Endspurt

Nun geht es in den Endspurt, liebe Leserinnen und Leser: Das Volksbegehren gegen Studiengebühren endet morgen. Wer noch nicht im Rathaus war, sollte es nun unbedingt tun.

Bayernweit fehlten nämlich gestern noch knapp 2,5%, damit die erforderlichen 10%  erreicht werden. Und das ist ja im Grunde auch nur der erste Schritt.

Das Volksbegehren ist die erste Stufe eines Verfahrens, das zum Volksentscheid führen kann. Erst der Volksentscheid ist dann die eigentliche Wahl, bei der die Bürgerinnen und Bürger sich eben entscheiden können, ob sie Studiengebühren wollen oder nicht. Damit dieses basisdemokratische Verfahren aber überhaupt in Gang kommt, müssen zunächst genügend Bürgerinnen und Bürger ihr Interesse bekunden…

Sollten morgen die 10% erreicht werden wird der Gesetzentwurf in den bayerischen Landtag eingereicht. Nun ist es so, daß der Landtag dem Ganzen einfach zustimmen kann, dann braucht es keinen Volksentscheid. die FdP hat schon angekündigt, den Entwurf abzulehnen, die CSU wirkt unschlüssig, auch weil die FDP mit dem Bruch der Koalition droht. Sollte der Landtag den Gesetzentwurf ablehnen, dann hätten binnen drei Monaten die Bürger tatsächlich eine Wahl – und könnten dafür oder dagegen stimmen.

Von daher – und alleine schon, weil Mitbestimmung ohnehin viel zu selten ist – könnte sich vielleicht auch der eine oder andere Gebührenbefürworter vielleicht zur Eintragungsstelle schleppen. In München – bislang ein recht mieses Ergebnis, am Montag waren es knapp 8% – läuft das auch super einfach: Zum Rathaus und dort gleich in die Informationsstelle. Kaum Anstehen, einfach schnell rein und die Unterschrift leisten. Alternativ suchen Sie Ihre Eintragungsstelle hier.

Nebenbei – meine Heimatgemeinde Zorneding hat bis jetzt über 13% geschafft.

Zu Erinnerung:

Eintragungsberechtigt sind Personen,

  • die Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 Grundgesetz sind,
  • das 18. Lebensjahr am letzten Tag der Eintragungsfrist (30. Januar) vollendet haben und
  • seit mindestens drei Monaten (also seit 30. Oktober 2012) in Bayern ihre Wohnung, bei mehreren Wohnungen ihre Hauptwohnung, haben.

Nicht eintragungsberechtigt sind Personen,

  • die ihre melderechtliche Hauptwohnung außerhalb Bayerns haben,
  • die infolge Richterspruchs das Stimmrecht nicht besitzen,
  • für die zur Besorgung aller ihrer Angelegenheiten eine Betreuerin/ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist, oder
  • die sich aufgrund einer Anordnung nach § 63 i.V.m. § 20 des Strafgesetzbuchs in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden.

Eintragungsberechtigung in den Münchner Eintragungsstellen
In den Münchner Eintragungsstellen kann sich nur eintragen, wer in einem Wählerverzeichnis der Landeshauptstadt München eingetragen ist oder einen Eintragungsschein besitzt.

  • Stimmberechtigte, die am 13. Dezember 2012 in München mit Hauptwohnung gemeldet waren, wurden automatisch in das Wählerverzeichnis eingetragen.
  • Stimmberechtigte, die ihre melderechtliche Hauptwohnung in einer anderen bayerischen Gemeinde haben und dort im Wählerverzeichnis eingetragen sind, müssen in Ihrer Heimatgemeinde vorher einen Eintragungsschein beantragen, um sich in einem Münchner Eintragungsraum für das Volksbegehren eintragen zu können.

Aus der Reihe Kopfkino…

Aus der Reihe „Dinge, die ich nicht wissen will, weil mein Kopfkino dafür viel zu aktiv ist“ möchte ich heute folgendes vorstellen: Vorwurf der sekuellen Belästigung an Rainer Brüderle. (Abgesehen davon hat die SZ es in bemerkenswert dämlicher Weise geschafft, Sexismus und sexuelle Belästigung durcheinander zu schmeißen. Deppen. Sueddeutsche halt, oder?)

