Von Irrationaler Freude – Vorwärts-Version

Nachdem ich zu meiner großen Freude eingeladen wurde, den Artikel beim Vorwärts noch einmal zu veröffentlichen erfuhr er eine leichte Überarbeitung. Lesen Sie selbst:

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Am vergangenen Tage dieser Republik haben die Bürgerinnen und Bürger in drei Bundesländern gewählt – und CDU und FDP eine heftige Klatsche verpasst. besonders die FDP flog – zu recht – aus dem Rheinland-Pfälzischen Parlament und schaffte nur mit Mühe den Wiedereinzug in Baden-Württemberg. Das ist positiv. Die Ergebnisse der SPD sind es nicht.

Unverständlich der frenetische Jubel der Genossen in Bund wie den Ländern ob der Wahlergebnisse. Um es mal ganz ohne Scheuklappen zu sagen: Die SPD hat eine historische Niederlage eingefahren. Noch knapp 23% der Wähler (15,29% der Wahlberechtigten) in Baden-Württemberg und 35% der Wähler (22,06% der Wahlberechtigten) in Rheinland-Pfalz gaben den Sozialdemokraten ihre Stimme. Vermutlich ist das der Grund, warum Jörg Schönenborn so verhalten erfreut guckte.
Alle Parteien die verloren hatten erklärten ihre Niederlage mit dem Atomthema, das den Grünen halt so genützt hätte, aber so ganz stimmt das nicht. Die Werte der SPD werden nicht mehr mit der SPD identifiziert. Deswegen nützt die Schwäche der vermeintlich „bürgerlichen“ Parteien nicht der SPD.
Auch wenn Konservative die „Sozialdemokratisierung“ der CDU beklagen so sollten Sozialdemokraten sich vielleicht mal über die Christdemokratisierung der SPD Gedanken machen. Es ist nicht unbedingt so daß die Wähler der SPD davonlaufen – vielmehr läuft die SPD thematisch den Wählern weg.
Es mag durchaus sein, daß das Thema Kernkraft alles weitere überstrahlt hat – blickt man aber in die Wählerwanderungen der einzelnen Wahlen so kann man den Trend erkennen, daß sich SPD-Wähler zu Nichtwählern entwickeln, wenn sie nicht an andere Parteien, vor allem an die Linke abwandern. Das ist ein langfristiges Phänomen daß diesmal genauso zugeschlagen hat wie die Male zuvor, nur hat es diesmal anscheinend keiner gemerkt.

Adieu Volkspartei?
Was ist eigentlich eine Volkspartei?Alle naselang wird ja das Ende der Volksparteien beschworen so als sei eine Volkspartei eine Partei die irgendwie 40%+X der Stimmen erhält. Das ist Unsinn, und zwar bedauerlicher Unsinn. Eine Volkspartei ist eine Partei, die programmatisch aus jeder Schicht, jeder Klasse und jedem Lager gewählt werden kann. Eine Partei, die Inhalte anbietet die sowohl den Arbeitslosen als auch den Manager ansprechen.
Anders als eher monoprogrammatische Parteien wie besonders die FdP oder die Grünen haben und hatten die beiden Volksparteien Inhalte und auch Fachpolitiker in (fast) jeder Richtung zu bieten. Und das muß auch weiterhin ein Markenzeichen der SPD bleiben, sonst wird sie sich noch weiter aufsplitten.

Die Grünen als Konkurrenz- und Volkspartei?
Die Grünen sind im Augenblick natürlich trendy, aber das wird sich vermutlich schnell wieder auszaubern. Es ist unwahrscheinlich, daß die Grünen Stuttgart 21 kippen können und bislang ist hinter dem Ruf „Abschalten!“ noch nicht hinaus klar gemacht worden, was man denn mit den alten Atomkraftwerken eigentlich tun will. Die Dinger strahlen nämlich noch ein paar hundert oder tausend Jahre. Alleine das geregelte Herunterfahren wird ca. 2 Jahre in Anspruch nehmen, die „Entsorgung“ der Brennstäbe ist ebenso wie die „Entsorgung“ der Gebäude noch gar nicht geklärt. Und das wird richtig teuer weil die Betreibergesellschaften mit Sicherheit „irgendwie pleite gehen“ und ihren Abfall natürlich dem Staat, also uns um den Hals hängen.
Somit werden die Grünen ihren Wählern erklären müssen warum vieles von dem versprochenen dann doch nicht geht – und warum daran „keiner gedacht hat“. Eine Aufgabe, der sich auch die anderen Parteien noch stellen müssen, dies aber nicht als Kernelement haben.
Das allerdings könnte eine Chance für die SPD werden, ein vermeintlich ″grünes″ Thema zu besetzen und auch im Umweltbereich wieder ernst genommen zu werden. Denn auf diese Fragen haben bislang keine Parteien vernünftige Antworten geliefert – auch die Grünen nicht. Es könnte somit durchaus sein, daß sich der ″monothematische Wahlsieg″ der Grünen langfristig als Bumerang erweist.

