Der erste Schock des Wahlabends – und das glückliche Ende

Um 18 Uhr macht die Bibliothek zu – um 18:10 Uhr beginne ich Deutschlandradio zu hören. Und da traf es mich wie ein Schock: FdP bei 10%? Hoppla, was ist denn da passiert?

Ein Liveblog während ich erstmal was trinken gehe…

19:11 Uhr:
Die ersten Hochrechnungen sind ziemlich gruselig:

  • CDU 36,4%
  • SPD 32,6%
  • Grüne 13,4%
  • FDP 9,9%
  • Linke 3,3%
  • Piraten 1,8%
  • Sonstige 2,6%

Ersten Analysen zufolge ist das Ergebnis vor allem den Leihstimmen zu verdanken. Die CDU hat ziemlich heftig verloren (etwa 6%) und die FdP ein wenig gewonnen. Bin mal gespannt auf die realen Stimmen gewinne und -verluste.

19:15 Uhr
Hm…. die krachenden Verlierer sind definitiv die Piraten und die Linkspartei. SPD/Grüne und CDU/FdP sind annähernd gleichauf. Das wird ein spannender Abend…

19:20 Uhr:
Ein schönes hat das Ganze ja…. die Demoskopen sind mal so richtig auf die Nase gefallen. Reiner Brüderle auch. Schön fand ich die erste Aussage von Stefan Weil, der sich für den fairen Wahlkampf bedankte und hervorhob, daß die Wahlbeteiligung gestiegen ist. Mit knapp über 60% ist sie aber trotzdem erschreckend niedrig.
Peer Steinbrück hat sich recht einsichtig geäußert… vielleicht findet er endlich ein bißchen Rückenwind gegen die Kampagne, die da gegen ihn läuft. Vielleicht wird sich da ja doch noch was ändern.
Gabriel hat auch einen schönen Satz gesagt: Die FdP existiert eigentlich nicht mehr – nur noch über Leihstimmen. Naja, rein rechnerisch kann das wohl kaum stimmen….

19:45 Uhr:
Warum darf in der Berliner Runde eigentlich die CSU immer ihren Senf dazugeben? Warum nicht die Piraten?

20:10 Uhr:
Wird spannend: Das Rotgrüne Lager ist genauso stark wie das bürgerliche. Es wird um ein paar hundert Stimmen gehen. Ehrlich gesagt, ich finde das Lagedenken schrecklich, aber jetzt hat sich das irgendwie endgültig durchgesetzt…

20:24 Uhr:
taktische Wähler; Das gleiche wie bei der Bundestagswahl 2009: Im Grunde keine Zustimmung zur FdP sondern mehr eine Ablehnung von SPD und Grünen. Und das, wo die Grünen in so vielem der FdP ähnlich sind..

21:55 Uhr:
Aktuelle Hochrechnung:

  • CDU: 36,1%
  • SPD: 32,3%
  • Grüne: 13,7%
  • FdP: 10,1%
  • Linke: 3,2%
  • Piraten: 2,0%
  • Sonstige: 2,6%

Koalitionen? Hm…. Infratest Dimap geht derzeit von 142 Sitzen aus. Daher würde das bei dem Ergebnis heißen:

  • Schwarzgelb: 71 Sitze
  • Rotgrün: 71 Sitze
  • Schwarzrot: 106 Sitze

Damit bliebe nur eine große Koalition, die aber wahrscheinlich keiner will.

22:05 Uhr:
Niedersachsen ist spannend, weil es wohl letztendlich auf ein Wettrennen mit den Überhang- und Ausgleichsmandaten hinausläuft. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über die Erststimmen in den 87 Wahlkreisen mehr Mandate direkt gewinnt, als ihr nach der Zahl der Zweitstimmen prozentual zustehen – und das passiert öfter. Im Bund ist dies Gegenstand der großen Kontroverse um unser Wahlrecht.
In Niedersachsen ist es nun aber so, daß die anderen Parteien dann Ausgleichsmandate erhalten, damit das Zweitstimmenergebnis sich im Parlament wiederspiegelt. Damit kommt es auf jede Stimme an.

