Das Bett – eine unendliche Geschichte

oder: die Bestellung Deines Lebens

Heute möchte ich dann doch mal die Geschichte erzählen, die man bei der Möbelfirma XXXLutz so den Servicegedanken verfolgt. Die Geschichte ist eigentlich ganz lustig, sofern man einen Hang zum Masochismus hat, und geht so:

Im Frühjahr 2019 trifft ein Paar die Entscheidung, sich ein neues Bett zu kaufen. Größer soll es sein, breiter, denn das Kind der beiden kommt gerne in der Nacht zum Schlafen vorbei und da sind dann 160cm etwas eng. Man berät sich, sieht sich im Internet verschiedene Varianten an, einigt sich schließlich auf den Stil und sucht konkret danach. Kiefer soll es sein, natürlich Vollholz. Fündig wird man bei mehreren Anbietern – schließlich macht das Paar den entscheidenden Fehler: Der Mann argumentiert, dass eine große Firma das wahrscheinlich schneller hinkriegt und man nimmt daher das zweitgünstigste Angebot.

Also auf www.xxxlutz.com gesucht. Lieferzeit laut Homepage: 6-8 Wochen. Na, das geht doch, kann man drei Wochen in den Urlaub und dann kommt quasi das Bett. Also ein Balkenbett bestellt. Kostenpunkt so um die 800 Euro, passende Nachtkästchen dazu gleich mit. Klingt alles super. Dem Paar war aber nicht bewusst, dass die Firma XXXLutz offenbar nach der Bestellung sofort den Auftrag erteilt, die benötigten Bäume zu säen.

Es ist Ende Juli 2019.

Per DHL kommen die Nachtkästchen separat nach knapp einer Woche – tolle Lieferzeiten. DHL-typisch war der Bote um 9 Uhr während eines regulären Wochentags wohl da – also sind die Kisten nun bei der Post im Lager… Gut, das war ein bisschen unpraktisch weil man die Kisten – die Nachtkästchen wurden schon zusammengebaut verschickt! – mit dem Fahrrad so schlecht transportieren kann aber, hey, für den Familienfrieden kriegt ein Mann alles hin.

Die junge Familie fährt in den Urlaub und kehrt zurück.

Anfang September wundert sich der Mann – er hätte doch mal von der Spedition was hören sollen. Leider ist Sonntag, daher kann er nicht anrufen, aber er hat ja die Rechnungsmail. Da müsste alles drinstehen. Er sucht ein bisschen und ja, da steht es ja. Rechnung ist gleich abgebucht worden – Kohle ist also weg, PayPal sei Dank. Teillieferung gleich in der nächsten Woche. Ja, stimmt. Oh, Bett hat eine Lieferzeit von 18-19 Wochen.

19 Wochen?

Der Mann guckt nochmal nach, guckt auf die Homepage und ja, stimmt. Da steht jetzt auch 19 Wochen. Waren sie wirklich so doof und haben das übersehen? Andererseits hätten sie doch dann das andere Angebot genommen, die Lieferzeit war ja auch ein Kriterium. Mittlerweile sind Matratze (vor Ort gekauft, extra nach Bestellung hergestellt), Lattenrost (geerbt) und Bettkasten (geliefert) auch schon im Schlafzimmer gestapelt und zehren dann doch etwas am Raumvolumen. Das macht man doch nicht freiwillig.

So schonend wie möglich erklärt der Mann seiner Frau die Situation. Sie ist nicht erfreut, aber das ist halt jetzt so. Man ja ja schon bestellt und das Geld ist auch schon bezahlt. Das Lieferdatum, mit dem nun zu rechnen ist, ist also die zweite Novemberwoche. Das Leben geht weiter.

Mitte November ruft die Spedition an. Man habe das Bett noch nicht, sei aber zuversichtlich, dass man Ende Dezember samt Möbelstück zu einem Besuch vorbeikommen könne. Der Mann ist irritiert, man könnte auch sagen: Verärgert. Weitere sechs Wochen Wartezeit und natürlich muss er es wieder seiner Frau erklären. Wenigstens kommt das Bett vor Weihnachten. Der Mann bedankt sich beim Spediteur – der ja nur bedingt etwas dafür kann, und schreibt eine Bewertung für das Bett auf der Homepage der Firma XXXLutz. Darin verweist er auf die etwas ungemütlich lange Lieferdauer, was insbesondere deshalb von Bedeutung ist, weil an der Beschreibung des Bettes nun – dem Weihnachtsgeschäft geschuldet – der virtuelle Aufkleber mit der Aufschrift „schnelle Lieferung!“ prankt.

Zwei Tage später geht bei dem Mann eine E-Mail vom Webmanagement der Firma XXXLutz ein. Man habe die eher negative Bewertung entfernt, weil sie das Problem „Lieferung/Reklamation“ beschreibe. Der Mann möge sich bitte mit dem Kundenservice der Firma XXXLutz in Verbindung setzen, falls es ein Problem gebe. Der Mann nimmt es mit Humor. Er hat noch Schnapsvorräte.

Mitte Dezember ruft der Mann beim Kundenservice von XXXLutz an. Wo denn das Bett so stecke? Der Kundenservice der Firma XXXLutz – übrigens stets sehr freundlich, solange man selbst freundlich bleibt – meint, das wisse man nicht. Es sei unterwegs zum Lager, man rühre sich, wenn es da sei. Der Mann bedankt sich – schließlich kann der Typ ja nichts dafür.

Eine Woche später meldet sich das Lager der Firma XXXLutz in Aschheim. Man habe das Bett bekommen! Der Mann freut sich. Es wird ein Liefertermin vereinbart, Zeitraum 14-17 Uhr, die Fahrer melden sich eine halbe Stunde vor Lieferung. Das ist gut, denn die KiTa schließt an diesem Tag – der 20. Dezember 2019 – nämlich schon um 12, daher muss der Mann das Kind dann abholen. Der Mann organisiert beim Arbeitgeber einen Tag früher Urlaub, damit das überhaupt zu managen ist.

Am 20. Dezember bringt der Mann das Kind in die KiTa und geht für das Mittagessen einkaufen. Er bekommt an der Kasse einen Anruf – ein freundlicher Mensch ist dran und fragt, ob denn jemand Zuhause sei. Der Mann ist verwundert und bringt das auch zum Ausdruck und nach einigem hin und her erweist sich der Anrufer als Beifahrer eines Lastwagens, der ein Bett abliefern will.

Etwas beflissen und mit unziemlicher Hast beendet der Mann den Einkauf und rast nach Hause. Die freundlichen Fahrer tragen die Bettteile sogar ins Schlafzimmer hinauf, in welchem der Mann das alte Bett vorsorglich in der Früh bereits demontiert hatte.

Man verabschiedet sich, quittiert den Empfang und die Fahrer machen sich auf den Weg während der Mann in freudiger Erwartung die Kisten auspackt, Werkzeug bereitlegt und die Einzelteile sortiert.

Er beginnt mit der Montage. Als er den Rahmen zusammenbaut, fällt ihm auf, dass das unmöglich stimmen kann. Er misst nach und tatsächlich, das Bett ist nur 1,40m breit – die Familie wollte aber 2 Meter haben. Da passt schon der neue Lattenrost nicht hinein, der alte aber auch nicht.

Der Mann ist verwirrt und guckt nochmal auf die sehr kleinen Aufkleber auf der Verpackung und siehe! Da steht in der Tat 140/200. Es ist also das falsche Bett. Der Mann ärgert sich, auch über sich selbst, denn er hat bei der Lieferung tatsächlich nicht die Aufkleber kontrolliert. Er sieht auf dem Lieferschein nach und da steht schwarz auf weiß: Maße 200/200.