Was mich ein bißchen erstaunt ist die Dummheit der Sueddeutschen, was diese Begrifflichkeiten angeht. Sexismus ist in aller Regel die Annahme eines Vorurteils aufgrund von Geschlecht, also daß Frauen gute Sekretärinnen, aber schlechte Polizistinnen sind, zum Beispiel. Typischer Unsinn, der aus konservativen Kreisen kommt, nicht selten aus der religiösen Ecke.

Sexuelle Belästigung ist jener Vorwurf, den die Stern-Autorin da erhebt – und der nicht ohne ist. Einer Frau ein Kompliment zu machen (oder einem Mann) dürfte nicht darunter fallen. Ungefragt jemanden, der das nicht will, zu küssen oder (etwas intimer) zu berühren, schon. Das ist eine etwas schwammige Sache, aber eine Journalistin ziemlich blöd (so die Geschichte so stimmt) derart anzumachen, könnte unter die entsprechenden Paragraphen fallen.

Was ich viel spannender finde ist der zufällige Zufall, daß diese Geschichte im Bertelsmann-Blatt Stern (der ja der CDU sehr nahe steht – also der Verlag, der Stern nicht zwingend aber auch da wird es Abhängigkeiten geben…) just ein paar Tage nach der Wahl in Niedersachsen erscheint. War das nun Rache für den Stimmenverlust der CDU oder kluges Schweigen vor der Wahl für den Koalitionspartner? Hm…. Verschwörungstheoretiker, melden Sie sich bitte.

Der erste Schock des Wahlabends – und das glückliche Ende

Um 18 Uhr macht die Bibliothek zu – um 18:10 Uhr beginne ich Deutschlandradio zu hören. Und da traf es mich wie ein Schock: FdP bei 10%? Hoppla, was ist denn da passiert?

Ein Liveblog während ich erstmal was trinken gehe…

19:11 Uhr:
Die ersten Hochrechnungen sind ziemlich gruselig:

  • CDU 36,4%
  • SPD 32,6%
  • Grüne 13,4%
  • FDP 9,9%
  • Linke 3,3%
  • Piraten 1,8%
  • Sonstige 2,6%

Ersten Analysen zufolge ist das Ergebnis vor allem den Leihstimmen zu verdanken. Die CDU hat ziemlich heftig verloren (etwa 6%) und die FdP ein wenig gewonnen. Bin mal gespannt auf die realen Stimmen gewinne und -verluste.

19:15 Uhr
Hm…. die krachenden Verlierer sind definitiv die Piraten und die Linkspartei. SPD/Grüne und CDU/FdP sind annähernd gleichauf. Das wird ein spannender Abend…

19:20 Uhr:
Ein schönes hat das Ganze ja…. die Demoskopen sind mal so richtig auf die Nase gefallen. Reiner Brüderle auch. Schön fand ich die erste Aussage von Stefan Weil, der sich für den fairen Wahlkampf bedankte und hervorhob, daß die Wahlbeteiligung gestiegen ist. Mit knapp über 60% ist sie aber trotzdem erschreckend niedrig.
Peer Steinbrück hat sich recht einsichtig geäußert… vielleicht findet er endlich ein bißchen Rückenwind gegen die Kampagne, die da gegen ihn läuft. Vielleicht wird sich da ja doch noch was ändern.
Gabriel hat auch einen schönen Satz gesagt: Die FdP existiert eigentlich nicht mehr – nur noch über Leihstimmen. Naja, rein rechnerisch kann das wohl kaum stimmen….

19:45 Uhr:
Warum darf in der Berliner Runde eigentlich die CSU immer ihren Senf dazugeben? Warum nicht die Piraten?

20:10 Uhr:
Wird spannend: Das Rotgrüne Lager ist genauso stark wie das bürgerliche. Es wird um ein paar hundert Stimmen gehen. Ehrlich gesagt, ich finde das Lagedenken schrecklich, aber jetzt hat sich das irgendwie endgültig durchgesetzt…

20:24 Uhr:
taktische Wähler; Das gleiche wie bei der Bundestagswahl 2009: Im Grunde keine Zustimmung zur FdP sondern mehr eine Ablehnung von SPD und Grünen. Und das, wo die Grünen in so vielem der FdP ähnlich sind..

