Marktforschung – Deine Stimme zählt?

Seit einiger Zeit fallen mir Radiowerbespots auf, die von den deutschen Marktforschern geschaltet werden. Motto: „Sag Ja zu Deutschlands Markt- und Sozialforschung.“ Das spricht Bände über eine Branche, die völlig zu Recht als eher zweifelhaft gelten dürfte.

Marktforscher arbeiten für Unternehmen, die ihre Produkte möglichst effektiv auf dem Markt unterbringen möchten. Das ist ja so weit erstmal ein halbwegs ehrenhaftes Motiv. Marktforschungsunternehmen erstellen zudem politische Umfragen und versuchen die Stimmungslage in der Gesellschaft zu messen und wiederzugeben. Sie befragen statistisch ausgewählte Bürger nach ihrer Meinung zu politischen Entscheidungen und dem Geschmack von Zahnpasta – es gibt praktisch nichts, was nicht auf die Art gemessen werden kann.

Das Ergebnis ist ein relativ stromlinienförmiges Produktangebot – können Sie sich noch an Zeiten erinnern, als man richtige Autos baute? Heutzutage sehen die Dinger alle gleich aus und scheinen auch nur noch in den selben sechs Farben ausgeliefert zu werden. Wenn die Marke nicht draufstünde wäre es schwierig zu entscheiden, ob man da einen BMW, einen Audi oder einen Mercedes vor sich hat. Zahnpasta schmeckt mehr oder weniger gleich, egal wie das Produkt heißt; Gleiches gilt für die meisten Erfrischungsgetränke. Individualismus ist auf dem Markt eben manchmal eine gefährliche Sache, das ist auch der Grund warum die Filmbranche oder auch die der Computerspiele lieber auf „bewährte“ Marken setzen und Serienweise immer dasselbe neu abliefern, statt sich ernsthaft etwas neues auszudenken. Im Gegenzug führt das dazu, daß selbige Marken immer ausgelutschter werden.

Daß dies das Ziel der Marktforscher ist, kommt auch in dem einen oder anderen Spot zu Geltung: „Fernseher ohne Fernbedienung. Haargel mit Zement. iPods ohne Kopfhörer. Zeitschriften im Din A 47 – Format? Gibt es nicht. Weil es Marktforschung gibt.“ Gut, kein Mensch würde einen mp3-Player ohne Kopfhörer kaufen… außer natürlich, sein alter Player ist kaputt, aber die Kopfhörer tun eigentlich noch. Warum dann also noch einen Satz Kopfhörer dazukaufen müssen und die anderen in den Müll werfen? Weil es Marktforschung gibt.

Ich gestehe, daß ich diesem System wahnsinnig gerne Sand ins Getriebe streue. Immer mal wieder ruft einer von denen an und will von mir irgendwas wissen und getreu dem Motto „Ihre Meinung ist uns wichtig“ äußere ich dann auch brav eine Meinung. Egal welche, gerne irgendeinen Unsinn. Letztens ging es um Fleischverpackungen und ob ich den Anblick von rohem Fleisch in der Verpackung eigentlich appetitanregend finde oder ob mir eine Rundumverpackung lieber ist, bei der ich das Produkt nicht sehen kann, dafür aber ein Foto des zubereiteten Produktes. Also eine Fertigessen-Verpackung. Natürlich habe ich die Geschichte mit dem Fertigessen brav erzählt und irgendwas über ekliges Blut und so erwähnt – und kaufe trotzdem weiterhein richtiges Fleisch. Ihr könnt mich mal.

Eine Variante sind die Umfragen, für die man sogar Geld bekommt: Globaltestmarket ist da der Vorreiter. Ich hab da auch einen Account und mag das sogar recht gern. Man sammelt Punkte, jeder Punkt ist genau 0,5 (amerikanische) Cent wert. Eine etwa 20 Minuten andauernde Umfrage bringt so um die 35-50 Punkte ein, also knapp einen halben Dollar. Hat man 1000 Punkte gesammelt, gibt’s einen Scheck über 50 Dollar. Das funktioniert tatsächlich.