Oha.

Der Mann läuft zum Telefon und ruft den Kundenservice der Firma XXXLutz an. Vielleicht haben die Jungs einfach die falschen Pakete ausgepackt, das kann ja mal passieren. Der Kundenservice versteht die Anfrage als Reklamation und leitet in die Reklamationsabteilung weiter. Also eigentlich in deren Warteschleife. Es ist kurz vor Weihnachten, da scheint einiges los zu sein.

Anderthalb Simpsonsfolgen später meldet sich eine nette Mitarbeiterin. Der Mann schildert sein Anliegen und wird daraufhin gebeten, Fotos von dem Umstand zu machen. Eine verwirrte (und leicht verärgerte) Rückfrage, wozu denn Fotos dienen sollen und wie er die falsche Größe dokumentieren solle, wird von der Dame resolut erwidert – ebenfalls ein wenig ungehalten, der Arbeitstag ist sicherlich nicht ihr schönster – Das sei nun einmal Vorschrift bei einer Reklamation.

Der Mann zuckt mit den Schultern und macht ein paar Aufnahmen mit Hilfe des klugen Mobiltelefons. Er fotografiert die Rahmenteile, einen Zollstock daneben, sich selbst damit, den Lieferschein, den Aufkleber und macht schließlich am PC noch einen Screenshot der Bestellbestätigung, um die Unterschiedlichkeit der Maße zu dokumentieren. Das alles packt er in eine E-Mail und schickt sie an den Kundenservice der Firma XXXLutz. Dann macht er sich an die beschwerliche Aufgabe seine Frau mit der Tatsache vertraut zu machen, dass kein Bett da ist. Und dass das andere Bett aus Platzgründen nun im Gästezimmer aufgestellt wird. Dann holt er sein Kind ab.

Weihnachten zieht ins Land, die Vögel futtern sich am überflüssiger Weise aufgestellten Vogelhaus fett und die Landschaft in Bayern grünt fleißig weiter.

Zwischen den Jahren ist bei der Firma XXXLutz niemand erreichbar. Am 2. Januar kümmert sich der Mann um die Abholung der Kisten. Mittlerweile hat er eine Nachricht vom Kundenservice der Firma XXXLutz erhalten, worin er gebeten wird, die Teile möglichst gut wieder zu verpacken. Das hat er zwischen den Jahren getan. Er ruft also vom Büro aus den Kundenservice der Firma XXXLutz an, und fragt nach dem Lieferstand des eigentlich bestellten Bettes und vor allem nach der Abholung des fälschlich gelieferten. Der Kundenservice kann keine Angaben zur Lieferung des neuen Bettes machen, bietet aber an, einen Abholtermin zu vereinbaren, um das Schlafzimmer wieder freizumachen. Dafür käme die dritte Januarwoche in Frage. Der Mann – eingedenk der Tatsache, dass er 2020 nicht viele Urlaubstage übrig hat, denn seine KiTa schreibt ihm schon am Jahresanfang vor, wann sein Urlaub zu nehmen ist – schlägt daher vor, den Donnerstagnachmittag zu nehmen, denn da sind seine Eltern da und erfreuen sich am Enkelkind und können die Spediteure hereinlassen.

Man vereinbart den 23.1.2020 zwischen 15 und 18 Uhr zur Abholung. Der Mann schickt noch am selben Abend eine E-Mail an den Kundenservice mit dem Hinweis, dass er die Nacherfüllung des Vertrages verlange und dafür eine Frist von 6 Wochen setze. Das erscheint angesichts der jetzt schon recht langen Wartezeit doch angemessen.

Es vergehen drei Wochen.

Am 23.1.2020 sitzt der Mann gerade in einer Besprechung – es ist 9 Uhr morgens – als sein Handy vibriert. Könnte was mit dem Kind sein oder die Eltern können heute doch nicht… Der Mann entschuldigt sich und geht ins Büro, um zurückzurufen.

Es handelt sich um einen freundlichen Fahrer einer Spedition, man sei bei der angegebenen Adresse, aber niemand mache die Tür auf. Der Mann ist verwirrt, blickt auf seine Uhr und teilt dem Fahrer mit, dass er erst am Nachmittag mit ihnen rechne. Nachmittag gehe aber nicht, der Mann soll sich mit dem Disponenten der Spedition ins Benehmen setzen, man habe schließlich Liefertermine.

Der Mann kehrt zunächst in seine Besprechung zurück, danach ruft er bei der Spedition an. Oh, da sei wohl etwas durcheinander geraten. Der Mann solle doch bei der Firma XXXLutz anrufen und einen neuen Abholtermin vereinbaren. Etwas launig, aber bemüht freundlich teilt der Mann nach Anruf beim Kundenservice der Firma XXXLutz und erneutem Klären seines Anliegens der Dame am anderen Ende der Leitung mit, er habe ja eine Frist für die Lieferung des falschen Bettes gesetzt, dann können die Fahrer ja gleich am betreffenden Tag die Kisten mitnehmen. Jetzt sei es auch schon egal.

In der Woche vor der gesetzten Frist – es handelt sich um die Kalenderwoche Nummer 06/2020 – ruft der Mann beim Kundenservice der Firma XXXLutz an und fragt nach dem Status. Er möchte sicherstellen, dass er bezüglich der Geschichte auch mal eine gute Nachricht habe, schließlich nähert sich der Valentinstag.

Die ausnehmend freundliche Dame vom Kundenservice der Firma XXXLutz erklärt, dass er Glück habe – der Mann kann es kaum fassen – und dass das Bett diese Woche geliefert werde. Das freut den Mann außerordentlich. Sowie das Bett im Lager stehe, würde sich die Spedition melden. Der Mann bedankt sich und informiert seinen Chef, dass er in der nächsten Zeit, aber noch zu unbestimmtem Datum, einen Homeofficetag oder gar einen eintägigen Urlaub plane.

Die Frau freut sich nicht, sie glaube das erst, wenn sie es sehe. Der Mann hingegen ist guter Dinge und verweist auf die Notwendigkeit, positiv zu denken, um das Leben genießen zu können.

Der 7. Februar bricht an und der Mann macht sich Sorgen. Er hat nichts von der Spedition gehört. In ihm erwächst das Bedürfnis, mit jemandem zu reden. Also ruft er beim Kundenservice der Firma XXXLutz an. Dort erklärt ihm eine freundliche Dame nach kurzer Wartezeit, dass das Bett in dieser Woche ans Lager hätte geliefert werden sollen – nicht etwa an ihn, den Kunden – und das sei noch nicht erfolgt. Man melde sich aber bestimmt, sobald das Bett da sei. Der Mann kontrolliert die Schnapsvorräte, bedankt sich und vergisst vollkommen zum Behufe der Beschleunigung des Vorgangs nochmals auf seine Frist hinzuweisen.

Es vergeht eine Woche. Ein Sturmtief weht und ein Gartenstuhl fällt um. Das Kind erkrankt. Sonst geschieht eigentlich nichts.

Der Mann ist in der folgenden Woche ein bisschen eingespannter als üblich. Das Kind war vergangene Woche zu betreuen, daher hat er nun einiges aufzuarbeiten. Am Mittwoch, den 19. Februar 2020 schließlich ruft er aus dem Büro beim Kundenservice der Firma XXXLutz an. Diesmal direkt um 9:02 Uhr, der Nachmittag ist schon wieder voll mit Besprechungen. Nach ungefähr fünf Minuten meldet sich eine sehr freundliche Dame.

