Zombie, Zombie, Zombie

Jenseits des politischen Alltags ist auch unsere Kultur etwas, das gefühlt sich einem Verfall nähert, den man zwar nicht wirklich messen kann, auch wenn Versuche unternommen werden (Sprachverfall, Kulturpessimismus, sterbende Museen und Konzerthäuser), aber den wir mit unseren Vorfahren teilen, die ebenfalls davon überzeugt waren, den Glanz der alten Zeiten nicht mehr erreichen zu können.

Zum Verfall maßgeblich beitragen soll wohl vor allem der Film, eine ziemlich blödsinnige Behauptung, auch wenn die durch den Film transportierten Behauptungen manchmal eine ordentliche Durchschlagskraft entfalten. Ein schönes Beispiel ist die 2012-Panik, die sich immer wieder auszubreiten droht und der nicht nur Esoteriker, sondern auch andere, eher normal gepolte Menschen anheim fallen oder entsprechende Behauptungen ungeprüft wiedergeben, allen Gegenargumenten zum Trotz.

Derzeit grassiert eine gewisse Welle von Zombie-Filmen durch Film, Funk und Fernsehen und auch die Zombie-Bücher werden irgendwie drastischer. Bevor ich darauf eingehe muß ich allerdings eines zugeben: Ich mag Zombiefilme. Ich mag die eigentlich immer gleiche Geschichte, die erzählt wird und schätze auch die Konsum- und Kulturkritischen Aspekte eines gut gemachten Streifens. Ebenso sind manche Zombiefilme wirklich brillant inszeniert und warten seit einiger Zeit auch mit ziemlichen Hollywood-Größen auf, die beispielsweise Will Smith, der mit „I am Legend“ bereits die vierte Verfilmung des Stoffes ziemlich gelungen umsetzte. Allerdings ist die Sache mit der Hollywood-Größe nicht unbedingt etwas seltenes, ganz besonders bei diesem Stoff: In „The Last Man on Earth“ von 1964 spielte die Hauptrolle immerhin Vincent Price, den manche vielleicht aus Edward mit den Scherenhänden kennen, die nächste Verfilmung, „Der Omega-Mann“ (1971) wurde mit Charlton Heston besetzt, auch nicht gerade irgendwer. Die unbekannteste Rollenbesetzung dürfte die zweite Verfilmung von 2007 sein, „I am Omega„, bei der Mark Dacascos die Hauptrolle spielte und der auch am weitesten von der Vorlage abweicht. Zu Dacascos habe ich ein zwiespältiges Verhältnis, weil ich die meisten seiner Filme ziemlich gern habe (unvergessen: Crying Freeman, die Serie zu the Crow und Pakt der Wölfe) und finde, der auch gut darin spielt, er aber zeitgleich letztlich immer dieselbe Rolle angeboten bekommt so daß man nie so recht weiß, ob er als Schauspieler eigentlich mehr kann. Ebenfalls im Jahr 2007 kam dann eben dazu die Verfilmung mit Will Smith.

Durch die wirklich phantastisch gemachte Serie „The Walking Dead“ ist das Thema nun endgültig wieder im Mainstream angekommen und wird, ähnlich wie die durch die Twilight-Bücher ausgelöste Vampir-Welle sich vermutlich noch ein oder zwei Jahre halten bevor das nächste kommt.

Zombie-Streifen gibt es in zweierlei Kategorien was die Machart angeht, und auch in zweierlei was die Story angeht. In jedem Fall handelt es sich meistens um ein Endzeitszenario bei dem ein nicht unerheblicher Teil der Menschheit, oder zumindest der lokale Teil der Menschheit drastisch dezimiert ist und die Überlebenden sich in einer Überlebenssituation wiederfinden, die sowohl verschiedene soziale Spannungen in der Gruppe, als auch verschiedene Entscheidungsmomente ethischer und moralischer Natur erzwingt. Beispielsweise muß die Grupppe manchmal einen Charakter opfern, um den Rest zu retten.