21:55 Uhr:
Aktuelle Hochrechnung:

  • CDU: 36,1%
  • SPD: 32,3%
  • Grüne: 13,7%
  • FdP: 10,1%
  • Linke: 3,2%
  • Piraten: 2,0%
  • Sonstige: 2,6%

Koalitionen? Hm…. Infratest Dimap geht derzeit von 142 Sitzen aus. Daher würde das bei dem Ergebnis heißen:

  • Schwarzgelb: 71 Sitze
  • Rotgrün: 71 Sitze
  • Schwarzrot: 106 Sitze

Damit bliebe nur eine große Koalition, die aber wahrscheinlich keiner will.

22:05 Uhr:
Niedersachsen ist spannend, weil es wohl letztendlich auf ein Wettrennen mit den Überhang- und Ausgleichsmandaten hinausläuft. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über die Erststimmen in den 87 Wahlkreisen mehr Mandate direkt gewinnt, als ihr nach der Zahl der Zweitstimmen prozentual zustehen – und das passiert öfter. Im Bund ist dies Gegenstand der großen Kontroverse um unser Wahlrecht.
In Niedersachsen ist es nun aber so, daß die anderen Parteien dann Ausgleichsmandate erhalten, damit das Zweitstimmenergebnis sich im Parlament wiederspiegelt. Damit kommt es auf jede Stimme an.

22:15 Uhr:
„Hat das Ergebnis irgendwelche Auswirkungen auf Angela Merkel?“, fragen viele Medien. Vielleicht sollten wir erstmal ein Ergebnis haben, Freunde, es sind gerade mal die Hälfte der Stimmbezirke ausgezählt…
Nach den Hochrechnungen hat das Rotgrüne Lager knapp 8% gewonnen, das Schwarzgelbe („bürgerliche“) Lager hat gute 5% verloren. Das könnte man als Stimmungsumschwung interpretieren, aber das ist eine Landtagswahl – Bundestrends spielen natürlich eine Rolle, aber keine entscheidende. Jedenfalls wäre das zu hoffen.

22:23 Uhr:
Seltsam….. Herr Rösler hat eine sehr seltsame Satzbetonung im Gespräch mit den Tagesthemen… das klingt so ein bißchen wie damals bei der Knoff-Hoff Show und Joachim Bublath… was seinerseits Bully noch schön parodiert hatte…. irgendwie erinnert das Interview mehr an die Parodie…

22:30 Uhr:
Gucke grad das Heute-Journal, das für die Ergebnisse um 21:44 eine andere Hochrechnung bietet. Interessant ist der Unterschied schon:

  • CDU: 36,5% (ARD, 21:45 Uhr: 36,1%)
  • SPD: 32,7% (ARD, 21:45 Uhr: 32,3%)
  • Grüne: 13,6% (ARD, 21:45 Uhr:13,7%)
  • FdP: 9,6% (ARD, 21:45 Uhr:10,1%)
  • Linke: 3,1% (ARD, 21:45 Uhr: 3,2%)
  • Piraten: keine Angabe, ca 2% wird gesagt (ARD, 21:45 Uhr: 2,0%)
  • Sonstige: 4,5% (ARD, 21:45 Uhr: 2,6%)

Die Forschungsgruppe Wahlen geht derzeit von 140 Sitzen (ARD, 21:45 Uhr: 142) aus. Daher würde das bei dem Ergebnis heißen:

  • Schwarzgelb: 70 Sitze (56+14)
  • Rotgrün: 70 Sitze (50+20)
  • Schwarzrot: 106 Sitze

Damit bliebe auch hier nur eine große Koalition, die aber wahrscheinlich keiner will.

22:40 Uhr:
Endlich mal neue Zahlen…. 🙂

  • CDU: 36,0%
  • SPD: 32,7%
  • Grüne: 13,6%
  • FdP: 10,0%
  • Linke: 3,1%
  • Piraten: 2,1%
  • Sonstige: 2,5%

Quelle ist hier wieder die Infratest Dimap, Stand ist 22:19 Uhr.