Der Mann schildert sein Anliegen, er möchte den Status des Bettes erfahren und ob die Firma Lutz wohl gedenke, sich an die Fristsetzung zu halten. Was eigentlich nicht möglich ist, denn diese Frist ist ja bereits abgelaufen. Die Dame ist nett, nur leider überfordert. Sie kann nicht die Bestellung dieses Bettes, weder den Namen des Mannes, noch den seiner Frau im Computer finden. Leider hat der Mann die Bestellnummer gerade auch nicht parat – er ist ja an seinem Arbeitsplatz. Bis dato fand man den Mann immer anhand von Name und Adresse im System, nun scheint er verschwunden. Der Mann bedankt sich bei der verwirrten Mitarbeiterin und verspricht, sich noch am Abend erneut mit ihr in Verbindung zu setzen, wenn er die Auftragsnummer habe.

Und außerdem nachgesehen hat, ob noch Schnaps da ist.

Am Abend macht sich der Mann sofort daran, seine E-Mails zu prüfen. Er findet die Auftragsnummer und meldet sich erneut beim Kundenservice der Firma XXXLutz. Die freundliche Dame am Telefon, die sich nach einer Viertelstunde Warteschleife meldet, sucht nach Angabe der Auftragsnummer den Auftrag heraus und meint, die Lieferung sei für Anfang März geplant. Der Mann vergewissert sich, dass März 2020 gemeint sei, was die Dame amüsiert bestätigt. Der Mann verlangt den Grund für die – erneute – Verzögerung zu erfahren, was die Dame vom Kundenservice der Firma XXXLutz aber leider nicht zu erklären vermag. Sie kann nur in den aktuellen Bestellvorgang hineinsehen, nähere Informationen habe aber die Reklamationsabteilung.

Der Mann bittet daraufhin darum, mit dieser verbunden zu werden. Die Dame verweist auf die späte Stunde – die Reklamationsabteilung ist nur bis 18:00 Uhr erreichbar. Der Mann lässt sich die Nummer geben und plant, am nächsten Morgen dort anzurufen. Es ist 18:07 Uhr. Der Schnaps ist knapp.

Der Mann macht sich auf den Weg zu seiner Familie um der Frau zu erklären, dass die Bestellung mittlerweile eine Gesamtdauer von wenigstens 32 Wochen (etwa 224 Tagen) Lieferzeit erreicht hat. Der Mann schlägt vor, das nächste Mal lieber einen Trabi zu bestellen, das ginge schneller. Die Frau weist darauf hin, dass in der Zeit, in der die Firma XXXLutz ein Bett liefere, ein Kind gezeugt und ausgetragen werden könne. Man flachst und drängt die Verzweiflung in den Hintergrund. Man wird noch immer im Gästezimmer schlafen. Wenigstens hat man eines.

Am nächsten Morgen ruft der Mann bei der Reklamationsabteilung der Firma XXXLutz unter der angegebenen Nummer an. Er erreicht das Lager. Dort meldet sich zuerst ein Computer, dessen Ansage wird aber direkt von einer netten jungen Dame unterbrochen, die sich nach den Wünschen erkundigt. Der Mann erklärt sein Anliegen, die Dame ist angesichts der genannten Daten verblüfft. Das wäre wirklich ein wenig lang, meint sie.

Der Mann stimmt ihr zu und erkundigt sich nach dem Liefertermin. Die Dame meint, es handle sich um die KW 11, mithin also die zweite Märzwoche. Rechnet man den 13. März (also Freitag passender Weise) als Liefertag wären das 230 Tage Lieferzeit. Das gilt, denkt sich der Mann, in der Bundesrepublik eventuell noch als „Anfang“ März, im Alten Rom spräche man da sicher schon von den Iden.

Die Dame verspricht, sich zu erkundigen, ob der Hersteller – der offenbar jedes Bett von kleinen Elfen handschnitzen lässt – den Liefertermin halten könne. Der Mann erwähnt, dass er sich angesichts der Lieferzeit einen Rabatt wünsche, immerhin sei man ja sehr geduldig gewesen aber 32 statt 18 Wochen wären dann doch „ein wenig heftig“. Die Dame verspricht, sich beim Verkauf zu erkundigen und die erhaltenen Informationen von Lieferant und Verkauf per E-Mail zu senden. Der Mann bedankt sich und erwartet nun die versprochene E-Mail mit den Detailinformationen.

Es vergeht ein Tag, ein Pfinztag, der im alten Babylon Marduk und im Norden Thor gewidmet war. Vielleicht schwingt irgendwo irgendjemand irgendeinen Hammer und baut ein Bett.

Am Freitagnachmittag erreicht den Mann ein überraschender Anruf: Es ist die Dame vom Mittwoch, die endlich den Lieferanten an die Strippe bekommen habe. Das Bett komme, das sei gewiss, auch die Woche (11. Kalenderwoche) sei bekannt, aber genauer wisse man es dort leider auch nicht. Der Mann bedankt sich sehr für’s Kümmern und Rückrufen – er hat ja eigentlich eine E-Mail haben wollen, aber gut, sie meint es sicher gut mit ihm – und erinnert daran, dass er einen Rabatt haben wolle für die Abnahme des Bettes in drei Wochen.

Karneval kommt und zieht wieder vorüber. Die Menschen verbreiten finstere Gerüchte und vergessen sie wieder. Der Mann befragt seinen Chef zu möglichen Terminen für die Bettlieferung. Der März bricht an und die Spinnen kommen wieder. Es wird Frühling. Die Menschen geraten wegen einer besseren Grippe in nervöse Zuckungen.

Die KW 11 erscheint im Kalender. Es ist Montag und der Mann hat viel zu tun. Er blickt dennoch gelegentlich auf sein Mobiltelefon, aber ein Anruf ist nicht erfolgt. Des Abends erwartet ihn die Frau – das Lächeln ist nicht sehnsüchtig, eher sarkastisch. Er zuckt mit den Schultern.

Als auch der Dienstag ohne einen Kontakt verstreicht ruft der Mann am Mittwochmorgen beim Lager der Firma XXXLutz an. Die freundliche Dame – oder einer ihrer Klone – ist wieder dran. Sie erkundigt sich nach der Auftragsnummer, die der Mann – er ist ja lernfähig – auch sofort parat hat. Sie lässt sich vom Mann die Geschichte der Bestellung erklären und meint, es stünde auch die KW 11 in den Daten, die sie vorliegen habe. Das freut den Mann; eine anderslautende Information hätte ihn möglicherweise um die Contenance gebracht. Sie informiert ihn darüber, dass der Hersteller sie nicht informiert habe, aber ein Wareneingang sei auch nicht verzeichnet.

Der Mann bedankt sich für ihre Mühe und fragt nach dem Hersteller des Bettes. Langsam möchte er diesen wirklich gern einmal kennenlernen und vor allem mit dessen Schnitzelfen mal über Arbeitsmoral sprechen. Die Dame erwidert, dass in der Herstellerspalte lediglich „R,G und K“ stünde, womit sie nicht anfangen könne.

Der Mann bedankt sich und vergisst schon wieder, auf seinen Rabatt zu verweisen. Es ist aber auch zu aufregend derzeit. Natürlich hat er nie eine E-Mail erhalten, in der nebst Informationen zum Bett auch Informationen zum Rabatt standen. Der Mann ist gespannt, wie die Geschichte weitergeht, aber damit steht er vermutlich alleine.

Aber der Hersteller würde ihn wirklich interessieren. RGK ist beispielsweise ein Küchenhersteller, von Betten ist da nichts bekannt. Er beschließt, den Kundenservice der Firma XXXLutz zu befragen, sobald er Mittagspause hat. Das tut er auch.

Eine recht freundliche Dame bittet – logisch – um die Auftragsnummer und sucht dann die Information heraus. Sie spricht von G und K und das kennt der Mann nun – die G+K Möbelvertriebs GmbH. Bevor er aber etwas sagen kann springt wieder die Warteschleife an. Nach einer Minute wird er aus der Leitung geworfen. Der Mann nimmt es mit Humor. Er bringt das Obstmesser vom Schreibtisch zurück in die Küche.