Letztendlich erzählt nahezu jeder Zombiestreifen mehr oder weniger diese Handlungselemente, manchmal mit unterschiedlichen Schwerpunkten.  Was ich vorhin mit den Kategorien meinte, ist schnell erklärt: Zombie-Filme waren immer Teil der Splatter-, manchmal auch der Gore-Filme und waren in der Regel nur für ein kleines Publikum gemacht. Die Schauspieler waren im besten Fall zweitklassig, das Drehbuch auch und die einzige echte Investition waren die Filmtricks, die allerdings zum Teil beeindruckend gut aussahen.
Der Großmeister dieser B-Movies ist und bleibt eindeutig George A. Romero, der mit den reinen Gore- und Terrorfilmen wie „Saw“ oder „Hostel“ nicht viel anfangen kann. In einem Interview mit der New York Times sagte er: “I don’t get the torture porn films, they’re lacking metaphor. For me the gore is always a slap in the face saying: ‘Wait a minute. Look at this other thing.’ ” (Quelle) (Übersetzung: „Ich verstehe die Folter-Porno-Filme nicht, die haben doch keine Metapher. Für mich ist Gore immer ein Schlag ins Gesicht, der sagt: ‚Warte mal ’n Moment. Schau auf diese andere Sache.‚“)
Eine ganz andere Sache sind die Zombiefilme, die mit großem technischen Aufwand A-Niveau zumindest in Produktion und Vermarktung erreichen und das Zombie-Thema damit in die Kinos kriegen, wo es sich auch tatsächlich massenhaft Leute ansehen. Die besten Beispiele für die Art sind „I am Legend“ mit Will Smith und „Dawn of the Dead„, das Remake von Zak Snyder, der einen Romero-Film noch einmal drehte.

Die Handlung ist in aller Regel vorhersehbar, aber von unterschiedlicher Qualität. Der Zombie-Vorfall ereignet sich entweder in Amerika oder aber in einer irgendwie recht abgelegenen Gegend, die Hauptpersonen bekommen nicht immer den Anlaß mit, wohl aber die Auswirkungen und finden sich schließlich zusammen um zu versuchen, als Gruppe zu überleben. Meistens verschanzen sie sich irgendwo und werden dann genüßlich einer nach dem anderen dezimiert. Für die Gruppe ist es immer wichtig, daß bestimmte Rollentypen besetzt sind; So gibt es einen starken Kämpfer, einen unsicheren Verlierer, der in der Überlebenssituation über sich hinauswächst, einen Verräter und einen, der schon gebissen ist, aber darüber aus Angst um sein Leben schweigt. Meistens sind noch eine oder einige hübsche Frauen dabei und die eine oder andere männliche Komponente, deren Hauptzweck aber mehr darin besteht im Verlauf der Handlung mehr oder weniger melodramatisch unterzugehen.

Was ich mit zwei Kategorien von Story meine ist, daß die einen Filme sich hauptsächlich um das Niedermetzeln von Zombies und/oder der Gruppenmitglieder drehen und im großen und Ganzen stinklangweilig sind. „House of the Dead“ wäre so ein Machwerk, bei dem zwar Jürgen Prochnow mitspielt, das aber ansonsten unterirdisch schlecht besetzt und gespielt ist. Gut, das ist ein Film von Uwe Boll, so what?

Die andere Kategorie von Story nutzt das Umfeld der Handlung zu einer Charakterstudie. Das Verhalten der Figuren, ihr Bezug zu grundsätzlichen gesellschaftlichen Werten und zueinander wird anhand der Überlebenssituation auf den Prüfstand gestellt und oftmals scheitert die Menschlichkeit am Überlebenswillen. Derartige Filme, wie es Dawn of the Dead zum Beispiel ist, benutzen den Splatter und Gore mehr um die Situation extremer darzustellen und so mögliche Handlungen zu erklären. Manchmal gehen diese Filme aber auch gründlich schief, wie der unterirdische „City of the Dead“ beweist: Eine eigentlich ziemlich nette Idee, statt der üblichen Figuren mal zwei Drogendealer-Gangs, Polizisten und einige „normale Leute“ in das Szenario zu bugsieren, geht dank der fürchterlichen Schauspieler und der noch schlechteren Regie völlig ein; Da macht es auch nichts mehr, daß die Autoren des Drehbuches sich auch einen anderen Beruf suchen sollten.

