Von der Publizistik….

Haben Sie schonmal eine Gespensterreise nach Edinburgh gemacht? Ich nicht, war aber schon zwei- oder dreimal da und hab natürlich auch so eine Ghost-Tour mitgemacht was ziemlich lustig ist. Finden wohl auch andere, zum Beispiel die Sueddeutsche, der Spiegel und die Frankfurter Rundschau. Und weil das so einmalig ist kann man dafür anscheinend auch immer nur die gleichen Worte finden…

Heute halten wir mal drei nicht als Anzeige gekennzeichnete Artikel nebeneinander: Aus der SZ, der FR und von SPON. Keines der drei Angebote weist den Text als Marketing-Text aus, auch wenn man unter „Reise“ ja letztlich nichts anderes erwartet. Vergleichen wir doch mal ganz kurz Anfang und Ende der Artikel um einen EIndruck zu bekommen….

SZ-Online FR-Online SPON
15.10.2010, 10:04 22.10.2010 12.10.2010
Schon lange hat sich keine mir unbekannte junge Frau mehr hilfesuchend an mich geklammert. Neulich aber ist es passiert, sogar zweimal hintereinander. Ich muss zugeben, es geschah eher zufällig, weil ich gerade neben ihr stand, und ist mit einer akuten Schrecksituation zu erklären: Wir befanden uns auf einer Geisterjagd durch die Unterwelt der schottischen Hauptstadt Edinburgh. Schon lange hat sich keine mir unbekannte junge Frau mehr hilfesuchend an mich geklammert. Neulich aber ist es passiert. Ich muss zugeben, es geschah eher, weil ich gerade neben ihr stand, und ist mit einer akuten Schrecksituation zu erklären: Wir befanden uns auf einer Geisterjagd durch die Unterwelt der schottischen Hauptstadt Edinburgh. Schon lange hat sich keine unbekannte junge Frau mehr hilfesuchend an mich geklammert. Neulich aber ist es passiert. Es geschah zwar zufällig, weil ich gerade neben ihr stand, und war durch einen riesigen Schreck zu erklären: Wir befanden uns auf Geisterjagd durch die Unterwelt der schottischen Hauptstadt Edinburgh.
[…]Es geht auf Mitternacht zu, als wir unsere Jagd unverrichteter Dinge abbrechen. Liz verabschiedet sich von uns allen persönlich. Als sie nach mir die Tür schließen will, weise ich darauf hin, dass hinter mir noch jemand kommt. „Nein, nein“, entgegnet sie. „Sie waren die ganze Zeit der Letzte, da hab‘ ich drauf geachtet. Sehr mutig!“ Die Tür fällt ins Schloss. Für einen Augenblick bleibe ich noch stehen, dann schlage ich den Mantelkragen hoch und strebe dem nächsten Pub zu. Die Nächte können kalt sein in Edinburgh. […]Es geht auf Mitternacht zu, als wir unsere Jagd unverrichteter Dinge abbrechen. Als Liz nach mir die Tür schließen will, weise ich darauf hin, dass hinter mir noch jemand kommt. «Nein, nein», entgegnet sie. «Sie waren die ganze Zeit der Letzte, da hab‘ ich drauf geachtet. Sehr mutig!» […] Es geht auf Mitternacht zu, als wir unsere Jagd unverrichteter Dinge abbrechen. Liz verabschiedet sich von uns allen persönlich. Als sie nach mir die Tür schließen will, weise ich darauf hin, dass hinter mir noch jemand kommt. „Nein, nein“, entgegnet sie. „Sie waren die ganze Zeit der Letzte, da hab‘ ich drauf geachtet. Sehr mutig!“
Die Tür fällt ins Schloss. Für einen Augenblick bleibe ich noch stehen, dann schlage ich den Mantelkragen hoch und strebe dem nächsten Pub zu. Die Nächte können kalt sein in Edinburgh.
(Christoph Driessen, dpa/dd) (dpa/tmn) Christoph Driessen, dpa

Toll, nicht wahr? Immerhin, die Urheberschaft wird schon noch genannt, wenn auch nicht bei der FR. Aber nachdem mir das aufgefallen war dachte ich, ich goolge mal den Einstiegstext und siehe da, man findet das Ding auch bei Merkur Online (5.10.2010, Christoph Driessen, dpa), N-TV Online (24.10.2010, dpa), N24 Online (05.10.2010, Christoph Driessen, dpa, N24) und, hier aber als Reisebericht der dpa deutlich gekennzeichnet, bei Traveling World (ohne Datum, Christoph Driessen, dpa).

