Morgengruß (LXVIII)

Guten Morgen zusammen,

Über Pocken und über die wahre Entdeckung des Penecilins habe ich ja bereits einiges erzählt. Überhaupt sind Krankheiten und die Frage der Hygiene eine sehr spannende, gerade auch für uns Münchner.

Vielleicht erinnert Ihr Euch noch an die eine oder andere spektakuläre Begebenheit, bei der ein Politiker oder Wissenschaftler öffentlich ein Glas von einer Substanz trinkt, die allgemein für gefährlich gehalten wird – beispielsweise Yasuhiro Sonoda, der parlamentarische Staatssekretär Japans, der 2011 Wasser aus einer Pfütze von Fukushima trank.

Eine frühe Version dieser Nummer hat 1892 der Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Max von Pettenkofer abgezogen. Er ist eigentlich der Erfinder der öffentlichen Hygiene in Bayern, erreichte bis 1883 die saubere Trinkwasserversorgung Münchens und baute auch ein leistungsfähiges Abwassersystem. Pettenkofer glaubte nicht an die Wirkung von Bakterien wie sein Kollege Robert Koch und trank, um das zu beweisen, ein Glas mit einer Kultur von Cholera-Bakterien. Er bekam Durchfall, überlebte aber.

1901 erschoss er sich, vermutlich in Folge einer tiefen Depression. In München ist die Pettenkoferstraße sowie das Max-von-Pettenkofer-Institut der LMU benannt.

Bleibt Gesund!

Euer Nik

Morgengruß (LXVII)

Guten Morgen zusammen,

vor einiger Zeit habe ich mich ja mit dem verballhornen beschäftigt und dabei auch ein paar andere Redewendungen angesehen. So ist der Ausdruck „unter aller Kanone!“ bezüglich der Lateinkenntnisse seines Erfinders vermutlich korrekt – damit wird nämlich eigentlich eine ungenügende Doktorarbeit bewertet. sub omni canone, also „unterhalb eines jeden Maßstabes“, bedeutet im besten Falle ungenügend.

Ein wesentlich schöneres Beispiel ist das Wort „Hokuspokus“. Weit verbreitet ist die Vermutung, dass es eine Verballhornung des lateinischen „hoc est enim corpus meum„, also „Dies ist mein Leib“ aus den Einsetzungsworten beim Abendmahl bzw. der Kommunion ist. Eine andere Theorie sagt mir persönlich mehr zu: Die Zauberformel ist im Titel des 1634 erschienen Buches „Hocus Pocus Iunior. The anatomie of Legerdemain“ von Elias Pilund zu finden. In diesem Buch geht es um Zauberkunststücke und hier taucht auch erstmals das „Hocus Pocus Filiocus“ auf, das in der Langform auch heute noch im Dänischen und Schwedischen gebräuchlich ist – bei uns als „Hokuspokus Fidibus“ bekannt. Hier wird allerdings nicht der Sohn Gottes, sondern der Sohn des Taschenspielers angerufen.

Aus dem Begriff „hocus“ ging das englische „Hoax“ hervor, also Scherz.

Wer sich für das Buch interessiert: Man findet es beim Projekt Gutenberg im Netz und in der bayerischen Staatsbibliothek (https://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV022670651)

Dann noch einen zauberhaften Morgen wünscht Euch
Euer Nik

Morgengruß (LXVI)

Guten Morgen zusammen,

die älteste ununterbrochen existierende Demokratie der Welt ist ja die der USA, auch wenn man da seit Bush jr., spätestens seit Trump berechtigte Zweifel haben kann. Dabei sind exzentrische Typen gerade in den USA nicht gerade etwas ungewöhnliches.

Am 17. August des Jahres 1859 ernannte sich Joshua Abraham Norton aus San Francisco zum Kaiser der Vereinigten Staaten und Schutzherrn von Mexiko. Norton stammte aus England und bekam von seinem Vater ein sehr großes Vermögen, mit dem er sich um 1849 herum in San Francisco niederließ und sein Vermögen mit Grundstücksgeschäften mehrte.

Eine Hungersnot in China infolge des Taiping-Aufstandes ließ den Reispreis in den 1850ern exponentiell steigen, was Norton als Chance wahrnahm: Er kaufte eine große Schiffsladung peruanischen Reises auf und versuchte, den Markt unter seine Kontrolle zu bringen. Peru lieferte aber so viel Reis, dass der Preis alsbald ins Bodenlose fiel – 1858 musste Norton seinen Bankrott erklären.