Gemein ist daran allerdings, daß die vorher genau wissen wollen, in welche statistische Gruppe man gehört weil die eigentliche Umfrage erst nach Erfassen dieser Daten beginnt. Also geht es um Alter, Wohnort, Einkommen und so weiter und passt man nicht in die relevante Gruppe gibt’s keine Umfrage – und damit auch kein Geld. Also muß man vorher ein wenig flunkern und dem System weismachen, daß man zur Statistik passt und das ist nicht ganz so einfach: Da man nicht weiß worum es geht ist nicht sicher, ob man eher der Armer-Schlucker- oder der Krösusfraktion zugehörig sein sollte oder ob man für die Umfrage Single oder Clansoberhaupt sein muß. Ein bißchen herantasten ist also notwendig.

Als Faustregel kann man sich merken, daß Personen zwischen 30 und 40 Jahren gesucht werden mit einem überdurchschnittlichen Haushaltseinkommen (3000 Euro und mehr) und einer Vorliebe für allerlei technische Geräte. Sie sollten stets angeben, Hauptverdiener zu sein und alle Aktivitäten auch selbst zu machen. Auch sind in aller Regel vermeintliche Kinder nicht schlecht geeignet, um die Auswahlkriterien zu überstehen. Ganz wichtig ist, daß man so gut wie nie in einer der vorgeschlagenen Branchen tätig sein sollte. Sind sie erstmal drin, können Sie alles behaupten was sie wollen, es muß nicht einmal logisch sein. Wenn Sie gefragt werden, welches Gerät Sie normalerweise beim Duschen benutzen, warum nicht Dampfkocher angeben, wenn die Auswahl schon dasteht? Vielleicht gibt es dann bald Dampfdruckkochtopfduschen. Weil es Marktforschung gibt.

Was habe ich zuhause schonmal getan? Das Licht ausgeschaltet und dann entfeuchtet?

Ein schönes Beispiel. Ein anderes (aus der gleichen Umfrage) ist das hier:

Bitte, ich will das Fitnesstraining künftig per Fernbedienung haben…!

Es ist schwer, bei sowas ernst zu bleiben. Das Schöne ist, daß diese Umfragemaschinen annähernd jeden Unsinn schlucken. Und das Schönste daran ist: Während ich diesen Artikel geschrieben habe, habe ich die Umfrage auch gemacht. Das hat – zugegebener Maßen – beinahe eine Stunde gedauert. Aber für das Vergnügen, denen zu erklären, daß ich die Aktivität „sms empfangen“ grundsätzlich nur nachts zwischen 2 und 3 Uhr morgens mit Hilfe eines Staubsaugers und nur im Hobbykeller mache, haben die mir doch glatt 5 Dollar bezahlt. Ich bin gespannt auf die Produktpalette 2013.

Von der Desinformation

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zieht eine negative Bilanz zum Dosenpfand – und erklärt Rot-Grün dafür und für das Gesetz verantwortlich. Was sie irgendwie vergißt zu erwähnen: Das Gesetz ist gar nicht von Rot-Grün.

Bilanz nach zehn Jahren: Prestigeobjekt Dosenpfand“ verkündet die FAZ und schreibt darunter: „Fast genau zehn Jahre später fällt die Bilanz des Prestigeobjektes der rot-grünen Bundesregierung ernüchternd aus“. Das ist, so auch der Tenor in den meisten Kommentaren zum Artikel, ja das Grundübel des Dosenpfandes: Ein linker Zeitgeist habe die armen Getränkehersteller gezwungen, die Getränkepreise zu erhöhen für ein „Zwangspfand“, das natürlich nur den Bürger ausnimmt und nichts bringt.

Tatsächlich hatte das „Dosenpfand“, wie das „Einwegpfand“ in der Presse genannt wird, das Ziel, die zunehmende Vermüllung der Landschaft einzudämmen und dem entgegenzuwirken und diese Intention ist zunächst mal gar nicht schlecht. Man muß nur nach Südeuropa fahren – oder nach Frankreich, was das betrifft – um sich anzuschauen wie es auch aussehen könnte. Rebelliert gegen das Gesetz hatten gar nicht so sehr die Getränkehersteller sondern vor allem die Supermärkte und Discounter, die es sich nicht nehmen ließen, mit Hinweisschildern zu den „Annahmestellen für das Zwangspfand“ auch in den eigenen Geschäften massiv Stimmung gegen das Gesetz zu machen.