Von irrationaler Freude

Am vergangenen Tage dieser Republik haben die Bürgerinnen und Bürger in drei Bundesländern gewählt – und CDU und FDP eine heftige Klatsche verpasst. besonders die FDP flog – zu recht – aus dem Rheinland-Pfälzischen Parlament und schaffte nur mit Mühe den Wiedereinzug in Baden-Württemberg. Das ist positiv. Die Ergebnisse der SPD sind es nicht.

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Unverständlich der frenetische Jubel der Genossen in Bund wie den Ländern ob der Wahlergebnisse. Um es mal ganz ohne Scheuklappen zu sagen: Die SPD hat eine historische Niederlage eingefahren. Noch knapp 23% der Wähler (15,29% der Wahlberechtigten) in Baden-Württemberg und 35% der Wähler (22,06% der Wahlberechtigten) im Herzland Rheinland-Pfalz gaben den Sozialdemokraten ihre Stimme. Vermutlich ist das der Grund, warum Jörg Schönenborn so verhalten erfreut guckte.

Alle Parteien die verloren hatten erklärten ihre Niederlage mit dem Atomthema, das den Grünen halt so genützt hätte, aber so ganz stimmt das nicht. Die Werte der SPD werden nicht mehr mit der SPD identifiziert. Deswegen nützt die Schwäche der vermeintlich „bürgerlichen“ Parteien nicht der SPD.

Die Grünen sind im Augenblick natürlich trendy, aber das wird sich vermutlich schnell auszaubern. Es ist unwahrscheinlich, daß die Grünen Stuttagrt 21 kippen können und bislang ist hinter dem Ruf „Abschalten!“ noch nicht hinaus klar gemacht worden, was man denn mit den alten Atomkraftwerken eigentlich tun will. Die Dinger strahlen nämlich noch ein paar hundert oder tausend Jahre. Alleine das geregelte Herunterfahren wird ca. 2 Jahre in Anspruch nehmen, die „Entsorgung“ der Brennstäbe ist ebenso wie die „Entsorgung“ der Gebäude noch gar nicht geklärt. Und das wird richtig teuer weil die Betreibergesellschaften mit Sicherheit „irgendwie pleite gehen“ und ihren Abfall natürlich dem Staat, also uns um den Hals hängen.

Somit werden die Grünen ihren Wählern erklären müssen warum vieles von dem versprochenen dann doch nicht geht – und warum daran „keiner gedacht hat“. Eine Aufgabe, der sich auch die anderen Parteien noch stellen müssen, dies aber nicht als Kernelement haben. Es könnte also durchaus sein, daß sich der erste Wahlsieg der Grünen langfristig als Bumerang erweist.

Vom Vergalloppieren der parlamentarischen Opposition.

Liebe Opposition,

Am vergangenen Tage dieser Republik hast Du Dich im Parlament zusammengeschlossen und versucht, die Regierung um einen weiteren Minister zu erleichtern. Du hast gefordert, geschwallt und gedroht – und vor allem eines: Dich blamiert.

Nun bin ich auch kein Fan vom Lügenbaron aber alleine die ständige Wiederholung der Rücktrittsforderung ist unsinnig und kontraproduktiv. Unsinnig deswegen, weil der Minister tatsächlich nicht für seine vermeintlichen wissenschaftlichen Leistungen als Minister fungiert und kontraproduktiv, weil sich die Opposition damit selbst am meisten schadet.

Besonders in dieser hysterischen Fragestunde, aber auch schon vorher haben es vor allem Grüne und SPD geschafft, das politische Kapital das sie daraus hätten schlagen können ins genaue Gegenteil umzuwandeln. Die parlamentarische Opposition steht nun da als kleinlich, hysterisch, dumm und keifend und tatsächlich gelingt es Guttenberg mit Hilfe der Bildzeitung, da gestärkt daraus hervorzugehen. Na super, das habt Ihr wunderbar gemacht!

Das Festhalten der Regierung an ihrem Minister ist verständlich – er ist der einzige, der den gleichen Blödsinn wie alle erzählen darf aber dafür geliebt wird – und auch Ihr hättet mit einem Verteidigungsminister zu Guttenberg eigentlich eine wunderbare Karte in der Hand um sie jederzeit auszuspielen (à la „Kann der Minister seine Meinung belegen?“). Stattdessen blast Ihr so ungeschickt es geht zu einem Frontalangriff dem sich die Regierung mit Kraft und mitunter wohl auch sehr zweifelhaften Methoden erwehrt und verschafft einfach durch die Schäbigkeit des Vorgangs dem Minister wieder Sympathien.

Dabei wäre es so schön gewesen: Wann immer das Verteidigungsministerium oder der Minister irgendeine Zahl oder einen Vorgang veröffentlicht hätte, hätte man ganz offen Zweifel hegen können. Der Minister wäre geschwächt gewesen und als Kanzlerkandidat sicherlich zunächst einmal nicht in Frage gekommen, nun könnte es Rot und Grün passieren, daß sie einen brauchbaren Kandidaten gegen ihn verheizen müssen.