Danach fiel er durch seine Exzentrik auf. 1859 ernannte er sich zum Kaiser der Vereinigten Staaten und schickte Proklamationen an die örtlichen Zeitungen, darin schrieb er: „Die Forderung einer großen Mehrheit der Bürger dieser Vereinigten Staaten vorwegnehmend, ernenne ich, Joshua Norton, stammend aus Algoa Bay am Kap der Guten Hoffnung und nunmehr seit neun Jahren und zehn Monaten in San Francisco, Kalifornien, lebend, mich selbst zum Kaiser dieser Vereinigten Staaten.

Er „regierte“ über kaiserliche Weisungen und Dekrete, die er an Zeitungen schickte, die sie mit großen Vergnügen druckten. So löste er beispielsweise den Kongress per Dekret am 12.10.1859 auf. Der hielt sich daran aber nicht und Kaiser Norton erteilte daraufhin der US-Armee den Befehl, die „rebellischen“ Kongressabgeordneten zu verhaften – was diese aber auch nicht tat.

Die gesamte Zeit seiner 21 Jahre dauernden Herrschaft war er in seiner blauen Phantasieuniform auf den Straßen von San Francisco zu finden, wo er den Zustand der Gehwege inspizierte und sich die Sorgen und Nöte „seiner “ Bürger anhörte und ihnen Rat erteilte. Er war wohl äußerst beliebt, speiste in feinen Restaurants offenbar ohne bezahlen zu müssen (er gab auch eigenes Geld heraus, das wohl angenommen wurde. Die erhaltenen Stücke sind bei Sammlern sehr geschätzt) und als der Polizist Armand Barbier ihn in psychiatrische Behandlung zwingen wollte, gab es fast einen Bürgeraufstand. Die Polizei entschuldigte sich, setzte Norton auf freien Fuß und bis zu seinem Tod sollten Polizisten ihn auf der Straße stets salutierend gegrüßt haben.

Man mochte diesen Exzentriker offenbar gern, der immerhin als erster eine Idee für eine Brücke nach Oakland hatte – eine Gedenktafel ziert die 1936 fertiggestellte Brücke. Die Stadt San Francisco schenkte ihm sogar eine neue Uniform, als seine alte sich langsam abnutzte.

Am 8. Januar 1880 brach der Kaiser auf offener Straße zusammen und starb. Er war bis zu seinem Lebensende praktisch pleite, aber die Bürger San Franciscos wollten ihn nicht in einem Armengrab verscharrt wissen: Man sammelte eine erstaunlich große Geldsumme und bestattete ihn mit feierlichem, meilenlangen Trauerzug auf dem Freimaurerfriedhof Masonic Cemetery in San Francisco. Bis zu 30.000 Trauergäste sollen dabei gewesen sein. 1934 wurde er nochmals umgebettet und liegt nun auf dem Woodlawn Friedhof in Colma, Kalifornien (Gedenkstätte Nr. 766).

Bis heute wird er geschätzt. 1980 gab es eine Reihe von Zeremonien und Gedenkveranstaltungen anlässlich seines 100. Todestages. Es gab sogar bis 2011 den Emporer Norton Award für Science-Fiction Literatur. Die Diskordier in San Francisco verehren ihn als Schutzpatron und Heiligen zweiter Klasse. Ihr Motto: Jeder versteht Mickey Mouse. Wenige verstanden Hermann Hesse. Nur eine Handvoll verstanden Albert Einstein. Und niemand verstand Kaiser Norton.

Ich auch nicht.

Heute war’s mal lang, aber ich hoffe, unterhaltsam.
Euer Nik

Morgengruß (LXV)

Guten Morgen zusammen,

das Auto ist ja noch immer das beliebteste Transportmittel und wird auch nach wie vor mit dem Nimbus der Freiheit verkauft. Dennoch gibt es eine Reihe recht skurriler Begebenheiten rund um die Geschichte des Kraftfahrzeugs:

  • Als erste Tote durch ein Kraftfahrzeug gilt die irische Wissenschaftlerin Mary Ward, die 1869 durch eine Unachtsamkeit von ihrem Großneffen mit einem dampfbetriebenen Fahrzeug getötet wurde.
  • Das erste Todesopfer im Straßenverkehr war dann 1896 Bridget Driscoll aus London. Sie wurde bei einer Technikschau von einem Vorführfahrzeug erfasst und erlitt so schwere Kopfverletzungen, dass sie noch an Ort und Stelle verstarb. Der Fahrer, Arthur James Edsall, wurde freigesprochen. Er war, laut Augenzeugenberichten mit einem „rücksichtslosen Tempo, fast wie ein galoppierendes Pferd oder Feuerwehrwagen“ unterwegs. Die Geschwindigkeit betrug etwa 4 Meilen pro Stunde (6,4 km/h). Bei der gerichtlichen Untersuchung äußerte der Richter die Hoffnung, ein solches Ereignis möge sich niemals wiederholen.
  • Das erste bekannt gewordene Todesopfer eines Autounfalls in den USA war Henry Bliss am 14.9.1899. Er stieg aus der Straßenbahn in New York und wurde von einem elektrisch betriebenen Taxi erfasst.
  • Weil sie andere Verkehrsteilnehmer gefährden, wurden Autos im Jahre 1900 im Schweizer Kanton Graubünden verboten. Das Verbot wurde erst 25 Jahre später aufgehoben.
  • Tatsächlich waren die ersten Automobile Elektrofahrzeuge. Das erste Elektrofahrzeug entwickelte Robert Anderson, ein schottischer Erfinder, um 1834 herum. Bis etwa 1910 waren Elektroautos ihrer Konkurrenz, die mit Dampf oder mit Benzin betrieben wurde, technisch deutlich überlegen. Einer der Hauptgründe für den Siegeszug der Benziner war übrigens die Abschaffung der Kurbel – mit der Erfindung des Anlassers war das benzingetriebene Fahrzeug nicht mehr so anstrengend zu bedienen. Billiges Öl und deutlich höhere Reichweite taten dann ein Übriges.
    Die weite Verbreitung von E-Autos im frühen 20. Jahrhundert findet sich aber bis heute an einer ungewöhnlichen Stelle dokumentiert: Das Auto von Dorette Anette Lisette Duck (Oma Duck) ist ein Detroit Electric von 1908. Achtet mal drauf, Oma Duck tankt nicht.

Zum Auto gibt es deutlich zu viel zu erzählen, also lassen wir’s für heute mal gut sein. Einen erfolgreichen Tag wünscht Euch

Euer Nik

Morgengruß (LXIV)

Guten Morgen zusammen,

im Zuge der Corona-Pandemie sind wir ja einige Nachrichten gewohnt, aber der drohende Ausstieg der USA aus der WHO war dann doch eine schockierende Meldung. Dabei ist das gar nicht mal so sehr Trump, sondern schlicht konservativ: 1948 blockieren die Republikaner im Kongress den Beitritt zur WHO mit der Begründung, sie sei ein Einfallstor für jene, die Uncle Sam dazu zwingen wollen, die Arztrechnungen in der ganzen Welt zu bezahlen.

Nach zähen Verhandlungen traten die USA dann doch zähneknirschend der WHO bei – verlangten aber als Sonderbedingung eine Ausstiegsklausel.

Kopfschüttelnd,
Euer Nik

Morgengruß (LXIII)

Guten Morgen zusammen,

man sagt mir im Allgemeinen einen eher schrägen Sinn für Humor nach, was allerdings nicht stimmt. Der Sinn für Humor ist bei allen anderen seltsam. So finde ich die Erkenntnis, dass ein Mensch, der gegen ein kleines bisschen Aluminium recht unempfindlich ist, eine Aluminiumminimumimmunität hat, erheiternd.

Allerdings bin ich nicht der einzige, der Sprachspiele mag. So stammt das Wort Arkebuse (eine Handfeuerwaffe aus dem 16. Jahrhundert) aus dem Französischen. Der Begriff arquebuse bedeutet wortwörtlich übersetzt „Bogendüse“ und ist eine Verballhornung des deutschen Wortes „Hakenbüchse“, umgangssprachlich könnte man es auch als „Kriechdussel“ übersetzen; Eine Beleidigung des soldatischen Gegners.

Verballhornen als Wort ist allerdings sehr interessant: Es geht zurück auf den Lübecker Drucker Johann Balhorn den Jüngeren, der 1586 eine hochdeutsche Ausgabe des lübischen Rechts druckte und dabei so viele sinnentstellende Fehler machte, dass das Buch im Grunde unbrauchbar war. Peinlich daran war aber, dass es als Vorbild vieler städtischer Rechtsbücher diente.

Aus dem unter dem Titel gedruckten „Verbessert von J. Balhorn“ wurde ballhornisieren oder eben verballhornen. So gelangt man auch in die Geschichtsbücher.

In diesem Sinne hoffen wir auf ein fehlerfreies Protokoll,
Euer Nik

Morgengruß (LXII)

Guten Morgen zusammen,

wie kommt der Geschmack in den Kaffee? Das hat viel mit der Behandlung der Bohne zu tun und hier unterscheidet man grundsätzlich zwei Verfahren: Dry Processing und Wet Processing.