Bei so manchem eher einfachen Geist verfing die Masche auch – beim Großteil der Bevölkerung nicht. Scheinbar zählt zu diesen einfachen Geistern auch ein gewisser Johannes Pennekamp, der als freier Mitarbeiter bei der Zeit und als Weitwinkel-Reporter seit dem 1.4.2012 auch für die FAZ schreibt. Denn ein gewisses Minimum an Recherche, und sei es auch nur nach dem Wikipedia-Prinzip, hätte ihm verraten können, daß er da ein Merkelgesetz angreift.

Diese Kurzsichtigkeit verwundert bei einem offensichtlich intelligenten Mann wie Pennekamp dann doch – es sei denn, das sorgfältig choreographierte Orchester des konservativen Medienwahlkampfes beginnt nun zu spielen. Auftakt war sicherlich die Steinbrück-Geschichte, dann kam dazu die lancierte Story rund um die „antisemitische SPD„, das Dosenpfand… ich bin gespannt, was da noch alles kommt. Die nächsten Wochen empfiehlt es sich sicherlich, den Brechreiz zu unterdrücken und Bunte, Bild und Focus zuzuschauen, wie sie das aufziehen. Dabei wird man viel über unsere Medienwelt lernen können.

Also nochmal
Es ist doch relativ einfach: Im Jahre 1991 beschloß der damalige Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) eine neue Verpackungsverordnung für Deutschland. Seine Nachfolgerin, „Kohls MädchenAngela Merkel (CDU) novellierte die Gesetzesvorlage 1998. Da es 1998 einen Regierungswechsel gab, trat das Gesetz eben unter Rot-Grün 2003 in Kraft (weil die Voraussetzung dafür, nämlich die Tatsache, daß die Menge der Mehrweg-Getränkeverpackungen unter einen Anteil von 72% gefallen war, erfüllt wurde) und mußte 2006 noch einmal angepasst werden, damit es der EU-Rechtsnorm entsprach.

Es ist ein CDU-Gesetz, und dafür auch ein ziemlich gutes.

Die Akzeptanz wäre sicherlich höher gewesen wenn man zum Einen nicht diesen ganzen Ausnahmeblödsinn eingeführt hätte (Mit Kohlensäure = Pfand; Ohne Kohlensäure = kein Pfand was die tollen Getränke mit „verbesserter Rezeptur“ zur Folge hatte: Limos ohne Kohlensäure, bah!), und wenn zum Anderen die Discounter und Supermärkte sich nicht auf diese Kampagne eingelassen hätten.

Der Artikel hat sachlich recht
In einem Punkt muß ich aber ganz deutlich eine Lanze brechen für Herrn Pennekamp: Von den Fakten aus betrachtet hat der Artikel voll und ganz recht: Der Anteil an Mehrweg ist sogar zurückgegangen. Man kann darüber streiten ob das gut ist, auf jeden Fall hat ein Umdenken in der Gesellschaft stattgefunden: Man schmeißt die Dose nicht mehr einfach in die Wildnis, auf die Straße oder ins Gleis, man bringt sie zurück.

Und das ist schließlich der Beweis, daß das Gesetz Erfolg hatte; und zwar da wo es den auch haben mußte.

Dümmste Spam-Mail des Tages

Spam-Mails sind ja manchmal wirklich interessant gemacht und manchmal macht es auch Spaß, mit den betreffenden Betrügern dahinter zu interagieren und selbige zu massive Zeitverschwendung zu bewegen. Ich selber mach das normalerweise mit Wohnungsbetrügern recht gern.

Heute aber flatterte mir diese Spam-Mail ins Postfach und ich muß ehrlich gestehen, daß ich eine derart mies gemachte schon lange nicht mehr gesehen habe:

PayPal Spam

Ahja… und das soll ich glauben?

Wenn sie wenigstens halbwegs in korrektes Deutsch übertragen worden wäre… aber die Formulierung

Vielen Dank, Bitte nicht auf diese E-Mail antworten, wie Sie Ihre Antwort nicht empfangen werden.
Dies ist eine automatische Benachrichtigung über neue Sicherheits-Nachrichten.