Als ständige Erinnerung an das (naja, nicht so ganz) „neue“ konservative Werte- und Ehreverständnis schadet der Minister zudem seiner Partei denn ein nicht unerheblicher Teil der konservativen Wähler tut das auch aus einem gewissen Wertefundament heraus, das hier nachhaltig beschädigt wird. Das hätte einen Kohl-Effekt (Noch ein konservativer Star mit „Ehrenwort„) haben können.

Und ein ebenfalls nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung fragt m.E. völlig zu Recht nach dem Wert dieser Debatte angesichts der Tatsache daß praktisch ganz Nordafrika sich im offenen Aufruhr zu befinden scheint.

Die ganze Affäre ist allerdings seltsam, da passt das ungeschickte Verhalten von Euch gut dazu. Beginnen wir mit der Veröffentlichung der Rezension, diese Nacht-und-Nebel-SMS, die Sueddeutsche und den sich anbahnenden Skandal. Hin und Her ging es, selbst die konservative Medienübermacht wurde völlig auf dem falschen Fuß erwischt. Soweit, so fein. Aber anstatt so etwas geplant und mit ein wenig Stil anzugehen – die Rezension erst einmal zu veröffentlichen (mit der daraus resultierenden Bewegung in der wissenschaftlichen Welt) und dann die Presse „darüber stolpern“ zu lassen – wurde brutalstmöglich sofort auf den Minister eingedroschen. Gemeint ist jetzt nicht das hervorragende Guttenplag-Wiki das versuchte, dem ganzen einen eher neutralen Anstrich zu verpassen, sondern eher die schnelle Rücktrittsforderung.

Klar fordert eine Opposition bei einer offensichtlichen Gelegenheit den Rücktritt eines Ministers – hat der neokonservativliberale Block ja seinerzeit bei Fischer probiert. Und das mehrmals.  Da hätte man aber draus lernen können, daß eine überstandene Hysterie dieser Art dem Minister mitunter sogar nützt.

Als klar wurde, daß hier Steuergelder in die Entstehung der Arbeit geflossen sein könnten, zumindest über die Beteiligung des wissenschaftlichen Dienstes, da hattet Ihr dann eine richtige Waffe in der Hand. Und was macht Ihr? Reitet süffisant auf einem „Doktor“ als Anrede herum. Warum nicht genau da einhaken wo es mal um was geht?

Nun hat der Mann sich rechtlich auf sehr unsicheres Terrain begeben und vermutlich Steuergelder für seine Arbeit mißbraucht. Er hat wohl ein bißchen mehr als nur „kleine Fehler gemacht“ und sicherlich gelogen und eine falsche „Ehrenwörtliche Erklärung“ – von Guttenberg als „kein Ehrenwort“ verstanden – abgegeben.

Was, meine liebe Opposition, hättet Ihr eigentlich mehr gebraucht um aufzuzeigen und nachzuweisen, was die Fraktionen- und Ethikgemeinschaft der „geistig-moralischen Wende“ (CDU/CSU/FDP unter Kohl) beziehungsweise der „geistig-politischen Wende“ (CDU/CSU/FDP unter Merkel) genau möchte? Wie, wenn nicht so hättet Ihr zeigen können, wessen Werte eigentlich von Anstand und Miteinander geprägt sind?

Das genaue Gegenteil habt Ihr gemacht. Und das war dumm, kleingeistig und in jeder Hinsicht kontraproduktiv.

Dazu gratuliere ich Euch. Ihr habt einer erneuten „16-Jahre-Schwarzgelb – Periode“ der Bundesrepublik, nur diesmal mit Krieg und Derivatenhandel, weiter den Boden bereitet.  Vielen Dank für Eure Verantwortungsfreiheit.

Euer erzürnter

Last Knight Nik

Wen es interessiert, dem seien hier die Videos der Fragestunde gezeigt:

Herzlichen Glückwunsch…

… an die Genossen an der Elbe. Ein tolles Ergebnis, das sicherlich nicht nur aber auch den Zuständen im Bund geschuldet sein dürfte. Damit ist die SPD derzeit in allen vier Millionenmetropolen der Bundesrepublik an der Regierung – in Berlin, Hamburg, München und Köln.

Nun aber muß sie auch zeigen, daß sie es besser kann. Auf Olaf Scholz kommt nun die große Verantwortung zu den Beweis zu erbringen, daß die SPD es besser kann als der schwarze Murks. Dann klappt das auch 2013 und die Sozialdemokratie bekommt vielleicht – nur vielleicht – noch einmal die Chance, ihr große Versagen auszubügeln.

Bitter sind jedoch zwei Zahlen: Die gesunkene Wahlbeteiligung (59% wohl in etwa) und der Wiedereinzug der FDP mit 6,2%.  Bei der gesunkenen Wahlbeteiligung könnte man zwar vermuten, daß die FDP in etwa ihre Stimmen gehalten hat aber man darf sich schon fragen, warum eigentlich?