22:39 Uhr:
Die Sitzverteilung nach diesen neueren Hochrechnungen ist auch interessant.

  • CDU: 53
  • SPD: 48
  • Grüne: 20
  • FdP: 14
  • insgesamt 135 Sitze

Das würde bedeuten 67:68 Sitze, Hauchdünner Vorsprung für Rot-Grün. Dummerweise gibt es auch eine alternative Sitzverteilung.

  • CDU: 54
  • SPD: 49
  • Grüne: 20
  • FdP: 15
  • insgesamt 138 Sitze

Da würde es 69:69 Sitze stehen. Also immer noch Kopf- an-Kopf. Mittlerweile ist es aber schon einigermaßen eindeutig, was die Erststimmenergebnisse angeht: Die Karte zeigt, daß nur noch ein Wahlkreis fehlt, nämlich Hameln/Rinteln.

22:52 Uhr:
Gemein! Das Tagesthemen-Livestream geht derzeit nicht… Verdammt!

22:57 Uhr:
Jetzt geht’s. Endlich.

23:00 Uhr:
Hm… die Forschungsgruppe Wahlen (ZDF) hat neue Zahlen vor ein paar Minuten gebracht, die von der ARD muß ich nachgucken weil der Livestream grad nicht ging.

  • CDU: 36,2% (ARD, 22:47 Uhr: 36,0%)
  • SPD: 32,7% (ARD, 22:47 Uhr: 32,6%)
  • Grüne: 13,6% (ARD, 22:47 Uhr: 13,76%)
  • FdP: 9,9% (ARD, 22:47 Uhr: 9,9%)
  • Linke: 3,1% (ARD, 22:47 Uhr: 3,2%)
  • Piraten: keine Angabe (ARD, 22:47 Uhr: 2,1%)
  • Sonstige: 3,1%

Interessant ist, daß es jetzt nicht mehr für CDU/FdP reicht, wenn man der ARD glaubt, nach dem ZDF könnte es noch gehen. Egal wie, es würde nur eine Stimme Mehrheit sein – das erfordert Regierungskunst.

23:05 Uhr:
Langsam gehen mir die Leute auf den Keks. „Wie oft, Stefan Weil, haben Sie im Wahlkampf gedacht: ‚Peer Steinbrück, Hätten Sie doch mal den Mund gehalten‘ “ Was soll diese Steinbrückdrescherei andauernd? Könnten sich die Medien mal auf ihre Aufgabe besinnen?

23:16 Uhr:
Stefan Belz‘ Kommentar in den Tagesthemen ist ja wohl mal bescheuert: „Das Land steuert auf einen Lagerwahlkampf zu. Der heutige Tag war gut für die Demokratie.“
Sonst geht’s ihm aber schon noch gut, oder?

23:20 Uhr:
So, ich mag nicht mehr. Mittlerweile war es ein bißchen viel Whiskey (natürlich schottischer Single Malt) und jetzt kommt eh der Sportteil, also verabschiede auch ich mich vom Liveblog und freue mich mit Euch allen auf das amtliche Endergebnis – das bei aller Behauptung der Tagesthemen noch immer nicht wirklich klar ist. Immerhin, das vorläufige amtliche sieht es nun bei 69:68 Sitzen für Rot-Grün. Gute Nacht Euch allen und lasst Euch nicht unterkriegen. Kämpft weiter für die Gute Sache.
Für unser Land.

Von der Medienberichterstattung – und der Realität

Im journalistischen Alltag unserer Republik ist ein gewisser Hype um ein Faktum stets eine Begleiterscheinung, die man nicht vermeiden kann. Ich habe ja schon davon berichtet, wie seltsam die Berichterstattung rund um die Wahl in Schleswig-Holstein ist. Nun machen wir mal noch Nordrhein-Westfalen.