Das wiederum macht die Serie „The Walking Dead“ zu so etwas besonderem: Da das Serienformat viel eher erlaubt, Charaktere und Charakterentwicklungen darzustellen, können sich die Schauspieler auch wirklich Zeit für ihre Figuren nehmen, die dann auch entsprechend detailliert und gelungen rüberkommen. Vor dem Hintergrund der untergagangenen Welt werden hier die vermeintlich üblichen Dreicksbeziehungskisten und Freundschaftsgeschichten erzählt, bekommen aber durch die Bedrohung und die Neigungen der Figuren (auch hier mischen sich „normale“ Zivilisten mit Polizisten und Kriminellen) eine deutlich interessante Perspektive. Insbesondere die überaus ehrliche Neigung der Regisseure, mit ihren Figuren keinesfalls zimperlich umzugehen macht die Serie spannend wie kaum eine andere zuvor, weil im Gegensatz zum sonst so üblichen nie klar ist, ob und wenn ja welche Figuren am Ende der Folge noch leben.

Eine andere Art, aber Qualitativ wirklich verdammt gelungen ist der Film „Night of the Living Dead„, ebenfalls ein Romero. Hier schließt sich die Gruppe der Überlebenden in einem Farmhaus ein und letztendlich eskaliert die Auseinandersetzung innerhalb der Gruppe, daß am Ende nur eine einzige Figur überlebt. Doch als dieser schon die Rettung in Form der Bürgerwehr nahen sieht, wird er am Ende des Films von seinen Rettern erschossen. Lohn der Angst.

Zombie-Filme haben, wenn sie gut gemacht sind, auch gewisse Gesellschafts- und Konsumkritik in sich stecken, so ist der Schauplatz von „Dawn of the Dead“ ein Kaufhaus, zu dem sich die Zombies noch immer hingezogen fühlen und auch bei „28 Days later„, eine ziemlich gelungenen britischen Verfilmung, spielt der Besuch in einem Supermarkt eine zentrale Rolle; Es sind die glücklichsten Momente der Gruppe. In „Land of the Dead“ hat sich die Menschheit in einen ziemlich sicheren Turm zurückgezogen und dort die alte Hackordnung von bestimmenden Reichen und machtlosen Armen wiederaufleben lassen – was auch letztendlich in die Katastrophe führt.
Der Stoff von „I am Legend“ beinhaltet eine interessante Perspektive: Der Überlebende, Robert Neville ist im Grunde Legende, denn er ist ein Relikt einer alten Gesellschaft, die nach der Übernahme der Welt durch die Zombies (oder die Vampire im originalen Buch) überflüssig ist. Die Zukunft der Menschheit liegt eben im Zombie-Dasein und das Heilmittel, das Neville entwickelt, ist für diese Welt eine Bedrohung.

Bücher
Im Bereich Romane haben sich in den letzten Jahren einige neue Entwicklungen ergeben. Seit 2003 erscheinen mehr oder weniger regelmäßig neue Romane des Autors Brian Keene, der letztendlich verschriftlichte Splatterfilme schreibt, und das ziemlich drastisch. Auf Deutsch sind noch nicht alle erschienen, aber sie alle zeichnet eine ziemlich kompromißlose Sprache und eine sehr einfache Figurenzeichnung aus. Was sie dennoch lesenswert macht ist die Rückkehr zu den Traditionen der Zombie-Apokalypsen.

Die ersten Zombiestreifen gingen immer von einer Art religiösem Wiederauferstehen aus, mithin eine in fast jeder Zivilisation vorherrschende Angst, daß die Toten eines Tages zurückkehren, um sich an den Lebenden zu rächen. Manchmal wurde das mit Vodoo vermischt, manchmal wird es auch gar nicht erklärt. Nach und nach haben sich eher technische Ursachen als Erklärung für die Zombieseuche durchgesetzt, schiefgegangene Experimante des Militärs oder – seit Resident Evil sehr en vogue – skrupellose Firmen, die die Zombieseuche als Biowaffe entwickelt haben.