Ich frage mich, was das so einbringt seinen Text nicht nur vielen Medien anzubieten (was ja normal wäre) sondern den Medien auch zu gestatten sich selbst als Urheber drunter zu setzen nachdem sie ihn leicht verfremdet haben. Immerhin ist Herr Driessen ja durchaus eine respektable Persönlichkeit, oder?

Vom Vergalloppieren der parlamentarischen Opposition.

Liebe Opposition,

Am vergangenen Tage dieser Republik hast Du Dich im Parlament zusammengeschlossen und versucht, die Regierung um einen weiteren Minister zu erleichtern. Du hast gefordert, geschwallt und gedroht – und vor allem eines: Dich blamiert.

Nun bin ich auch kein Fan vom Lügenbaron aber alleine die ständige Wiederholung der Rücktrittsforderung ist unsinnig und kontraproduktiv. Unsinnig deswegen, weil der Minister tatsächlich nicht für seine vermeintlichen wissenschaftlichen Leistungen als Minister fungiert und kontraproduktiv, weil sich die Opposition damit selbst am meisten schadet.

Besonders in dieser hysterischen Fragestunde, aber auch schon vorher haben es vor allem Grüne und SPD geschafft, das politische Kapital das sie daraus hätten schlagen können ins genaue Gegenteil umzuwandeln. Die parlamentarische Opposition steht nun da als kleinlich, hysterisch, dumm und keifend und tatsächlich gelingt es Guttenberg mit Hilfe der Bildzeitung, da gestärkt daraus hervorzugehen. Na super, das habt Ihr wunderbar gemacht!

Das Festhalten der Regierung an ihrem Minister ist verständlich – er ist der einzige, der den gleichen Blödsinn wie alle erzählen darf aber dafür geliebt wird – und auch Ihr hättet mit einem Verteidigungsminister zu Guttenberg eigentlich eine wunderbare Karte in der Hand um sie jederzeit auszuspielen (à la „Kann der Minister seine Meinung belegen?“). Stattdessen blast Ihr so ungeschickt es geht zu einem Frontalangriff dem sich die Regierung mit Kraft und mitunter wohl auch sehr zweifelhaften Methoden erwehrt und verschafft einfach durch die Schäbigkeit des Vorgangs dem Minister wieder Sympathien.

Dabei wäre es so schön gewesen: Wann immer das Verteidigungsministerium oder der Minister irgendeine Zahl oder einen Vorgang veröffentlicht hätte, hätte man ganz offen Zweifel hegen können. Der Minister wäre geschwächt gewesen und als Kanzlerkandidat sicherlich zunächst einmal nicht in Frage gekommen, nun könnte es Rot und Grün passieren, daß sie einen brauchbaren Kandidaten gegen ihn verheizen müssen.

Als ständige Erinnerung an das (naja, nicht so ganz) „neue“ konservative Werte- und Ehreverständnis schadet der Minister zudem seiner Partei denn ein nicht unerheblicher Teil der konservativen Wähler tut das auch aus einem gewissen Wertefundament heraus, das hier nachhaltig beschädigt wird. Das hätte einen Kohl-Effekt (Noch ein konservativer Star mit „Ehrenwort„) haben können.

Und ein ebenfalls nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung fragt m.E. völlig zu Recht nach dem Wert dieser Debatte angesichts der Tatsache daß praktisch ganz Nordafrika sich im offenen Aufruhr zu befinden scheint.