In Schleswig-Holstein wurde die FDP mit der Botschaft, das annähernd beste Ergebnis ihrer Geschichte dort abgeliefert zu haben, begrüßt. Das war gelogen und ist in der Medienberichterstattung seinerzeit auch völlig untergegangen. Die FDP hatte in Wahrheit die Hälfte ihrter Wähler verloren, lediglich die Tatsache, daß kaum noch einer zur Wahl gegangen war hatte dafür gesorgt, daß die Partei über die 5%-Hürde gerutscht ist; Ein weiteres Indiz dafür, daß hohe Wahlbeteiligungen am ehesten radikale Parteien aus den Parlamenten halten.

Alle Zahlen zu Schleswig-Holstein können Sie hier finden.

Nordrhein-Westfalen
Interessanter ist nun der Vorgang in NRW. Die SPD hat dort einen sehr personenzentrierten, aber auch teilweise recht peinlichen Wahlkampf erfolgreich geführt.

Hier ist es ein wenig anders.
Die SPD hat real 309.627 Erststimmen und 374.342 Zweitstimmen hinzugewonnen. Bei einer leicht gestiegenen Wahlbeteiligung (nur noch 59,6% gingen überhaupt hin!) führte das zu einer Anteilssteigerung um 3,8% auf 42,3% bei den Erststimmen und um 4,6% auf 39,1 bei den Zweitstimmen.
Die CDU verliert 437.775 Erst- und 631.067 Zweitstimmen. Das sind Verluste von 5,8% bzw. 8,3% und diese trugen maßgeblich zum Sturz von Röttgen bei, der Angela Merkel vermutlich gar nicht so ungelegen kam.
Die FDP schließlich gewannt bei dieser Wahl real Stimmen hinzu: 8.798 Erststimmen und 147.742 Zweitstimmen (!). Der Anteil liegt damit bei den Zweitstimmen bei 8,6%. Ob das der Lindner-Effekt war oder ein Bonus durch abgewanderte, frustrierte CDU-Wähler, sei mal dahingestellt.

Blickt man in die Wahlergebnisse seit dem zweiten Weltkrieg, so liegt das Ergebnis der FDP im oberen Mittelfeld.

Diese Datei und die Informationen unter dem roten Trennstrich werden aus dem zentralen Medienarchiv Wikimedia Commons eingebunden.

Diese Dateiwird aus dem zentralen Medienarchiv Wikimedia Commons eingebunden.

Im Gegensatz zur Berichterstattung rund um Schleswig-Holstein (siehe unten nochmal) ist also hier tatsächlich eine Steigerung des FDP-Ergebnisses festzustellen.

Das beste realitive Ergebnis haben übrigens die Piraten zu verzeichnen: 547.122 Erststimmen und 487.911 Zweitstimmen haben sie dazugewonnen. Das entspricht einem Anteil von +7% bzw. +6,2%. Verloren haben hingegen vor allem die Linkspartei und nicht so kräftig die Grünen.

All das lässt sich natürlich anhand der Prozente ausdrücken, aber die realen Stimmenzuwächse und -verluste sind es doch, die eigentlich interessant sind. Zudem fehlt auch hier in der Medienberichterstattung komplett der Hinweis darauf, daß die Mehrheit von Rot-Grün zwar durch 50,4% der Wähler, aber nur durch 29,66% aller Wahlberechtigten erreicht wurde. Wenn nicht einmal 30% aller Wahlberechtigten eine Regierung wählen – kann man dann eigentlich wirklich von Demokratie (Mehrheit beherrscht Minderheit) sprechen?

Ich habe oftmals den Eindruck, daß die Parteien im Anschluß an die Wahlanalyse hauptsächlich die Frage stellen, wie man den eigenen Anteil in der Wählerschaft erhöhen kann; egal wieviel kleiner diese Wählerschaft wird. Nur ist es halt nicht mehr sonderlich demokratisch, wenn halt nur noch 20.000 Wähler hingehen und 13 Millionen daheim bleiben. Zumindest solange nicht, solange die Politik die Nichtwähler aus dem Wahlergebnis einfach herausrechnet. Würde man die Zahl der Sitze einfach der Wahlbeteiligung anpassen – bei 60% Wahlbeteiligung gibt’s einfach auch nur noch 60% der Sitze zu verteilen – wären die Mehrheitsverhältnisse gleich, aber die sinkende Wahlbeteiligung würde auffälliger werden und die Politik zum handeln zwingen.