Die Firma g+k Möbelvertriebs GmbH hat auch einen Webauftritt – natürlich unter einem anderen Namen. Der Sitz ist in Oberhaid im Maintal – Unterfranken. Das liegt zwischen Bamberg und Haßfurth, manche Dinge kann man sich nicht ausdenken.

Auf ihrer Website vertreiben sie das Bett unter der Typbezeichnung BE-0280. Also schreibt der Mann mal diese Firma an – die ist ja nur ein Vertrieb, wo kommt denn das Bett eigentlich her? 20 Minuten (!) später geht bereits eine Antwort ein – der Hersteller sitze in Polen. Das ist interessant. Genauere Angaben zum Hersteller gebe man aber nicht, man bitte um Verständnis.

Der Mann hat durchaus Verständnis, denn schließlich soll man als Kunde ja auch mit den Füßen abstimmen und daher die Lieferketten mal ansehen. Gerade in Polen wird mit dem letzten Europäischen Urwald ja auch nicht immer so toll umgegangen. Tatsächlich wird einem als Kunde da keine Chance gelassen – in Unterfranken versandet die Spur und der Mann will ja eigentlich nur eine Schlafmöglichkeit und nicht die Grundproblematik des wesentlichen Lebensstils klären.

Der Tag vergeht.

Der Freitag bricht an. Bayern schließt die KiTas. Der Tag der schlechten Nachrichten. Der Mann muss nun überlegen, wie er und seine Frau Beruf und Familie unter einen Hut bringen.

Da erreicht den Mann eine E-Mail der Firma XXXLutz. Betreff: ″Ihr Auftrag […]″. Das klingt gut. Vielleicht kommt das Bett. Er beginnt zu lesen. ″Sehr geehrter Herr, wir möchten, dass Sie stets 100%ig zufrieden sind.[…]″ Das klingt noch besser. Diesen Wunsch wird der Mann der Firma XXXLutz wahrscheinlich nicht erfüllen können, aber mal sehen. Er liest weiter.

″Heute haben wir die Nachricht erhalten, dass die fehlenden bzw. auszutauschenden Teile bis Mitte April angeliefert werden.″

Der Mann liest den Satz noch einmal, dann beginnt er zu lachen. Es ist ein schrilles Lachen, Nachbarn erkundigen sich kurz darauf nach dem Gesundheitszustand. Der Mann winkt ab und verlässt sein Büro, sucht frische Luft, Drogen, irgendwas. Der Schnaps ist alle.

Nach einer Weile beschließt er, beim Kundenservice der Firma XXXLutz anzurufen. Diesmal ist ein Mann dran. Das ist neu. Der Mann schildert dem Kundenservicemitarbeiter unter Angabe der Auftragsnummer den Vorgang und verlangt nun Geld zurück. Nicht zwingend einen Storno der Bestellung, aber einen Rabatt. Außerdem kündigt er Schadenersatzforderungen an. Der Mitarbeiter hat dafür vollstes Verständnis, er sei ja schließlich auch hin und wieder Kunde.

Der Mann bleibt freundlich, der Knopfdrücker am anderen Ende hat ja nicht schuld. Er beschließt, nicht zu schreien. Er besteht auf einer Reaktion der Firma XXXLutz. Der Kundenservicemitarbeiter verspricht, die Angelegenheit und die Forderung dem beauftragten Möbelhaus und der dortigen Leitung im Kundenservice weiterzugeben. Der Mann bedankt sich und legt auf.

Freitag der 13. Er hat es ja geahnt.

Es vergehen Wochen. Corona hat das Land im Griff und sicher auch die Möbelhäuser. Niemand schreibt dem Mann. Keiner ruft an.

Am 23.4. ruft der Mann – er hat es sich zur Gewohnheit gemacht, wenigstens einmal im Monat mit einer netten Dame der Firma zu telefonieren – beim Kundenservice der Firma XXXLutz an. Eine junge Frau meldet sich, der Mann schildert sein Anliegen und nennt seine Auftragsnummer. Er ist stolz auf sich. Er kann sie mittlerweile auswendig. Immerhin sollte ja Mitte April eine Lieferung stattfinden, daher erkundigt sich den Mann, wann denn die Mitte des Aprils ist.

Die Dame weiß von nichts und ein Blick in den Vorgang sagt ihr leider auch nichts. Sie sei nicht der Kundenservice, sagt sie. Der Kundenservice sei bei den Möbelhäusern und die seien gerade zu. Der Mann ist etwas verwirrt, ist doch die Telefonnummer diejenige, die ihn bislang mit dem Kundenservice der Firma XXXLutz verband. Bevor er dieser Verwirrung Ausdruck verleihen kann, fährt die Dame jedoch fort. Es gebe aber trotz Corona eine zuständige Abteilung mit Notbesetzung. Die Dame verspricht, den Anruf des Mannes dort zu melden und versichert, dass sich diese Abteilung bei dem Mann melden werde – per E-Mail oder telefonisch.

Der Mann ist gespannt und bedankt sich, nachdem er darauf hinweist, dass er sich über ein tatsächliches Erfolgen der Kontaktaufnahme durchaus freuen würde. Er legt auf. Der Tag vergeht.

Ein weiterer Tag vergeht.

Und noch einer.

Niemand ruft an.

Am 27.4. erhält der Mann eine E-Mail. Darin bestätigt die Firma XXXLutz die Lieferung der ″online gebuchten Artikel am 6.5.2020 zwischen 15 und 18 Uhr″. Das ist interessant, denn niemand hat ihn gefragt, ob er zu diesem Zeitpunkt zuhause sein kann. Aber jetzt anrufen und verschieben..? Der Mann ist unschlüssig und bespricht sich mit seiner Gattin. Die zuckt mit den Schultern, das Bett komme eh nicht. Der Mann ist sich da nicht so sicher. Es wird etwas kommen, denn diesmal wurde man nicht gefragt. Ob es das Bett sei oder ein anders oder ein Schrank, dafür lege er keine Hand ins Feuer, aber es wird jemand kommen. Die Frau zuckt erneut mit den Schultern. Man werde ja sehen.

Am 6.5. hat der Mann vorsorglich HomeOffice genommen. Eine Angabe wie ″zwischen 15:00-18:00 Uhr″ behagt ihm eingedenk der letzten Erfahrungen nicht. Das Kind ist per Notbetreuung in die KiTa gebracht und der Mann gerade wieder in seinem Zuhause, da läutet das Telefon. Es ist 8:10 Uhr. Eine unbekannte Handynummer.

Der Mann grinst und hebt ab. Hier sei die Firma XXXLutz, der Mann erhalte ein Bett von ihnen, wird erklärt. Der Mann hält sich zurück und merkt lediglich an, dass er auch dieser Ansicht sei. Ja, also man sei in einer halben Stunde da. Der Mann erklärt, er werde zuhause sein und gratuliert sich zu seiner Vorsicht.

Auch die Frau hat HomeOffice und ist anwesend. Vermutlich möchte sie den Moment nicht verpassen. Beide legen wegen Corona Masken bereit, der Mann kann sich vorstellen, dass die Jungs sonst nicht reinkommen dürfen. Man wartet ab.