22:15 Uhr:
„Hat das Ergebnis irgendwelche Auswirkungen auf Angela Merkel?“, fragen viele Medien. Vielleicht sollten wir erstmal ein Ergebnis haben, Freunde, es sind gerade mal die Hälfte der Stimmbezirke ausgezählt…
Nach den Hochrechnungen hat das Rotgrüne Lager knapp 8% gewonnen, das Schwarzgelbe („bürgerliche“) Lager hat gute 5% verloren. Das könnte man als Stimmungsumschwung interpretieren, aber das ist eine Landtagswahl – Bundestrends spielen natürlich eine Rolle, aber keine entscheidende. Jedenfalls wäre das zu hoffen.

22:23 Uhr:
Seltsam….. Herr Rösler hat eine sehr seltsame Satzbetonung im Gespräch mit den Tagesthemen… das klingt so ein bißchen wie damals bei der Knoff-Hoff Show und Joachim Bublath… was seinerseits Bully noch schön parodiert hatte…. irgendwie erinnert das Interview mehr an die Parodie…

22:30 Uhr:
Gucke grad das Heute-Journal, das für die Ergebnisse um 21:44 eine andere Hochrechnung bietet. Interessant ist der Unterschied schon:

  • CDU: 36,5% (ARD, 21:45 Uhr: 36,1%)
  • SPD: 32,7% (ARD, 21:45 Uhr: 32,3%)
  • Grüne: 13,6% (ARD, 21:45 Uhr:13,7%)
  • FdP: 9,6% (ARD, 21:45 Uhr:10,1%)
  • Linke: 3,1% (ARD, 21:45 Uhr: 3,2%)
  • Piraten: keine Angabe, ca 2% wird gesagt (ARD, 21:45 Uhr: 2,0%)
  • Sonstige: 4,5% (ARD, 21:45 Uhr: 2,6%)

Die Forschungsgruppe Wahlen geht derzeit von 140 Sitzen (ARD, 21:45 Uhr: 142) aus. Daher würde das bei dem Ergebnis heißen:

  • Schwarzgelb: 70 Sitze (56+14)
  • Rotgrün: 70 Sitze (50+20)
  • Schwarzrot: 106 Sitze

Damit bliebe auch hier nur eine große Koalition, die aber wahrscheinlich keiner will.

22:40 Uhr:
Endlich mal neue Zahlen…. 🙂

  • CDU: 36,0%
  • SPD: 32,7%
  • Grüne: 13,6%
  • FdP: 10,0%
  • Linke: 3,1%
  • Piraten: 2,1%
  • Sonstige: 2,5%

Quelle ist hier wieder die Infratest Dimap, Stand ist 22:19 Uhr.

22:39 Uhr:
Die Sitzverteilung nach diesen neueren Hochrechnungen ist auch interessant.

  • CDU: 53
  • SPD: 48
  • Grüne: 20
  • FdP: 14
  • insgesamt 135 Sitze

Das würde bedeuten 67:68 Sitze, Hauchdünner Vorsprung für Rot-Grün. Dummerweise gibt es auch eine alternative Sitzverteilung.

  • CDU: 54
  • SPD: 49
  • Grüne: 20
  • FdP: 15
  • insgesamt 138 Sitze

Da würde es 69:69 Sitze stehen. Also immer noch Kopf- an-Kopf. Mittlerweile ist es aber schon einigermaßen eindeutig, was die Erststimmenergebnisse angeht: Die Karte zeigt, daß nur noch ein Wahlkreis fehlt, nämlich Hameln/Rinteln.

22:52 Uhr:
Gemein! Das Tagesthemen-Livestream geht derzeit nicht… Verdammt!

22:57 Uhr:
Jetzt geht’s. Endlich.

