Gedanke des Tages – Am 13. Freitag.

Schon lange amüsieren sich Kabarettisten darüber, daß das deutsche konservative Lager von einer Frau und einem Homosexuellen angeführt wird. Nun finde ich persönlich das auch in Maßen interessant und lustig und frage mich vor allem immer, was der typische erzkonservatiove Stammwähler eigentlich denkt wenn er mit der CDU/CSU Westerwelle wählt. Andererseits was dachte der Sozialdemokrat als er mit der SPD Frau Merkel wählte?

Tatsächlich ist die Sache mit den Wählergruppen gar nicht mehr so einfach. Durch eine Übung an der LMU zur Geschichte des Herrn Stoiber bin ich auf diese Erkenntnis gestoßen: Es gibt keine Parteien mehr, die zu ihren Wählergruppen passen. Ernsthaft.

Gucken wir uns das Linke Lager an:

  • Sigmar Gabriel führt die SPD an. Wirkt wie ein Wirtschaftsbonze aus dem Comic und neigt zu einer passenden Bräsigkeit die schon Kurt Beck unmöglich machte. Grüße von den Jusos aus Ebersbach.
  • Frank-Walter Steinmeier ist ein Schöngeist und Literaturliebhaber, eine Tatsache die ich nur deswegen weiß weil ich ihn mal kennenlernen durfte. In der Presse wirkt er bis heute dermaßen hölzern und bürokratisch langweilig daß sogar die Beamten gähnen.
  • Gregor Gysi ist Chef der Linken. Ein durchweg kompetenter und unglaublich fähiger Kopf. Und irgendwie wirkt er doch immer so, als hätte er mir die Bonbons klauen wollen. Fragen Sie mich nicht, warum.  Irgendwie macht er einen seltsamen Eindruck.
  • Oskar Lafontaine ist zwar gerade inaktiv aber wie jeder gute Vulkan kann er das locker wieder ändern. Im Grunde aber wirkt er wie eine vergessene Jurassic Park Requisite: Der Dinosaurierer mit Kraft, aber im Grunde ausgestorben.

Im Gegenzug dazu das Liberale Lager:

  • Die Grünen bieten zunächst einmal Jürgen Trittin. Rein von der Persönlichkeit her eine recht unappetitliche Körperöffnung. Der würde jeden verkaufen wür zwanzig Gramm Macht, zumindest vermittelt er gekonnt den Eindruck.
  • Zweite Option bei den Grünen: Claudia Roth. Nein, da was zu schreiben ist auch mir peinlich.
  • Dritte Idee: Renate Künast, die alte Zitrone. Die Dame macht einen derart lebensfrohen Eindruck daß sogar die Dinos um Lafo lebendig werden. Ansonsten gehört sie ja leider zu der Kategorie Mensch, der sein Zeitungsabo kündigt, weil dort stand: „Die Polizisten fassten den Räuber“. Aber ich wette, sie würde das Abo auch kündigen wenn da stünde „Die Polizist_innen fasten die Räuber_innen.“
  • Die FdP wird geführt von einem gewissen Herrn Rösler, einem Spätaussiedler und Fast-Sudetendeutschen aus Vietnam. Derzeit möchte er gerne die x-te Rotation im Kabinett Merkel II veranstalten. Man darf gespannt sein.
  • Außenminister ist unser allseits beliebter Guido Westerwelle. Ein Mensch dessen Denken und Handeln mir so unsympatisch ist daß mir die Worte fehlen und für den ich mittlerweile fast nur noch Mitleid aufbringe. Er ist zudem auch homosexuell, was im Grunde völlig egal ist, aber da er gerne mit Konservativen ins politische Bett steigt, wieder wichtig scheint.

Nun aber das brave konservative Lager.

  • Angela Merkel führt die CDU. Sie regiert sie nicht mehr, sie führt. ziemlich klassisch hat sie alles was an Konkurrenz da war entweder politisch gemeuchelt (Stoiber/Koch) oder hinfortbefördern lassen (Oettinger/Wulff) wo kein Schaden mehr anzurichten ist – oder überhaupt irgendeine Wirkung. Das machen Spinnen auch so.
  • Horst Seehofer, der Mann der die Hirnpirouette erfand (Pispers), und sich vor allem dadurch sein konservatives Profil bewahrte, daß er sich als Mann mit der zweiten Frau etablierte – inklusive Kind.