Um 8:40 fährt ein Möbelwagen der Firma XXXLutz vor. In der Tat. Sie kommen eine halbe Stunde später. Die Präzision der letzten Angabe macht Hoffnung. Zwei Jungs liefern das Bett und versichern mehrfach, dass es zwei mal zwei Meter habe. Auf den Aufklebern steht nichts informatives, aber der Mann ist ja Optimist. Die Jungs liefern drei große Kisten und nehmen die drei fälschlich gelieferten samt der Aufbauanleitung, die mit einzupacken der Mann vergessen hatte, mit. Diese Lieferung hat 283 Tage gebraucht, aber nun ist sie endlich da. Die Vorhersage der Frau trifft auch zu – eine menschliche Schwangerschaft dauert im Schnitt 280 Tage, also eine Lieferzeit bei der Firma XXXLutz.

Der Mann und seine Gattin packen die Pakete aus. Viele Holzteile sind da, aber da fehlt doch etwas…? Genau, die Aufbauanleitung. Zwar traut sich der Mann zu, das Bett auch ohne hinzukriegen – man ist schließlich Heimwerker – aber schon die Überprüfung der Vollständigkeit ist unter diesen Umständen schwierig. Leider hat der Mann gleich eine Telefonkonferenz, er ist ja im HomeOffice. Also muss er bis zum Mittag warten. Ohnehin hat sich ja noch niemand zu der Geld-zurück-Geschichte geäußert. Der Mann hat einen arbeitsreichen Tag vor sich.

Er schreibt rasch eine E-Mail an den Kundenservice der Firma XXXLutz und vorsichtshalber setzt er jede Mailadresse, von der aus dieser Vorgang mal behandelt wurde, in Kopie. Darin bittet er um die Übersendung der Aufbauanleitung und möchte den Status der Rabattsache erfahren. Er ist gespannt, ob und wann da eine Antwort eintrifft.

Schon eine Stunde später trifft die gewünschte Montageanleitung ein. Nicht von der Firma XXXLutz, sondern von der Firma 3s-frankenmöbel (G+K Möbelvertriebs GmbH), die aus dem Maintal. Der Mann bedankt sich und baut das – im übrigen vollständig gelieferte – Bett auf.

Nach einer wohligen Nacht in der neuen Schlafstatt erreicht den Mann eine E-Mail vom Kundenservice der Firma XXXLutz. Der Service meldet sich und schickt eine Montageanleitung sowie ein Angebot wegen der erheblichen Verzögerungen bei der Reklamationserledigung. Man bietet einen Rabatt von 65 Euro oder aber einen Gutschein in Höhe von 95 Euro an.

Der Mann erzählt dies seiner Frau.

Eine Woche später sind beide mit dem Lachen fertig und der Mann macht sich daran, eine Antwort zu formulieren. Das fällt ihm nicht leicht, und schließlich belässt er es bei der Frage, ob man den Gutschein auch teilweise einlösen kann. Schließlich könnte man dann versuchen, einen Pfennigartikel zu erwerben und sich den Rest ausbezahlen zu lassen. Die Vorstellung, der Mann wäre an einer weiteren Geschäftsbeziehung mit der Firma XXXLutz interessiert, erscheint dem Mann jedenfalls grotesk.

In die Veggie-Day Falle getappt…

Der Vorschlag der CSU wirkt im ersten Moment wie eine Komödie, ist es aber nicht. Die Idee, den Menschen vorschreiben zu wollen, wie und in welcher Sprache man Zuhause zu sprechen habe, ist ziemlich witzig von einer Partei, die vor kurzem mal geschrieben hat: „Aus den privaten Lebensgewohnheiten hat sich eine Partei herauszuhalten.“

Das war beim „Veggie-Day“-Diskurs. Erinnern Sie sich? Damals hat die CSU und ihre Parteizeitung BILD festgestellt: „Die Grünen wollen uns das Fleisch verbieten“ und im gleichen Atemzug anscheinend auch bemerkt, daß alle 80 Millionen Bundesbürger in öffentlichen Kantinen essen. Das war mir bis dahin nicht klar gewesen. Den konservativen Stimmungskanonen allerdings schon, denn in der Idee der Grünen ging es nur um öffentliche Kantinen, nicht um die private Küche, ja nichtmal um Firmenkantinen.

Nun also greift die CSU – mittlerweile in revidierter Form – doch ins Private ein: Familien sollen dazu angehalten werden, deutsch zu sprechen. Als ob das was bringen würde. Eine Vorbildfunktion würden Eltern erfüllen, wenn sie ihre Kinder in deutsche Kindergärten schicken und selbst mit Deutschkursen versuchen, der Sprache Herr zu werden. Was viele auch tun. Aber gemeinsam gebrochen Deutsch am Tisch zu sprechen bringt nichts und erschwert die familiäre Kommunikation.

Nun also ist die Veggie-Day – Falle der CSU zum Verhängnis geworden, Hohn und Spott sind die Folge. Nun ja, das kann ja mal passieren. Wird ihr nicht schaden, im Gegenteil: Der dahinter steckende, eigentliche Gedanke, nämlich „Ausländer raus!“ bringt sicher wieder ein paar der Prozente zurück, die unsicher schon Richtung AfD getappst sind.

Vielleicht steckt dahinter aber auch der alte, sehr deutsche Verfolgungswahn: Wenn man nicht versteht, was die Sitznachbarn miteinander reden, hat man plötzlich Angst, man selbst könnte gemeint sein. Das jedenfalls scheint viele zu beschäftigen, wenn sie sich von fremden Sprachen in der Umgebung gestört fühlen. Umgekehrt aber mal gefragt: Warum muß ich eigentlich überall mithören wollen? Das waren doch irgendwie die Anderen, oder?

Sprachliches, Allzusprachliches

Über den Denglisch-Wahn wird ja allenthalben gespottet, mitunter auch geflucht. So dichteten die deutschen Sänger (unter dem englischen Bandnamen) der WiseGuys mal so schön: „Ich will, dass beim Coffee-Shop ‚Kaffeehaus‘ oben draufsteht / oder dass beim Auto-Crash die “Lufttasche” aufgeht,“.

Nun kann man sich über Anglizismen gerne mal aufregen, warum denn auch nicht. Bringen wird das allerdings nichts, denn Produkte verkaufen sich nun einmal mit englischen Vokabeln besser, als mit deutschen. Würden sie ein Auto mit einem Prallsack kaufen? Oder einem Prallkissen? Das wäre nämlich korrekte deutsche Bezeichnung des „Airbags„, in den im Übrigen keine Luft, sondern ein Gasgemisch gepumpt wird.

Lustiger sind aber allemal die englischen Begriffe, die sich Deutsche ausgedacht haben um ein Produkt zu bezeichnen. Das bekannteste dürfte wohl das „Handy“ sein, ein Wort, welches als Adjektiv übersetzt höchstens „praktisch“ heißt – der englische Begriff „Mobile“ (oder auch „cell phone“) wird hierzulande ebenso wenig verwendet wie der deutsche Begriff „Mobiltelefon“.

Das ist aber keine neue Erscheinung. Über die vielen Anglizismen hört man in aller Regel Menschen mittleren und höheren Alters schimpfen, manchmal sogar in ihrem Oldtimer sitzend. Dabei sind sie selbst (oder werden es bald) die Oldtimer, denn ein „Oldtimer“ ist immer ein älterer Mensch. Aber für ein simples „Altes Auto“ würde keiner Liebhaberpreise bezahlen. Auch so ein schon ewig verwendeter, falscher Begriff ist der „Smoking“ für den kleinen Gesellschaftsanzug. Der Ursprung des Begriffes liegt eigentlich in der „Smoking Jacket“, einer Raucherjacke, die man anzog, damit die Damen nicht mit dem Zigarrengeruch an der Kleidung belästigt wurden. Daraus entwickelte sich in der feineren Gesellschaft das „dinner jacket“ als Alternative zum Frack. Die amerikanische Bezeichnung „tuxedo“ für das „dinner jacket“ geht übrigens auf einen exklusiven Privatclub „Tuxedo“ zurück, in dem das Teil erstmalig getragen wurde – vom englischen König.