Von einer interessanten Frage eines Verschwörungstheoretikers

In den vergangenen Tagen dieser Republik behandelte die deutsche Öffentlichkeit als einem sehr zentralen Punkt die Frage, ob der als Lichtgestalt verehrte Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland in seiner Doktorarbeit plagiiert hat. So weit, so what? Viel interessanter finde ich die von seinen Anhängern ausgestoßenen Vorwürfe weil sie eine wirklich interessante Frage aufwerfen.

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Blickt man in die Schriften zu seiner Verteidigung (die ich am Wochenende mal zusammenkopieren und ohne Quelle angeben werde *kicher* – nein, natürlich nicht!), so wird immer wieder darauf verwiesen, daß der Bremer Professor Fischer-Lescano auch für die Friedrich-Ebert-Stiftung tätig ist, die der SPD gehört. Viele wittern hier einen Zusammenhang, eine sehr liebe Freundin von mir rief gar wutentbrannt, es handle sich doch „bei denen um Ratten! Immer irgendwas suchen nur um alles schlecht zu reden!
Davon kann nur keine Rede sein: Fischer-Lescano schrieb eine Rezension zur Arbeit von Guttenberg, das ist ein im Wissenschaftsbetrieb vollkommen üblicher Vorgang. Und als ihm klar wurde was er da in der Hand hatte, hat er halt die Presse angerufen. Das verwundert nicht, auch wenn die Bombe, als Rezension gleich erschienen, noch viel heftiger aufgeschlagen wäre. Im Grunde hat er recht effektiv Werbung für seine Rezension gemacht, also die Gesetze des Marktes begriffen…

Aber wenn man schon mit Genuß Verschwörungstheorien von „linken Seilschaften“ konstruieren will – ich hätte da auch eine. Wer genau hat etwas von der jetzigen Guttenbergmisere, der „Paste and Copy – Affäre„?
Die SPD? Ich weiß nicht. Könnte mir mal jemand einen bisherigen überzeugten Guttenberganhänger zeigen der bereit wäre, deswegen jetzt SPD zu wählen? Das ist schon einmal Unsinn.
Die Grünen? Naja, nach dem CSU-Propagandavideo (Niks Blog berichtete) wäre das zwar ein schöner Gegenschlag aber mit welchem Effekt? Wer wählt nun grün statt schwarz? Was macht der, wenn er 2013 Schwarzgrün bekommt? Das funktioniert doch nicht.
Daß die Linke das konstruiert hat um Guttenberg zu schaden halte ich aus den gleichen Gründen für ausgeschlossen, eigentlich sogar für noch viel ausgeschlossener – ein CSU’ler würde doch eher sterben als bei der Linken auch noch ausgerechnet ein Kreuz zu machen.
Bleiben die Regierungsparteien. Die CSU wird gegen den einzigen halbwegs gemochten Politiker in den eigenen Reihen wohl kaum vorgehen, allenfalls wenn Guttenberg angedeutet hätte, Seehofer aus dem Sattel zu schießen. Das hat er aber nicht.
Die FDP? Naja, CSU und FDP mögen sich schon länger nicht besonders und schmierige Manöver sind für Westerwelle zum Beispiel auch nichts neues. Ob aber wirklich die FDP beliebter wird wenn ein CSU-Politiker irgendwie unfähig erscheint? Das hätte ja bereits zu „100%-Ergebnissen“ führen müssen, kann also getrost vergessen werden.
Bleibt am Ende die CDU. Und da muß man doch feststellen, daß zwischen Merkel und Guttenberg eine zumindest in der Öffentlichkeit gezeigte potentieller-Nachfolger-Konkurrenzsituation herrscht. Und was mit Merkels Konkurrenten passiert beweist eine lange Liste.
Aber wie gesagt – alles nur Theorie. Wenn auch eine farbenfrohe.

Von der Idiotie in der Ideologie – Diskussion

In den vergangenen Tagen dieser Republik gab es ein Ereignis, das die Konservativen dieses Landes schäumen ließ und die Linkspartei wieder wunderbar ins Hintertreffen brachte. Gemeint war die ungeschickte Äußerung von Frau Gesine Lötzsch für die junge Welt.


Eines sei vorneweg gesagt: In der Linkspartei gibt es eine Menge Strömungen und Gruppen, an deren Verfassungstreue man zumindest zweifeln kann, sicher jedoch wollen diese Gruppen Elemente der bestehenden Weltordnung verändern. Solche Gruppierungen gibt es auch in der Union, die Vertriebenenverbände, die mittlerweile mehr Erbenverbände sind, seien hier nur mal als Beispiel genannt. Das gehört ja mit zu den Aufgaben der großen Parteien – und man kann sich winden wie man will, die Linkspartei ist mittlerweile eine recht große Partei – die dereinst auch Franz-Josef Strauß seinerzeit einmal festgehalten hat: „Rechts der Union darf es keine weitere Partei geben – und links der SPD auch nicht.“

Das ist seit den Achtziger Jahren längst überholt.