ist dermaßen lächerlich, daß ich mich ernsthaft frage, ob auf den Quatsch einer reinfällt. So ganz nebenbei: Man erkennt Betrüger oftmals daran, daß man sich schon beim Ziel des Links so seine Gedanken machen sollte; Beispiel hier ist:

na klar…. ne cgi-Datei… logisch

Und genau das kann wohl kaum sein. Die meisten Leute sollten cgi-Extensions schon einmal gesehen haben; CGI bedeutet Common Gateway Interface und ist sozusagen eine Schnittstelle zwischen dem Webserver und einem Softwaremodul, das irgendeine Programmieranweisung ausführt. Mit Hilfe von CGI lassen sich also Programme auf dem Webserver starten. Und das ist gefährlich: Da diese Anweisungen nicht clientseitig, also auf dem Browser ablaufen, sondern serverseitig, sind die Möglichkeiten der Anwendungen nahezu unbeschränkt, da man nicht auf die Einschränkungen der Browser beschränkt ist. Aber auch nicht auf irgendwelchen Sicherheitseinstellungen des Browsers. Das Programm kann nahezu alles machen was es möchte – und wer so dämlich ist, dort auch noch irgendwelche Kontoinformationen anzugeben, dem kann praktisch nicht mehr geholfen werden.

Also: Bei seltsamen Mails über VISA-, MasterCard-, anderen Bank- oder Internetkonten wie Paypal NIEMALS auf einen Link klicken. Lieber über den Browser seperat die tatsächliche Webpage der betreffenden Institute aufrufen und dort mal checken, ob irgendwas los ist. Ist nämlich normalerweise nicht.

Quo vadis, Spanien?

Seit einiger Zeit ist Spanien eines der in Deutschland unbeachteten Länder, das am Rande des Zusammenbruchs steht. Spanien hat ebenfalls das Pech, eine konservative Regierung zu haben die einen strikten Sparkurs fährt der letztendlich zuerst der Bevölkerung, und dann der eigenen Wirtschaft die Lebenskraft aussaugt. Nur jetzt scheinen sie endgültig abzudrehen.

Wie die Süddeutsche Zeitung vergangenen Dienstag berichtete, planen die spanischen Behörden, bei künftigen Demonstrationen keine Videoaufzeichnungen durch die Demonstranten zuzulassen. Sie hätten Angst vor Racheakten. Racheakte? Die könnte es doch höchstens geben, wenn die Polizei sich nicht korrekt verhält. Und genau da liegt das Problem.

Was uns, oder zumindest mich, bei den Zusammenstößen rund um das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 so erschreckt hatte, nämlich die völlige Auseinandersetzung zwischen Polizei und Demonstranten, die tatsächlich nur friedlich ihre Meinung kundtun wollten, passiert sowohl in Spanien, wie auch in Griechenland fast täglich. Die schlichte Wahrnehmung eines Grundrechtes wird vom Staat immer heftiger bekämpft und als Krieger steht der Polizist in vorderster Front. Nicht immer freiwillig.

Was ich für völlig schockierend halte sind die Versuche der Konservativen, Spaniens Universtätssystem komplett platztzumachen. Wie ich am Dienstag im Deutschlandfunk vernahm, versucht der spanische Bildungsminister Ignacio Wert so eine Art Strafgebühren für durchgefallene Examen zu verlangen: Wer eine Prüfung nicht besteht, muß eine Strafe bezahlen.

Herr, schmeiß Hirn vom Himmel!

Die eigenen Leute scheinen endgültig zu verblöden und Dein Bodenpersonal lässt auch noch schwer zu wünschen übrig. Sie werden nicht in der Lage sein, dem Wahnsinn der Konservativen, die unseren Kontinent abwirtschaften, entgegen zu treten. Im Gegenteil, sie sind mit ihm verbündet!

Alleine die Idee, Kurse einzeln bezahlen zu lassen wodurch sich aus Geldmangel bei den meisten das Studium schon wieder entgegen der Bologna-Ideale wieder verlängert ist völliger Schwachsinn. Aber so ist es mit der geistig-politischen Wende bei der Bildung: Sie wird daran eingehen. Morgen erzähle ich mal ein bißchen was über Vorgänge an der Uni München, glauben Sie mir ruhig: Sie werden mit den Ohren schlackern!

Von den Helden unserer Zeit – und ihrem Sturz.

Für viele ist Felix Baumgartner ja ein ganz großer Held. Stürzte er sich doch auf über 39 Kilometern Höhe für einen Getränkehersteller aus einer Kapsel und erreichte Überschallgeschwindigkeit. Daß es sich dabei tatsächlich um eine beeindruckende Leistung handelt ist unbestritten, auch daß es die wahrscheinlich teuerste und größe Werbeaktion für einen Gummibärchensaft war.

