Von der mangelnden Konsequenz…

Die CSU ist ja nicht gerade als eine konsequente oder ehrliche Partei bekannt; Wie auch, als christliche Partei ist sie der strukturellen Heuchelei natürlich schwer verpflichtet. Ein guter Christ im öffentlichen Christentum predigt Moral und stubst wenigstens vorher den Ministranten vom Schoß, ein CSU-Politiker wie Dohbrindt fordert das Verbot von demokratischen Parteien weil es fragwürdige Figuren darin gibt.

Wäre er konsequent, müsste er nun auch das Verbot der CSU fordern. Denn nach Medienberichten hat der Müncher Unionsangehörige Detlev Baasch  eine Rede auf einer NPD-Veranstaltung gehalten, weil er mit einem der veranstalter persönlich bekannt sei.

Wenn sich Mitglieder einer Partei in seltsamen Kreisen herumtreiben wie zum Beispiel der „kommunistischen Plattform“, dann stört es mich nicht im Mindesten wenn der Verfassungsschutz da mal nachsieht. Im Grunde ist er ja dafür da. Über die Qualität seiner Arbeit kann man natürlich reden, und gerade die ist in den letzten Wochen zu recht in die Kritik geraten. „Unser“ Verfassungsschutz ist offensichtlich auf dem Rechten Auge nicht nur blind, sondern auch noch hilfsbereit.

Links hingegen offenbar nicht. Und das hilft dem „bürgerlichen Lager“ (Auch so ein Begriff, wer hat sich das eigentlich ausgedacht?) seine konservativen Werte zu vermitteln: Konservativ scheint zu sein, daß man Ängste schürt wenn einem die Argumente ausgehen. Stets wenn das bürgerliche Lager oder sein Lagerwart Dobrindt von irgendwas ablenken muß wird die Angst vor dem Russen bzw. vor dem Kommunisten ausgepackt, während sie zeitgleich durch ihre Politik den Extremisten Zulauf verschaffen. Und trotzdem haben sie es nicht geschafft bislang, eine Linksextreme Szene mit einer ernsthaften Zahl Mitglieder zu erschaffen. Die paar Spinner schafft eine stabile Demokratie locker – im Gegensatz zur anderen Seite.

Links wird beobachtet, Rechts mordet. Und die CSU engagiert sich bei solchen Leuten…?

Das erfordet doch mal einen offenen Brief:

Sehr geehrter Herr Dobrindt,

Dank Ihrer lautstarken Forderung, die Linkspartei zu beobachten und notfalls auch zu verbieten, weil sich einige ihrer Mitglieder in tatsächlich sehr fragwürdigen Kreisen bewegen, möchte ich von Ihnen wissen, ob Sie sich nun auch konseuqnt für ein Verbot der CSU einsetzen möchten.

Das CSU-Mitglied Detlev Baasch hat eine Rede auf einer NPD-Veranstaltung gehalten, ein klares Signal daß sich Mitglieder der Partei offensichtlich in verfassungsfeindlichen Kreisen bewegen. Gemäß der Logik Ihrer Rhetorik müssten Sie nun zumindest die Beobachtung, wenn nicht gar das Verbot der CSU fordern.

Dankenswerter Weise setzt sich die CSU bislang stark für ein Verbotsverfahren gegenüber der NPD ein. Wie konkret soll dieses Verbotsverfahren nun in die Wege geleitet werden wenn da Verbindungen zur CSU auftauchen?

Ich bin gespannt auf die Antwort.

Die Gute Nachricht…

… kommt nach Lukas eigentlich am 24. Dezember aber irgendwie hat sie bis zum 6. Januar gebraucht: Das Jamaika-Bündnis aus CDU, FdP und Grünen im Saarland ist zerbrochen. Die Ministerpräsidentin, Frau Kramp-Karrenbauer kündigte die Koalition mit den beiden liberalen Parteien auf und strebt nun Medienberichten zufolge ein Bündnis mit der SPD an.