Es gibt die Grünen, die SPD wird von den Netzwerkern und Seeheimern beherrscht und daher benötigte das deutsche Volk, so scheint es, ein Korrektiv von links – sonst wäre die Linke nicht das geworden, was sie heute ist. Kleine und durchaus eher verwirrte Gruppen und Parteien links der SPD gab es schon lange, sei es die MLPD, die DL oder auch die Volksfront, aber sie spielten nie eine echte Rolle im Leben der Bundesrepublik Deutschland.

Nun spricht Frau Lötzsch von „Wegen zum Kommunismus“ in einem Artikel, den, das wette ich, kaum jemand von denen, die sich da geäußert haben, gelesen hatte. Das war ein bisschen wie bei Sarrazin, den haben auch viele nicht gelesen und es dauerte erstaunlich lange, bis sich die Hysteriker beider Seiten heiser genug geschrieen hatten, daß die vernunftorientierten Kritiker auch mal zu Wort kommen konnten. Ähnlich war es jetzt.

Kaum tauchten die ersten Medienberichte auf, polterten und plärrten die ersten CD/SU-Politiker schon los, „Verfassungswidrig“, „Parteienverbot“, „Mörder!“. Und so weiter. Alleine der Begriff „Kommunismus“ erzeugte reflexartig das Mauerschützen-Stasi-Diktatur Denkschema und wie bei Pawlov beschrieben setzte der Geifer ein.

Zielbeschreibung anhand von Lötzschs interpretation von Rosa LuxemburgDen hat Frau Lötzsch nicht bedacht. Aber sie hatte das, was die Union da konstruierte, auch gar nicht gemeint. Ich will das nicht verteidigen weil ich deutlich anderer Ansicht bin als Frau Lötzsch, aber ich nehme diese Reflexartigkeit, mit der dumme Gedankenverbindungen hergestellt werden, erstaunt zur Kenntnis und bin erschrocken, in welch festgefahrener Denkschemawelt ich hier lebe – besonders, wie schnell die Leute wieder eine Meinung haben und wie lange es dauert, bis sie eine Ahnung haben.

Besonders bitter war die Reaktion der SPD: Auf einen kritischen Blick der Union hin überschlugen sich Partei- und Fraktionsvorsitzender geradezu darin, die Linke für nicht Koalitionsfähig zu erklären. Man könnte sagen, sie haben brav Männchen gemacht und merken anscheinend nicht, daß es sich hierbei letztlich um ein strategisches Manöver der Union handelt.

Denn die Strategen der Union haben längst begriffen, daß es dank der Linkspartei auf absehbare Zeit nicht mehr für ein Rot-Grünes, spricht linkes Volksbündnis reichen wird. Solange man die SPD mit dem „Ypsilati-Syndrom“ unter Kontrolle halten kann und die Partei sich ständig zwingen lässt, vor irgendwelchen Wahlen Koalitionsaussagen zu treffen, kann die Union mit ihrer Minderheitenherrschaft über das deutsche Volk munter weitermachen. Das ist unverantwortlich von einer SPD, deren Hauptaufgabe es sein sollte, dem Volk wieder eine von Anstand geprägte Regierung zu verschaffen.

Die Einigung am Ende war auch interessant: Die Linke ruderte eifrig zurück und erklärte, daß sie es einsehen, daß man von „Kommunismus nicht mehr sprechen kann, ohne auch die Opfer, die im Namens dieser Ideologie ermordet wurden, zu erwähnen.“

Das kann man so betrachten, einverstanden. Gilt das dann auch für das Christentum? Das ist am Ende auch eine Ideologie – muß ich nun jedes Mal, wenn ich vom Christentum sprechen möchte, auch die Menschen erwähnen, die im Namen der Ideologie ermordet wurden? Was ist mit dem Machtmißbrauch im Namen der Ideologie? Darf ich dann fordern, daß man C-Parteien verbietet, wenn sich diese nicht ausdrücklich von den Taten der Vergangenheit distanzieren?

Das ist gar nicht so albern wie es klingt. Natürlich ist es kein Element des Christentums, daß man Menschen ermordet – es ist sogar ausdrücklich verboten. Es fand nur trotzdem statt und wurde gebilligt vom Vatikan, nicht vom Religionsstifter selbst. Es ist aber auch kein Element des Marxismus, daß Menschen ermordet werden. Im Rahmen einer Revolution wird das nur billigend in Kauf genommen. Weitere Parallelen könnte man jederzeit ziehen (Es gibt auch eine Denkschule, die Jesus Christus als prä-marxistischen Revolutionären deutet!), aber was soll das bringen?

Es spricht nichts dagegen, kritisch zu sein. Nur wer zweifeln gelernt hat, bleibt ein selbst denkender Mensch. Aber könnten wir bitte mal Äußerungen als Äußerungen hinnehmen, vielleicht mißlungene Äußerungen dem Verfasser auch wieder um die Ohren schlagen und sie kritisieren, aber den Geifer in der Debatte weglassen? Danke.