 

Zum Vergleich eine kleine Wiederholung aus meinem oben zitierten Schleswig-Holstein-Artikel:

In Schleswig-Holstein schafft die FDP den Einzug ins Landesparlament, sogar mit dem zweitbesten Ergebnis ihrer Geschichte. Das ist wohl auch nicht verwunderlich, wie Wolfram Müller schreibt, aber man sollte das Ergebnis auch nicht so hoch hängen. Kubicki bläst schon wirklich lange gegen die FDP-Bundesspitze und wird in Medien immer gern als “FDP-Rebell” (Ob bei Spiegel Online, Welt oder Bild) beschrieben, was dem Wähler natürlich gefällt. Ich glaube, daß die Menschen in S.-H. da eher Kucicki als FDP gewählt haben. Auch wenn die Medien wieder kräftig anschieben (Sogar der Deutschlandfunk!) würde ich mal vorsichtig abwarten, ob die Wahl in NRW davon ernsthaft beeinflußt wird.
Mehr Sorgen macht mir – neben dem schwachen Wahlergebnis für SPD und Linkspartei – die mieserable Wahlbeteiligung. Nur 60,1% gingen überhaupt noch zur Wahl. Die SPD konnte immerhin 1.300 Erststimmen mehr als 2009 verbuchen, die CDU verlor praktisch 100.000 Erst- und noch einmal soviele Zweitstimmen. Hier hat die SPD knapp 4.000 Stimmen mehr zu verzeichnen. Die geringe Wahlbeteiligung dürfte Hauptverursacher sein, daß die FDP trotz eines Verlustes von 101.600 Zweitstimmen (!) ihr “Zweitbestes Ergebnis der Geschichte” verzeichnen darf. In Wahrheit hat sie die Hälfte ihrer Wähler verloren.
Blickt man in die realen Zahlen (Alle der Veröffentlichung des Statistikamtes Nord zu entnehmen) so stellt man anhand des Zweitstimmenergebnisses fest, daß die einzigen Parteien, die Stimmen hinzugewonnen haben, die SPD (+3.860) und die Piraten (+79.903) sind. Alle anderen haben Stimmenverluste zu verzeichnen. Das spricht Bände über unser Wahlsystem – und Bände über unsere Politiker, die sich am Wahlabend so ziemlich alle auf die Schultern klopften. Über die Journaille, die das ebenfalls geflissentlich übersieht, sollte man lieber kein Wort verlieren.

Wahlsonntag

Nordrhein-Westphalen hat gewählt, und die Ergebnisse machen nicht nur Mut. Natürlich ist es schön, daß Rot-Grün gewonnen hat, aber das FdP-Ergebnis erschreckt dann doch. Die mieserable Wahlbeteiligung hat meiner Einschätzung nach wohl wieder hauptsächlich den Marktradikalen genutzt.

Ähnlich wie bereits in Schleswig-Holstein werde ich auch hier die absoluten Wählerzahlen wieder vergleichen um deutlich zu machen, wie es sich denn wirklich entwickelt hat. Derzeit liegen noch keine Zahlen vor, was wegen der größeren Zahl der auszuzählenden Stimmen auch noch eine Weile dauern wird.

Daher bitte ich SIe, werte Leser, um ein wenig Geduld – ich bin mal gespannt ob die massive Medienkampagne der FdP wirklich so viel geholfen hat, wie Albrecht Müller der Nachdenkseiten sicher mutmaßen wird.

Neben dem Sieg von Rot-Grün freut mich auch das Ergebnis der Piraten – nach und nach werden sich die Piraten so etablieren können und tatsächlich frischen Wind in die Politik bringen. Die Niederlage der Linkspartei hingegen stimmt ein wenig nachdenklich – könnte das tatsächlich durch den Versuch der Medien, die Partei totzuschweigen, erzeugt worden sein? Wenn ja sollte man über die Medien deutlich noch mehr nachdenken…

Fundstück der Woche (18. KW): Monitor zu den Piraten, Bologna und einem interessanten Medikamentenschwindel

Sehr sehenswerter Beitrag zu Drei Themen:

Das Video finden Sie hier, die Links darüber verweisen auf die Sendungsbeiträge zum Nachlesen als pdf.