23:00 Uhr:
Hm… die Forschungsgruppe Wahlen (ZDF) hat neue Zahlen vor ein paar Minuten gebracht, die von der ARD muß ich nachgucken weil der Livestream grad nicht ging.

  • CDU: 36,2% (ARD, 22:47 Uhr: 36,0%)
  • SPD: 32,7% (ARD, 22:47 Uhr: 32,6%)
  • Grüne: 13,6% (ARD, 22:47 Uhr: 13,76%)
  • FdP: 9,9% (ARD, 22:47 Uhr: 9,9%)
  • Linke: 3,1% (ARD, 22:47 Uhr: 3,2%)
  • Piraten: keine Angabe (ARD, 22:47 Uhr: 2,1%)
  • Sonstige: 3,1%

Interessant ist, daß es jetzt nicht mehr für CDU/FdP reicht, wenn man der ARD glaubt, nach dem ZDF könnte es noch gehen. Egal wie, es würde nur eine Stimme Mehrheit sein – das erfordert Regierungskunst.

23:05 Uhr:
Langsam gehen mir die Leute auf den Keks. „Wie oft, Stefan Weil, haben Sie im Wahlkampf gedacht: ‚Peer Steinbrück, Hätten Sie doch mal den Mund gehalten‘ “ Was soll diese Steinbrückdrescherei andauernd? Könnten sich die Medien mal auf ihre Aufgabe besinnen?

23:16 Uhr:
Stefan Belz‘ Kommentar in den Tagesthemen ist ja wohl mal bescheuert: „Das Land steuert auf einen Lagerwahlkampf zu. Der heutige Tag war gut für die Demokratie.“
Sonst geht’s ihm aber schon noch gut, oder?

23:20 Uhr:
So, ich mag nicht mehr. Mittlerweile war es ein bißchen viel Whiskey (natürlich schottischer Single Malt) und jetzt kommt eh der Sportteil, also verabschiede auch ich mich vom Liveblog und freue mich mit Euch allen auf das amtliche Endergebnis – das bei aller Behauptung der Tagesthemen noch immer nicht wirklich klar ist. Immerhin, das vorläufige amtliche sieht es nun bei 69:68 Sitzen für Rot-Grün. Gute Nacht Euch allen und lasst Euch nicht unterkriegen. Kämpft weiter für die Gute Sache.
Für unser Land.

Lastknightniks Woche (03/2013)

Wie (fast) jeden Freitag eine kurze Nachschau über die fünf m.E. nach wichtigsten oder interessantesten Geschichten der Woche zur Nachlese.

Montag: Die Antisemitismusvorwürfe gegen Jakob Augstein – und die Unfähigkeit deutscher Journalisten, wenigstens Englisch zu lesen oder sich mit dem eigenen Fehlverhalten auseinanderzusetzen.

Dienstag: Die NRA erklärt uns, daß Computerspiele Menschen töten und nicht Waffen. Ist ja mal was ganz neues.

Mittwoch: WG-Zimmer gegen Sex. Und das im schönen München. Ein unmoralisches Angebot und seine Geschichte.

Donnerstag: Katholische Kliniken weisen ein Vergewaltigungsopfer ab. Kommentar von mir dazu gibt’s auch.

Freitag: Eine Taxlerin in Deggendorf weigert sich, einen Fahrgast zu befördern, der sie sexuell belästigt hat. Dafür wird sie entlassen.

Oh Herr im Himmel

Der mittlerweile bekannt gewordene Vorgang in Köln, bei dem sich zwei katholische Kliniken weigerten, einem Vergewaltigungsopfer beizustehen wird von der Kirche mit einem lapidaren „bedauerlichen Einzelfall“ beseite gewischt. Nur: Das ist ganz und gar nicht so.