Der Sprung war eine große Leistung – nur was danach so alles kam wirft Zweifel auf. Zweifel beispielsweise an einem allgemeinen Wahlrecht, nachdem der Postillon einen satirischen Artikel veröffentlich hatte, in dem behauptet wurde, daß der Sprung wegen des Übertretens einer Linie für ungültig erklärt wurde, brach ein regelrechter Shitstorm los, bei dem sich eine Menge Leute unglaublich aufregten – und bei der Vorstellung, daß so jemand auch wählen darf wird es einem schon ein wenig schummrig zumute.

Felix Baumgartner offenbar auch. Denn wie der Science-Blog Astrodicticum Simplex schreibt, fühlt sich Baumgartner in einer Demokratie offenbar recht unwohl und wäre lieber für eine „gemäßigte Diktatur“.  Das Interview habe ich inzwischen gefunden – und er sagt das dort anscheinend wirklich so:

Ist ein Wechsel in die Politik eine Option für Ihre Zukunft?
FELIX BAUMGARTNER: Nein, man hat das am Beispiel Schwarzenegger gesehen: Du kannst in einer Demokratie nichts bewegen. Wir würden eine gemäßigte Diktatur brauchen, wo es ein paar Leute aus der Privatwirtschaft gibt, sie sich wirklich auskennen.

Hm… also abgesehen davon, daß nicht wenige längst eine Diktatur der Privatwirtschaft konstatieren ist diese Aussage schon ziemlich krass. Eine Diktatur, egal was denn nun eine „gemäßigte“ Diktatur sein sollte, ist eine Herrschaftsform, die letztendlich auf Unterdrückung von Freiheit und Leben beruht.

Die Vorstellung, daß Leute aus der Privatwirtschaft herrschen, also quasi dem Eigeninteresse verpflichtet über alle anderen gebieten, ist eine ziemlich schreckliche. Schon jetzt dürfte man davon ausgehen, daß bedingt durch den massiven Einfluß (Stichwort: Lobbyismus) auf so ziemlich alle politischen Strukturen, kaum eine wirkliche Demokratie herrscht. Blickt man nach Amerika, wo sich Politik zu machen oftmals nur noch sehr reiche Menschen leisten können, könnte man glatt von einem Übergang zur Oligarchie sprechen.

Egal, ob man nun eine Autokratie aus seinen Worten herauslesen möchte, oder eine andere Form der Diktatur, die Vorstellung daß quasi die FdP als alleinige Partei nach chinesischem Vorbild herrscht, ist mir ein echter Graus. Schon die Ideologie dieser Vertreter der Privatwirtschaft, „jeder ist sich selbst der nächste“ bzw. „Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht“, der letztendlich zu einer Ochlokratie führen würde, ist völlig daneben.

Was auch immer man von Baumgartner und seinem wissenschaftlich unbrauchbaren Fall halten mag: Sein Sturz hat anscheinend gerade erst begonnen.

Zombie, Zombie, Zombie

Jenseits des politischen Alltags ist auch unsere Kultur etwas, das gefühlt sich einem Verfall nähert, den man zwar nicht wirklich messen kann, auch wenn Versuche unternommen werden (Sprachverfall, Kulturpessimismus, sterbende Museen und Konzerthäuser), aber den wir mit unseren Vorfahren teilen, die ebenfalls davon überzeugt waren, den Glanz der alten Zeiten nicht mehr erreichen zu können.

Zum Verfall maßgeblich beitragen soll wohl vor allem der Film, eine ziemlich blödsinnige Behauptung, auch wenn die durch den Film transportierten Behauptungen manchmal eine ordentliche Durchschlagskraft entfalten. Ein schönes Beispiel ist die 2012-Panik, die sich immer wieder auszubreiten droht und der nicht nur Esoteriker, sondern auch andere, eher normal gepolte Menschen anheim fallen oder entsprechende Behauptungen ungeprüft wiedergeben, allen Gegenargumenten zum Trotz.