Gut beraten könnten SPD und Grüne aber sein, statt sich auf Koalitionsverhandlungen einzulassen Neuwahlen anzustreben. Da die CDU sicher nicht mit der Linken koalieren will bleibt ihr nur die SPD als Alternative. Verweigert die Partei jedoch die Zusammenarbeit könnte es zu vorzeitigen Neuwahlen kommen.

Derzeit sitzen im Saarländischen Landesparlament 20 Abgeordnete der CDU, 13 der SPD, 11 der Linkspartei, 4 der FdP und 3 der Grünen. Bei einer Gesamtzahl von 51 Abgeordneten müssen mindestens 26 für eine stabile Mehrheit zusammenkommen. Es reicht also weder für Schwarz-Gelb, noch für Rot-Grün. Die Grünen dienten daher als Mehrheitsbeschaffer und sie waren teuer: Peter Müller, der Schmied der Koalition, mußte sich beim Ausstieg aus dem Atomausstieg enthalten.

Rechnerisch reicht es derzeit entweder für eine große Koalition oder aber für Rot-Rot-Grün. Und da kommt nun die Frage nach der Taktik ins Spiel: Die FdP würde bei Neuwahlen vollständig unter den Tisch fallen, auch wenn die Umfrage im November sie noch bei 5% gesehen hat. Allerdings schwächelt auch die Linkspartei massiv was wohl auch daran liegt, daß Oskar Lafontaine im Moment keine Landespolitik betreibt. Das könnte Rot-Grün zur Macht verhelfen.
Das Saarland, das schon bei der letzten Wahl interessante Querelen hinter sich hatte (Unter anderem wollte Villeroy&Boch abwandern, falls das Volk nicht so will wie das Unternehmen, also sagte letztlich: „Wenn Ihr die Linke wählt, dann vernichten wir Arbeitsplätze“), dürfte damit ein weiterer Nagel im Sarg der FdP sein. Ausgerechnet während des wichtigen Dreikönigstreffens von dem sich die FdP einen „Neustart“ (Immerhin der erste seit September 2011) erhofft zerbricht eine Landeskoalition wegen ihr: Der Abgeordnete Christian Schmitt verließ nach Personalquerelen die FdP und trat der CDU-Fraktion bei, wenn auch nicht der Partei. Der Abgeordnete Christoph Kühn hat es geschafft, sich ein Ermittlungsverfahren einzufangen und das ausgerechnet wegen einer Dienstwagenaffäre. Ulla Schmidt wird gegluckst haben als sie das las.

Die SPD sollte vorsichtig sein – wenn sie sich auf eine Koalition mit der CDU einlässt dann letztlich so, daß der CDU klar wird daß das ihre einzige Chance wäre – eventuell für sehr lange Zeit.

Gastbeitrag: Internationale Mobilisierung am 15. Oktober

Am 15. Oktober werden wir Bürgerinnen und Bürger der ganzen Welt auf die Strasse gehen, um unsere Empörung über den Verlust unserer Rechte zu zeigen – Rechte, die uns durch ein Bündnis zwischen grossen Unternehmen und der politischen Klasse entzogen werden. Wir von der Bewegung «Democracia Real Ya!» laden euch ein, an dieser friedlichen internationalen Protestaktion teilzunehmen, indem ihr euch unserem Aufruf anschliesst oder indem ihr eure eigenen Aufrufe für dieses Datum erlässt. Es ist der Augenblick gekommen, die Stimme zu erheben. Unsere Zukunft steht auf dem Spiel, und niemand kann der Kraft von Millionen von Menschen trotzen, wenn sie sich in gemeinsamer Absicht vereinen.

«Democracia Real Ya!» ist eine spanische Koordinationsplattform von unterschiedlichen Gruppen zur Mobilisierung von Bürgerinnen und Bürgern. Unter der Devise «Wir sind keine Marionetten in den Händen von Politikern und Banquiers» gingen wir am 15. Mai zu Tausenden auf die Strasse, um mehr demokratische Teilhabe zu fordern, uns gegen die Korruption des politischen Systems aufzulehnen und unseren Einspruch gegen die Kürzungen im Sozialbereich zu bekunden. Nach dem Erfolg dieser ersten Kundgebung entstanden unterschiedliche Bewegungen, und auf vielen Plätzen des ganzen Landes wurden Zeltlager aufgebaut, ganz ähnlich der ersten Besetzung des Tahrir-Platzes in Kairo. Dort wurden Volksversammlungen durchgeführt, wo die BürgerInnen ihre Ziele in einem horizontalen, alle Anwesenden einschliessenden Entscheidungsprozess entwickelten. Die Bewegung 15M strahlte bald über die Landesgrenzen hinaus und ermutigte in vielen Städten der Welt zu Aktionen, darunter am vergangenen 19. Juni zu einer koordinierten Massenkundgebung gegen den Euro-Pakt.