Die Frau hatte nach einer Vergewaltigung und nachdem man ihr k.o. Tropfen verabreicht hatte von der Notfallärztin sicherheitshalber die „Pille danach“ verschrieben bekommen. Eine solche Pille wird von katholischen Ärzten allerdings als Abtreibung wahrgenommen und von daher grundsätzlich nicht verabreicht. Dementsprechend haben die Kliniken auch die erforderliche Spurensicherung nicht durchgeführt.

Allerdings ist das kein Einzelfall, sondern Methode einer sehr seltsamen Geisteshaltung. In Galway starb kürzlich eine Frau nach einer Totgeburt, weil sich die Ärzte weigerten, den sterbenden Fötus aus der Mutter herauszuoperieren um wenigstens das Leben der Mutter zu retten. Die Begründung dort: „Das ist ein katholisches Land“. Und ist außerdem rechtlich nicht zulässig. Dabei hatte die Mutter selbst um diese Notoperation gebeten weil klar war, daß das Kind nicht würde überleben können.

Polen wurde kürzlich vom europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verknackt, weil die dortige katholische Prägung verhindern wollte, daß eine Vierzehnjährige (!) nach einer Vergewaltigung abtreibt. 2009 machte ein Fall aus Brasilien auf sich aufmerksam: Eine Neunjährige (!!) ließ ebenfalls, nachdem sie jahrelang mißbraucht worden war, die Zwillinge mit denen sie schwanger war, abtreiben. Dafür hat man sie exkommuniziert.

Nun ist die Exkummunikation die härteste Strafe, die das Kirchenrecht kennt, es ist quasi die Verweigerung, die Seele des Täters (der Begriff wird hier oft benutzt!) wieder in die Gemeinschaft aufzunehmen, stößt ihn aus und verdammt seine Seele letztendlich in die Hölle. Das muß man zwar auch alles glauben, aber wie das auf ein neun Jahre altes Mädchen wirkt, das eigentlich nur weiterleben wollte, möchte ich mir gar nicht vorstellen. Als drohende Waffe wird es jedoch gerne verwendet. Nebenbei: Schön mittelalterlich ist es auch, daß man eine Buße tun muß, um wiederaufgenommen zu werden. Im Mittelalter nannte man das Deditio, es war eine symbolische Unterwerfungsgeste.

Es ist immer schwierig und die Religionen diskutieren selbst in Wahrheit unter sich genauso, wie es die Gesellschaft tut. Bei den orthodoxen Kirchen beispielsweise gilt der Schwangerschaftsabbruch als Mord – allerdings gilt, wenn das Leben der Frau in Gefahr ist, eine Ausnahme. Das ist eine klare Position, für die man sein kann oder auch dagegen. Hier wird ein klarer Wertemaßstab gesetzt.

Das Problem, daß andere christliche Kirchen und auch der Islam zum Beispiel haben ist die Frage mit der Seele: Ab wann ist es menschliches Leben? Eine Frage, mit der sich auch die Ethikkomission mal befasst hatte, zuletzt bei der Frage nach der Präimplantationsdiagnistik. Zu einem einheitlichen Schluß kommt man da nicht, auch der Islam nicht. Zwar meine ich, etwas über einen Spruch des Propheten gelesen zu haben, daß am soundsovielten Tage ein Engel die Seele in das tote Fleisch hauche, aber ich bin mir da nicht mehr ganz sicher – und mutmaßlich wird das verschiedentlich interpretiert.

Die Unterscheidung und Differenzierung zwischen dem Lebensrecht des Fötus und dem Selbstbestimmungsrecht der Frau ist ein heikles Thema, das weder ein einzelner Blogbeitrag, noch eine jahrelange Diskussion endgültig lösen können. Auch dieser Beitrag wird das nicht einmal ansatzweise tun.