Keene nun lässt die Zombies auferstehen als Siqqusim, Dämonen die einen Körper benötigen um auf die Erde zurückzukehren. Sie wurden dereinst von Gott verbannt und wollen nun die Erde zurückerobern. Sie sind unsterblich – die Dämonenseele fährt einfach wieder zurück in die Hölle wenn der Körper getötet wird und bleibt dort, bis ein neuer Körper „frei wird“. Am Ende gewinnen sie auch. („Auferstehung“ und „Stadt der Toten“)
Ein anderer Roman, „Totes Meer“ ist sogar noch ein bißchen boshafter: Die Geschichte spannt sich rund um die Überlebenden, die auf einem Schiff das Weite suchen, weit weg von gefährlichen Menschen, die sie beißen könnten. Bis sie, naja, einen Fisch an Bord ziehen….

Keene schreibt aber nicht nur Zombieromane. Der Roman Darkness on the Edge of Town (deutsch: Am Ende der Strasse) von 2008 erzählt eine ähnliche Geschichte wie Stephen Kings Roman „Die Arena“ von 2009 – eine Stadt wird abgeschlossen durch eine unvorstellbare Kraft und das Gesellschaftssystem bricht zusammen. Im Gegensatz zu King ist Keene nun kein Meister der raffinierten, psychologisch genialen Figurenzeichnung, aber der Roman baut trotzdem eine hinreichend schöne Stimmung auf.

Warum erzähle ich das alles?
Hm, gute Frage. Ich bin während meiner Suche nach einem schönen neuen Fundstück der Woche zufällig über einen Trailer gestolpert, der einen Film namens „Decay“ bewirbt. Schon das erste durchgucken offenbart den Film als Unsinn, gepaart mit einem Versuch, die Resident Evil Filme zu kopieren. Aber über eines mußte ich dann doch schmunzeln: Der Film benutzt die Panikmache, die rund um den LHC im CERN gemacht wird (hier kann man sich diesbezüglich gerne amüsieren) und die Zombies – kein Witz – sollen durch „Higgs-Strahlung“ verursacht werden. Die Idee ist so dämlich, das muß ich mir ansehen. Hier, zum Abschluß, der Trailer:

Lieblingsspiel – Dead Island

Zugegeben, ich mag Zombiefilme. Und ich wollte schon immer mal in einem mitspielen, dank Deep Silver geht das jetzt sogar. Und zwar richtig. Aber: Das Spiel ist wirklich nur für Erwachsene!

Ein bißchen verwundert hatte mich, daß die BPJM noch nicht dazugekommen ist, das Spiel aus den deutschen Läden zu holen (Siehe Nachträge). Ich kann mich nicht erinnern, jemals etwas so heftiges auf meinem Monitor gehabt zu haben, selbst Left 4 Dead (Das eigentlich stinklangweilig ist) war nicht so exzessiv brutal. Auch andere Spiele mit Horrorelementen (wie Doom zum Beispiel) waren nicht so deftig.

Hatte man es in Doom noch hin und wieder mit Zombies, hauptsächlich aber mit Monstern zu tun, die den ″Buh-Effekt″ ausnutzen bis er langweilig und vorhersehbar wird, kennt Dead Island nur eine Gruselvariante: Den Bluteffekt. Und zwar an Menschen und an Zombies. Manche der Überlebenden, auf die man trifft, versuchen die Situation auszunutzen (insbesondere Kriminelle und ein lokaler Rebellenführer) und wollen daher vom Spieler erschossen werden, ansonsten ist die Insel übersät mit den lebenden Leichen seiner Bewohner.

Am Anfang steht die Apokalypse
Aber vielleicht von Anfang an. Man beginnt in einem Hotelzimmer nach einer Party, die man nur als Intro erlebt hat. Als einer von vier Charakteren erwacht man am nächsten Morgen und das Hotel ist von Schreien erfüllt. Also begibt man sich hinaus und wird nach kurzer Zeit von Zombies gejagt….