Nun, bevor das nun hier so rüberkommt, als habe ich mit irgendeiner Lebensführung ein Problem: Nein, habe ich nicht. Ist mir völlig egal. Ich wähle jemanden, den ich für kompetent halte auch dann, wenn er oder sie das vierte Kind in der dritten Ehe hat. Weil ich derartiges nämlich für Privatsache halte. Da bin ich vielleicht allein. Aber rein von den gesellschaftlichen Lebensprinzipien stehen sich nun folgende Zeitgenossen gegenüber:

Volk Liberale Bürger
Sigmar Gabriel, der Bräsige Guido Westerwelle, der Schwule Angela Merkel, die Frau
Gregor Gysi, der Bonbondieb Renate Künast, die Zitronenfalte Horst Seehofer, der Polygamid
Oskar Lafontaine der Dino Claudia Roth, Claudia Roth Georg Schmidt, Frauenheld

Gut, das mit Georg Schmidt ist fies, aber als ich das auf der Homepage des Herrn fand war ich echt einfach amüsiert…. immerhin hatten alle Beteiligten noch die Klamotten an und das Bild ist schon von 2009!

Weiberheld

Ansonsten verleibt doch ernsthaft der Eindruck:
Der Progressive Linke wählt entweder Langweiler, veraltete Gestalten oder seltsame Figuren
Der liberale Lebemann wählt entweder völlig Irre oder Trantüten
und der Konservative wählt eine Frau oder einen Mormonen im Lebensstil.

Bedingt durch den Zwang zur Koalition, der im Augenblick festgezurrt zu sein schein (da keiner mit der Linken will) hat der Bürger also diese Auswahl:

1. Schwarz-Gelb: Konservativ-Liberal zeigt sich dadurch, daß eine Frau, ein Polygamist und ein Schwuler die Republik führen.

2. Rot-Grün: Ein Langweiler, eine Zitronenfalte, Claudia Roth und ein Helmut Kohl

3. Schwarz-Grün: Eine Frau, ein Polygamist, Claudia Roth und die Zitronenfalte

4. Schwarz-Roth: Eine Frau, ein Helmut Kohl, ein Polygamist und ein Langweiler

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so, und nun erklären Sie mal Wählerverdruss…

Seltsame Nachrichten….

Mein Job bringt es mit sich, daß ich gelegentlich mit Kollegen über ein fachliches Problem sprechen muß. Das dabei interessante ist das Phänomen, wenn jemand offensichtlich nicht genau weiß worum es geht, googlet, einen englischen Text findet, den auch nicht versteht und mir dann via Übersetzungsprogramm zukommen lässt.

Preisrätsel: Was möchte mir der Kollege sagen?

L‘ ; ? das SeitendeCI in Ihnen Premierminister der qu’art; er gibt vom Unterhalt, und dieser in den zwei Dokumenten kommen sie das an Ihnen haven‘ ; t hat gesendet hat mit, ist, so sehr l‘ ; ? auch weet in das die Fälle dieses Gruppentyp d‘ ; ? l‘ wesentliche Ansicht können Sie mehr p.ex in t conceptie oder meine Synopsis hier liefern – Sie sehen p.ex der Dienst der Archive. Quienquiera in der Dauer dieser noch ‚bedeutung; ; ? ; regulieren Sie? leider ist‘ ; ? ; das wird bereits beschrieben, der I vor der Bedeutung mit in t oder l‘ begonnen hat; ; ? akklimatisieren Sie Großbritannien, ein einheitliches Abkommen des Namens in den vollständigen Gegenständen, die die Sätze erhalten. Allerdings dies gegenüber ihnen s‘ passen einfach an, und man übermittelt die neuen Verordnungen in meinen Dokumenten. Wir haben bereits eine saubere einheitliche Annäherung für unseren Grundsatz vorbereitet. Beispiel für: [Omadeis] mein hatten jetzt FSR und das FSM das Modell. R: = l‘ Ausstattung der Mittel (Identifikation. Lokales r Damänengruppe) und K.: =Mitgliedsgruppe (eine allgemeine Ausstattung wäre)

unter den richtigen Einsendern verlose ich einen Duden.