Allerdings möchte er schon kritisch vermerken, daß das Lebensrecht, also das generelle Recht auf Leben ein hohes Gut ist, wie es die „ProLife“ Organisationen (die auch mit Krankenkassen zusammenarbeiten, scheint’s) ja auch immer betonen – und das Recht eines bereits geborenen Lebens über das eines Ungeborenen zu stellen erscheint dann doch ein wenig seltsam. Wie soll denn das Kind aufwachsen (und sich fühlen) ohne die Mutter, deren Tod es unwissentlich veranlasst (nicht verschuldet!) hat? Und warum soll eine Ärztin indischer Herkunft oder ein brasilianisches Mädchen von gerade einmal 9 Jahren kein Lebensrecht haben, der ungeborene Fötus aber schon? Fragen, die seltsamerweise nicht beantwortet werden.

Und im Falle der Spurensicherungsnummer da in Köln: Warum scheint es nicht so wichtig zu sein, wer der Vergewaltiger ist? Muß man als Kirche denn immer den Eindruck erwecken wollen, man decke lieber den Täter als dem Opfer zu helfen?

Umstellung Design (II)

Vom Mysty Look zum Andreas04, nun ist es Able. Was haltet Ihr davon?

Andreas04

Das Blog im vorherigen Design – Andreas04. Was sagt Euch mehr zu?

Insgesamt bleibt ansonsten alles wie gehabt – zur Linken findet Ihr nun die Leiste mit den einzelnen Navigationsinstrumenten, um andere Artikel im Blog wiederzufinden, zu Eurer Rechten finden sich RSS-Feeds, Metainformationen und Linklisten.

Na endlich mal wieder das alte Thema…

Die mitunter etwas absurde Debatte um den Amoklauf von Newtown bekommt die nächste Dimension. Diesmal sollen wieder Computerspiele schuld sein, worüber sich die Waffenlobby in den USA mächtig freut, unabhängig davon, daß sie das Medium auch selber als Verkaufsstrategie benutzt.

In dem Zusammenhang kann ich nur noch einmal auf meinen Artikel verweisen, der sich mit der Furcht vor neuen Medien quer durch die Geschichte beschäftigt. Ob exzessives Computerspielen abstumpft ist bis heute nicht geklärt, ich bin mir ziemlich sicher, daß das auch von dem jeweiligen Individuum abhängt.

Ich für meinen Teil habe auch nach dem Spielen von Call of Duty nicht den Wunsch gehegt, irgendwen umzubringen. Erst recht nicht nach Strategie– oder Arcadespielen. Der reflexartige Schnellschuß, den Konservative da gerne konstruieren hat etwas von einfacher Logik: Die meisten Amokläufer spielen Shooter, also muß es da doch einen Zusammenhang geben.

Die meisten essen auch Brot oder Fleisch, gucken Fußball und träumen von Mädchen, gibt es da nicht auch vielleicht einen Zusammenhang? Nichtsdestoweniger freue ich mich jetzt schon drauf, wie sich diese Debatte erneut entspannen wird. Und ob dann vielleicht auch mal einer den Fußball verbietet.

Mit der Computerspieleindustrie über schärfere Waffengesetze und Sicherheit zu reden ist so ein bißchen, als würde man mit Matchbox für Straßenverkehrssicherheit sprechen.

Finstere GEZ? Teil 1 einer kleinen Reihe….

Heute Morgen habe ich meinen Rundfunkbeitrag zurückgerufen weil die GEZ den Beitrag von allen WG-Mitbewohnern einkassiert hatte. Wie wir das machen werde ich mir noch ausdenken, erst einmal ein paar grundsätzliche Gedanken zu dem Thema.

Die GEZ ist kein finsteres Imperium und im Grunde finde ich die Rundfunkgebühren (trotz allen schwierigen Fragen betreffs der Transparenz) auch okay. Schließlich nutze ich online die Mediatheken von ARD und ZDF recht intensiv und benutze auch die Podcasts – zudem höe ich gern und recht fleißig den Deutschlandfunk. Ohne den wäre die Sache mit der Radioinformation in der Hand von so Privatsendern wie Antenne Bayern und naja…. das muß man mögen.