Die ausführlichen Interviews mit Professor Nida-Rümelin und Professor Lenzen gibt’s auch.

Warum Deutschlands Wissenschaft dünner wird….

… darüber gehen die Meinungen auseinander. Unsere ReGIERenden behaupten, es läge an der verkrusteten Welt der Akademie, in den Anglo-amerikanischen Unis sei man flexibler. Naja, FdP-Geschwafel halt.

Auf Facebook geht gerade dieses Bild herum:

Die Quelle ist: Forschung und Lehre“-Heft 01/12.
Macht nachdenklich, oder?

Die Gute Nachricht…

… kommt nach Lukas eigentlich am 24. Dezember aber irgendwie hat sie bis zum 6. Januar gebraucht: Das Jamaika-Bündnis aus CDU, FdP und Grünen im Saarland ist zerbrochen. Die Ministerpräsidentin, Frau Kramp-Karrenbauer kündigte die Koalition mit den beiden liberalen Parteien auf und strebt nun Medienberichten zufolge ein Bündnis mit der SPD an.

Gut beraten könnten SPD und Grüne aber sein, statt sich auf Koalitionsverhandlungen einzulassen Neuwahlen anzustreben. Da die CDU sicher nicht mit der Linken koalieren will bleibt ihr nur die SPD als Alternative. Verweigert die Partei jedoch die Zusammenarbeit könnte es zu vorzeitigen Neuwahlen kommen.

Derzeit sitzen im Saarländischen Landesparlament 20 Abgeordnete der CDU, 13 der SPD, 11 der Linkspartei, 4 der FdP und 3 der Grünen. Bei einer Gesamtzahl von 51 Abgeordneten müssen mindestens 26 für eine stabile Mehrheit zusammenkommen. Es reicht also weder für Schwarz-Gelb, noch für Rot-Grün. Die Grünen dienten daher als Mehrheitsbeschaffer und sie waren teuer: Peter Müller, der Schmied der Koalition, mußte sich beim Ausstieg aus dem Atomausstieg enthalten.

Rechnerisch reicht es derzeit entweder für eine große Koalition oder aber für Rot-Rot-Grün. Und da kommt nun die Frage nach der Taktik ins Spiel: Die FdP würde bei Neuwahlen vollständig unter den Tisch fallen, auch wenn die Umfrage im November sie noch bei 5% gesehen hat. Allerdings schwächelt auch die Linkspartei massiv was wohl auch daran liegt, daß Oskar Lafontaine im Moment keine Landespolitik betreibt. Das könnte Rot-Grün zur Macht verhelfen.
Das Saarland, das schon bei der letzten Wahl interessante Querelen hinter sich hatte (Unter anderem wollte Villeroy&Boch abwandern, falls das Volk nicht so will wie das Unternehmen, also sagte letztlich: „Wenn Ihr die Linke wählt, dann vernichten wir Arbeitsplätze“), dürfte damit ein weiterer Nagel im Sarg der FdP sein. Ausgerechnet während des wichtigen Dreikönigstreffens von dem sich die FdP einen „Neustart“ (Immerhin der erste seit September 2011) erhofft zerbricht eine Landeskoalition wegen ihr: Der Abgeordnete Christian Schmitt verließ nach Personalquerelen die FdP und trat der CDU-Fraktion bei, wenn auch nicht der Partei. Der Abgeordnete Christoph Kühn hat es geschafft, sich ein Ermittlungsverfahren einzufangen und das ausgerechnet wegen einer Dienstwagenaffäre. Ulla Schmidt wird gegluckst haben als sie das las.

Die SPD sollte vorsichtig sein – wenn sie sich auf eine Koalition mit der CDU einlässt dann letztlich so, daß der CDU klar wird daß das ihre einzige Chance wäre – eventuell für sehr lange Zeit.