Andere vermeintlich englische Begriffe sind aber lustiger. So amüsieren sich Deutsche beim „Public Viewing„, Amerikaner meist weniger, denn der Begriff bezeichnet eigentlich das Aufbahren und Zurschaustellen der Leiche eines Verstorbenen. Gut, hin und wieder spielt die eigene Mannschaft so, daß der Begriff schon wieder hinkommt. Apropos Leiche: Diese Umhängetaschen, die zeitweise mal fürchterlich in Mode waren, kennt man hierzulande ja als „Body Bag„. Eigentlich heißt das aber Leichensack.

Auch das Fernsehen verschont uns nicht – Rudi Carell erfand den Begriff „Showmaster„, dem bald darauf „Quizmaster“ und „Talkmaster“ folgten, ein in England und Amerika praktisch unbekannter Begriff. Auch „zappen“, wo wir grad beim Fernsehen sind, ist so ein Wort. Klingt englisch, ist aber keines.

Scheinanglizismen nennt man diese Wortschöpfungen. Und es gibt sie zu hunderten. Viele davon sind längst Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs – Baseball-Mützen zum Beispiel bezeichnen manche noch als „Basecap„, das ist aber eine Zierleiste. Ein „Beamer“ ist eigentlich ein schnelles Auto von BMW und kein „projector“. Selbst „Happy End“ ist eine Wortschöpfung, aber hier stimmt wenigstens die Bedeutung. „Happy Hour“ hingegen bezeichnet eigentlich den Zeitpunkt, ab dem es gesellschaftlich angemessen ist, Alkohol zu trinken.

Karl-May Fans erkennen den „tramper“ vielleicht noch als Wortschöpfung – beim „Schatz im Silbersee“ sind die Antagonisten nämlich „Tramps“, Trampler, Unholde. Keine „hitchhiker“. Sehr witzig finde ich die deutsche Wortschöpfung „catchen“ für den „Sport“ Wrestling, „to catch“ heißt nämlich schlicht „fangen“, was zumindest für die Deppen gelten kann, die tatsächlich mitfiebern und sich fragen, wer den „Kampf“ wohl gewinnen wird. Sportlich ist auch „kicken“ für Fußball spielen nicht schlecht und wenigstens halbwegs nah an der echten Bedeutung, „to kick“ heißt schlicht „treten“. Aber das „Treter“-Magazin würde wahrscheinlich schon wieder keiner kaufen. Unfreiwillig, aber ziemlich urkomisch ist die Deutsche Bahn, die mit „Rail&Fly“ Tickets zum Flughafen anbietet. Korrekt wäre „Rail & Flight“, also „Schiene & Flug“, das ist wohl gemeint. „to rail“ heißt allerdings „schimpfen, fluchen“, also wirbt die Bahn mit „Schimpfe & Fliege“ und das ist wenigstens ehrlich….

Es gäbe noch hunderte andere Beispiele. Eine recht neue Begriffsübernahme ist, etwas zu „checken„, was eigentlich (–> „to check“) kontrollieren heißt, in der – jetzt wirklich gruseligen – Wortschöpfung etwas „auschecken“ (also etwas auszuspähen) ist aber wenigstens die ursprüngliche Bedeutung schon wieder halb drin. Eine „Musicbox“ ist eigentlich eine Spieluhr. Ein „Puzzle“ ist eigentlich ein Rätsel. Und so weiter, und so fort…

Nun macht das alles eigentlich nichts. Sprache ist niemals etwas festes sondern immer im Fluss, in Bewegung. Erst die Festlegung von verbindlichen Regeln hat unsere Rechtschreibung geschaffen, und auch Ausspracheregeln manifestiert. Heute schreibt eigentlich die Schreibweise die Aussprache vor, früher war das anders herum. Und Fremdeinflüsse in die Sprache sind auch nicht gerade eine neue Erfindung: Französische Vokabeln sind im Rheinland beispielsweise sehr verbreitet, eine nicht unerhebliche Menge deutscher Vokabeln entstammt eigentlich dem Lateinischen, Griechischen oder Jiddischen. Begriffe wie „Mischmasch“, „Kindergarten“ oder „Blitzkrieg“ sind dafür wiederum Germanizismen im Englischen geworden. Das Französische kennt so Wörter wie „le berufsverbot“ oder „l’ersatz“. Norwegisch hat so Begriffe wie „fingerspitzgefühl“ oder „besserwisser“ übernommen – selbst „slager“ hat tatsächlich deutsche Wurzeln.

Erfundene Wörter, die englisch klingen aber keines sind, sind allerdings seltener und manchmal eben auch lustiger, wenn eine eigentliche Bedeutung dabei übersehen wird. Auch da sind wir Deutschen nebenbei nicht alleine: In Italien heißt „Joggen“ schlicht „footing“.

Eine Frage der Perspektive…

Manchmal ist die Frage nach der Perspektive sehr interessant. Unsere eigene Wahrnehmung wird oftmals durch unsere Perspektive, nun einmal selbst im Zentrum unserer Existenz zu sein, begrenzt.

So nimmt man Nachrichten „aus den USA“ gerne als irgendeine Meldung aus der Ferne wahr und sieht in „den Amerikanrern“ eine weitestgehend homogene Gruppe – selbstverständlich mit individuellen Eigenschaften aber das ist ja letztlich auch bei „den Rosenheimern“ so.
Diese Form der reduzierten Wahrnehmung ist oftmals unüberbrückbar, jeder Stammtisch und so ziemlich jedes Geschwafel (nebenbei politisch links wie rechts!) lebt davon, Gruppen zusammenzufassen und die Größe von Regionen und deren individuelle Prägung zu übersehen – vielleicht weil es ansonsten für so manchen Verstand zu kompliziert wird.

Wenn ich meinen Schülern erkläre, daß es die Ausprägung von Dialekten wie im Deutschen (von Oberbayerisch bis Plattdeutsch) auch in anderen Sprachen gibt (Wenn auch z.T. deutlich weniger ausgeprägt), daß es sehr interessant sein kann mal einem Gespräch zwischen einem Engländer aus Eastbourne (Sussex) und einem Mancunian (aus Greater Manchester) zuzuhören (am besten zwei Landwirten) oder auch mal einem Pariser, der sich mit einem Einwohner von Saint-Marcellin zu unterhalten versucht, ernte ich regelmäßig Staunen. Und da habe ich noch gar nicht solche Phänomene wie die Langues d’oc erwähnt…

Aufgefallen war mir das bei einem Artikel der Süddeutschen Zeitung, der – wieder einmal – dem Erproben einer potentiell hysterischen Olympia-Berichterstattung gewidmet ist, schließlich wird diese als Sportereignis getarnte Werbeveranstaltung immer weniger geguckt, womit sich die Zahl derer, die während der Werbespots aufs Klo gehen, verringert was wiederum die Einnahmen schmälert.
Um also etwas zu haben, was den Zuschauer lockt, muß eine Gefahr, am Besten eine Terrorgefahr her und die wird im Rahmen der Winterspiele von Sotschi brav herbeigeschrieben. Ich bin sehr gespannt, wie hysterisch das in ca. vier Wochen werden wird.
Allerdings fallen bei dem Artikel zwei Formulierungen auf, ich darf zitieren:

„In Stawropol, das in direkter Nachbarschaft zu den unruhigen Kaukasus-Republiken liegt, wurde der Nachrichtenagentur AFP zufolge der Ausnahmezustand verhängt. […] Stawropol liegt nur wenige Hundert Kilometer von Sotschi entfernt.“

und

Die Sorge vor Gewalttaten war zuletzt durch zwei Selbstmordanschläge im 600 Kilometer entfernten Wolgograd gestiegen.“

[Quelle]

Ganz ehrlich, ich möchte die Spekulationen, die im Artikel erwähnt werden, gar nicht zwingend zurückweisen, aber auf etwas hinweisen:
Angenommen, in München gäbe es olympische Spiele. Angenommen weiter, vier Wochen vorher würde zum Beispiel in Italien, sagen wir in Rom, fünf Leichen und zwei Sprengsätze gefunden werden.
Würde die SZ dann schreiben: „Rom liegt nur wenige Hundert Kilometer von München entfernt.“, um da einen Zusammenhang anzudeuten? Oder würde sich die SZ eher über die Ahnungsbefreiung einer amerikanischen Zeitung lustig machen, die selbiges schreibt?

