu holen.

Das ist in anderen Berufsfeldern nicht gerade besser: Meines zum Beispiel. Im Grunde habe ich ein Studium für das bayerische Lehramt gemacht und werde trotzdem das Referendariat nicht bestreiten – weil die Folge nach den zwei Jahren oftmals ein-Jahres-Verträge sind mit denen ich keineswegs eine Familie gründen will. Da ist die Unsicherheit groß, weil ich möglicherweise im Juli feststellen muß, daß ich im September keinen Job habe, weil die Zahl der Lehrerstellen für das kommende Schuljahr reduziert wird. Wahrscheinlich ist dann grad keine Landtagswahl.

Von derartigen Launen abhängig ist es nun einmal schwer, sich dem Thema Familiengründung zu nähern und trotzdem ein verantwortungsvoller Mensch zu sein. Daher gibt es sowohl im mittleren wie auch im unteren Bevölkerungssegment weniger Kinder und nicht weil „Frau nicht zuhause bleiben will“. Diese Rabenmutter-Argumentation ist angesichts der gesteuerten und gewollten Ungleichheit eigentlich eine bodenlose Frechheit.