Nun sind seit diesem Jahr die neuen Gebühren fällig, die nicht mehr den Besitz des Gerätes voraussetzen sondern schlicht einen Wohnsitz (egal ob Erst- oder Zweitwohnsitz) in Deutschland. Wer nebenbei zwei Wohnsitze hat, der zahlt auch zweimal. Damit ist es aber keine Nutzungsgebühr mehr, sondern eine Steuer. Ob man auf das Fernsehen eine Steuer erheben darf wird sicherlich in der nächsten Zeit ein Gericht klären.

Interessant ist, daß die neuen Rundfunkgebühren von einer massiven Gegenkampagne der Bildzeitung begleitet werden, und mittlerweile auch andere Zeitungen recht massiv gegen die Gebühren schreiben. Woran könnte das liegen? Nun, man muß verstehen daß die Einführung des Privatfernsehens unter Helmut Kohl als Wohltat der CDU zur Befreiung der Medienlandschaft von der vermeintlichen „linken Übermacht“ der öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme zu verstehen ist.

Die gab und gibt es nicht. In den Rundfunkräten sitzen die Länderchefs und auch andere gesellschaftliche Gruppen sind dort vertreten (Gewerkschaften und Kirchen zum Beispiel). Die Idee dahinter ist, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk programmatisch von einem Querschnitt der Bevölkerung gebildet wird. Das ist eine gute Idee, inwieweit das auch umgesetzt wird eine andere Frage. Bei den privaten ist das ein bißchen anders, sie sind meistens in der Hand einiger weniger, mächtiger Medienkonzerne (Bertelsmann zum Beispiel gehören mehr als 90% der RTL-Group, das ist RTL, n-tv, RTL II,  VOX und Super-RTL sowie einige Regionalsender; Außerdem 12 Sender in Frankreich, 8 in der Niederlande, 4 in Spanien,  3 in Belgien, 2 in Luxemburg, 2 in Kroatien, 2 in Russland und einer in Ungarn, Radiosender nicht mitgerechnet, aber hier zum Beispiel auch 16% von Antenne Bayern!) die natürlich ein ganz anderes Interesse haben als das öffentliche Wohl. Ganz besonders Bertelsmann ist natürlich das führende Propagandainstrument für die neoliberale Geisteshaltung. Die entsprechenden Medien sorgen auch immer ganz brav dafür, daß die Bevölkerung entsprechend eingestimmt wird – klappt nicht immer, aber erschreckend oft.

Ein anders Beispiel ist die ProSiebenSat1-Media AG, das wohl größte deustche Fernsehunternehmen (Pro7, Sat.1, Kabel 1, Sixx und viele weitere mehr), bei dem bis 2008 die Axel Springer AG (rein zufällig) Mitbesitzer war. Springer wollte ursprünglich die Sender kaufen, erklärte allerdings Ende 2007 ein wenig überraschend, sich aus dem Geschäft wieder zurückzuziehen. (So ganz nebenbei: Springer besitzt ebenfalls 16% von Antenne Bayern)
Die Verbundenheit der Springerpresse (Die ja kräftig von Promis beworben wird, auch solchen mit öffentlich-rechtlichem Background) mit dem Konzern scheint aber ungebrochen, nur so erklärt sich der stete Beschuß gegen das öffentlich-rechtliche Fernsehen.

Auf dieser Basis könnte man die Rundfunkgebühren also als eine Art Abgabe (so wie für Pay-TV) betrachten, mit der man gegen den wachsenden Einfluß der gigantischen Medienkonzerne ein Stück weit was tut. Auch würde ich ohne GEZ nicht am 22.1.2013 in den Genuß kommen, Priol und Pelzig zusammen mit Piet Klocke, Max Uthoff, Martin Puntigam und Emmanuel Peterfalvi (Alfons) zu sehen. Und sogar als Podcast downzuloaden. Ein bißchen Bildung, Unterhaltung und Information, daß ich für wenig Geld (Sollte meine WG als ein Haushalt anerkannt werden, wären das kaum 4 Euro im Monat) erhalte und dafür ungestört weiterhin Deutschlandradio, meine Anstalt oder Quer habe – und das alles bei Bedarf wann ich Zeit habe. So gesehen eigentlich okay.