Tipp des Tages

Manche Menschen werden ungern beschenkt. Da gehöre ich auch dazu. Über die Gründe kann man spekulieren. Aber nun habe ich endlich die ultimative Methode gefunden, einen „Ich-schenk-Dir-nix-und-Du-mir-nix“ – Handel zu unterlaufen.

Künftig gibt es für die Beschenkungsunwillige(n) dann eben einen

„Launenaufbesserungszuschlag in Sachgegenstandsform“

Deutsch sei Dank.

P.S.:
Auch wenn man den Tip anders schreiben müßte.

Vom Busfahrer rausgeschmissen weil… Kinderwagen dabei!

Am heutigen Tage in München erlebte ich eine etwas absonderliche Busfahrt mit einem etwas absonderlichen Busfahrer. Er warf gleich zweimal Leute mit Kinderwagen hinaus – und das am Sonntag bei bestem Biergartenwetter wenn auch noch Muttertag ist.

Bevor die Empörung hochkocht: Der Mann war technisch gesehen im Recht, seine Firma hat da Blödsinn gemacht. Folgendes war das Problem:

Auf der Linie 154, eine von zweien durch den englischen Garten, fahren lediglich kurze Busse (wie der Mercedes Citaro O530)   und nicht die MAN NG 263 Gelenkbusse. Hierin befand sich bereits ein Kinderwagen als ich zustieg. Nach dem Englischen Garten, Haltestelle Thiemesstraße, wollte ein weiteres junges Pärchen mit Kinderwagen einsteigen, wurden jedoch nicht besonders höflich vom Fahrer wieder hinauskomplementiert.

An der Haltestelle Türkenstraße das gleiche noch einmal. Verärgerte Fahrgäste noch verärgertere Menschen, die gerne Fahrgäste geworden wären waren die logische Folge. Der Fahrer erklärte auf Nachfrage, daß nicht mehr als ein Kinderwagen in den Bus hinein darf – passiere etwas sei er der Schuldige. Das werde zwar normalerweise ignoriert aber er habe die Schnauze voll.

Nun – ich bin mir angesichts seiner Laune ziemlich sicher daß er einen anstrengenden Arbeitstag bei schönstem Wetter und dazu die eine oder andere unschöne Begegnung mit Fahrgästen hatte, aber etwas harrsch kam das dann doch rüber. Auch wenn es zu einem Münchner gehört daß er grantelt, so geht es dann auch nicht.

Bitte, liebe MVG, was ist denn das für ein Zustand? Auch wenn München bald so teuer ist daß nur noch Zahnärzte und Anwälte sich eine Wohnung leisten können – auch die vermehren sich manchmal. Und dafür sollte doch bitteschön auch noch ein bißchen Platz im Bus sein, wo sind wir denn?

Fundstück der Woche (16.KW): Michael Bechtel zu Ungarn und Ungarns neuer Verfassung

Der Journalist Michael Bechtle fand und kommentierte meinen Ungarn-Artikel. Dabei verwies er auf seine Eigene Reportage die ungleich besser ausfällt als meine weil mit weit mehr Hintergrund erarbeitet.

Das ist für alle Interessierten einen eigenen Link wert.

Ich persönlich sehe nach wie vor nicht nur schwarz – vielleicht auch, weil am ersten Mai ziemlich viele Menschen gegen Orbán auf die Straße gingen. (Hier hierzu ein Bericht der Pester Lloyd) Andererseits ist die Opposition schwach, zerstritten und in weiten Teilen nicht von unglaublicher Fähigkeit geprägt – die Ungarn sind nun einmal enttäuscht von den zuvor Regierenden. Und Michael Bechtle verweist völlig zurecht auf den steigenden, brutalen Rechtsradikalismus, der sich an diesem Fall zeigt. Rechtsradikale, die sich besonders gegen die Roma engagieren, haben vor kurzem den in Europa wohl einmaligen Fall provoziert, daß das Rote Kreuz rund dreihundert Roma evakuiert hatte. Rechtsradikale Milizen hatten „Übungen“ und „Training“ angekündigt.