"Die Partei ist lächerlich" – Von der Selbsterkenntnis

Mittlerweile hat es die FdP tatsächlich geschafft, wieder in der Presse aufzutauchen. Um ihre eigene Bedeutungslosigkeit kreisend hat der Rücktritt von Herrn Lindner tatsächlich den Erfolg gebracht, in sämtlichen Zeitungen oder – wie Herr Niebel es in seiner blanken Wut gern formuliert – Gazetten wieder aufzutauchen. Nicht unbedingt aber positiv, was den Vize der Partei, Herrn Zastrow nun zur Erkenntnis bringt: „Der Lächerlichkeitsgrad, den wir erreicht haben, verschlägt mir den Atem“.

Mir nicht. Das ist genau das was dabei herauskommt, wenn sich lauter Ichlinge um Posten balgen und vor lauter Selbstdarstellung vergessen, was eigentlich mit dem Gemeinwohl passiert. Das, liebe FdP ist genau das Ergebnis Eurer bislang zumindest propagierten Ideologie: Null Gemeinsinn, null Solidarität, Null Demokratie.
Und das wollt Ihr für das ganze deutsche Volk, oder am Liebsten für die ganze Welt haben: Wenn jeder an sich denkt ist eben an alle gedacht. Wohin das führt könnt Ihr aber jetzt selbst sehr schön sehen. Hättet Ihr nicht das letzte gemeinsame Ziel, nämlich an der Regierung zu bleiben, Euch wäre die Partei längst zerfallen. Wie bei einer schlechten Ehe, in der beide Partzner nur noch an sich denken und wegen des Kindes halt zusammenbleiben – und dieses durch ständigen Streit und fehlendes Zugehörigkeitsgefühl letztlich krank machen.

Die Regierung hat Eure neuesten Selbstdarstellungen mit einem Achselzucken abgetan aber ich wette mit Euch daß sich die Kanzlerin schon Gedanken über einen Plan B macht. Denn wenn das mit Euch so weiter geht kann sie gar nicht mehr regieren, höchstens noch reagieren. Das Projekt Schwarz-Gelb 2.0 ist gescheitert, und das nicht an einer „linken Presse“, wie Ihr oder der Euch in nichts nachstehende Dohbrindt der CSU so gerne fabuliert, sondern an ihrer eigenen Ideologie. Weil jeder damit beschäftig ist imnmer für sich die besten Deals auszuhandeln, deswegen auch gerne mal ein kleines bißchen korrupt wird, deswegen bricht Euch sogar die konservative Presse langsam weg.

Eure Ideologie, das ständige Gegeneinander, der Wettbewerb nicht nur zwischen Unternehmen sondern zwischen Menschen führt zu genau solchen Ergebnissen: Es gibt keine Freundschaften, keine Loyalität und schon gar keine Inhalte, es zählt das kurzfristige Ergebnis an der Wahlurne. Und wenn dafür der beste Parteifreund gemeuchelt werden muß, dann auf Wiedersehen halt.

Im Grunde ist Eure Ideologie das Gegenteil von Zivilisation: Die Natur kennt den ständigen Wettbewerb der Arten und die Schwachen werden ihn verlieren. Zivilisation ist die Fähigkeit einer Art, sich um die Schwachen zu kümmern und sie zu integrieren – ihnen das Leben zu ermöglichen obwohl es den Starken keine Vorteile einbringt. Das ist Zivilisation – die FdP steht längst für Barbarei. Jetzt erlebt Ihr es am eigenen Leib wohin das führt. Glaubt mit, die CDU lässt Euch mit einem Lächeln fallen wenn sie eine Alternative gefunden hat.

Ihr, als einstmals stolze kleine Partei, das Zünglein an der Waage der Mächtigen, Ihr müsst Euch komplett umstellen. Wäret Ihr in der Kirche wäre der Begriff „Innere Einkehr und Reue“ angemessen. Ihr müßt Euch auf die Wurzeln des Liberalismus besinnen, Eure korrupten Teile rauswerfen und wieder zurückkehren als Partei, die für etwas steht.

Aber ganz ehrlich: Ich glaube daran nicht. Und wisst Ihr was? Das ist, gesellschaftlich betrachtet, auch ganz gut so.