Unter dem Druck der Finanzherrschaft arbeiten unsere Regierenden zugunsten ein paar weniger, ohne sich um die sozialen, menschlichen und ökologischen Kosten zu kümmern, die dadurch entstehen können. Die herrschenden Klassen rauben uns das Rechts auf eine freie und gerechte Gesellschaft, indem sie Kriege mit wirtschaftlichen Zielen führen und ganze Völker ins Elend stürzen.

Deshalb laden wir euch ein, euch diesem gewaltlosen Kampf anzuschliessen, indem ihr die Botschaft verbreitet, dass wir gemeinsam diese unannehmbare Situation ändern können. Nehmen wir uns die Strasse am 15. Oktober! Es ist Zeit, dass sie uns zuhören. Gemeinsam werden wir unsere Stimmen erheben.

Das Original finden Sie hier, die Übersetzung hier. Dieser Text ist zur Verfielfältigung gedacht.

Niemand hat die Absicht….

… Angela Merkel ernst zu nehmen. Oder? Wie verschiedene Medien berichten ist man auf Seiten der Regierungsparteien empört und sauer, weil die SPD-Bundestagsfraktion eine Anzeige geschaltet hat, die irgendwie ein bißchen Esprit hat. Angela Merkel ist darauf zu sehen und dieser berühmte Satz von Ullbricht. Abgesehen davon daß die Anzeige inhaltlich einfach nicht falsch ist – die Aufregung ist noch viel witziger.

Wie sich der Sueddeutschen, Spiegel Online, n-tv und RP-Online entnehmen lässt,ist man seitens der CDU und der FDP sauer, weil die SPD hier „Merkel und die Regierung in die Nähe des DDR-Terrorregimes stellt“. Aha. Also wenn Eine Redewendung verwendet wird, die auch mal ein Diktator verwendet hat… na auf das Spielchen will sich sicherlich keiner einlassen.

Hier könnte diese Anzeige stehen

Die umstrittene Anzeige. Quelle und (c) bei n-tv

„das grenzt an demokratische Gepflogenheiten“ sagt ein Mitglied ausgerechnet jener Partei, die sich aber auch gar keinen Diktatur/Kommunismus-Vergleich entgehen lässt, wenn in der Fraktion der Linkspartei mal einer niest. Die alles, aber auch alles was an Vorschlägen „von links“ kommt stets mit dem Hinweis auf die SED-Vergangenheit der bayerischen Linkspartei auf die Seite wischt.

Ausgerechnet die benehmen sich nun, als ein ein SED-Vergleich etwas ganz ungewöhnliches. Gerade die CDU hat ja eine große Freude daran, potenziell diskussionswürdige Vorschläge mit einer Sozialismus/DDR-Keule niederzuknüppeln und die SPD mit schöner Regelmäßigkeit zum „Veitstanz der Roten Bedrohung“ zu zwingen.

CdU und FdP waren es, die mit einer geradezu als Genuß wahrzunehmenden Häme der Regierung unter Platzeck als „Stasi-Regierung“ titulierte. Ja genau: Volker Kauder betrachtete die Rot-Rote Koalition als Zumutung weil da „die Stasi mit am Tisch sitzt“. Derselbe Kauder, der einer (Ex-)FDJ‚lerin, die wohl auch Agitatorin und nicht Sekretärin war, dient.