Generell ist in Europa, nicht nur in Osteuropa der Rechtsradikalismus und das Rechtsnationale Gedankengut wieder auf dem Vormarsch. Das Ende des friedlichen Europas scheint absehbar.

Von einem Medienunfall – Teil VI: Mal wieder gewohnt pietätvoll, die SZ

Frau Teofila Reich-Ranicki ist tot. Das vermeldete gestern, praktisch untergehend im Royal-Rummel die Sueddeutsche Zeitung und ich möchte Marcel Reich-Ranicki an dieser Stelle mein Beileid aussprechen.

Interessant aber ist, wie die Sueddeutsche damit umgeht. So hat man zunächst die Kommentarfunktion unter dem Artikel gesperrt. Und dann hat man eine interessante Auswahl geschaffen, aber sehen Sie selbst:

Toll, oder? Diese Zusammenstellung hat schon fast was von einem Gedicht…

Kontaktbörse Oktoberfest – Im Rausch der Sinne / Rentnerehepaar stirbt bei Frontalzusammenstoß /  Kühner Gewaltakt / „Das hat ja doch wieder gut geschmeckt“ / Scheidung im Alter – Das verflixte 25. Jahr / Farbpsychologie – Alles so schön bunt hier! / Gemeinsamer Tod – Nach 70 Jahren Ehe stirbt Paar am selben Tag / Homo-Hochzeiten: Freie Ortswahl – Trausaal? Nein danke! / Mann und Alter – Laptop und Sixpack / Alter – Der neue Mann – lebt lustvoll und lang

Nein? Naja, ich bin auch froh, daß virtuelle Gräber und Nachrufe nur virtuell sind. Bei der Vorstellung, der/die dafür Verantwortliche hielte eine Rede auf meiner Feier….

Die FAZ macht es besser.

Nachtrag: Der Link selbst hat auch seine eigene Komik…

Schande

Im politischen Alltag unserer Republik gab es ein Ereignis, das so beschämend für die Sozialdemokratie und die SPD ist, daß einem einfach die Worte fehlen sollten; Dennoch möchte ich einen offenen Brief an Frau Nahles schreiben, die sich in meinen Augen nun endgültig unmöglich gemacht hat.

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Frau Nahles,

mit großem Bedauern habe ich zur Kenntnis nehmen müssen, daß Sie meiner Partei und meiner Grundüberzeugung offensichtlich mit einer gewissen Beklemmung entgegentreten. Grundwerte, die sich auf die rechtliche Gleichheit aller Menschen und der Gleichwertigkeit menschlichen Lebens berufen.

Die SPD ist eine Partei, die in ihrer stolzen Geschichte bereits von Menschen verfolgt worden ist, die so denken, wie das der von Ihnen in der Partei willkommen geheißene Thilo Sarrazin tut – und Sie sollten sich darüber im klaren sein daß eine Gruppe, die einen Sozialdarwinisten in ihrer Mitte duldet eigentlich vom Verfassungsschutz zu beobachten ist.

Ich muß Sie (als eine Vertreterin des SPD-Vorstandes!) offensichtlich an das Hamburger Programm erinnern: Wir, die SPD, kämpfen politisch für „eine freie, gerechte und solidarische Gesellschaft“ sowie die „Gleichberechtigung und Selbstbestimmung aller Menschen“. Weitere Zitate gefällig?

Die gleiche Würde aller Menschen ist Ausgangspunkt und Ziel unserer Politik. Menschen tragen verschiedene Möglichkeiten in sich. Sie sind weder zum Guten, noch zum Bösen festgelegt. Sie sind vernunftbegabt und lernfähig. Daher ist Demokratie möglich. Sie sind fehlbar, können irren und in Unmenschlichkeit zurückfallen. Darum ist Demokratie nötig.
Jeder Mensch trägt Verantwortung für sein Leben. Niemand kann oder soll sie ihm abnehmen. Menschen dürfen nie zum Mittel für irgendwelche Zwecke erniedrigt werden, weder vom Staat noch von der Wirtschaft.
(…)
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ächten Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Sie haben Deutschland in seine schlimmste Katastrophe geführt. Wir werden deshalb immer dafür kämpfen, dass unser Land nie wieder in Barbarei abgleitet.
(…)
Wir sind für den Dialog zwischen den Kulturen. Er dient dem inneren und äußeren Frieden, aber auch der Integration. Wenn friedliche Globalisierung gelingen soll, brauchen wir eine Kultur der Anerkennung, die der Ausgrenzung von Minderheiten und ebenso der Bildung von Parallelgesellschaften entgegenwirkt. Wir wollen kulturelle Vielfalt statt fundamentalistischer Verengungen und der Politisierung von religiösen und kulturellen Unterschieden, aber auch statt globaler Monokultur. Erst eine lebendige Kultur der Anerkennung ermöglicht eine Gesellschaft, in der wir als Menschen ohne Angst verschieden sein können.