Andere Überlebende retten den Spieler zunächst und ab jetzt ist es ein Open-World Rollenspiel mit den üblichen Regeln: Erfülle Aufträge für Charaktere und bekomme Belohnungen, Parallel entwickle die Hauptgeschichte weiter. Diese führt den Spieler zunächst durch das traumhaft schöne Ferienresort und dann in die Stadt, wo er sich hauptsächlich damit beschäftigt, die Überlebenden zu retten und ihnen sichere Zonen zu verschaffen, wo sie leben können. Etwas schräg wird das Ganze in der Stadt, wo sich Überlebende in einer Kirche versammelt haben und man von der Ordensschwester Helen als Belohnung einige ziemlich unchristliche Waffen bekommt. Der Weg der Hauptquest führt den Spieler schließlich in den Dschungel und ein Labor, geführt von einer geheimnisvollen Stimme auf der Suche nach einem Heilmittel. Am Schluß wird der Spieler (oder die Spielergruppe, im Koop sind bis zu vier Spieler möglich) per Hubschrauber von der Insel entkommen – und alle Mühe war umsonst, denn das Militär macht Banoi mit einer Atombombe platt. Na toll.

Dann kam das Schnetzeln
Im Gegensatz zu anderen Open-World Rollenspielen ist der Charakter zum Einen nicht frei zusammenstellbar, zum Anderen geht es hauptsächlich ums Zombie zerfleischen. Dazu benutzt man alles, was in Griffweite liegt, also Stahlrohre, Paddel, Holzbretter und eine unüberschaubare Anzahl von Hieb-, Stich-, Wurf- und Schußwaffen.

Dabei ist die Grafik ein besonders hinterlistiger Feind: Gerade zu Anfang, wenn man sich an die offensichtlich auf Konsole getrimmte Steuerung noch nicht gewöhnt hat und mit einem Holzpaddel losgeschickt wird, sind die z.T. wirklich drastischen Bluteffekte recht schockierend und ablenkend. Im späteren Verlauf benutzt man allerlei Hackebeile, Äxte, Macheten und Säbel um die Untoten in handliche Portionen zu schneiden, Schußwaffen gibt es nur wenige im Spiel und sie sind auch eher für menschliche Gegner gedacht, da man damit die stärkeren Zombies kaum ausreichend verletzen kann.

Ja, verletzen: Die Nahkampfwaffen verursachen alle einen realistisch bis übertrieben dargestellten Schaden, also wundern Sie sich nicht, wenn auf einen Mausklick plötzlich Gliedmaßen fliegen. Garniert wird das Ganze mit einer Reihe wirklich ekelerregender Zombies wie dem Selbstmörder, der sich in Spielernähe in einer Blut- und Schleimfontäne selbst in die Luft jagt.

Dahinter steckt ein in Rollenspielen übliches Trefferpunktesystem das die Gegner der Stufe des Spielers (die wiederum aus Erfahrungspunkten generiert werden und sich in Fertigkeiten verbauen lassen) anpasst was ein bißchen schade ist, weil so keine ″besonders gefährlichen″ Zonen auf den Spieler warten. Stattdessen ist gefährlich oder nicht einzig und alleine davon abhängig, wieviele Zombies sich dort herumtreiben. Und das hat man schnell heraus, weil sie immer wieder am gleichen Punkt spawnen, sobald der Spieler ihn nur weit genug hinter sich gelassen hat. Den Strand also von Zombies zu befreien ist nicht möglich.

Irgendwann hat man aber die Spawnpunkte herausbekommen und das Spiel verliert viel von seinem Horror, weil das Überraschungselement fehlt.

Gute Plots, schwacher Plot
Die Story von Dead Island ist so kreativ wie ein Meter Landstraße: Standardkost für Zombiefilmkenner, denn natürlich ist das Militär irgendwie schuld und ein Voodoo-Kult der Eingeborenen spielt auch noch mit. Denen begegnet man später und darf dann hier den klassischen Buschmann – Stamm erleben, inklusive Bewährungsprüfung und stolzem Medizinmann. Wenn das ein Film wäre, würde so mancher Kritiker hier Rassismus vermuten.

