Zensur? Nach einer Zensurforderung? Also manchmal…

Die AfD hat derzeit ein bisschen Medienrummel bekommen. Ganz zufällig zum Jahresbeginn dürfen als erstes ausgerechnet die wieder groß in die Presse. Und zwar, weil ein paar Leute ein paar Tweets gelesen haben und das dann anzeigten. Komisch ist nur – warum nicht intelligenter reagiert?

von Storch und Weidel haben also zum Jahresbeginn getwittert und das Geblubbel war dann wohl ausreichend, um ihnen Anzeigen zu verpassen. Schreiben jedenfalls die Medien, hier mal beispielsweise die Zeit. von Storch schrieb also: „Was zur Hölle ist in diesem Land los, wieso twittert eine offizielle Polizeiseite aus NRW auf Arabisch? Meinen Sie, die barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden so zu besänftigen?“

Also, um das mal klarzustellen:

  1. Frau von Storch fordert hier, dass die Polizei nicht mehr mehrsprachig, besonders nicht arabisch twittert. Ein Teil der Bevölkerung soll also alleine weil sie sprachlich vielleicht noch nicht soweit sind, von Nachrichten der Polizei ausgeschlossen werden. Das ist eine Zensurforderung.
  2. Ja, der zweite Satz ist eindeutig volksverhetzend – aber nichts ungewöhnliches im Sprachjargon dieser, äh, Mitbürger. Das ist einfach die Sprache dieser Schlechtmenschen – und eindeutig disqualifiziert sich eine Person wie die Frau von Storch damit auch für jeden normalen, vernünftigen Diskurs. Wozu die Aufregung? Es kommt ohnehin nichts dabei raus.

Machen wir uns nichts vor – Normale Diskussion mit solchen Menschen ist nahezu unmöglich. Ich hätte Frau von Storch aber nicht die Chance gegeben, sich wieder einmal als „Opfer des bösen Staates“ zu inszenieren – ein Merkmal, das alle Neorechten vereinen. Nein – ich hätte versucht klarzustellen, dass die AfD für Zensur ist!

Niemand, der nicht zur irgendwie definierten, „eigenen Volksmasse“ gehört, soll einen Neujahrsgruß der Polizei verstehen. Weil… also weil…. naja, also die könnten das ja als Hallo verstehen und sich integrieren! „Respekt zeigen!“ war das Motto. Na, das geht ja nicht, wo kommen wir denn da hin?

Die AfD verlangt also Zensur!

Also das sollte einen Demokraten doch ärgern!

Nebenbei – dass die just zur Gültigwerdung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes so auffallen, das könnte man ja glatt als verabredete – und im vermeintlichen Schutz der Abgeordnetenimmunität passierte – „Verschwörung“ auffassen. Also, so würden die das wahrscheinlich darstellen. Das ist aber bestimmt nur Zufall und dient sicherlich nicht dazu, das Thema wieder hochzukochen oder gar die Grenzen des Gesetzes für die eigenen Anhängsel auszuloten, da bin ich mir sicher….

Die Aktion gegen Björn Höcke

Das „Zentrum für politische Schönheit“ hat sich eine ziemlich lustige Kunstaktion erlaubt und Björn „the Bernd“ Höcke mit seinem persönlichen „Denkmal der Schande“ beglückt. Das ist klug, das ist witzig. Ich finde das gut. Aber: Das hat auch eine andere Seite und die finde ich gar nicht gut.

Vergangene Woche waren die Nachrichten ja voll davon: Höcke, der alte Bernd der AfD, hat eine Kopie des Holocaust-Mahnmals direkt vor sein Wohnhaus bekommen. Da er das Mahnmal, das uns Deutsche und die ganze Welt stets daran erinnern soll, welches Grauen Fremdenfeindlichkeit hervorbringt, als ein „Denkmal der Schande“ bezeichnet hat und nicht etwa als einen Ausdruck der deutschen Erinnerungskultur, das es ist, kann ihm da ein gewisser Denkanstoß nicht schaden, auch wenn das ziemlich sicher Perlen vor die… na, Sie wissen schon.