Und eines macht auch richtig Spaß: Nach und nach werden sich vermutlich eine Menge Häuser einfach zu einer Wohngemeinschaft zusammenmelden, fröhlich geklagt oder Gaststätten einfach zum religiösen Raum umdeklariert (Daß religiöse Stätten nicht mit Gebühren belästigt werden dürfen hat gewiß nichts mit den Kirchen als Vertreter in den Rundfunkräten zu tun…).

Wenn das Volk auch weiter treu doofbrav zu Merkel steht – wenigstens ist es kreativ geblieben.

Eine seltsam erscheinende Diskussion

Seit dem letzten Amoklauf beobachtet die deutsche Presse mit wachsender Irritation die Diskussion über eine potentielle Verschärfung des amerikanischen Waffenrechts. Diese Auseinandersetzung nimmt bisweilen groteske Formen an – aber worum geht es denn eigentlich da?

Für einen Mitteleuropäer ist es einigermaßen schwierig zu verstehen, warum die Amerikaner sich mit einer solchen Vehemenz um das Waffenrecht streiten. Das mag damit zusammenhängen, daß man in Europa im Großen und Ganzen nicht auf die Idee kommt, eine Waffe zur Selbstverteidigung zu benötigen. In Amerika braucht man das in Wirklichkeit auch nicht, aber dennoch reagieren einige Waffenfans… naja, hysterisch. Gucken Sie mal:


Schon seltsam, oder? Dieser Alex Jones redet sich in Minutenschnelle in Rage… und sein Diskussionspartner, der Moderator Piers Morgan antwortet ziemlich scharf darauf. Andere Diskussionen laufen da um einiges ziviler ab, aber dennoch geht es in den USA hier (ähnlich wie beim Thema Obamacare) ziemlich heftig zu.

Doch worum geht es denn? Das Recht aus Waffenbesitz ist im 2. Zusatzartikel zur amerikanischen Verfassung niedergelegt und hat nach den beiden Gerichtsurteilen des Supreme Court in den Fällen District of Columbia v. Heller und McDonald v. Chicago den Rang eines Grundrechtes bekommen. Das wiederum kann man nur verstehen, wenn man in die amerikanische Geschichte im Hinterkopf hat. Die hat nun einmal viel mit der Eroberung eines Landes (und einer ziemlich kontrovers zu diskutierenden Behandlung diverser Menschengruppen) zu tun.

Wenn die Regierung also wie geplant die Waffenverkäufe einschränken will muß das sorgfältig gemacht werden, sofern sie nicht die Verfassung ändern möchte. Und dafür wird sie niemals eine Mehrheit bekommen.

Auch hier gilt es wieder, die amerikanische Denkweise zu verstehen: Wer welche Waffe bekommt entschiedet nicht der Bund, sondern die einzelnen Bundesstaaten. Und da gibt es unterschiedlich starke Reglementierungen. Allerdings gibt es das Problem, daß bislang theoretisch jeder Amerikaner von einem anderen privat eine Waffe erwerben kann – und niemand registriert diese Waffen. Dabei gibt es eine theoretische Ausnahme: Den District of Columbia, der keinem Bundesstaat, sondern dem Bund – also dem Kongress – direkt unterstellt ist. Hier sind Waffen komplett verboten. Interessanter Weise stieg die Gewaltrate nach dem Beschluß, Waffen zu verbieten ziemlich dramatisch an, bis Washington auch zur “Mordhauptstadt” der USA wurde. Ein beliebtes Argument.