Die Nebenplots sind allerdings sehr gut gemacht und erzählen alle eine kleine mehr oder minder dramatische Geschichte. Manche sind ziemlich traurig, andere zynisch und an schwarzem Humor haben es die Entwickler nicht fehlen lassen: So kann der Spieler beispielsweise in einer Hütte einen auf dem Bett festgeschnallten und fast unbekleideten weiblichen Zombie vorfinden, auf den eine Kamera gerichtet ist. Ein Coitus Interruptus, sozusagen. Daß man nach diesem Fund den Bauplan ″genagelt″ bekommt, grenzt dann schon an Satire. Andere Plots sind allerdings wirklich dramatisch, so trifft der Spieler beispielsweise ein Ehepaar, wobei der Mann gebissen wurde und nun in seinen letzten Zügen den Spieler losschickt, seine Frau vor ihm zu beschützen.

Logisch ist das Ganze nicht immer, so sucht man für manche Figuren Nahrung zusammen statt sie einfach zu den sicheren Bereichen zu bringen oder besorgt andere Hilfsmittel. Die Figuren schicken den (oder die) Spieler deswegen, weil seine Figur immun gegen die Seuche ist, angeblich weil er Blutgruppe 0 hat (mal eben die häufigste Blutgruppe, trotzdem nur vier auf der Insel?).

Realismus?
Die Grafik alleine sorgt für ein ziemlich hautnahes Erlebnis. Auch wenn sich die Modelle der Zombies nach einer gewissen Zeit dezent wiederholen, so gibt es wenigstens auf jeder Karte eine angepasste Auswahl. Am Strand also eher Urlauber, im Slum in der Stadt die Bewohner, im Gefängnis Gefangene und Polizisten. Das Zerhacken der Gegner (übrigens auch der menschlichen, nicht nur der verwandelten!) führt zu einer Abnutzung der Waffen was manchmal ein bißchen nervig ist weil sich gerade die effektiven Waffen wie Hackmesser und dergleichen unglaublich schnell abnutzen.

Allerdings darf man die meisten wieder reparieren und kann sie sogar upgraden (was sie stärker macht) und modifizieren (also andere Sachen draus bauen). Dafür benutzt man zum Einen alle möglichen Bauteile, die in Abfallkörben und Koffern und so weiter über die Welt verteilt sind (und auch immer wieder spawnen; ein unentleerbarer Abfalleimer quasi), und zum Anderen Dollar. Ja, richtig: Harte, amerikanische Dollar werden dafür benötigt, den Grund überlasst das Spiel der Spekulation. Diese Dollar kann man auch bei Händler eintauschen gegen andere Waffen, Munition oder Bauteile wobei nicht vorgesehen ist, daß man dabei um den Preis feilscht.

Die Modifikationen lassen auch ein bißchen an dem angestrebten Realismus fehlen: Ist so etwas wie eine Deobombe durchaus noch vorstellbar, so dürfte ein zur Rot- bis Weißglut erhitztes Messer zwar schön warm sein, aber beim ersten Schlag auch kaputtgehen (Mal ganz ohne das Problem, daß die von einer scheinbar unerschöpflichen Batterie ausgehenden Kabel mit Klebeband auf der Klinge befestigt sind). Elektrischer Schaden kann Gegner eine Weile in den Blitzen tanzen lassen, ohne daß man ihn noch berührt mit der Waffe. Und über modifizierte Pistolen und Gewehre, die mit einem Schuß die Kugel auch gleich noch elektrisch aufladen für den Effekt wollen wir mal lieber gar nicht reden….

Als Heilung dient das aus Shootern bekannte Medikit (Hier setzt sich der Spieler, ich meine die Spielfigur eine Spritze die… naja, heilt) sowie herumliegendes Obst, Snacks und Energydrinks. Welche Zielgruppe da gemeint ist, dürfte wohl klar sein. Man ist über den Mangel an Logik aber spätestens in der Kanalisation dankbar, wenn man die Getränkedosen aus dem Abwasser aufklaubt und an den Mund ansetzt….

Gut, es ist ein Spiel und soll auch eines sein. Aber die mitunter hahnebüchene Mischung aus bemühtem Realismus und völligem Unsinn läuft an einigen Stellen eben komplett aus dem Ruder. Spaß macht es trotzdem.

