So richtig überraschend ist es nicht: Peer Steinbrück soll nach dem Willen der SPD-Spitze der Kanzlerkandidat der Partei 2013 werden. Gefragt hatte keiner – eine Urabstimmung wie bei den Grünen ist diesbezüglich nicht vorgesehen, was aber nicht weiter verwundert, wenn man sich das Drama dort ansieht. Allerdings wird Steinbrück natürlich auf einem Parteitag noch gewählt werden müssen. Bleibt die Frage: Kann er es?
Ich mag Peer Steinbrück irgendwie. Ich war 2007 in Berlin und er war auch nochmal in Markt Schwaben (im Januar 2008) bei den Schwabener Sonntagsbegegnungen, wo ich ihm jeweils begegnet bin, und ich war durchaus recht beeindruckt von seiner Art und seinem recht umfassenden Wissen. Steinbrück ist zwar ein weiterer SPD-Konservativer, der damit auch für eine SPD steht, die sich der Spaltung der Gesellschaft durch ihre Politik nicht wirklich bewußt geworden ist, aber die Parteilinke hat tatsächlich niemanden im Angebot derzeit, der sich Angela Merkel entgegenstemmen könnte.
Das Phänomen Merkel, deren Beliebtheit der Kabarettist Urban Priol nur damit erklären kann, daß „man sie mit Politik nicht in Verbindung bringt„, ist ohnehin ein seltsames: Innerparteilich ist sie unumstritten weil sie nach und nach sämtliche potentiellen Konkurrenten ausgeschaltet hat, in der Bevölkerung gilt sie als beliebt, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung ihre Politik ablehnt.
Die SPD hat seit der Bundestagswahl 2009 ein wenig wieder aufgeholt, beim aktuellen Deutschlandtrend liegt sie bei etwa 30%, sieht man sich allerdings den derzeitigen Umfragestand an (28.9.2012), so schwankt die SPD zwischen 26 und 30%, die CDU hingegen zwischen 34% und 38%.
Ich bin sehr gespannt, ob sich daran in den nächsten Tagen etwas ändern wird. Im Direkten Vergleich jedenfalls schneidet bislang keiner der Troika entsprechend besser ab als Merkel, wie selbst der Donaukurier bemerkt. Das könnte sich allerdings mit der Fokussierung auf Steinbrück ändern.
Unabhängig von den Machtoptionen ist es allerdings für eine Bundesregierung dringend notwendig, in Sachen Krise aktiv zu werden und nicht vor lauter Nicht-Entscheidungen interessante Vorgänge hinter den Kulissen ablaufen zu lassen. Die derzeitige Bundesregierung wird vor allem durch Uneinigkeit (Betreuungsgeld zum Beispiel), Unfähigkeit (Die Krise holt endlich Deutschland ein) und fragwürdige Selbstbedienungspolitik (Mövenpick oder Niebels Dreckiges Dutzend) auffällig, Regierungsarbeit ist das keine. Kein Wunder, daß die Kanzlerin lieber „Europa moderiert“.
Ob Peer Steinbrück angesichts einer zum Teil recht fragwürdigen Verbandelung mit Lobbyisten wirklich in der Lage ist, sich als eine Alternative zu Merkel zuverkaufen wird man sehen müssen. Zumindest die deutsche Presse wird sich, nach gefühlt drei Steinbrück-Artikeln pro Tag, sicherlich dafür zur Verfügung stellen.
Nachtrag:
Steinbrück war es, der mich auf einen interessanten Punkt 2008 gebracht hatte und der gerade wieder aktuell geworden ist: Die Chinesen sind ein sehr geduldiges Volk. Nach und nach kauften die Chinesen amerikansiche Staatsanleihen auf, im Dezember 2011 schuldeten die Amerikaner China 1,16 Billionen Dollar. Das sind 1.116.000.000.000$! Das ist deswegen spannend weil damit die letzte verbliebene kommunistische Supermacht der Welt die größte kapitalistische Supermacht der Welt beinahe kontrollieren kann. Parallel kauft China derzeit in unbescheidenen Mengen nicht nur Rohstoffquellen in Afrika, sondern auch eine ganze Menge mehr. Und nun fährt Merkel nach China und bittet die Chinesen um Hilfe bei der Euro-Rettung, was diese auch versprechen. Allerdings gehen damit auch Forderungen einher und nun wird es pikant: Was genau würde eigentlich passieren, wenn die USA und die EU mehr oder weniger von den CHinesen finanziell abhängig sind?
Ein Vorgang, dem sich eine Regierung bewußt sein sollte. Mal sehen, ob es die Regierung Merkel noch merkt. Steinbrück weiß das bereits.