Von der Begrifflichkeit

„Schenken Sie Ihren Kindern schlaue Eltern!“. Das ist der Slogan einer der größten deutschen Tageszeitungen. Die Sueddeutsche bewirbt sich selbst damit, ein intelligenteres und klügeres Publikum anzusprechen, als, sagen wir, die Abendzeitung, Oder als die „Qualitätspresse“ von Axel Springer.

Nun ist Zeitung machen eine interessante Tätigkeit und das suchen und finden verkaufsfördernder Überschriften ist eine wichtige Herausforderung für die Blattmacher. Unbestritten die besten darin sind die Boulevard-Zeitung, allen voran die BILD, die nicht nur durch eine mit Ausrufegeichen gespickten Redeweise auffält, sondern besonders durch auffällige Substantivkombinationen mit einem Bindestrich. Wo „Wir sind Papst!“ noch eine brilliante, wenn auch falsche Schlagzeile war, wimmelt es in dem Blatt nur so von „Chaos-Tagen“, „Nackt-Dramen“ oder „Killer-Onkeln“.

Der Zweck boulevardesker Schlagzeilen besteht darin, nicht den Verstand, sondern das Herz des potentiellen Lesers anzusprechen. Im Grunde kann man vier verschiedene Schlagzeilentypen unterscheiden:

  1. Der Leser soll sich aufregen und wütend werden („Abzocke!“, „Wucher!“, „Irrsinn!“, „xyz-Wut!“)
  2. Der Leser soll sich emotional beteiligt, aufgenommen fühlen („Wir sind..!“, Wir haben gewonnen!“, generell „Wir..:“)
  3. Der Leser soll jemanden hassen und die Gründe dafür nach Kauf der Zeitung erfahren („Bestie“, „Monster“, „Schwein“)
  4. Der Leser soll das Rachebedürfnis befriedigt bekommen („Das ist der …“, „Bild zeigt…“)

Und im Grunde gibt es noch einen fünften Typ, der, der sich mit der direkten Aufforderung an einen Richter oder Politiker wendet und versucht, Politik zu machen oder der Rechtsprechung vorzugreifen. („Herr RIchter, verhindern Sie das!“) Gerne auch mal im Befehlston.

So funktioniert nun einmal Boulevard – niedere Instinkte werden angesprochen und möglichst vereinfachende Darstellungen versuchen, dem Leser (oder Zuschauer in dem Fall) das Gefühlt zu vermitteln, ein komplexer Sachverhalt wäre eigentlich ganz einfach und die von der Zeitung gewünschte Gruppe hat mit ihrer Meinung Recht. Das war bei der Ökosteuer und dem Kanzler so, oder auch beim Dosenpfand.

Wenn jetzt aber die Schlauen Eltern die Sueddeutsche Zeitung lesen, so werden sie möglicher Weise auch auf den Onlineteil stoßen und da auch ein bißchen nachlesen. Und da finden sich dann solche Artikel hier:

Sueddeutsche BoulevardDer „CDU-Mann“ ist anderer Ansicht als der „CSU-Chef“ weswegen er ein „Homo-Aktivist“ ist. Zudem geraten in diesem Artikel der „LSU-Chef“ Steins und der „CDU-Hardliner“ Wagner aneinander. Das sind interessante Formulierungen für schlaue Leser. Es ist zwar nicht gerade neu, daß die Sueddeutsche auf den Bindestrich geht, aber dennoch eine ziemliche Häufung.

Abgesehen davon ist auch der Begriff „Homo-Ehe“, der sogar einen Wikipedia-Eintrag hat, nicht besonders glücklich gewählt: „Homo“ heißt eigentlich Mensch, der lateinische Begriff stammt aber vom griechischen Wort homos ab, was „gleich“ oder „gemeinsam“ bedeutet. Im Grunde ist eine Homo-Ehe (welche die Sueddeutsche an dieser Stelle interessanter Weise „Homoehe“ schreibt) also eine Ehe zwischen Menschen und nur im griechischen Wortsinne eine „Ehe unter Gleichen“;  Das würde den Gegnern gleichgeschlechtlicher Ehen unterstellen, sich für die Ehe zwischen Mensch und Pferd einzusetzen. Das mag im Einzelfall zutreffend sein, ist aber trotzdem ein unglücklicher Kampfbegriff, der wohl schlicht Zeilengeld sparen soll, statt jedesmal von „gleichgeschlechtlicher Ehe“ schreiben zu müssen.

Was ich mich frage: Werden stockkonservative (im „SZ-Sprech“ vermutlich „Stock-Konservativ“) Leute wie Norbert Geis dann eigentlich auch als „Hetero-Aktivisten“ bezeichnet?

0 thoughts on “Von der Begrifflichkeit

  1. Hallo,
    ich bin zufällig über deinen Artikel gestolpert und habe eine Anregung zur Homo-Ehe. Du hast Recht, dass ‚homo‘ Mensch heißen kann, allerdings nur im Lateinischen. Die Abkürzung, die in ‚Homo-Ehe‘ verwendet wird, kommt aber vom Begriff ‚homosexuell‘, bei dem das griechisch hergeleitete homo verwendet wird. Und so macht die medientaugliche ‚Homo-Ehe‘ auch wieder Sinn…

    • Hi,
      Du hast Recht. Darauf bin ich ja in Ansätzen eingegangen, indem ich auch den Ursprung des lateinischen aus dem Griechischen erwähnt habe. Allerdings mache ich das deutlicher, worauf ich hinauswill.

      Grüße,
      Lastknightnik

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