(Alle Zitate entstammen dem Hamburger Programm)

Eugeniker wie Sarrazin, die zwischen wertem und unwertem Leben unterscheiden, gehören da nicht dazu. Sie gehören diskutiert, widerlegt und wenn sie erkenntnisresistent sind aus unserer Mitte entfernt. Sie sind Verräter am sozialdemokratischen Erbe und an sozialdemokratischer Grundüberzeugung.

Welchen Kompromiß Sie da geschlossen haben, womit Sie gekauft wurden, Frau Nahles, ist nicht ersichtlich. So manch schmerzhaften Kompromiß hat diese Partei schon aushalten müssen aber bei Fragen der grundsätzlichen Menschlichkeit war die SPD vielleicht wehrlos, aber nicht ehrlos.

Bei Ihnen verhält es sich genau anders herum.

Alleine der Vorgang in der Causa Sarrazin wird viele Mitglieder der SPD zum Austritt bewegen und das zu Recht. Ich selbst erwäge das, aber ich bleibe meinen Grundüberzeugungen treu und werde dafür kämpfen daß die SPD wieder eine SPD wird – und Menschen wie Sie in dieser Partei nichts mehr zu sagen haben.

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Grußlos und enttäuscht,

Lastknight Nik

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Artikel zum Thema finden sich bei Zeit.de, bei den Nachdenkseiten sowie der Sueddeutschen und der FAZ.

Berliner Erklärung

Eine Reihe von Genossen haben die Berliner Erklärung unterzeichnet.

Ich fordere alle Genossen mit Anstand auf, die Petition mitzuzeichnen.

(Dieser Link führt zur Petition)

Berliner Erklärung zur Beendigung des

Parteiordnungsverfahrens gegen Dr. Thilo Sarrazin

Von: Aziz Bozkurt aus Berlin

An:   Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) in Deutschland

Viele Menschen in Berlin, in der gesamten Bundesrepublik und auch im Ausland haben kein Verständnis für das Ergebnis und den Verfahrensablauf des Parteiordnungsverfahrens gegen Genossen Dr. Thilo Sarrazin. Nicht nachvollziehbar erscheint vor allem der Zickzackkurs der Partei. Wir entschuldigen uns bei den Menschen, die sich durch diese Haltung verletzt oder enttäuscht fühlen. Wir appellieren an die Genossinnen und Genossen unserer Partei, die sich mit dem Gedanken eines inneren Rückzuges oder gar Austritts tragen: Jetzt gerade nicht! Wir brauchen Euch! Die Partei braucht Euer politisches Rückgrat!
In gemeinsamer Verantwortung für unsere Partei, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, stellen wir fest:

1. Wir sind und bleiben die Partei des sozialen Aufstiegs. Wir geben nicht große Teile der Bevölkerung verloren, sondern ringen um Konzepte für gerechte Teilhabe. Elitärer Dünkel, Ausgrenzung von Gruppen – mit oder ohne Migrationshintergrund –, menschenverachtendes Gerede oder gar rassistischer Habitus haben in unserer Mitte keinen Platz.

2. Wir verteidigen die Meinungsfreiheit aufrecht. Die SPD ist jedoch eine politische Wertevereinigung, die – wie bei jeder anderen Partei – durch ihr Grundwertekorsett einen äußersten Meinungsrahmen vorgibt. „Die gleiche Würde aller Menschen ist Ausgangspunkt und Ziel unserer Politik … und unabhängig von … wirtschaftlicher Nützlichkeit.“ Dieser äußerste Wirkungsrahmen ist nicht verhandelbar.

