Eine seltsam erscheinende Diskussion

Seit dem letzten Amoklauf beobachtet die deutsche Presse mit wachsender Irritation die Diskussion über eine potentielle Verschärfung des amerikanischen Waffenrechts. Diese Auseinandersetzung nimmt bisweilen groteske Formen an – aber worum geht es denn eigentlich da?

Für einen Mitteleuropäer ist es einigermaßen schwierig zu verstehen, warum die Amerikaner sich mit einer solchen Vehemenz um das Waffenrecht streiten. Das mag damit zusammenhängen, daß man in Europa im Großen und Ganzen nicht auf die Idee kommt, eine Waffe zur Selbstverteidigung zu benötigen. In Amerika braucht man das in Wirklichkeit auch nicht, aber dennoch reagieren einige Waffenfans… naja, hysterisch. Gucken Sie mal:


Schon seltsam, oder? Dieser Alex Jones redet sich in Minutenschnelle in Rage… und sein Diskussionspartner, der Moderator Piers Morgan antwortet ziemlich scharf darauf. Andere Diskussionen laufen da um einiges ziviler ab, aber dennoch geht es in den USA hier (ähnlich wie beim Thema Obamacare) ziemlich heftig zu.

Doch worum geht es denn? Das Recht aus Waffenbesitz ist im 2. Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung niedergelegt und hat nach den beiden Gerichtsurteilen des Supreme Court in den Fällen District of Columbia v. Heller und McDonald v. Chicago den Rang eines Grundrechtes bekommen. Das wiederum kann man nur verstehen, wenn man in die amerikanische Geschichte im Hinterkopf hat. Die hat nun einmal viel mit der Eroberung eines Landes (und einer ziemlich kontrovers zu diskutierenden Behandlung diverser Menschengruppen) zu tun.

Wenn die Regierung also wie geplant die Waffenverkäufe einschränken will muß das sorgfältig gemacht werden, sofern sie nicht die Verfassung ändern möchte. Und dafür wird sie niemals eine Mehrheit bekommen.

Auch hier gilt es wieder, die amerikanische Denkweise zu verstehen: Wer welche Waffe bekommt entschiedet nicht der Bund, sondern die einzelnen Bundesstaaten. Und da gibt es unterschiedlich starke Reglementierungen. Allerdings gibt es das Problem, daß bislang theoretisch jeder Amerikaner von einem anderen privat eine Waffe erwerben kann – und niemand registriert diese Waffen. Dabei gibt es eine theoretische Ausnahme: Den District of Columbia, der keinem Bundesstaat, sondern dem Bund – also dem Kongress – direkt unterstellt ist. Hier sind Waffen komplett verboten. Interessanter Weise stieg die Gewaltrate nach dem Beschluß, Waffen zu verbieten ziemlich dramatisch an, bis Washington auch zur “Mordhauptstadt” der USA wurde. Ein beliebtes Argument.

Wenn die Regierung nur die Verkaufsrechte für Waffen einschränkt wird es spannend – weil die NRA und ihre Sympathisanten sicherlich vor dem Obersten verfassungsgericht dagegen klagen werden. Vermutlich verhandelt deswegen die Regierung direkt mit der Lobby – ein Vorgang, bei dem es einem Demokraten eigentlich die Zehennägel aufrollen sollte.