Doch was soll das alles? In der CDU haben Altnazis für ihre Rehabilitierung gesorgt und nun eben auch einige SED-Blockflöten. Manche haben das bei der Linkspartei getan, andere bei der SPD und wieder andere bei den Grünen oder der FdP. Das ist nichts neues und bringt niemanden auch nur einen Schritt weiter. Die alte Keule auszupacken ist letztendlich ein Schrei der Argumentationslosigkeit. Aber hin und wieder mal eine Anspielung, alleine schon um die Keulenschwinger zu ärgern – ich finde, das hat eher Stil.

Fundstück der Woche (38.KW): Zur Berlin-Wahl

Es ist ein sehr schönes Ergebnis, das die FdP da eingefahren hat. Ich frage mich, wie lange es dauern wird bis sich diese Partei endlich dahin manövriert hat wo sie hingehört. Über das Abschneiden der SPD wird aber auch zu reden sein…

Zur Feier des Tages aber zwei schöne Videos dazu:

Von den ganz einfachen Erklärungen….

In den vergangenen Tagen hat es im britischen Königreich eine Reihe von Krawallen gegeben – genug, um die einschlägigen Welterklärungen wieder auszupacken und vor allem genug damit die Panikmacher Zeitungen in Altenheime liefern konnten auf denen die Frage stand, wann es bei uns soweit wäre. Das Geschäft mit der Situation brummte bestens, aber jetzt gibt es vielleicht eine Chance, auch mal Innezuhalten.

In Großbritannien ist es heute Nacht das erste Mal friedlich geblieben berichtet die Sueddeutsche. Eine Verschnaufpause die vielleicht mancher mal zum Nachdenken benutzen sollte, besonders jene, die sich auf die ganz einfachen Erklärungen versteift haben.
Zu den beliebtesten Erklärungsmodellen gehören zweifellos:

  • Das ist ein schwarzes Problem
  • Das waren Ausländer und Einwanderer
  • Daran sind die sozialen Verwerfungen schuld
  • Frau Thatcher hat schuld

Fangen wir mal an das zu zerlegen. Zweifellos sind nicht wenige der Plünderer schwarz, aber es sind auch eine Menge ganz „normaler weißer“ Bürger darunter. Es sind auch nicht Ausländer oder Immigranten alleine, aber eben auch. Soziale Verwerfungen, das ist die große These die auch die FAZ, die Sueddeutsche und weitere Medien besonders vertreten. Die Nachdenkseiten hingegen sagen, das liegt an Frau Thatcher und der Sparpolitik der britischen Regierung. Auch da ist was dran, aber eine alleinige Erklärung?

Die Riots begannen definitiv in den Armenvierteln der Städte. In Tottenham, London begann die Geschichte, in meinem geliebten Liverpool war es Toxeth. Und tatsächlich begann das Ganze mal als politischer Ausdruck zu sehen, als ein Aufstand der Verlierer einer Gesellschaft wie der britischen – eine Gesellschaft zu der wir ja nach dem Willen der Regierenden wollen. Aber dabei blieb es ja nicht. Ein Bürgeraufstand würde sich doch nicht die kleinen Einzelhändler oder Pubs vornehmen und abfackeln, ein politischer Aufstand hätte doch die Urheber der Armut im Sinn: Banken, Regierungsviertel, Große Kaufhäuser. Es ist in England nicht unüblich, daß man in einem Supermarkt nicht mehr von einer Kassiererin bedient wird sondern an einer „Self-Checkout“ Station landet. Man scannt seine Waren und bezahlt an einer Maschine, eine Kassierin überwacht so ca. 6 dieser Kassen. Wieder 5 Arbeitsplätze im unteren Segment weg.

Dagegen wehren sich manche. Gegen eine solche ausgrenzende Gesellschaft ohne Halt, aber mit Herren sowie ihren Dienern und Sklaven, die alle brav tun was man ihnen sagt. Deren Sozialhilfe als Leistung, als Zuckerbrot der Reichen verstanden wird und nicht als Konsequenz der kostensparenden Politik selbiger Reicher. Wer Arbeitskräfte einspart und Menschen durch Maschinen ersetzt der muß gesellschaftspolitisch für diese Leute anderweitig aufkommen wollen. So weit denkt jedoch, na sagen wir mal: nicht jeder.