Wenn die Regierung nur die Verkaufsrechte für Waffen einschränkt wird es spannend – weil die NRA und ihre Sympathisanten sicherlich vor dem Obersten verfassungsgericht dagegen klagen werden. Vermutlich verhandelt deswegen die Regierung direkt mit der Lobby – ein Vorgang, bei dem es einem Demokraten eigentlich die Zehennägel aufrollen sollte.

Steigende Mieten – und ein sich veränderndes Stadtbild

Seit ich in München wohne hat sich das Bild meines Viertels ein wenig geändert. Ich wohne in der Maxvorstadt, ein ganz normales Univiertel eigentlich, das eine Menge Spaß macht und ich lebe wirklich gern hier. Zu den Dingen, die ich sofort ins Herz geschlossen hatte gehörten auch die ganzen Buchläden und Antiquariate, wo man mitunter sehr zufällig auf tolle Bücher stoßen konnte – und stundenlang wühlen.

Jetzt sterben diese Geschäfte. Zuerst erwischte es ein kleines Antiquariat in der Schellingstraße, da hatte ich selber noch nie eingekauft weil es praktisch nicht auf meinem Weg liegt. Stattdessen kam ein Musikladen rein, der blieb auch nicht lange. Jetzt ist es ein Café – links und rechts davon sind es auch Cafés oder Pizzerien.

Am Augenfälligsten war die Schließung der Universitätsbuchhandlung Heinrich Frank, die es da seit 135 Jahren gibt. Im Juli meldete er Insolvenz an, im Oktober war es vorbei. Auch der „linke Buchladen“, der eher alternative Literatur, Philosophie und Geschlechterrechtliches aus aller Welt führt, ist inzwischen auf die Hälfte seiner Größe geschrumpft – inzwischen gibt es in der Adalbertstraße Ecke Barer Straße nur noch den Philosophie-Laden. Die andere Hälfte ist ein Bekleidungsgeschäft.

Jetzt scheint in diesem Lande besonders im lädlichen Raum der Wunsch nach mehr Bekleidungsgeschäften zu bestehen (wie in Ennepetal oder in Rheinfelden), aber gerade die Münchner Innenstadt quillt doch über mit den Läden. Alleine in der Adalbertstraße sind auf den gut 200 Metern zwischen Barer und Türkenstraße 3 (!) Bekleidungsgeschäfte angesiedelt. Auch ansonsten habe ich das Gefühl, überall wo irgendwas eingeht entsteht danach ein Laden für weiße Hosen und bunte Kleider. Natürlich steigen überall die Mieten an, gerade auch die für Geschäfte (ganz krass zuletzt in Stuttgart), aber können die wirklich nur noch von irgendwelchen Läden mit Schaufensterpuppen getragen werden?

Die SPD hat das Thema Mietexplosion entdeckt und Peer Steinbrück möchte es im Wahlkampf nutzen – dazu gibt es nun ein Strategiepapier. Gerade als Münchner muß ich das erstmal gut finden, schließlich lebe ich in der teuersten Stadt des Landes. Allerdings ist meine Miete bis dato nicht erhöht worden – in fünf Jahren nicht. Ich klopf auch grad auf Holz daß es so bleibt. Dennoch ist die Frage nach bezahlbarem Wohnraum eine wichtige soziale Frage und von daher ist es gut, daß sich die SPD des Themas angenommen hat.

Allerdings fehlen mir hier Positionen zum Thema Ladenmieten – es ist immer nur von der Wohnung die Rede. Das ist wichtig, aber auch das Thema Ladenmieten ist ein wichtiges Thema. Denn nach und nach sehen deutsche Innenstädte immer gleich aus – zur Hauptstraße? Ach, das war doch immer beim H&M rechts. Marc-Uwe Kling hat das in seinem Text und Gedicht „Das Kettenkarussell“ schön persifliert:

Hier sollte die SPD noch einmal nachbessern. Sonst verschwinden die kleinen Läden komplett und wir haben nichts anderes mehr als Modeboutiquen und Lidl.