Erwachseneninhalte mit Jugendstil
Die Mischung von brutalen, sicherlich jugendgefährdenden Inhalten mit geradezu auf jugendliche Spieler zugeschnittenen Elementen ist allerdings an manchen Stellen ein bißchen beunruhigend. Natürlich ist das Spiel wohl bald der Hit im Kinderzimmer, aber manchmal fragt man sich schon was das soll.

Schon die Auswahl der Charaktere entstammt einer offenbar recht kurzen Denkpause: Purna, die ruhige Anführerin, Logan, der verkrachte Exsportler, Xian Mei, die aus einem Manga gehüpfte Supergeheimagentin für China und der krachende Schock : Sam B. Der Rapper. (Oder muß man das dann ″Rappa″ schreiben?)

Die Figuren sind so albern wie auch teilweise moralisch fragwürdig. Purna beispielsweise hat laut ihrer Vorgeschichte einen Kinderschänder erschossen und deswegen ihren Job als Polizistin verloren. Nicht etwa, weil der betreffende bewaffnet war, sondern weil er zu mächtig war, als daß sie ihn hätte einsperren können. Solcherlei Geschichte mag einen verdammt guten Film ergeben (oder eben auch nicht), aber zweifelsohne ist so eine Geschichte in den Händen eines Jugendlichen unheimlich. Immerhin findet man hier recht unverfälscht eine typische rechtsextreme Position wieder.

Sam B., der anscheinend auch den Titelsong spricht, wird, da gehe ich jede Wette ein, die beliebteste Figur werden. Er ist so cool daß eine Eisschicht den Bildschirm überzieht und dabei so pubertär dämlich ausgestaltet, so voll mit Klischees, daß man sich schon fragt was das soll. Xian Mei erinnert schon schwer von ihrer ganzen Zeichnung her an die ganzen chinesischen und/oder japanischen Filme mit Mangacharakter, ist ebenfalls eine klischeebeladene Figur, spielt sich aber recht graziös. Logan schließlich ist als Figur blaß und kommt eigentlich gar nicht zur Geltung, was schade ist, hat er doch am meisten Entwicklungspotenzial.

Irgendwie passt das aber zum kleinen Unfall, den Deep Silver bei der Entwicklung hatte: Es gibt eine Fähigkeit der Figur Purna, die heißt ″Geschlechterkampf″. Purna bekommt dann mehr Erfahrungspunkte, wenn sie männliche Zombies tötet. So weit, so sinnlos. Ursprünglich hieß die Fertigkeit allerdings „FeministWhorePurna“, und das ist dann mehr als nur geschmacklos, fügt sich aber nahtlos in das stupide Rapperweltbild der Figuren ein.

Spielbarkeit? Konsolenwelt!
Es ist ein Steam-Spiel, und es ist auf Konsole getrimmt. Das mag für Konsolenspiele super sein, am PC mündet das in die bescheuerte Speicherpunktewelt und nervt aufgrund der hakeligen Steuerung an vielen Stellen.

Das Spiel steuert sich zwar im Kampf flüssig, aber die Figur tauscht wahnsinnig gerne das Inventar gegen Alkohol ein: Sammelt man Alkohol (wird in verschiedenen Quests benötigt), so rutscht der gerne an die Stelle der aktiven Waffe. Merkt man das nicht und wird angegriffen trinkt die Figur erstmal einen guten Schluck und ist dann für einige Sekunden unspielbar. So etwas endet gerne im Tod der Spielfigur.

Das Speicherpunktesystem ist auch so eine Krankheit. Nicht nur, daß man als Spieler gezwungen ist, ″nur noch bis zum nächsten Kontrollpunkt″ zu spielen, stirbt die Figur wird sie auch zum nächsten Speicherpunkt gebeamt. Das kann dazu führen, daß man plötzlich an ganz anderen Stellen wieder auftaucht (nach einigen Sekunden ″Ruhepause″, die meistens mit sinnvollen Tipps wie ″Explosionen können töten″ gestaltet sind): Nervig wenn man dadurch Sammelgegenstände nicht findet, weil man drüber hinweg gestorben wurde.