Die ganze Affäre ist allerdings seltsam, da passt das ungeschickte Verhalten von Euch gut dazu. Beginnen wir mit der Veröffentlichung der Rezension, diese Nacht-und-Nebel-SMS, die Sueddeutsche und den sich anbahnenden Skandal. Hin und Her ging es, selbst die konservative Medienübermacht wurde völlig auf dem falschen Fuß erwischt. Soweit, so fein. Aber anstatt so etwas geplant und mit ein wenig Stil anzugehen – die Rezension erst einmal zu veröffentlichen (mit der daraus resultierenden Bewegung in der wissenschaftlichen Welt) und dann die Presse „darüber stolpern“ zu lassen – wurde brutalstmöglich sofort auf den Minister eingedroschen. Gemeint ist jetzt nicht das hervorragende Guttenplag-Wiki das versuchte, dem ganzen einen eher neutralen Anstrich zu verpassen, sondern eher die schnelle Rücktrittsforderung.

Klar fordert eine Opposition bei einer offensichtlichen Gelegenheit den Rücktritt eines Ministers – hat der neokonservativliberale Block ja seinerzeit bei Fischer probiert. Und das mehrmals.  Da hätte man aber draus lernen können, daß eine überstandene Hysterie dieser Art dem Minister mitunter sogar nützt.

Als klar wurde, daß hier Steuergelder in die Entstehung der Arbeit geflossen sein könnten, zumindest über die Beteiligung des wissenschaftlichen Dienstes, da hattet Ihr dann eine richtige Waffe in der Hand. Und was macht Ihr? Reitet süffisant auf einem „Doktor“ als Anrede herum. Warum nicht genau da einhaken wo es mal um was geht?

Nun hat der Mann sich rechtlich auf sehr unsicheres Terrain begeben und vermutlich Steuergelder für seine Arbeit mißbraucht. Er hat wohl ein bißchen mehr als nur „kleine Fehler gemacht“ und sicherlich gelogen und eine falsche „Ehrenwörtliche Erklärung“ – von Guttenberg als „kein Ehrenwort“ verstanden – abgegeben.

Was, meine liebe Opposition, hättet Ihr eigentlich mehr gebraucht um aufzuzeigen und nachzuweisen, was die Fraktionen- und Ethikgemeinschaft der „geistig-moralischen Wende“ (CDU/CSU/FDP unter Kohl) beziehungsweise der „geistig-politischen Wende“ (CDU/CSU/FDP unter Merkel) genau möchte? Wie, wenn nicht so hättet Ihr zeigen können, wessen Werte eigentlich von Anstand und Miteinander geprägt sind?

Das genaue Gegenteil habt Ihr gemacht. Und das war dumm, kleingeistig und in jeder Hinsicht kontraproduktiv.

Dazu gratuliere ich Euch. Ihr habt einer erneuten „16-Jahre-Schwarzgelb – Periode“ der Bundesrepublik, nur diesmal mit Krieg und Derivatenhandel, weiter den Boden bereitet.  Vielen Dank für Eure Verantwortungsfreiheit.

Euer erzürnter

Last Knight Nik

Wen es interessiert, dem seien hier die Videos der Fragestunde gezeigt:

Vom Plagiat, von KTzG und vom Riß im Volk

Am vergangenen Tage dieser Republik gelang es der Süddeutschen Zeitung, mit einem einzelnen Bericht einen kleinen Coup zu landen. Und erwartungsgemäß waren die Fans des entlarvten Karl-Theodor zu Guttenberg ein wenig, na sagen wir, ungehalten.

Nun muß ich vorneweg gestehen, daß ich kein Fan des Barons bin. Weder als er als Wirtschaftsminister nichts tat, noch als er als Verteidigungsminister den Schuldigen vom Dienst Jung ablöste und Fehler durch „Untergebene feuern“ korrigierte. Ich halte nicht viel von seinen bisherigen Taten sofern überhaupt welche registriert werden und den Medienhype um seine Person, der Bertelsmann, Burda und Springer veranstalten sehe ich eher kritisch.