Die Schulden, die Schulden! – Ein Beitrag aus dem Urlaub

In den vergangenen Tagen unserer Republik gab es ein Ereignis, das wir nicht vergessen sollten: Das Statistische Bundesamt gab die neuesten Zahlen zum Thema Staatsverschuldung heraus. Sie werden sich erinnern, die Konservativen können per Selbstdefinition ja gut mit Geld umgehen. Sind wir mal ehrlich, sie können noch etwas: das besser mal knicken.

Blickt man in die Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes, so findet man absolut nichts überraschendes, oder? Wir sind verschuldet und das nicht zu knapp: der Bund hat immerhin 1.086,9 Milliarden Euro Schulden, die Länder tragen eine Last von 588,1 Milliarden Euro und die Gemeinden zusammen nochmal etwa 116,3 Milliarden Euro. Nur um Ihnen mal eben das addieren zu erleichtern, wir reden also von einer Gesamtsumme 1.791,3 Milliarden Euro Schulden. In Zahlen sieht das toll aus: 1.791.300.000.000€. Das ist nebenbei der Stand am 30. September 2010 gewesen und entspricht etwa 73% unseres BIP pro Kopf. Also nach einem Jahr Schwarzgelber Haushaltsbereinigung.

Nun stellt sich die Frage, ob das wirklich ein Problem sein muß. Staatsverschuldung ist ein Dauerthema in der Politik und ganz besonders im konservativen Wahlkampf. Natürlich sind während konservativer Regierungszeiten die Staatsschulden immer besonders heftig gestiegen und wie bei jeder Partei ist daran nicht die Politik, sondern das Wetter, die Wirtschaft, die Welt, ein Krieg oder die SPD Schuld. Aber wo liegt das echte Problem? Einen Privatmann lässt eine Bank ohne Gewissenbisse bis zum Selbstmord untergehen, das ist Geschäft. Aber einen Staat? Das wäre doch etwas seltsam.

Die nächsten Tage werde ich dazu wahrscheinlich noch einiges schreiben, allerdings erst wenn ich das Statistische Jahrbuch 2010 durchgearbeitet habe und nachdem ich meine Serie über die Verhältnisse an Deutschlands Eliteunis weitergeführt habe. Freuen Sie sich daher erst einmal die nächsten Tage drauf zu erfahren, was man eigentlich aus dem Geld macht – im Jahr des doppelten Abiturjahrgangs in Bayern und Hamburg.

Von einem Medienunfall

Im journalistischen Alltag unserer Republik gibt es eine Vielzahl von Ereignissen die einen nachdenklich machen. Dazu zählt unter anderem, daß es derzeit noch immer Mode ist, die SPD als die finstere Verräter- und Übeltäterpartei zu brandmarken und ausgerechnet die eher dem Neoliberalen zuneigenden Grünen als Hoffnungsträger für den anständigen Teil der Bevölkerung hochzujubeln.

Typisch für dieses Verhalten war und ist auf der Printmedienseite stes die Sueddeutsche und auch der Spiegel (Wenn der nicht gar konservativ wurde), aber vor allem die Tagesschau und die Tagesthemen lassen es sich normalerweise nicht nehmen, alle Parteien zu einer Sache Stellung nehmen zu lassen – nur nicht die zweitgrößte des Landes. Nun ist eine totale Ausgewogenheit unmöglich und auch blödsinnig, kein Problem wenn bei bestimmten Themen eben eher bestimmte Parteien gehört werden. Aber es war symptomatisch seit der Großen Kollision Koalition.

Nun brachten die Tagesthemen gestern die Hartz-IV – Debatte, die nebenbei sehr interessant anzusehen war, im Abendprogramm. Zu meinem gelinden Erstaunen fanden hier nun ausgerechnet die Grünen nur anfangs als Auseinandersetzung mit dem Bundestagspräsidenten statt, vielleicht um das unsinnige Bild der „Randaliererpartei“ weiter zu bedienen. Dafür war der Schlagabtausch zwischen Siegmar Gabriel und Ursula von-der-Leyen ausführlich drin und sogar Gysi durfte 15 Sekunden von seiner ausgezeichneten Rede wiederfinden.

Kein Wort von den Grünen und auch keines von der FDP. Keine liberale Partei mit einer Stellungnahme im Beitrag – was ist los?

Quo vadis, "Genosse"?

Im Alltag des sozialdemokratischen Teils unserer Republik gab es ein Ereignis, das die Innenpolitik und die Außenpolitik der SPD im Parteiensystem der Republik maßgeblich bestimmte: Die Abspaltung der Linkspartei. Dabei ist ein nicht unerhebliches Problem im Selbstverständnis der SPD, daß die Linke per se ja gar nicht aus der SPD ausgetreten ist.

Die Linkspartei hat sich aus einer Reihe kleinerer Gruppierungen gebildet, deren größten Anteil sicherlich die ehemalige WASG (Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit) und die PDS stellen, wozu allerdings eine ganze Reihe kleinerer linker Gruppierungen kommen, von denen nicht wenige Altlinke oder aber ganz neue Gruppen waren, die sich im Zuge der Hartz-IV – Reformen bilden mussten.