Beim Dry Processing wird die Kaffeekirsche in der Sonne getrocknet und dann von der Frucht und Haut befreit, um die Bohne freizulegen. Diese Kaffees schmecken recht süß und fruchtig, mitunter aber auch sehr bitter. Beim Wet Processing wird die Kaffeekirsche in Wassertanks gelegt und die Fruchtschale wird im Wasser entfernt.

Das hat einen großen Einfluss auf den Geschmack des Kaffees. Trocken verarbeitete Kaffees sind in der Regel eher süßlich bis bitter, die gewaschenen sind eher mild.

In Taiwan hat man nun eine andere Methode entwickelt: honey processed coffee, wobei hier kein Honig im Spiel ist. Dafür entfernt man nur die äußere Haut im Wasser, lässt aber das innere Häutchen an der Kaffeebohne, so dass es mit trocknet und dabei seinen Zucker freisetzt.

Die honey processed coffees gibt es in verschiedenen Varianten, mache schmecken fast ein wenig nach Wein, andere sogar nach Whiskey. In Vietnam und Thailand wird der Kaffee während des Waschvorgangs mit Hefebakterien versetzt, was eine Fermentierung zur Folge hat.

Einen spannenden Kaffee wünsche ich Euch heute,

Euer Nik

Morgengruß (LXI)

Guten Morgen zusammen,

Übers Blaulicht wissen wir ja nun Bescheid. Wenn man sich also ein Feuerwehrauto im Ballettrock auf den Oberarm stechen ließe, hätte man ein Tatütatatütütatoo. Das könnte man zum Beispiel in Erinnerung an Dietrich von Hülsen-Haesler machen.

Er war ein Preußischer General der Infanterie und 1901 wurde er Chef des Militärkabinetts. Wegen der Harden-Eulenburg-Affäre organisierte er die Säuberungen im Militärkorps und der Regierung. Er starb 1908 in Donaueschingen an einem Herzinfakt, während er zur Belustigung des Kaisers vor ihm im Ballett-Tütü tanzte.

Die Umstände seines Todes wurden vertuscht – und er mit militärischen Ehren beigesetzt.

Schräge deutsche Politiker vielleicht demnächst mal wieder.

Euer Nik

Morgengruß (LX)

Guten Morgen zusammen,

mit Blaulicht rasen Feuerwehr und Polizei über unsere Straßen – warum eigentlich? In den USA und in anderen Ländern haben die Einsatzfahrzeuge auch andere Signallampen auf dem Dach.

Das erste Auto mit Blaulicht war ein Polizeiwagen in Berlin 1933. Blaues Licht wurde in diesem Jahr für die Polizei im ganzen Reich eingeführt weil es in der Atmosphäre stark gestreut wird. Damit ist es aus großer Höhe nicht mehr sichtbar – etwa für anfliegende Bomber.

Übrigens: Nur der gleichzeitige Einsatz von Blaulicht und Folgetonhorn – dem nach seinem Erfinder Max B. Martin benannten Martinshorn – macht einen verkehrsrechtlichen Vorrang aus; Ohne Martinshorn keine automatische Vorfahrt. Das gilt auch in der Schweiz und Liechtenstein, in Österreich hingegen nicht – dort genügt ein Lichtsignal.

Allzeit Tatütata,
Euer Nik

Morgengruß (LIX)

Guten Morgen zusammen,

die Impfgegner sind ja auf dem Vormarsch. Immer wieder hört und liest man selbst im Bekanntenkreis von Menschen, die Impfen tatsächlich für schädlich oder wider die Natur bzw. wider den freien Willen des Menschen halten. Dabei haben wir mit Hilfe des Impfens unter anderem eine Krankheit ausgerottet, die die Menschheit Jahrhunderte lang gequält hatte: Die Pocken.

Das letzte Pockenopfer ist ein besonders tragischer Fall. 1978 experimentiert in Birmingham der Wissenschaftler Henry Bedson mit dem nahezu ausgerotteten Erreger. Durch den Luftschacht gelangt der Erreger in das obere Stockwerk und infiziert die Fotografin Janet Parker. Sie war eigentlich gegen die Pocken geimpft, aber die Impfung war schon zu lange her. Sie stirbt kurze Zeit später als letztes Opfer dieser Krankheit. Henry Bedson nimmt sich kurz darauf das Leben.

Etwas trübsinnig, aber heute ist das Wetter ja auch nicht gut. Bis morgen,

Euer Nik