Warum das witzig ist, brauche ich wohl kaum zu erklären, aber warum auch klug? Nun, es ist die Kopie eines Denkmals und dass Herr Höcke mit dem Denken zumindest zeitlich seine Probleme hat, scheint aus den meisten seiner Reden hervorzugehen; Vielleicht hilft es ihm also, endlich mal ein wenig zu Ruhe zu kommen, zu denken. Vermutlich wird er aber eher eine Meinung haben, als eine Ahnung, das ist bei den meisten Menschen heute offenbar so, bei AfD’lern allerdings wohl unumstößlich.

Was mir allerdings gar nicht schmeckt ist der zweite Teil der Aktion: Eine über Monate andauernde Überwachung von Höcke und vor allem seiner Familie und die Drohung, die daraus resultierenden Erkenntnisse öffentlich zu machen, sofern er nicht vor dem Mahnmal niederkniet – angeblich in Anlehnung an Willy Brandt, aber in Wahrheit um ihn (zumindest vor seinen Gesinnungsgenossen, Verzeihung, -kameraden) zu demütigen.

Menschenrechte! Alleine das Wort ist rassistisch!
Ja, auch ein rechter Sack wie Höcke hat Menschenrechte! Auch Menschen, die ihm verwandtschaftlich verbunden sind, haben die! Ja, sie wollen uns vielleicht die Menschenrechte aberkennen, aber das hat einen demokratischen Menschen nicht zu interessieren, die Nummer mit „Aug um Auge“, überlassen wir mal schön den Idioten.

Höcke zu überwachen um möglichen Straftaten auf die Spur zu kommen oder auch Kontakten zu Menschen, die sich im rechtsradikalen Milieu bewegen ist eine Sache, sollte dabei sowas herausgekommen sein, ist das der Staatsanwaltschaft zu übergeben und fein, aber öffentlich mit Privatem zu drohen ist feige und unwürdig. So geht man einfach nicht miteinander um.

Jeder Bürger hat das Recht und die Pflicht, Straftaten in seinem Umfeld zu melden. Wenn Höcke sich also mit Neonazis trifft, müssen die Mädels und Jungs vom „Zentrum für politische Schönheit“ das einfach den Behörden weitergeben. Lieber Leser, Sie würden ja auch melden, wenn Ihr Nachbar plötzlich einen etwa zwei Meter langen, gerollten Teppich im Garten vergräbt, oder?

Aber einen Neonazi – und Höcke scheut sich vielleicht das zuzugeben, aber nichts anderes ist er – zu überwachen und zu drohen, Privates an die Öffentlichkeit zu bringen, falls er nicht spurt, das sind totalitäre Mittel und haben nichts in einem demokratischen Staat zu suchen. Auch Neonazis sind Menschen. Schlechte vielleicht, weil sie ja keine „Gutmenschen“ sein wollen, aber Menschen.

Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, dass Neonazis in ihren Netzwerken Adressen von politischen Gegnern („Volksfeinden“) tauschen. Das tun sie, das ist verwerflich und das zeigt, was für miese Schweine das eigentlich sind. Wir haben aber eben anders zu sein!

Wir Demokraten, der anständige Teil der Bevölkerung, täte gut daran, den Gegner nicht zu entmenschen! Das tun schon die Anderen, und das ist ja auch der Grund, warum wir sie – politisch, demokratisch, überzeugend, im Recht! – bekämpfen müssen.

Vom Sinnentstellenden Zitat

Im Zeitalter der zwanghaften Verkürzung ist es inzwischen leider mehr als üblich, Aussagen von Mitmenschen – ob Politiker oder nicht – irgendwie auf 140 Zeichen herunterbrechen zu wollen. Das ist allerdings nicht gerade neu: mit dieser Form der Verkürzung arbeitet beispielsweise die BILD-Zeitung schon sehr lange. Und dass dabei oft der Sinn entstellt oder sogar umgekehrt wird, ist wohl nicht selten Absicht.