Wäre das etwas anderes, wenn in München Sommerspiele wären und ein paar Wochen vorher, sagen wir mal, Anfang Mai, würden in Berlin Autos brennen – würden wir Deutschen uns fragen, warum ausländische Zeitungen so seltsame Verbindungen zwischen den unsäglichen Maikrawallen und einem davon isoliert ablaufenden Promoting für Sportartikelhersteller einen Monat später herstellen?

Wie gesagt – ich weise gar nichts aus dem Artikel zurück. Möchte aber einfach mal auf die Frage der Perspektive hinweisen…

 

Göttin sei Dankin

Schon vor einigen Wochen habe ich mir vorgenommen, einen weiteren kleinen Satirebeitrag zum Thema Gendersprache zu formulieren. Das lasse ich aber und schreibe nur mit einem bißchen Augenzwinkern. Da war der Anlaß der, daß die beste Ehefrau aller Zeiten mich auf eine Studie aufmerksam machte, die nicht nur genderbrav Studie_in usw. schrieb, sondern statt „man“ auch „mensch“.

Nur wenige werden sich an ihren Grammatikunterricht aus der siebten Klasse zurückerinnern und noch weniger werden es gern tun. Die werden dann wohl auch Linguistik studiert haben.

„man“ ist ein Indefinitpronomen das vollkommen geschlechtsneutral ist und eine unbestimmte (Daher „Indefinit-„) Menge von Personen umschreibt; grammatikalisch ausgedrückt hat „man“ also weder Genus, Sexus noch Numerus. Wenn eine Gruppe von Frauenverbänden eine Meinung vertritt, dann kann mensch das auch so formulieren: „Man sagt unter ihnen, dass…“

Ein Indefinitpronomen meint normalerweise keinen Sexus, also kein Geschlecht. Ausnahmen davon sind lediglich manch/manche, kein/keine. irgendein/irgendeine sowie einer/eine. Es gibt sogar welche, die nur männliche und neutrale Genera kennen: irgendwas/irgendwer zum Beispiel. Da wird mit einem männlichen Genus auch nach einer Frau oder einem weiblichen Substantiv gefragt.

Sexus und Genus
Die meisten politischen Aktivisten, Aktivistinnen und Aktivist_ verwechseln jedoch Genus und Sexus. Petersilie ist im Genus weiblich, im Sexus aber trotzdem eine Sache. Wenn jemand „Der Kümmel“ schreibt, unterdrückt er nach wie vor keine Frau, sondern benutzt lediglich den korrekten Genus. Kümmel hat einfach keinen männlichen oder weiblichen Sexus, weil es eben ein Ding ist.

Die feministische Linguistik geht nun von der Theorie aus, daß gesellschaftliche Unterdrückung bereits mit der Sprache beginne. Hierbei geht es insbesondere um Berufsbezeichnungen, bei denen der Genus dem Sexus nicht angepasst wird. Also wenn man „Polizist“ schreibt, obwohl man eine Frau meint. Daher wird von der feministischen Linguistik gefordert, entweder Sexusneutrale Begriffe zu benutzen (beispielsweise durch Substantivierungen von Verben, also „Studierende“ statt „Studenten“) oder aber beide Geschlechter zu verwenden, was in verschiedenen Schreibweisen realisiert werden kann.
Behördlicherseits hat sich nach einer Weile und alleine schon um Platz zu sparen das große Binnen-I durchgesetzt, also statt „Liebe Studentinnen und Studenten“ eher „Liebe StudentInnen“. Nach einer gewissen Zeit setzte sich die Forderung nach dem Binnenunterstrich durch, die sogenannte Gender Gap. Der/die/das Gender Gap soll ein Mittel der sprachlichen Darstellung aller sozialen Geschlechter und Geschlechtsidentitäten, auch jener abseits des Zweigeschlechtersystems sein. Im Deutschen wäre dies sonst nur durch Umschreibungen möglich. Man schreibt also insbesondere auf linken Netzseiten und Dokumenten nun „Liebe Student_innen“.

Menschenskind!
Die nun nächste Stufe dieser immer alberner werdenden Entwicklung fand ich heute Morgen in meinem Reader: Die Uni Leipzig setzt jetzt nur noch die weibliche Form ein und versichert via Fußnote, daß auch die männliche Form gemeint ist. Sie schreiben dort also nun „Herr Professorin“ und fußnoten drunter daß auch die männliche Form gemeint sein könnte…

[Hinweis in eigener Sache: Da bin ich auch auf die Presse reingefallen. Das ist nämlich Quatsch. Merke: Nutze nicht die Presse, nutze die Primärquelle. Mein Fehler.]

Verteidigt wird das von Frau Professorin Doktorin Friederike Maier. Sie sagt darüber aus, daß „viele die männliche Formulierung [nutzen] und machen eine Fußnote, dass auch Frauen gemeint sind. Ich fühle mich damit nicht mitgemeint.“ Das kombiniert sie in schöner Form mit dem Satz: „Es wäre jedoch schön, wenn das eine Diskussion auslöst, wie wir auch sprachlich wertschätzend miteinander umgehen sollten.“

Letztendlich macht sie den gleichen Fehler, den die meisten anderen feministischen Aktionen auch tun: Sie verbeißt sich im Falschen. Anstatt daß sie die Gleichberechtigung versucht zu erreichen, also beispielsweise gleicher Lohn für gleiche Arbeit, verbeißt sich die Genderwelt in Indefinitpronomen und ersetzt sprachliche Besonderheiten durch völligen Unsinn.

Wenn das sprachlich undefinierte „man“ nun also Frauen beleidigt (Vielleicht weil es optisch an das englische man erinnert, das aber auch blöder Weise Mensch heißt), schlage ich gerechtigkeitshalber vor, einfach alle Wörter in denen diese Buchstabenfolge vorkommt, anzupassen. Das klingt dann wohl so:

Wenn sich dann noch jemenschd darüber aufmenschdelt, daß mensch die Sprach_in nicht mehr verstehen kann, keine Rezept_innen mehr lesen kann weil der Menschdelkuchen nach Menschester Art nichtmal in der Isle of Mensch verstanden wird, der Student_in der Geschicht_in sich nur noch mit den Alemeschen befassen darf weil ansonsten jemenschd beleidigt sein würde, weil die menschliche Ausdrucksweise der Alemenschen ja irgendwie falsch sein muß wenn selbst der Verein Alemenschia Aachen nur noch Trikots und Trikotinnen bei Amenschi kauft und mensch Frauen und Frauinnen nun nur noch in den Menschtel helfen darf aber bitte zu beiden Geschlechtern und Geschlechterinnen, nachdem man im Kino_in sich mit Batmensch amüsiert hat, weil man den oder die ja nur als Comic_in und nicht als Romensch lesen konnte, einen Film, in dem der/die/das ehemalige Bundespräsident_in Romensch Herzog_in neben Morgan Freemensch zu sehen war, was natürlich die Frage nach der/die/das Fortsetzung_innen und Fortset_zungen mit Dustin Hoffmensch aufwirft, wobei das Chaos inzwischen sogar Nicole Kidmensch erfasst hat, welche unromenschtisch und semenschtisch vollkommen sinnlos, von einem Kaimensch, einem großen Salamenschder gebissen wurde und ihr DIamenschtring verloren ging…. *hrrrrr*

Ich frage mich immer, warum eigentlich die zunehmende Verhackstückelung und Beleidigung unserer schönen Sprache, die ja auch nur von einer Minderheit überhaupt noch beherrscht wird, eigentlich nicht auch eine Gleichberechtigungslobby bekommt und künftig einfach jeden zumindest verbal über den Haufen schießen darf, der sich derart an ihr vergeht. Da hilft dann auch kein Talismensch. Mann, bin ich urlaubsreif….