Aber das ist nicht alleine der Grund für die Riots. Da sind längst Kriminelle jeglicher Couleur beteiligt und längst geht es eher um einen neuen Fernseher, als um eine politische Aussage. Diejenigen, die tatsächlich auf etwas aufmerksam machen wollten sind verschwunden oder gehen in der Masse derer, die nur stehlen wollen unter. Umgekehrt wird der überwiedend anständige Teil der Gesellschaft, der in einem friedlichen Miteinander leben will in der öffentlichen Wahrnehmung zurückgedrängt weil Rechtspopulisten die Situation ausnutzen und zum Generalangriff auf das friedliche Miteinander blasen.
Mit „Bürgerwehren“ wollen sie England vor dem Untergang, also vor „den Anderen“ retten. Das sind nichts anderes als Versuche, sich zusammenzurotten und auf die vermeintlichen Problemverursacher einschlagen zu dürfen. Riot, nur anders herum. Das Ergebnis wäre fatal, denn dann hätte man tatsächlich einen kleinen Bürgerkrieg und doch stehen genug in den Startlöchern die genau das hoffen – man lese nur mal die Kommentare bei der FAZ so durch.

Solange das System nicht die wirklichen Ursachen bekämpft sondern immer die Symptome (Siehe die hilflose Reaktion von Polizei und konservativer Medienlandschaft bei der Veröffentlichung aller Photos mit dem Slogen „Wir kriegen Euch alle!“) solange wird man mit Verwerfungen und unruhen rechnen müssen. In einer extrem mobilen, haltlosen Gesellschaft wie der britischen sicherlich schneller als bei uns aber lassen Sie Schwarz-Gelb mal noch zwei Jahre Zeit.  Oder – was das betrifft und wirklich Peer Steinbrück danach wieder eine große Koalition eingeht – der Seeheimer SPD und den mit ihr verbündeten Kräften.

Ich will das nicht. Aber wie soll man das verhindern, wenn Erkenntnis anscheinend in konservative Hirne nicht einzusickern vermag?

Von der Merkel'schen Moral

In den vergangenen Tagen dieser Republik gab es gleich zwei Ereignisse, die dem geneigten Betrachter wieder einmal zeigten, wie man es mit Frau Merkel, der CDU und der Moral halten muß: Zuerst ein lukrativer Besuch aus China, dann ein lukrativer Deal mit den Saudis. Eine kleine Polemik.