Nun will die Süddeutsche herausgefunden haben, daß Herr zu Guttenberg in seiner Doktorarbeit offenbar teilweise ein Plagiat beging – zumindest hat er die wissenschaftlichen Anstands- und Ehrenregeln verletzt. Einen Beweis lieferte man auch. Der Vorwurf weitete sich binnen kurzen dahingehend aus, daß auch die konservative FAZ im Vorwort ein Plagiat erkannt zu haben glaubte. Die Affäre zog sich wie ein Lauffeuer durch die Medien, selbst die BILD-Zeitung mußte etwas bringen. Natürlich im Tenor verteidigend.

Soweit, so normal. Die Süddeutsche Zeitung fährt seit einiger Zeit ja eine Kampagne gegen den Verteidigungsminister – so wie die Springermedien eine Kampagne gegen Klaus Ernst und Gesine Lötzsch fahren und fuhren oder Bertelsmann eine systematische Diffamierung von nicht neoliberalen Ideen betreibt.

Aber wenn ein solcher – tatsächlich eher in der wissenschaftlichen Welt interessanter – Vorwurf gegen Kalt-Theodor zu Guttenberg erhoben wird, dann kochen die Gemüter hoch.

Das SZ-Online Forum vermeldete gestern Abend unter dem ersten Artikel den sensationellen Endstand von 706 Kommentaren. Es spalteten sich hier recht schnell drei Fraktionen:

Die Guttenberg-Verteidigerfraktion

Menschen dieses Schlages sehen dahinter a) eine Diffamierung aus Neid vor dem großen Erfolg des Kompetenzministers, b) eine Verschwörung der SPD weil der Bremer Juraprofessor Andreas Fischer-Lescano auch Gastvorträge für die Friedrich-Ebert-Stiftung hält, c) eine unbedeutende Vergeßlichkeit von irgendwo einer Fußnote und d) eine im Vergleich zu den finsteren Linken der Republik nun wirklich läßliche Sünde. Sei nicht ein Steinewerfer Außenminister geworden und habe nicht Wallraff dreist plagiiert?

Die Guttenberg-Angreiferfraktion

Die Gegner des Ministers schlugen sofort erfreut zu. Damit sei ja hinlänglich bewiesen daß der Ministerbaron a) Nicht zur Eigenleistung fähig ist, b) sowieso keinen Doktor verdient und eigentlich zurücktreten müsse, c) der Medienhype um den Minister seine Hohlheit entlarve und d) die ganze Regierung sowieso nur ein Schwindlerhaufen ist.

Die Was-soll-der-Schmarrn-Fraktion

Diese Fraktion fragt nach der tatsächlichen Bedeutung der Affäre. So fragte ein User: „Das Deutschland den Garantierahmen für die Euro Sanierung so um schlappe 120 000 000 000 Euro erhöhen muß und wird und dann im Fall der Fälle dem totalen Staatsbankrott sprich Pleite entgegensteuern könnte regt anscheinend Niemanden auf?
Dr. von Guttenberg, ist doch wurscht von und woher. Wichtig sind die Ergebnisse und die sind ja in der Regel bei der derzeitigen Regierung ziemlich dürftig ! Wie hat denn eigentlich Guido seinen Dr. Titel erworben ? Und die Dame mit den 3 Knöpfe Sakko ?“

Faszinierend war an der Diskussion allerdings, wie massiert die Foristen aufeinander losgingen. Die unterschiedlichen Maßstäbe, nach denen links wie rechts stets gemessen wird, sind ein schönes Zeichen für den Riß in der Gesellschaft zwischen „bürgerlichem Block“ und „Volk“. Wenn die Vorwürfe vollständig zutreffen und nicht ausgeräumt werden können wird man dem oberfränkischen Politiker die Doktorwürde absprechen und verhindern müssen, daß er sie nochmal erhält. Stimmt etwas nicht an den Vorwürfen müssen sie zurückgezogen werden.

Den Foristen und das nicht nur bei der Sueddeutschen, war das aber egal. Der triefende Haß der hier zutage trat war geradezu erschreckend. Was macht diese Regierung nur mit dem deutschen Volk?


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