Die Grafik ist eine imposante Veranstaltung: Die Inselwelt ist wunderschön im Resort und herrlich dreckig in den Slums, lediglich die Dschungelkarte wirkt ein bißchen zu bemüht. Manche der Animationen wirken ein wenig albern und gelegentliche Clippingfehler lassen Zombies manchmal durch eine Brüstung fallen, aber das stört den Spielverlauf nicht ernsthaft.

Natürlich bedeutet Steam zweierlei: Immer online sein müssen, was ich für völlig daneben halte und ich nebenbei auch gar nicht erfahre, was der Steam-Client eigentlich so für Daten mit dem Server austauscht, und keine Verkaufbarkeit der Produkte, weil man sein Spiel nicht weiterverkaufen darf, falls es einem doch nicht (oder nicht mehr) gefällt. Freiheit des Internets…
Steam garniert nebenbei das Spielerlebnis mit Herausforderungen wie „Menschenfreundlich. Voraussetzung: Töte 50 menschliche Feinde.“ oder auch „Waffen töten nicht, aber helfen. Voraussetzung: Töte 250 Zombies mit Feuerwaffen.“ beziehungsweise, auch pikant, „Nur’ne Fleischwunde. Voraussetzung: Trenne 100 Körperteile ab.“. Soso.

Fazit
Die Zombieschnetzelei macht durchaus Spaß, ist auf die Dauer aber ein wenig eintönig. Spätestens der Dschungel- und der Gefängnisabschnitt sind außer durch die hohe Zombiedichte eigentlich nur noch öder – von ewigen erzwungenen Laufstrecken mal ganz zu schweigen. Die Story verliert sich auch völlig im konfusen und lässt am Ende den Spieler mit einem glasigen Auge und einem geistigen Schulterzucken im Regen stehen.

Im Koop-Modus macht das Spiel auch Spaß, allerdings empfand ich die meisten Mitspieler irgendwie als zu jung und auch zu gelangweilt. Statt in die gerade am Anfang wirklich gelungen gemachte Atmosphäre einzutauchen laufen die einfach nur hackend los und klappern die Questorte ab. Das hatte schon fast Arbeitscharakter.

Ich bin mal gespannt, ob das Spiel auf dem Index landet oder gar beschlagnahmt wird. Wenn ich mir überlege, was für durchaus gute Filme bei uns schon verboten wurden, würde es mich nicht wundern. Muß ich dann eigentlich den Artikel wieder aus dem Netz nehmen, auch wenn ich diesmal weder Video- noch Bildmaterial eingebaut habe?

Links:
Da ich das Spiel recht ausgiebig durchgespielt habe, habe ich mir erlaubt, eine Komplettlösung zu basteln. Sie ist als pdf druckbar, die Ränder sind angepasst, so daß man sie recht gut binden kann.

  • Teil I (Vorwort, Allgemeines, Akt I) als pdf (wird überarbeitet)
  • Teil II (Akt II und III) als pdf (wird überarbeitet)
  • Teil III (Akt IV) als pdf (wird überarbeitet)

Nachtrag:
18. November 2011: Hmm… das könnte Ärger geben: Die BPJM hat das Spiel offensichtlich auf die Liste B gesetzt. Das heißt, daß man es für strafrechtlich bedenklich hält. Sollte sich das bewahrheiten (muß erst ein Gericht entscheiden) müsste das Spiel in Deutschland beschlagnahmt werden. Ich nehme vorsichtshalber mal lieber die Komplettlösung aus dem Netz, da sind dann doch zuviele Bilder drin…

1. Februar 2012: Anscheinend hat die BPJM das Spiel von Liste B entfernt, damit gilt es nicht als strafrechtlich bedenklich, sondern ″nur″ als ″jugendgefährdend″. (hier die Entscheidung) Keine Ahnung, ob ich den Artikel hier stehen lassen darf. Naja, wenn jemand was dagegen hat, möge er doch bitte einfach schreiben, ich richte mich gerne nach dem Gesetz – man müsste das nur mal ein bißchen klarer formulieren.