Daß die FdP keine Werte hat, die jenseits eines Kaufvertrages Bestand haben müssen ist seit der Lambsdorff’schen Zerschlagung des bürgerrechtlichen Flügels der Partei unstrittig. Irgendwer hat dafür mal den Begriff des „Ichlings“ geprägt, eine besonders abstoßende Kreatur die da aus der Menschheit hervorgegangen ist.
Der einzige Wert, der bei den Gelben Bestand zu haben schien war die Parole des „Freiheit statt Sozialismus“ – Geschwafels, das wahlweise von Leichtmatrosen und Freiheitsstatuen zur Belustigung des sedierten Volkskörpers in jede Diskussion gedröhnt wurde. Sozialismus, das ist das Übel, darin war man sich weltbildtechnisch völlig einig. Sozialismus, das ist Diktatur, und Mauerbau und kostenloser Zahnersatz. Und dagegen kämpfen die Liberalen um Westerwelle, Rösler, Lindner und Brüderle, koste es, was es wolle.
Das wäre so weit eigentlich nur harmlos und letztlich seit 20 Jahren wenigstens veraltet, wenn nicht der große Bruder CDU dabei wäre, der demselben Inhalt aufgesessen ist. Die CDU inszeniert sich allerdings viel stärker als die Yuppie-Brüder bei der FdP als tief bürgerliche, ethisch im Christentum und der Freiheit und irgendwie auch dem Fortschritt und dem deutschen Wesen verwurzelten Gruppierung, die in Sachen Moral und Ethik eine ähnliche Haltung einnimmt wie die Amtskirche.
Und wie die Amtskirche, so sieht es auch bei der CDU (nicht nur natürlich) mit den eigenen Werten ganz schnell anders aus, wenn einer mit dem Scheckbuch winkt. Als erklärter Feind des Kommunismus, den zu bekämpfen die CDU angetreten ist, macht sie mit, wenn Merkel und die sie steuernde deutsche Wirtschaft eine Reihe lukrativer Verträge mit China abschließen. Natürlich, China ist im Grunde der Definition des Koalitionsvertrages zwischen den Regierungsparteien kein Sozialistisches Land, obwohl die Mindestlöhne haben, sondern pressen – ganz in freiheitlicher Traditionihr Volk kräftemäßig, finanziell und rechtlich aus bis zum Anschlag. Ein Menschenleben zählt wenig bis gar nichts, Hauptsache die Kasse stimmt.
Natürlich passt die chinesische Führung ethisch zu Merkel und Westerwelle. Die Ideologie heißt anders, aber letzten Endes ist der Staatsapparat in China lediglich in seiner Bauform anders – sein Zweck ist derselbe wie bei uns: Er muß den Eliten dienen.
Jetzt wittert die Opposition einen neuen Skandal, der in die gleiche Bresche schlägt. Der mögliche Panzerverkauf an das Königreich von Saudi-Arabien ist ebenso ein wunderbares Beispiel für konservative Moral: Während hier in jedem Bierzelt und an jedem Stammtisch über die Bedrohung durch den Islam schwadroniert wird und man die islamische Gefahr schön akut hält, bejubelt man nach außen die Demokratiebewegungen in Afrikas nördlichen Staaten und verkauft ihren Feinden Waffen. So ist er, der Konservative: nach außen gut gesittet aber hinter dem geschlossenen Vorhang geht’s zu….

Heuchelei bei der Opposition
Scheinheilig ist allerdings die moralinsaure Entrüstung, die Grüne und SPD jetzt in die Presse blasen. Natürlich ist es richtig den Merkel-Westerwelle – Deal zu kritisieren, aber wer hat gleich wieder Hand- und Faustfeuerwaffendeals, Verträge zwischen der deutschen Waffenindustrie und Saudi-Arabien über kleine Waffen die bestens geeignet sind, um die eigene Bevölkerung mundtot zu machen? Ahja, richtig, da war doch was in Rot/Grünen Zeiten. So mit Gerd und Jockel und Steinmeier als Kanzleramtschef.
Letzten Endes ist so eine Demokratiebewegung, wenns nicht gleich wie in Libyen zum Bürgerkrieg mutiert, mit einer gut ausgestatteten Polizei, Tränengas und Gewehren leichter im Griff zu halten als mit Panzern. Alle Panzer haben dem Schah von Persien seinerzeit nichts genutzt. Ahmadinedschad hingegen hält „seine“ Leute mit Tränengas und Reiterei bei der Stange.
Nicht vergessen: Sozial ist, was Arbeit schafft.Das haben die Bürger dieses Landes gewählt.

Fundstück der Woche (25.KW): Vom linken Cyberkrieg

Zu den gruseligen Seiten des Internetzeitalters gehört zweifelsohne der Cyberkrieg zwischen politischen und religiösen Lagern. So veröffentlichen rechtsradikale Netzwerke mit schöner Regelmäßigkeit sogenannte „Todeslisten“ mit Adressdaten und mitunter sogar Lebensgefährten und Kindern von bekannten oder bekennenden Linken und im Gegenzug veröffentlichen Linke gerne die Adressen heimlicher Rechtsradikaler.

Im Grunde ist der Schläger auf der Straße ja uninteressant. Das ist in der Regel dumm gehaltenes Kanonenfutter für den Straßenkampf, aber nicht der eigentlich gefährliche Kader, der die Rechte in Europa so stark macht. Es sind die eigentlich gebildeten, heimlichen Rechtsradikalen die das giftige Gedankengut am Leben halten und stets weitergeben, oftmals schleichend, immer gefährlich.

Doch dagegen arbeiten, wie die TAZ berichtet, auch Hacker wie die No Name Crew. Sie veröffentlichten auf Google Maps das hier:

(c) Google

Das ist so ähnlich wie seinerzeit bei dem Hack dieses Nazisymbolversandes. Auch hier wurden die Adressdaten gehackt und letztlich veröffentlicht.