Nun gehört es zu den Problemen der „alten Tante SPD“, daß sie einige alte Anredeformen und Traditionen hochhält. Beispielsweise duzt man sich untereinander grundsätzlich von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen. Und eine andere Tradition hat man nun mit der Linken gemein: Die Anrede „Genosse“.

Das verursacht mitunter Streit. Manchen ist diese Anrede zu antiquiert, wieder andere möchten nicht weil sie unter anderem auch in kommunistischen Gefilden üblich war. Außenstehende verstehen den Grund dieser Tradition häufig gar nicht und nicht selten wird bei großen und in der Presse übertragenen Reden die Anrede in „Liebe Freundinnen und Freunde“ umgewandelt.

Ich finde das schade. Dr. Hans-Jochen Vogel, ein sehr respektabler Genosse, umschrieb das Phänomen mal mit einem sehr prägnanten Satz: „Liebe Genossinnen und Genossen, ich werde diese Anrede nicht aufgeben weil zu viele Menschen ihr Leben gelassen haben um das sagen zu können und ich finde, das sollte man auch ehren und so gemeinsam hochhalten.“

Und da ist eine Menge dran. Die Anrede stammt aus der Zeit, als sich die SPD überhaupt als Partei und als Vertretung für die Arbeiterklasse entwickelt hatte. Sie war eine Anrede untereinander um sich eben von den abgelehnten bürgerlichen Anredeformen „Herr“ und „Frau“ und dem „Sie“ abzugrenzen. Eine Maßnahme der Stärkung der Moral.

Mißbraucht wurde der Begriff natürlich auch. Die KPdSU verwendete ihn selbstverständlich in der Abwandlung „Volksgenosse“, eine Formulierung, die auch die NSDAP benutze. In der DDR war die Anrede Genosse beim Militär üblich und im Volk nicht ungewöhnlich, aber auch nicht immer unumstritten.

Diesem Mißbrauch zum Trotz aber existiert die Anrede noch – ebenso wie bei vielen Juso-Gliederungen noch das Singen der „Internationalen“. Mag sein, daß manches davon eigentlich überholt ist, aber ich bin schon der Ansicht, daß man untereinander eben Genosse ist und zu einer besonderen Gruppe gehört, und sich das auch nicht von irgendwelchen Verbrechern wegnehmen lässt. Und die Tatsache, daß zumindest in dieser Hinsicht gerade die Jungsozialistinnen und Jungsozialisten ein klein wenig traditionalistisch und konservativ sind…

Ein offener Brief an Gerhard Schröder

Lieber Gerd,

In den vergangenen Tagen dieser Republik hast Du Dich ja zurückgemeldet und via Bildzeitung, zu der Du ja immer ein entspannteres Verhältnis hattest, Deine Regierungsarbeit gelobt und Dich von selbigem Blatt zum Reformkanzler küren lassen.

Das ist soweit erst einmal der wohl übliche und notwendige „Der Altkanzler senft dazu“ – Auftritt, der von den Medien gefordert wird und von Altkanzlern gern bedient wird (Schmidt), sofern jemand mit ihnen sprechen will (Kohl). Das lässt für die Zukunft mit einer Altkanzlerin Merkel in den Medien ungutes ahnen, aber lassen wir das.

Nun bin ich selbst Mitglied Deiner Partei und das exakt seit dem Zeitpunkt als klar war, daß Du nicht mehr unser Kanzler bist. SPD-Mitglied zu sein hat viel mit den Grundwerten der Sozialdemokratie zu tun und wenig mit dem realen Regierungsgeschäft, das war schon zu Willy Brandts Zeiten, habe ich mir sagen lassen, nicht allzu anders. Kann ich mir vorstellen. Natürlich hatte man damals eher ein Ideal das anzustreben und zu personifizieren sich der Regierungschef auch bemühte, etwas was in die technisierte Zeit heute nicht zu passen scheint.

Deine Regierungszeit habe ich sehr interessiert verfolgt, ich bin in dieser Zeit erwachsen geworden und im Grunde bin ich seit dem Wahlkampf 1998 ein politisch interessierter Mensch. Meine politische Erfahrung beginnt also praktisch mit Deiner Amtszeit und daher bist Du für mich in gewisser Hinsicht mein erster Kanzler.

Deine Kanzlerschaft fällt in eine Spätphase, die Spätphase der europäischen Sozialdemokratie, aber darauf möchte ich weiter unten noch einmal eingehen. Dein Eigenlob in der Bildzeitung beschäftigte sich ja zentral mit den Agendareformen und der erfolgreichen Wirtschaftspolitik, die Du als Richtungskompetenz angestoßen hast. Tatsächlich dürfte eine Menge positives heute aus den Anstrengungen damals resultieren, aber auch eine Menge dessen, was wir heute als Gegenteil erfahren.