Derzeit grassiert eine gewisse Welle von Zombie-Filmen durch Film, Funk und Fernsehen und auch die Zombie-Bücher werden irgendwie drastischer. Bevor ich darauf eingehe muß ich allerdings eines zugeben: Ich mag Zombiefilme. Ich mag die eigentlich immer gleiche Geschichte, die erzählt wird und schätze auch die Konsum- und Kulturkritischen Aspekte eines gut gemachten Streifens. Ebenso sind manche Zombiefilme wirklich brillant inszeniert und warten seit einiger Zeit auch mit ziemlichen Hollywood-Größen auf, die beispielsweise Will Smith, der mit „I am Legend“ bereits die vierte Verfilmung des Stoffes ziemlich gelungen umsetzte. Allerdings ist die Sache mit der Hollywood-Größe nicht unbedingt etwas seltenes, ganz besonders bei diesem Stoff: In „The Last Man on Earth“ von 1964 spielte die Hauptrolle immerhin Vincent Price, den manche vielleicht aus Edward mit den Scherenhänden kennen, die nächste Verfilmung, „Der Omega-Mann“ (1971) wurde mit Charlton Heston besetzt, auch nicht gerade irgendwer. Die unbekannteste Rollenbesetzung dürfte die zweite Verfilmung von 2007 sein, „I am Omega„, bei der Mark Dacascos die Hauptrolle spielte und der auch am weitesten von der Vorlage abweicht. Zu Dacascos habe ich ein zwiespältiges Verhältnis, weil ich die meisten seiner Filme ziemlich gern habe (unvergessen: Crying Freeman, die Serie zu the Crow und Pakt der Wölfe) und finde, der auch gut darin spielt, er aber zeitgleich letztlich immer dieselbe Rolle angeboten bekommt so daß man nie so recht weiß, ob er als Schauspieler eigentlich mehr kann. Ebenfalls im Jahr 2007 kam dann eben dazu die Verfilmung mit Will Smith.

Durch die wirklich phantastisch gemachte Serie „The Walking Dead“ ist das Thema nun endgültig wieder im Mainstream angekommen und wird, ähnlich wie die durch die Twilight-Bücher ausgelöste Vampir-Welle sich vermutlich noch ein oder zwei Jahre halten bevor das nächste kommt.

Zombie-Streifen gibt es in zweierlei Kategorien was die Machart angeht, und auch in zweierlei was die Story angeht. In jedem Fall handelt es sich meistens um ein Endzeitszenario bei dem ein nicht unerheblicher Teil der Menschheit, oder zumindest der lokale Teil der Menschheit drastisch dezimiert ist und die Überlebenden sich in einer Überlebenssituation wiederfinden, die sowohl verschiedene soziale Spannungen in der Gruppe, als auch verschiedene Entscheidungsmomente ethischer und moralischer Natur erzwingt. Beispielsweise muß die Grupppe manchmal einen Charakter opfern, um den Rest zu retten.

Letztendlich erzählt nahezu jeder Zombiestreifen mehr oder weniger diese Handlungselemente, manchmal mit unterschiedlichen Schwerpunkten.  Was ich vorhin mit den Kategorien meinte, ist schnell erklärt: Zombie-Filme waren immer Teil der Splatter-, manchmal auch der Gore-Filme und waren in der Regel nur für ein kleines Publikum gemacht. Die Schauspieler waren im besten Fall zweitklassig, das Drehbuch auch und die einzige echte Investition waren die Filmtricks, die allerdings zum Teil beeindruckend gut aussahen.
Der Großmeister dieser B-Movies ist und bleibt eindeutig George A. Romero, der mit den reinen Gore- und Terrorfilmen wie „Saw“ oder „Hostel“ nicht viel anfangen kann. In einem Interview mit der New York Times sagte er: “I don’t get the torture porn films, they’re lacking metaphor. For me the gore is always a slap in the face saying: ‘Wait a minute. Look at this other thing.’ ” (Quelle) (Übersetzung: „Ich verstehe die Folter-Porno-Filme nicht, die haben doch keine Metapher. Für mich ist Gore immer ein Schlag ins Gesicht, der sagt: ‚Warte mal ’n Moment. Schau auf diese andere Sache.‚“)
Eine ganz andere Sache sind die Zombiefilme, die mit großem technischen Aufwand A-Niveau zumindest in Produktion und Vermarktung erreichen und das Zombie-Thema damit in die Kinos kriegen, wo es sich auch tatsächlich massenhaft Leute ansehen. Die besten Beispiele für die Art sind „I am Legend“ mit Will Smith und „Dawn of the Dead„, das Remake von Zak Snyder, der einen Romero-Film noch einmal drehte.