3. Die politische Verantwortung und der Gestaltungsanspruch der SPD enden nicht an irgendeinem Wahltag. Unsere Grundwerte sind nicht beliebig und stehen nicht zur Disposition Einzelner. Nachdem auf allen Parteiebenen Gremienbeschlüsse zum Parteiordnungsverfahren vorlagen war es politisch angezeigt, diese Gremien vor einer Verfahrensbeendigung ohne Sachentscheidung zu befassen.

Begründung: s.o.

Im Namen aller Unterzeichner.

Berlin, 25.04.2011 (aktiv bis 24.10.2011)

Von Ungarn und seiner neuen Verfassung

An den Ostertagen dieses Jahres habe ich – ein wenig unangekündigt – meinen Blog ruhen lassen. Ich besuchte die Familie meiner Verlobten in Ungarn und durfte so Zeuge einer interessanten Entwicklung in dem Land werden, welches derzeit ja ausgerechnet die EU-Ratspräsidentschaft stellt.

Ungarn wird von einer wenig-Mitteviel-Rechts-Regierung beherrscht, die seit den letzten Parlamentswahlen eine Zweidrittelmehrheit im Parlament innehat. Die Regierung unter Victor Orbán ist ja seit einiger Zeit immer mal wieder Tagesgespräch in Europa, hauptsächlich wegen des Umgangs des ungarischen Gesetzgebers mit solchen in der EU als selbstverständlich betrachteten Rechten wie der Pressefreiheit..

Vor dem Parlament in Ungarn

Nun hat sich Ungarn eine neue Verfassung gegeben. Und diese Verfassung wird von nicht wenigen Ungarn sehr kritisch betrachtet, auch wenn sie wahrscheinlich nicht die Mehrheit stellen. Diese Verfassung schafft die Republik Ungarn ab und macht zunächst einmal nur Ungarn daraus. Was dann noch kommen mag weiß eigentlich keiner so genau, aber manch einer befürchtet, daß sich der ohnehin schon sehr starke Nationalismus immer weiter durchsetzen wird. Einige Elemente erkennt man allerdings schnell: Das neue Reich/Land/Nation Ungarn beruft sich auf das mittelalterliche Ungarn – und ganz zuvorderst auf das Christentum (Was kein Wunder ist, Ungarn war katholisch bevor Jesus geboren wurde. Sagt man.) was ein paar Kleinigkeiten zu Folge hat wie den Umgang mit Ehe, Abtreibung, Homosexualität und einem Duzend anderer Elemente moderner Denkweisen. Natürlich begrüßen besonders rückwärtsgewandte  Zeitgenossen wie – ausgerechnet – Bernd Posselt dieses Bestreben.

Woran das liegen mag? Vielleicht auch an der Presse. Was man mir berichtete war, daß die Medien, zumindest das Fernsehen, eigentlich durch die Bank immer nur „Nation! Nation! Ungarn! Nation!“ brüllen, durchbrochen von seichtester Fernsehunterhaltung.

Nun muß man die Ungarn zunächst einmal verstehen. Jahrhundertelang als die „Geißel Europas“ gefürchtet und unterdrückt von zuerst den Osmanen und dann der Habsburger Monarchie erlebte Ungarn die europäischen Revolutionen von 1848 als Befreiungskriege die ihnen letztlich noch mehr Unterdrückung (Habsburg brachte den ungarischen Widerstand unter anderem mit Hilfe des russischen Zaren zu Fall. Zyniker behaupten, die Russen hätten sich schonmal umgesehen.) einbrachten, auch wenn sich die Habsburger dann „Kaiser von Österreich und König von Ungarn“ in besonderer Form nennen mußten. Ungarn wurde nicht von Ungarn regiert. Nach dem Zusammenbruch des Habsburgerreiches in Folge des von ihnen begonnenen ersten Weltkrieges schaffte es Ungarn endlich zu einem Königreich ohne Fremdherrschaft zu werden.
Bis die Nazis kamen. Ungarn näherte sich dem Faschismus freiwillig an und wurde im Rahmen der „Restaurierung Großdeutschlands“ praktisch übernommen, letztlich, als das Land mit Rußland in Verhandlungen trat, besetzt. Im Zweiten Weltkrieg eroberte die stalinistische Sowjetunion Ungarn und hielt das Land unter Besatzung bis 1989. Die Ungarn kämpften im Volksaufstand von 1956 noch einmal unter großen Opfern gegen ihre neuen Unterdrücker, aber vergeblich.
Zwar gelang es den Sowjets nie so sehr, Ungarn die allgemeinen Beschränkungen und vor allem die Lebensmittelknappheit aufzuzwingen die man sonst unter dem Credo der „gerechten Verteilung“ erzwang, aber frei waren die Ungarn wieder nicht.