Gut finde ich dieses Vorgehen ehrlich gesagt nicht. Wer für Datenschutz ist sollte auch im Kampf gegen Rechts nicht zu solchen Mitteln greifen. Was genau hat man denn davon? Also was tun Sie, lieber Leser, nachdem Sie diese Google-Karte und diese Aktionen kennen, von denen ich mich ausdrücklich distanzieren will, genau jetzt mit der Information? Irgendwie gar nichts, oder?

Andererseits lebt der Rechtsradikale Umtrieb auch immer von der Heimlichkeit. Nicht alles wird bemerkt, nicht alles kann nachgewiesen werden und verschlungene Pfade zu nutzen ermöglicht es so manchem rechten Kameraden überhaupt erst, seinen Trieb und Haß erst auszuleben. Insofern könnte eine Veröffentlichung andere abschrecken – aber nicht heilen. Packen läßt sich das Übel so nicht.

Es gibt Gründe dafür, daß in Deutschland Spenden erst ab 10.000 Euro beim Bundestag angezeigt werden müssen – zuallererst vermutlich den, daß man mit 9.999 €-Spenden die Grenze unterlaufen kann. Warum ist diese Grenze denn nicht bei sagen wir 100€ angelegt? Das würde den Verwaltungsaufwand erhöhen, das Spenden insgesamt aber transparenter machen.

Letztlich glaube ich, daß sich die politische Linke mit solchen Aktionen selbst schadet. Wer den gesetzlichen Rahmen verlässt setzt sich selbst ins Unrecht und es gibt keine schlimmere Erfindung in der Entwicklung der Menschheit als die Haltung, daß der Zweck die Mittel rechtfertige oder „heilige“. Diese Haltung steckt letztlich hinter Terrorismus, politisch motivierter Gewalt und Krieg. Kein Ziel, keine Idee, keine Ehre, kein Ideal rechtfertigt die Anwendung unmoralischer Mittel zu ihrer Erreichung. Der Kampf gegen Rechts ist moralisch richtig – aber er muß auf der argumentativen Ebene erfolgen. Das war mal eine wichtige Erkenntnis der politischen Linken – sie kulminierte in dem genialen Satz „Für den Frieden zu töten ist wie für die Keuschheit zu ficken“ – aber seit die gewaltbereiten Spinner vom schwarzen Block als linke NPD auftreten und politisch andersdenkenden gerne mal mit Gewalt begegnen scheint nach und nach diese Erkenntnis verlorengegangen zu sein.

Gegen Nazis helfen nur Aufklärung und Anstand. Durch simples Dreinschlagen erreicht man gar nichts – oder würden Sie zum NPD-Anhänger wenn Ihnen ein Scheitel mal so richtig auf die Fresse gibt?

Nicht berauschend

Ich gratuliere den Genossinnen und Genossen aus Bremen zu ihrem Erfolg und möchte ihn auch nicht kleinreden. Aber dieses Siegesgetaumel ganz besonders von Seiten bestimmter Bundespolitiker ist wahrscheinlich kontraproduktiv und bestenfalls peinlich. Die Wahlbeteiligung ist jedenfalls unglaublich schlecht gewesen und das ist nun wirklich kein Grund zum Feiern.

Wann immer Wahlsonntag ist freuen sich Politiker in der Öffentlichkeit über ihr Ergebnis – ein Vorgang der nicht selten zu Hohn und Spott führt. Dennoch gilt es als selbstverständlich daß Spitzenkandidaten hinterher a) ihren Wahlkampf (und damit die Wahlkämpfer) loben, b) von einem Wählervotum sprechen das „irgendwie“ auch für sie gut ist und c) klarstellen daß im Grunde ihre Inhalte und Ansichten gewonnen haben.