Zwei Beispiele gab es in Jüngster Zeit, ÜberMedien berichtete über beide. Im ersten Fall ist Arbeitsministerin Andrea Nahles das Opfer: Eine Aussage von ihr zum Thema „Grundeinkommen“ ist von – ausgerechnet – dem Deutschlandfunk völlig sinnentstellend wiedergegeben worden. Im Rahmen einer Rede auf der Re:publica sagte Frau Nahles:

„‚Das Grundeinkommen führt dazu, dass keiner mehr schlecht oder niedrig entlohnte Arbeit macht.‘ – Leute, wenn das stimmen würde, dann käme ich ins Schwanken.“

Im Video ab 2:17:47

Das ist eine Aussage, an der man sich abarbeiten kann oder nicht; tatsächlich geht es hier gar nicht um den Inhalt. Der DLF machte daraus:

„Das bedingungslose Grundeinkommen führt dazu, dass keiner mehr schlechte oder niedrig bezahlte Arbeit machen möchte“

Hum… das ist irgendwie das Gegenteil dessen, was sie sagte, oder? Denn der zweite Satz, „Leute, wenn das stimmen würde, dann käme ich ins Schwanken.“ relativiert hier ja den ersten um eine Argumentationskette aufzubauen. Das ist normale (und nicht mal besonders geschliffene) Rhetorik. Aber durch die Verkürzung erreichte der DLF genau das, was er wohl wollte: Empörung, Klickzahlen und letztendlich auch eine Anti-SPD-Stimmung.

Das geht aber nicht nur der SPD so, sondern auch anderen. Die AfD zum Beispiel. Nicht, dass ich die NDP-Nachfolgepartei gerne in Schutz nehme und das ist auch gar nicht nötig: Wenn man sich das Programm oder auch – ganze – Reden von ihrer „Prominenz“ so durchliest, weiß man ziemlich genau, was das für Leute sind.

Allerdings ist dem Baden-Württembergischen Abgeordneten Rainer Podeswa ebenfalls eine solche Sinnentstellung klürzlich passiert. Er sagte in einer Rede am 11. Mai 2017:

Die haben damals Hunderte von Frauen verbrannt und damit das Klima gerettet. Das sind die Ergebnisse einer öko-stalinistischen, schon wahnhaften Mission, die Sie in diesem Thema verfolgen. Wir von der AfD stehen für eine Klima-, für eine Wirtschafts- und eine Gesellschaftspolitik der Vernunft.

Das ist zwar völliger Unsinn, aber problemlos andiskutierbar. (Den Kampf gegen den Klimawandel mit Massenmord gleichzusetzen ist tatsächlich völlig daneben; Aber halt das, was diese Leute unter „Denken“ verstehen).

Allerdings machten die dpa und dann weitere Medien (ohne die Quelle mal zu checken, die Sitzung inklusive der Rede ist online verfügbar) daraus „AfD-Politiker empfiehlt Frauenverbrennung zur Klima-Rettung“ Nein, das hat er nicht gesagt. Aber natürlich liefen gleich wieder alle Sturm und das eigentliche Problem, nämlich dass die AfD jedwede wissenschaftliche Erkenntnis zum Klimawandel leugnet und mit ihrer Ahnungslosigkeit im Parteiprogramm hausieren geht, ist völlig unter den Tisch gefallen.

Meinen Sie, das ist nicht so? Na, schauen Sie mal:

Was aus diesem Video im Übrigen wurde, hat Lesch dann eine Woche später auch gleich beantwortet.

An manchen Tagen…

An manchen Tagen prasselt es wirklich von allen Seiten auf einen ein. Heute ist so ein Tag – eigentlich ging es Sonntag Abend schon los, als ich den Fehler machte und „nochmal schnell in die Nachrichten schauen“ wollte. Meldungen wie 1930 allernorts.

Zuerst muss ich lesen, dass es dem christlichen Barbarenhaufen gelingt, einen Pfarrer aus dem Dorf zu jagen. Er hat nämlich schwarze Haut. Das scheint zu genügen. Dann kommt die AfD in Hessen bei der Kommunalwahl auf durchschnittlich 13%, deren geistigen Brüder von der NPD sind zwar landesweit dort wo sie hingehören (0,3%), holen aber in Leun zum Beispiel 17,4% oder in Büdingen 14,2%. (Alle Ergebnisse noch vorläufig!)

Die AfD scheint in Bad Karlsbad am stärksten zu sein mit über 22% ! Das ist schon erschreckend – auch weil es dafür einen nicht weniger erschreckenden Grund gibt.

