Guten Morgen zusammen,
die älteste ununterbrochen existierende Demokratie der Welt ist ja die der USA, auch wenn man da seit Bush jr., spätestens seit Trump berechtigte Zweifel haben kann. Dabei sind exzentrische Typen gerade in den USA nicht gerade etwas ungewöhnliches.
Am 17. August des Jahres 1859 ernannte sich Joshua Abraham Norton aus San Francisco zum Kaiser der Vereinigten Staaten und Schutzherrn von Mexiko. Norton stammte aus England und bekam von seinem Vater ein sehr großes Vermögen, mit dem er sich um 1849 herum in San Francisco niederließ und sein Vermögen mit Grundstücksgeschäften mehrte.
Eine Hungersnot in China infolge des Taiping-Aufstandes ließ den Reispreis in den 1850ern exponentiell steigen, was Norton als Chance wahrnahm: Er kaufte eine große Schiffsladung peruanischen Reises auf und versuchte, den Markt unter seine Kontrolle zu bringen. Peru lieferte aber so viel Reis, dass der Preis alsbald ins Bodenlose fiel – 1858 musste Norton seinen Bankrott erklären.
Danach fiel er durch seine Exzentrik auf. 1859 ernannte er sich zum Kaiser der Vereinigten Staaten und schickte Proklamationen an die örtlichen Zeitungen, darin schrieb er: „Die Forderung einer großen Mehrheit der Bürger dieser Vereinigten Staaten vorwegnehmend, ernenne ich, Joshua Norton, stammend aus Algoa Bay am Kap der Guten Hoffnung und nunmehr seit neun Jahren und zehn Monaten in San Francisco, Kalifornien, lebend, mich selbst zum Kaiser dieser Vereinigten Staaten.„
Er „regierte“ über kaiserliche Weisungen und Dekrete, die er an Zeitungen schickte, die sie mit großen Vergnügen druckten. So löste er beispielsweise den Kongress per Dekret am 12.10.1859 auf. Der hielt sich daran aber nicht und Kaiser Norton erteilte daraufhin der US-Armee den Befehl, die „rebellischen“ Kongressabgeordneten zu verhaften – was diese aber auch nicht tat.
Die gesamte Zeit seiner 21 Jahre dauernden Herrschaft war er in seiner blauen Phantasieuniform auf den Straßen von San Francisco zu finden, wo er den Zustand der Gehwege inspizierte und sich die Sorgen und Nöte „seiner “ Bürger anhörte und ihnen Rat erteilte. Er war wohl äußerst beliebt, speiste in feinen Restaurants offenbar ohne bezahlen zu müssen (er gab auch eigenes Geld heraus, das wohl angenommen wurde. Die erhaltenen Stücke sind bei Sammlern sehr geschätzt) und als der Polizist Armand Barbier ihn in psychiatrische Behandlung zwingen wollte, gab es fast einen Bürgeraufstand. Die Polizei entschuldigte sich, setzte Norton auf freien Fuß und bis zu seinem Tod sollten Polizisten ihn auf der Straße stets salutierend gegrüßt haben.
Man mochte diesen Exzentriker offenbar gern, der immerhin als erster eine Idee für eine Brücke nach Oakland hatte – eine Gedenktafel ziert die 1936 fertiggestellte Brücke. Die Stadt San Francisco schenkte ihm sogar eine neue Uniform, als seine alte sich langsam abnutzte.
Am 8. Januar 1880 brach der Kaiser auf offener Straße zusammen und starb. Er war bis zu seinem Lebensende praktisch pleite, aber die Bürger San Franciscos wollten ihn nicht in einem Armengrab verscharrt wissen: Man sammelte eine erstaunlich große Geldsumme und bestattete ihn mit feierlichem, meilenlangen Trauerzug auf dem Freimaurerfriedhof Masonic Cemetery in San Francisco. Bis zu 30.000 Trauergäste sollen dabei gewesen sein. 1934 wurde er nochmals umgebettet und liegt nun auf dem Woodlawn Friedhof in Colma, Kalifornien (Gedenkstätte Nr. 766).
Bis heute wird er geschätzt. 1980 gab es eine Reihe von Zeremonien und Gedenkveranstaltungen anlässlich seines 100. Todestages. Es gab sogar bis 2011 den Emporer Norton Award für Science-Fiction Literatur. Die Diskordier in San Francisco verehren ihn als Schutzpatron und Heiligen zweiter Klasse. Ihr Motto: Jeder versteht Mickey Mouse. Wenige verstanden Hermann Hesse. Nur eine Handvoll verstanden Albert Einstein. Und niemand verstand Kaiser Norton.
Ich auch nicht.
Heute war’s mal lang, aber ich hoffe, unterhaltsam.
Euer Nik