So feiert Sigmar Gabriel laut Sueddeutsche.de einen „Riesenerfolg“. Mit 38% hat die SPD dort tatsächlich Prozente eingefahren wie sie, sagen wir, in Bayern eher unwahrscheinlich sind (wo sich der Landesparteivorstand aber sehr um das Projekt 10% bemüht).  Aber real betrachtet sind es gar nicht 38%, sondern nur 54% davon. Das sind 20,52%. Das ist immer noch mehr als die andern bekommen haben, aber lediglich ein Fünftel aller Wahlberechtigten haben der SPD ihre Stimme gegeben. Nur die Hälfte ist überhaupt hingegangen und das ist ein viel dramatischeres Ergebnis als die Tatsache, daß diese Spinner von „Bürger in Wut“ ihr Ergebnis vervierfacht haben.
Andrea Nahles, die ehemalige Linke der SPD, spricht von einer Stärke der SPD in den Städten. Natürlich, wo denn auch sonst – als wäre das etwas einmaliges in der Parteigeschichte. Andererseits, bei der Dame ist eh nicht so ganz klar, was ihr gerade so alles neu ist (Was? Sarrazin hat ein Buch geschrieben?). Die Grünen legen kräftig zu und dürften meiner Einschätzung nach die einzige Partei mit echtem Stimmenzuwachs sein. Die SPD hat zwar auch gewonnen ±2%) aber ich hege die Vermutung daß das eher daran liegt, daß weniger SPD-Wähler im Schnitt zuhause blieben als bei anderen Parteien und nicht weil real mehr sie gewählt haben.

Demokratie? Machen eh die andern.

Die geringe Wahlbeteiligung von gerade mal 54% ist eine Katastrophe. Zwar war die Wahlbeteiligung in Bremen schon lange nicht besonders kräftig und seit den 70er Jahren auch am Sinken wie überall in der Republik, aber sie ist so schlecht wie bisher noch nie. Das dramatische daran ist aber, daß es ein Novum bei dieser Wahl gab: 16- und 17-Jährige durften erstmals auch wählen. Davon hatte sich die Piratenpartei besonders Vorteile versprochen. Rein zufällig natürlich ist der Server der Piratenpartei aber polizeilich beschlagnahmt worden.Könnte daher sein daß die Piraten vielleicht auch eine Verfassungsklage gegen die Wahl anstreben.
Das hat aber an der miesen Wahlbeteiligung nichts geändert. Wenn überhaupt, dann sie über die 50% gerettet aber das muß sich erst zeigen. Ist das ein Grund zum Feiern? Nein, das ist ein Grund nachdenklich zu sein.
Kein Politiker aber war an diesem Abend nachdenklich zu hören. Bislang jedenfalls. Nur noch die Hälfte ist überhaupt hingegangen, die andere Hälfte scheint kein wählbares Angebot auf den Listen entdeckt zu haben. Viele glauben nicht mehr an das Land und die Demokratie – nicht zuletzt weil sie das Gefühl haben daß Demokratie nur eine Scheinveranstaltung ist die dazu dient, eine bestimmte Clique an den Schalthebeln zu belassen. Demokratie als Diktatur  mit dem Anstrich von Mitbestimmung.
Ist das so? Existiert die Demokratie in Wahrheit doch nur auf dem Papier? Oder gelingt es den Parteien nicht mehr, die Möglichkeiten der Bürger zu vermitteln und als Stimme der Menschen den Interessen einiger weniger entgegenzutreten? Liegt die Schwäche im System oder bei seinen Trägern?
Wenn das System das Problem ist – warum gehen dann die Nichtwähler bloß nicht zur Wahl, warum ändern sie es nicht? Sind sie doch so faul und desinteressiert wie man es ihnen gerne unterstellt? Warum überlassen sie sich und das Leben ihrer Kinder dann dem System, wenn sie es ablehnen?
Wenn es nur die Trägerschaft ist – also die Parteien und vor allem die maßgeblichen Figuren darin – dann ergibt das Nichtwählen in gewisser Hinsicht Sinn. Aber es wäre dann besser hinzugehen und den Stimmzettel absichtlich unbrauchbar zu machen. Sonst könnten jene, die genau von dieser miesen Wahlbeteiligung profitieren letztlich das Gefühl bekommen, sie hätten schon fast gewonnen.