Sozialpolitisch war diese Regierung nämlich eine Katastrophe. Die Proteste gegen die Hartz – Reformen kamen ja nicht von ungefähr sondern schwer aus der Mitte der Gesellschaft die völlig überrascht war von der Vorstellung, ausgerechnet eine SPD würde sich in dieser Weise dem ökonomischen Gedanken unterordnen. Damit hatte keiner gerechnet. Und bevor jetzt ein Gedanke auf Deine Wiederwahl kommt: Das war eine Kombination aus Glück (ausgerechnet Stoiber als Gegenkandidat), Gelegenheit (Flutkatastrophe und Zusammenhalt-Stimmung) und Alternativlosigkeit (Was denn sonst wenn nicht Rot-Grün?). Kein Beifall für Deine Reformen (Sonst wäre das Ergebnis auch anders ausgefallen)

Die oben erwähnte Spätphase der Sozialdemokratie hatte aber auch damit was zu tun. Anfang der 90er Jahre schlug das politische Wetter um. Nach Jahrzehnten voller Thatchers, Kohls, Bushs und Breschnews wurde Amerika von einem recht weltoffenen Clinton, Großbritannien von einem jungen Blair und am Ende sogar Deutschland wieder von einem Sozialdemokratischen Kanzler regiert. Die Sowjetunion war zusammengebrochen und die rede vom Frieden auf Erden schien, viel Ausblenden vorausgesetzt, eine gar nicht so unendlich utopische Idee zu sein. Statt auf Rüstung konnte die Welt doch nun ihr Geld darauf setzen, sich selbst zu heilen.

Das Jahrzehnt der Sozialdemokratie im Westen, so will ich es mal nennen, war begleitet von Boom des Internets und der Kommunikationsbranche, die Welt wuchs zeitgleich in einer Geschwindigkeit und einem Ausmaß zusammen, das die Bevölkerung auch überforderte und bis heute überfordert. Die Regierungen aber eben leider auch.

Statt die sozialen Verhältnisse zu ordnen und dafür zu sorgen daß eine gute Mischung aus Gerechtigkeit und Fordern das Leben bestimmt fielen praktisch alle Regierungen auf den New Deal herein und eröffneten die gesetzlichen Möglichkeiten für die gigantischen Aktien- und Derivatmärkte, die letztlich wenigstens eine Weltwirtschaftskrise auslösten. Praktisch keiner Regierung kam es spanisch vor, daß die wirtschaftsliberalen Oppositionen ihre Rolle auf die Forderung nach noch liberalerer Ausweitung dieser Rahmenbedingungen beschränkte. Die Konsequenzen sind ja allgemein bekannt.

Die europäische Sozialdemokratie hat in den Achtziger Jahren eines erreicht: Sie und ihre Werte wurden als „gut“, richtig und gerecht empfunden und als gesellschaftliches Ideal verstanden. Im Grunde wurde die Bevölkerung sozialdemokratisch, das merkt man den in diesem Denken in die Bundesrepublik sozialisierten Ex-Ossis wie Frau Merkel ja sehr schön an. Heute wird das als „Gutmenschentum“, als „dumme Ideologie“ oder gar als „gefährlicher Unsinn“ abgetan. Was ist passiert?

Die Sozialdemokratie hat in der Regierungsverantwortung versagt. Das ist passiert. Und Dir, mein lieber Gerd, ist da eine Teilschuld zuzuweisen. Europaweit hat die Sozialdemokratie den größten Wirtschaftsboom der Geschichte begleitet und überall hat sie völlig vergessen, die Menschen daran teilhaben zu lassen. Stattdessen wurden Kriege geführt und das Geld blieb bei denen die es hatten und diejenigen die wenig hatten mußten auch noch einen Teil dazu beitragen.

Gerechtigkeit sieht anders aus. Die Leute gingen gegen die Hartz-Gesetze auf die Straße aber das war nur der Aufhänger, nicht der Anlaß. Die Menschen waren verzweifelt und ahnten schon, wohin das führen würde. Das Ergebnis ist ein europaweiter Anstieg rechtslastiger Ideologien, ob in der Bürgerdebatte oder in wirtschaftlichen Fragen. 1999 hatte der Comedian Dieter Hallervorden in seinem „Spottlight“ geunkt: „Nach Goethes Farbenlehre ergeben Rot und Grün braun.“

Klingt heute in mancherlei Hinsicht prophetisch.

Ich weiß, daß Du kritisch beäugst daß die SPD und besonders Dein vormaliger Kanzleramtsminister Frank-Walter in weiten Teilen versuchen, zurückzurudern und trotz der Tatsache, daß sie damals zu den Akteuren der Agendazeit gehörten, ein eher linkeres Profil zu gewinnen suchen.

Ich denke, sie versuchen natürlich sich damit gegen die wirtschaftsliberalen Grünen und gegen die Linke zu behaupten, aber auch die SPD wieder mit ihren Werten zu versöhnen.

Werte, die gute Menschen zueinander führen und verbinden sollten.

In diesem Sinne beäuge Dich selbst und Deine Zeit mal ein bisschen kritischer. Man wird nicht unglaubwürdig wenn man sich hinterfragt, höchstens für dumme Leute.

Hochachtungsvoll,

Dein Nik