Die Wahlbeteiligung war mit 48% besonders für eine Kommunalwahl wieder einmal unglaublich schlecht. Im Ergebnis haben die Spinner einen entsprechend höheren Anteil. In Frankfurt waren es gerade mal 37,3%, die sich zur Urne schleppen konnten. Das nützt natürlich auch solchen von Rechtsstaatlichkeit faselnden Figuren wie der AfD. Interessantes Detail diesbezüglich am Rande: Die „Vereinigung zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“, ein Club einiger Millionäre die offensichtlich als eine Art Gerhard Frey der AfD auftreten möchten. Scheint aber zumindest fragwürdig im Hinblick auf Parteienfinanzierung zu sein.

Aber auch wenn es wenigstens nirgends zu einer Beteiligung der AfD an irgendeinem Amt gekommen ist – die Barbaren beherrschen die Schlagzeilen. Hier mal eine kleine Auswahl der Meldungen der letzten Zeit:

Wenn man sich über die Chronik der Vorfälle informiert (Geht sehr gut über das Portal „Mut gegen Rechte Gewalt“), so haben wir seit Januar 2015 insgesamt 248 Angriffe auf Unterkünfte (davon 46 Brandanschläge) und 54 tätliche Übergriffe mit über 100 Verletzten. Und das ist kein rein Ostdeutsches Phänomen: Alleine in Bayern reden wir im selben Zeitraum von 33 Angriffen auf Unterkünfte und 4 tätliche Übergriffe, filtert man weiter sind es 32 Terrortaten nur 2016!
Hinzu kommt, dass hier die strengsten Zählkriterien angelegt werden – anderen Quellen zufolge gab es in Deutschland im Jahr 2015 mehr als 1000 Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, darunter 94 Brand- und 16 Sprengstoffanschläge.

Es passieren derartige Dinge schon verstärkt im Osten der Republik:

Und so weiter…

Ist das also Deutschland? Sind das die Verteidiger von Recht und Ordnung im Land? Rechte Terroristen?

Denn – was anderes als Terror ist es denn, wenn man Asylbewerberheime abfackelt und Menschen bedroht? Angst soll ausgelöst werden, Angst ist das Ziel von Terroristen.

Die AfD versteht sich als politischer Arm dieser Leute und als ihre Vertreter. Natürlich finden sie die Gewalt nicht gut (außer gegen Kinder aber da prinzipiell nicht, nur an deutschen Grenzen) und das mit dem distanzieren klappt auch nicht so richtig – wird aber im Gegenzug auch gefordert. Tatsächlich gibt es militante Gegenbewegungen, da werden Autos und Büros von AfD-Mitgliedern beschädigt oder zerstört.

Das ist nicht zu dulden!

Der Verfall der politischen Kultur im Land, der viel mit der Unfähigkeit, Kompromisse zu akzeptieren, totalitären Ansichten und einem Absolutheitsanspruch von Meinungen zu tun hat. Zugleich kriechen plötzlich überall diese Scheinbürgerlichen aus Löchern, die eigentlich längst gestopft worden sind. „Ich bin ja kein Nazi, aber…“, wird zu einem „mutigen“ Satz erklärt, statt ihn einfach als das zu bezeichnen, was er ist: Dumm.

Heute, am 7.3.2016 wird es eine Dokumentation geben, die sich anzusehen lohnt: „Terror von Rechts“. Die Doku von Thomas Reutter  klingt interessant, wenn auch bedrückend. Heute um 22:45 in „die Story im Ersten“ in der ARD.

Aber es gibt auch gute Nachrichten: In Schwelm explodiert eine defekte Gasheizung in einem hauptsächlich von alten Menschen bewohnten Gebäude. Die Menschen verlassen das Haus, nebenan ist eine Flüchtlingsunterkunft. Die neuen Nachbarn holen Decken und Jacken und helfen ihren Mitmenschen, während Polizei und Feuerwehr versuchen das Problem zu beheben.

Es ist noch nicht aller Tage Abend.

Christen unter sich!

Nurmehr knapp eine Woche bin ich noch in Zorneding, und ausgerechnet meine geliebte Heimatgemeinde verabschiedet mich fassungslos mit einer schier unglaublichen Nachricht: Zornedings katholischer Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende tritt zurück, weil er Morddrohungen erhalten hat.

Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ausgerechnet in Zorneding solche Irren herumlaufen, wie sie von Pegida und AfD derzeit regelmäßig rekrutiert werden. Nachdem sich die (ehemalige) CSU-Vorsitzende Boher und Herr Heindl von den meisten Ämtern zurückgezogen hatten, nachdem die Empörung über deren „Äußerungen“, die nichts anderes als rechte Hetze und ein entlarvend unmenschliches Weltbild waren, wieder einigermaßen für Ruhe gesorgt hatten, jetzt das.

Offenbar laufen da schon länger unverhohlene Drohungen, da wird mit „Auschwitz“ gedroht und irgend jemand ist sich anscheinend nicht zu blöd, den Pfarrer auch körperlich zu bedrohen.

Mit diesem Schandmal hat es das kleine Zorneding in die nationale Presse geschafft; Herzlich Glückwunsch all den „Verteidigern unserer christlichen Leitkultur„. Merkur und Süddeutsche, aber auch Spiegel, Stern, BR und sogar das Tagblatt von Springer berichten über den widerwärtigen Vorgang.

Was ich nicht verstehen kann: AfD und Pegida behaupten mit Schützenhilfe von Seehofer und seinem Geschwafel, dass in unserem Land Recht und Ordnung wegen irgendwelcher Flüchtlinge nicht mehr gelten würden; Sie konstruieren zum Teil hanebüchene Bedrohungsszenarien um Ängste zu schüren und was genau ist die Bedrohung im Land?

Pegida.

Brandstiftungen, Morddrohungen, Wütende Mobs, Barbaren beherrschen die Straßen. Weiße, vermeintlich christliche Menschen. Kleinbürger, die Gartenzwergfraktion. Sie hasst wieder, sie meint ihre kleine Welt gegen eine nicht näher definierte Bedrohung von außen verteidigen zu müssen, koste es, was es wolle.

Das letzte Mal endete das tatsächlich mit Auschwitz.

Die AfD ist gespalten…. warum eigentlich?

Die Medien sind voll von zum Teil recht hämischen Kommentaren bezüglich der Querelen in der AfD. Auf der einen Seite die „Wirtschaftsexperten“ Lucke und Henkel, auf der anderen Seite die „Vernunftnationalen“ unter Petry und von Storch. Nun bin ich nicht gerade das, was man einen Freund der AfD nennen könnte – ich halte die Partei für ein gefährliches Sammelbecken von Neoliberalen und Couchrassisten.

Nur glaube ich nicht, daß der Grund für den Machtkampf tatsächlich in der Parteilinie liegt. In der Öffentlichkeit wird die Geschichte so erzählt: Während die Petry-Fraktion in Griechenland weilte hat selbst Konrad Adam gleich drei Lager ausgemacht: Die Lucke’s, die Petry’s und die Anderen. Nachdem der Parteitag Anfang Juni vorsichtshalber gleich wieder abgesagt worden war, soll es in diesen Tagen nun zum entscheidenden Machtkampf kommen. Der wird natürlich von Freunden aus der Wirtschaft auch kräftig unterstützt.

Nun also wird sich die AfD in ca. einer Woche entscheiden müssen, wohin die Reise geht: Eine (neo-)liberale Partei mit nationalkonservativem Flügel oder eine nationalkonservative Partei mit einem (neo-)liberalen Flügel? Klingt nach gehupft wie gesprungen, ist es aber natürlich nicht. Die Entscheidung wird sicherlich auch maßgeblich für die Frage sein, ob die FdP wieder aus der Versenkung auftaucht oder dort bleibt, wo sie hingehört.

Eine AfD mit Lucke und Henkel eine Nicht-Rechte Wirtschaftspartei?

Die Behauptung, wenn die AfD sich für den Henkel-/Lucke – Flügel entscheidet, würde die Partei quasi zu einer rein Eurokritischen Wirtschaftspartei wieder machen, ist allerdings absurd. Erinnern Sie sich an so typische Aussagen von Hans-Olaf Henkel? Natürlich nicht hier in Deutschland, hier muß man ein bißchen aufpassen, was man so sagt. Hier äußert er sich maximal so, daß er einen starken Nord- und einen schwachen Südeuro haben will, damit die faulen ausgabenfreudigen Südländer den unschuldigen Norden nicht belasten. Frankreich ist für Henkel Südeuropa und vermutlich auch zu gewerkschaftlich organisiert, deswegen soll Frankreich die arbeitsscheuen, Verzeihung, die Länder anführen, die der „Ausgabenfreude und dem währungstechnischen Improvisationstalent“ huldigen.