Von der Begrifflichkeit

„Schenken Sie Ihren Kindern schlaue Eltern!“. Das ist der Slogan einer der größten deutschen Tageszeitungen. Die Sueddeutsche bewirbt sich selbst damit, ein intelligenteres und klügeres Publikum anzusprechen, als, sagen wir, die Abendzeitung, Oder als die „Qualitätspresse“ von Axel Springer.

Nun ist Zeitung machen eine interessante Tätigkeit und das suchen und finden verkaufsfördernder Überschriften ist eine wichtige Herausforderung für die Blattmacher. Unbestritten die besten darin sind die Boulevard-Zeitung, allen voran die BILD, die nicht nur durch eine mit Ausrufegeichen gespickten Redeweise auffält, sondern besonders durch auffällige Substantivkombinationen mit einem Bindestrich. Wo „Wir sind Papst!“ noch eine brilliante, wenn auch falsche Schlagzeile war, wimmelt es in dem Blatt nur so von „Chaos-Tagen“, „Nackt-Dramen“ oder „Killer-Onkeln“.

Der Zweck boulevardesker Schlagzeilen besteht darin, nicht den Verstand, sondern das Herz des potentiellen Lesers anzusprechen. Im Grunde kann man vier verschiedene Schlagzeilentypen unterscheiden:

  1. Der Leser soll sich aufregen und wütend werden („Abzocke!“, „Wucher!“, „Irrsinn!“, „xyz-Wut!“)
  2. Der Leser soll sich emotional beteiligt, aufgenommen fühlen („Wir sind..!“, Wir haben gewonnen!“, generell „Wir..:“)
  3. Der Leser soll jemanden hassen und die Gründe dafür nach Kauf der Zeitung erfahren („Bestie“, „Monster“, „Schwein“)
  4. Der Leser soll das Rachebedürfnis befriedigt bekommen („Das ist der …“, „Bild zeigt…“)

Und im Grunde gibt es noch einen fünften Typ, der, der sich mit der direkten Aufforderung an einen Richter oder Politiker wendet und versucht, Politik zu machen oder der Rechtsprechung vorzugreifen. („Herr RIchter, verhindern Sie das!“) Gerne auch mal im Befehlston.

So funktioniert nun einmal Boulevard – niedere Instinkte werden angesprochen und möglichst vereinfachende Darstellungen versuchen, dem Leser (oder Zuschauer in dem Fall) das Gefühlt zu vermitteln, ein komplexer Sachverhalt wäre eigentlich ganz einfach und die von der Zeitung gewünschte Gruppe hat mit ihrer Meinung Recht. Das war bei der Ökosteuer und dem Kanzler so, oder auch beim Dosenpfand.

Wenn jetzt aber die Schlauen Eltern die Sueddeutsche Zeitung lesen, so werden sie möglicher Weise auch auf den Onlineteil stoßen und da auch ein bißchen nachlesen. Und da finden sich dann solche Artikel hier:

Sueddeutsche BoulevardDer „CDU-Mann“ ist anderer Ansicht als der „CSU-Chef“ weswegen er ein „Homo-Aktivist“ ist. Zudem geraten in diesem Artikel der „LSU-Chef“ Steins und der „CDU-Hardliner“ Wagner aneinander. Das sind interessante Formulierungen für schlaue Leser. Es ist zwar nicht gerade neu, daß die Sueddeutsche auf den Bindestrich geht, aber dennoch eine ziemliche Häufung.

Abgesehen davon ist auch der Begriff „Homo-Ehe“, der sogar einen Wikipedia-Eintrag hat, nicht besonders glücklich gewählt: „Homo“ heißt eigentlich Mensch, der lateinische Begriff stammt aber vom griechischen Wort homos ab, was „gleich“ oder „gemeinsam“ bedeutet. Im Grunde ist eine Homo-Ehe (welche die Sueddeutsche an dieser Stelle interessanter Weise „Homoehe“ schreibt) also eine Ehe zwischen Menschen und nur im griechischen Wortsinne eine „Ehe unter Gleichen“;  Das würde den Gegnern gleichgeschlechtlicher Ehen unterstellen, sich für die Ehe zwischen Mensch und Pferd einzusetzen. Das mag im Einzelfall zutreffend sein, ist aber trotzdem ein unglücklicher Kampfbegriff, der wohl schlicht Zeilengeld sparen soll, statt jedesmal von „gleichgeschlechtlicher Ehe“ schreiben zu müssen.

Was ich mich frage: Werden stockkonservative (im „SZ-Sprech“ vermutlich „Stock-Konservativ“) Leute wie Norbert Geis dann eigentlich auch als „Hetero-Aktivisten“ bezeichnet?

Eine Frage (II):

... an politisch besonders korrekte Sprachenüberwacher_innen: Darf man in/m Zusammenhang_in mit dem US-Wahlkampf_in der Republikaner_innen eigentlich von einem/r „farblosen“ Kandidaten_in sprechen, die gegen einen „farbigen“ Präsidenten antritt? Oder ist das schon wieder eine „Systematische Unterdrückung“ (systematische/r Unterdrückung_in?) durch die Sprache von irgendwie halbfarbigen?

Darf Obama im Wahlkampf „blass“ aussehen? Kann Herman Cain eigentlich ein „farbloser Kandidat“ werden, wo er doch ein Farbiger ist? Fragen über Fragen…. man hat es schon nicht leicht wenn man sprechen will ohne auf irgendwelche sensiblen Gefühle zu treten….

Oh, Du mein Verkehrsverbund IV

In den vergangenen Tagen dieser deutschen Sprache gab es ein Ereignis, das bestimmte neue Regeln in sie zementierte und dafür sorgte, daß es zu aufwändig wurde, Panter, Elefant und Delfin das schreiben beizubringen: Die Rechtschreibreform. Sie machte die Dinge unleserlich, war aber nicht alleine schuld.

Den treuen Lesern meines Blogs ist sicherlich schon aufgefallen, daß ich kosequent die alte Rechtschreibung verwende – ich schreibe aufwendig, Panther, Elephant und Delphin noch so, daß man es lesen kann. Allerdings gibt es eine andere Krankheit, die mich seit langem nervt und das ist das Binnen-I. Sie wissen schon, die PolizistInnen, die den Täter (!) fangen. Dazu schrieb ich vor nicht allzu langer Zeit auch mal was.

Nun hat mir mein geliebter Verkehrsverbund noch ein Beispiel gezeigt, warum das mit dem Gender in der Sprache Nachteile hat:

Nun, ich bin sicher die Frauenwelt ist ein großes Stück weitergekommen, seit es der Bus „Ring Neuperlach Außen“ als Ergänzung auch die Linie 197 „Ring NeuperlachInnen“ gibt. Ich mußte wirklich dreimal hinschauen bis ich entschlüsselt hatte, was die Anzeige mir zu sagen versucht.