Und was die Monarchie, Fremdherrschaft, Unterdrückung und letztlich der „real existierende Sozialismus“ der Sowjetunion noch nicht an Stolz und Wirtschaftskraft zerstört hatten, das nahmen die europäischen Heuschrecken nach der Grenzöffnung mit. Ungarn erlebte eine kurze Boomzeit als westliche Firmen die niedrigen Löhne und Lebensstandards ausnutzten, Werke hochzogen und die Leute beschäftigten aber das war nur eine vorübergehende Periode. Wie üblich unter dieser Gesellschaftsklasse zogen die Firmen weiter nach Bulgarien und Rumänien als die staatlichen Förderungen ausliefen die als Motor dienen sollten und die Löhne „anzogen“ (sprich von „unanständig „zu „Unterklasse“ zu werden.). Das Ergebnis ist eine recht hohe Arbeits- und Perspektivlosigkeit, auch wenn es der Mehrzahl der Ungarn sicherlich deutlich besser geht als noch vor 20 Jahren.

Zu dem Gefühl der Perspektivlosigkeit kommt auch ein sich festgesetzter Glaube daran, im Vergleich mit den Nachbarn deklassiert zu sein. Die Idee des reichen Deutschen, der fünf Autos hat und in einer Villa wohnt, das westliche Eldorado hat sich dermaßen in den Köpfen als Wahrheit manifestiert und festgesetzt, daß jeder eigene Erfolg (nicht wenige Ungarn besitzen zwei Autos, Haus oder Hof) irgendwie als nicht gut genug erscheint. Und gegen einen derartigen Glauben (der wohl nicht nur in Ungarn weit verbreitet ist) kann man auch mit der Wahrheit nicht ankommen.

Wieder einmal zeigt sich, daß der ungezügelte Liberalismus als Nährboden für Nationalismus, Rassismus und Kriegstreiberei dient. Denn natürlich sind an der Situation schuld:

a) die Ausländer, besonders die EU die ja wirklich wie eine Heuschreckenbande das Land ausgeplündert hat.
b) die Ausländer, vor allem die Sinti und Roma, die grundsätzlich nur stehlen und sowieso nix arbeiten wollen und alle Verbrecher sind
c) die Nachbarn, besonders die Rumänen und Tschechen, denn diese Völker haben Minderheiten in Ungarn leben, die allen die Arbeitsplätze wegnehmen und sowieso faul sind und nix arbeiten wollen (Machen Sie sich nix aus dem Widerspruch, genügend Dieter Bohlen dazwischen und die Leute schlucken das)
d) die Nachbarn, besonders die Bulgaren und Rumänen, weil ungarische Minderheiten in Bulgarien und Rumänien leben und dort unterdrück werden und das ganze Gebiet sowieso eigentlich Ungarn gehört.

Diese Stimmung wird erzeugt und massiv befeuert im Land. Am Ende hat das oftmals sehr unangenehmes zur Folge. Hoffen wir, daß es nicht dazu kommt. Auch wenn sich der drohende Zusammenbruch des Geldsystems weltweit mit einem Krieg wunderbar verschleiern ließe.

Das ungarische Parlament

Das ungarische Parlament

Dies war das Ende meines kurzen Artikels den ich in Ungarn geschrieben hatte und mangels internet so veröffentlichen wollte. Kaum zurück in Deutschland und eigentlich nur auf der Suche nach eienr deutschen Übersetzung oder wenigstens zuverlässig seriösen Inhaltsbeschreibung der neuen Verfassung (Meine Kenntnisse entstammen alle ungarischen Medien und Menschen) führte zu:

Ich bitte den Leser sich nun selbst ein Bild zu machen. Vielleicht gibt es ja gar keinen Grund, hysteriSZch zu werden…