Aha. Es gibt aber noch mehr:

Henkel gehört zu den wichtigsten Sarrazin-Fans in Deutschland. Er unterstützt – nach eigener Aussage – dessen Thesen „voll und ganz„, lediglich die Wortwahl findet er etwas zu ehrlich schroff. Sarrazin, Sie wissen schon, der mit dem genetischen Komplex, der peinlicher Weise noch immer nicht aus der SPD rausgeflogen ist. Sie wissen doch bestimmt noch, daß Sarrazin behauptet hat, daß alle Juden sich bestimmte Gene teilen. Das ist schon sehr nahe an der Abteilung „Nazi“, aber natürlich ist man sofort ein Keulenschwinger, wenn man den Antijudaismus hier konstatiert.

So einen unterstützt der Herr Henkel voll und ganz, soso.

In den USA, wo man im Gegensatz zu Deutschland mit rassistischen Aussagen nicht gleich unmöglich gemacht wird, hat er sich lang und breit über die Wiedereinführung der 1977 (tatsächlich sogar 1968) abgeschafften Praxis des Redlining ausgelassen. Redlining ist die Idee, daß beispielsweise Banken Kredite nur dort vergeben dürfen, wo nach Einschätzung der Regierung halbwegs vermögende Menschen wohnen. Anders formuliert: Hypotheken für die Mittel- und Oberschicht ja, nicht aber für die Unterschicht in den Slums. Diese Einschätzung hatte aber viel mit der Hautfarbe der im Viertel wohnenden Mehrheit zu tun. Etwas derartiges gibt es übrigens bei uns auch: Das Scoring der Schufa beispielsweise berücksichtigt nicht nur die eigenen Vermögensverhältnisse, sondern auch das Einkommen der eigenen Nachbarn. Hast Du einen armen Nachbarn, wirst Du abgewertet (!). Glauben Sie nicht? Holen Sie sich mal die Ihnen zustehende (kostenlose) Schufa-Auskunft nach §34 Abs.  4 BDSG und lesen Sie sie genau durch.
Das forderte Henkel in den USA wieder einzuführen. Zudem beklagte er, daß die Finanz- und Wirtschaftskrise durch Gutmenschentum ausgelöst worden sei – weil man eben Arme und Schwarze unterstützt, oder zumindest ihnen die Schaffung von Wohneigentum ermöglicht habe. Dem wurde zwar heftig widersprochen, aber dennoch zeigte Henkel hier seine Geisteshaltung recht deutlich. Georg Schramm nannte Henkel 2010 in der Sendung „Neues aus der Anstalt“ daher völlig zu Recht einen „neoliberalen Rassisten und Brunnenvergifter“.

Daß Henkel so ganz nebenbei für die Junge Freiheit als Gastautor tätig war, braucht man schon bald gar nicht mehr zu erwähnen, oder?

Henkel ist doch aber gar nicht im Bundesvorstand der AfD

Richtig. Henkel trat nach den beginnenden Querelen zurück. Das ist insofern witzig, weil er ursprünglich gar nicht zur AfD wollte. Seine Begründung liest sich angesichts der oben zusammengetragenen Fakten aber auch interessant: „Ich kann nichts mit lauten Tönen, schrillen Ansagen und rechtspopulistischen Parolen anfangen.

Vielleicht war es Henkel einfach unheimlich, wenn man seine eigene Geisteshaltung offen propagiert, statt versteckt und mit bürgerlichem Anstrich. Natürlich sind da seiner Ansicht nach die Medien schuld, denn: „Am Anfang wurden wir als Professorenpartei verunglimpft. Dann begannen Altparteien und Medien das Mantra von der rechtspopulistischen Partei zu wiederholen. Meiner Beobachtung nach haben erst danach Rechtspopulisten gesagt: Oh, da gibt es eine neue Partei für uns, da treten wir ein. Unser Fehler war, das zu spät gemerkt zu haben.“ Ja, klar. Weil Petry und Konsorten ja erst nach Henkel die Partei rockten, gell? Natürlich waren die vorher schon aktiv und das wußte Henkel auch. Hatte ihn damals aber nicht interessiert.

Henkel mag nicht mehr im Bundesvorstand sein, aber er ist nach wie vor Mitglied des Europaparlamentes und gilt trotz Rücktritt als enger Vertrauter Luckes. Sprich: Wählt die AfD Lucke, so wählt sie auch Henkel, der – ganz in seine Sprechmuster von 2010 zurückfallend – dann die Partei von bestimmten „Elementen säubern“ will. Petry wehrt sich mit allerlei Tricks, um ihre eigene Wahl am 4./5. Juli in Essen zu ermöglichen und eben nicht gesäubert zu werden…

Als Fazit bleibt halt dann doch, daß die „Richtungsentscheidung“ der AfD eben in Wirklichkeit nur entscheiden wird, ob sie offen gegen Ausländer, Muslime und „Meinungsterror“ hetzen darf (Petry), oder ob sie es lieber so formuliert, daß die Betroffenen vielleicht nicht merken, daß sie gemeint sind (Lucke). Und natürlich, ob ins Portfolio der Feinde auch generell Arme gerückt werden sollen (Lucke), oder ob man sie nicht lieber vor den Karren spannt als Wähler und diejenigen, denen man den „raffgierigen Ausländer“ als Konkurrenten und Hauptfeind schmackhaft macht (Petry).

Was für eine Entscheidung….

Zahl der Suizide im Westen steigt an

Wie die Sueddeutsche berichtet steigt nach Vermutung einiger Forscher die Zahl der Suizide bedingt durch die Wirtschaftskrise an. Ein ziemlich böser Kommentar.

Ich verstehe jetzt das Problem nicht so recht.

Wenn ich die CD/SU und die FdP/AfD richtig verstanden habe, ist es das Ziel jedweden Regierungshandelns im Kapitalismus, die Zahl der Arbeitslosen zu senken. Wenn durch gesellschaftliche Strukturen (kein Arbeitsplatz = kein gesellschaftlicher Wert) und politisches Handeln (Arbeitslos = Schmarotzer, deren Kinder ebenfalls unwerte Existenzen) auf diese Art die Suizide ansteigen und damit die Zahl der unproduktiven Menschen senken, dann kann das doch nur im Sinne der kapitalgesellschaftlichen Wert- und Weltordnung sein. Vielleicht sollte man über staatlich subventionierte Angebote nach dem Stil von Dr. Kusch nachdenken um das Wachstumspotenzial zu verbessern. Würde sogar ein paar Arbeitsplätze schaffen, privatisiert man das könnte man sogar Aktionäre beglücken. Gut, man müsste vorher das Hamburger Verwaltungsgericht abschaffen, das ziemlich sozialistische Einstellungen zu haben scheint (Zitat: „die sozial unwertige Kommerzialisierung des Sterbens durch Beihilfe zum Suizid gegen Entgelt“).

Man könnte sogar – das wäre quasi Flexibilität schaffen – die Maschinen auch für die arbeitende Bevölkerung zur Verfügung stellen, die wegen Überlastung oder noch nicht ganz abgeschaffter Nebenbeschäftigungen (Beziehungen, Familie, Alkohol) ebenfalls das Angebot nutzen wollen. Im Ergebnis könnten Arbeitsplätze neu besetzt werden, die Zahl der nicht Beschäftigten sinkt weiter.
Einziger Nachteil: Die Leute fallen dann als Konsumenten weg. Daher müsste ein Restvermögen quasi als „Schonvermögen“ gerecht auf die produktive (=wertvolle) Bevölkerung aufgeteilt werden, damit es in Konsumgüter umgesetzt werden kann.

Wer den Beitrag für Ironie hält, hat den Herren Westerwelle, Schäuble oder Henkel sowie Frau Merkel noch nie genau zugehört.

Fundstück der Woche (21. KW): Die Volksfront gegen Europa

Wer „Das Leben des Brian“ gesehen hat wird die Szene erkennen, wer nicht, der sollte sich schämen. Aber vorher das Video angucken – und am Sonntag zur Wahl schreiten! 🙂