Die Handlung ist in aller Regel vorhersehbar, aber von unterschiedlicher Qualität. Der Zombie-Vorfall ereignet sich entweder in Amerika oder aber in einer irgendwie recht abgelegenen Gegend, die Hauptpersonen bekommen nicht immer den Anlaß mit, wohl aber die Auswirkungen und finden sich schließlich zusammen um zu versuchen, als Gruppe zu überleben. Meistens verschanzen sie sich irgendwo und werden dann genüßlich einer nach dem anderen dezimiert. Für die Gruppe ist es immer wichtig, daß bestimmte Rollentypen besetzt sind; So gibt es einen starken Kämpfer, einen unsicheren Verlierer, der in der Überlebenssituation über sich hinauswächst, einen Verräter und einen, der schon gebissen ist, aber darüber aus Angst um sein Leben schweigt. Meistens sind noch eine oder einige hübsche Frauen dabei und die eine oder andere männliche Komponente, deren Hauptzweck aber mehr darin besteht im Verlauf der Handlung mehr oder weniger melodramatisch unterzugehen.

Was ich mit zwei Kategorien von Story meine ist, daß die einen Filme sich hauptsächlich um das Niedermetzeln von Zombies und/oder der Gruppenmitglieder drehen und im großen und Ganzen stinklangweilig sind. „House of the Dead“ wäre so ein Machwerk, bei dem zwar Jürgen Prochnow mitspielt, das aber ansonsten unterirdisch schlecht besetzt und gespielt ist. Gut, das ist ein Film von Uwe Boll, so what?

Die andere Kategorie von Story nutzt das Umfeld der Handlung zu einer Charakterstudie. Das Verhalten der Figuren, ihr Bezug zu grundsätzlichen gesellschaftlichen Werten und zueinander wird anhand der Überlebenssituation auf den Prüfstand gestellt und oftmals scheitert die Menschlichkeit am Überlebenswillen. Derartige Filme, wie es Dawn of the Dead zum Beispiel ist, benutzen den Splatter und Gore mehr um die Situation extremer darzustellen und so mögliche Handlungen zu erklären. Manchmal gehen diese Filme aber auch gründlich schief, wie der unterirdische „City of the Dead“ beweist: Eine eigentlich ziemlich nette Idee, statt der üblichen Figuren mal zwei Drogendealer-Gangs, Polizisten und einige „normale Leute“ in das Szenario zu bugsieren, geht dank der fürchterlichen Schauspieler und der noch schlechteren Regie völlig ein; Da macht es auch nichts mehr, daß die Autoren des Drehbuches sich auch einen anderen Beruf suchen sollten.

Das wiederum macht die Serie „The Walking Dead“ zu so etwas besonderem: Da das Serienformat viel eher erlaubt, Charaktere und Charakterentwicklungen darzustellen, können sich die Schauspieler auch wirklich Zeit für ihre Figuren nehmen, die dann auch entsprechend detailliert und gelungen rüberkommen. Vor dem Hintergrund der untergagangenen Welt werden hier die vermeintlich üblichen Dreicksbeziehungskisten und Freundschaftsgeschichten erzählt, bekommen aber durch die Bedrohung und die Neigungen der Figuren (auch hier mischen sich „normale“ Zivilisten mit Polizisten und Kriminellen) eine deutlich interessante Perspektive. Insbesondere die überaus ehrliche Neigung der Regisseure, mit ihren Figuren keinesfalls zimperlich umzugehen macht die Serie spannend wie kaum eine andere zuvor, weil im Gegensatz zum sonst so üblichen nie klar ist, ob und wenn ja welche Figuren am Ende der Folge noch leben.

Eine andere Art, aber Qualitativ wirklich verdammt gelungen ist der Film „Night of the Living Dead„, ebenfalls ein Romero. Hier schließt sich die Gruppe der Überlebenden in einem Farmhaus ein und letztendlich eskaliert die Auseinandersetzung innerhalb der Gruppe, daß am Ende nur eine einzige Figur überlebt. Doch als dieser schon die Rettung in Form der Bürgerwehr nahen sieht, wird er am Ende des Films von seinen Rettern erschossen. Lohn der Angst.

Zombie-Filme haben, wenn sie gut gemacht sind, auch gewisse Gesellschafts- und Konsumkritik in sich stecken, so ist der Schauplatz von „Dawn of the Dead“ ein Kaufhaus, zu dem sich die Zombies noch immer hingezogen fühlen und auch bei „28 Days later„, eine ziemlich gelungenen britischen Verfilmung, spielt der Besuch in einem Supermarkt eine zentrale Rolle; Es sind die glücklichsten Momente der Gruppe. In „Land of the Dead“ hat sich die Menschheit in einen ziemlich sicheren Turm zurückgezogen und dort die alte Hackordnung von bestimmenden Reichen und machtlosen Armen wiederaufleben lassen – was auch letztendlich in die Katastrophe führt.
Der Stoff von „I am Legend“ beinhaltet eine interessante Perspektive: Der Überlebende, Robert Neville ist im Grunde Legende, denn er ist ein Relikt einer alten Gesellschaft, die nach der Übernahme der Welt durch die Zombies (oder die Vampire im originalen Buch) überflüssig ist. Die Zukunft der Menschheit liegt eben im Zombie-Dasein und das Heilmittel, das Neville entwickelt, ist für diese Welt eine Bedrohung.

Bücher
Im Bereich Romane haben sich in den letzten Jahren einige neue Entwicklungen ergeben. Seit 2003 erscheinen mehr oder weniger regelmäßig neue Romane des Autors Brian Keene, der letztendlich verschriftlichte Splatterfilme schreibt, und das ziemlich drastisch. Auf Deutsch sind noch nicht alle erschienen, aber sie alle zeichnet eine ziemlich kompromißlose Sprache und eine sehr einfache Figurenzeichnung aus. Was sie dennoch lesenswert macht ist die Rückkehr zu den Traditionen der Zombie-Apokalypsen.

Die ersten Zombiestreifen gingen immer von einer Art religiösem Wiederauferstehen aus, mithin eine in fast jeder Zivilisation vorherrschende Angst, daß die Toten eines Tages zurückkehren, um sich an den Lebenden zu rächen. Manchmal wurde das mit Vodoo vermischt, manchmal wird es auch gar nicht erklärt. Nach und nach haben sich eher technische Ursachen als Erklärung für die Zombieseuche durchgesetzt, schiefgegangene Experimante des Militärs oder – seit Resident Evil sehr en vogue – skrupellose Firmen, die die Zombieseuche als Biowaffe entwickelt haben.

Keene nun lässt die Zombies auferstehen als Siqqusim, Dämonen die einen Körper benötigen um auf die Erde zurückzukehren. Sie wurden dereinst von Gott verbannt und wollen nun die Erde zurückerobern. Sie sind unsterblich – die Dämonenseele fährt einfach wieder zurück in die Hölle wenn der Körper getötet wird und bleibt dort, bis ein neuer Körper „frei wird“. Am Ende gewinnen sie auch. („Auferstehung“ und „Stadt der Toten“)
Ein anderer Roman, „Totes Meer“ ist sogar noch ein bißchen boshafter: Die Geschichte spannt sich rund um die Überlebenden, die auf einem Schiff das Weite suchen, weit weg von gefährlichen Menschen, die sie beißen könnten. Bis sie, naja, einen Fisch an Bord ziehen….

Keene schreibt aber nicht nur Zombieromane. Der Roman Darkness on the Edge of Town (deutsch: Am Ende der Strasse) von 2008 erzählt eine ähnliche Geschichte wie Stephen Kings Roman „Die Arena“ von 2009 – eine Stadt wird abgeschlossen durch eine unvorstellbare Kraft und das Gesellschaftssystem bricht zusammen. Im Gegensatz zu King ist Keene nun kein Meister der raffinierten, psychologisch genialen Figurenzeichnung, aber der Roman baut trotzdem eine hinreichend schöne Stimmung auf.

Warum erzähle ich das alles?
Hm, gute Frage. Ich bin während meiner Suche nach einem schönen neuen Fundstück der Woche zufällig über einen Trailer gestolpert, der einen Film namens „Decay“ bewirbt. Schon das erste durchgucken offenbart den Film als Unsinn, gepaart mit einem Versuch, die Resident Evil Filme zu kopieren. Aber über eines mußte ich dann doch schmunzeln: Der Film benutzt die Panikmache, die rund um den LHC im CERN gemacht wird (hier kann man sich diesbezüglich gerne amüsieren) und die Zombies – kein Witz – sollen durch „Higgs-Strahlung“ verursacht werden. Die Idee ist so dämlich, das muß ich mir ansehen. Hier, zum Abschluß, der Trailer: