Fundstück der Woche (4. KW):

Ein Besuch von sechs Gästen aus Papua-Neuguinea in Bayern. Sehr schön gemacht, gefällt mir. Die Tonmischung nebenbei hat das Müncher Musikzimmer gemacht. Sie erzählen von ihren Ideen. Und sie möchten gute Ideen mitnehmen: Die fünf Gäste aus Papua-Neuguinea, die missio zum Monat der Weltmission eingeladen hat. Begleiten Sie Priscilla Winfrey, Bischof Bernard Unabali und die anderen missio-Partner während ihrer ersten Tage in Deutschland — und erleben Sie unerwartete Begegnungen und nachdenkliche Momente mit.



Lastknightniks Woche (03/2013)

Wie (fast) jeden Freitag eine kurze Nachschau über die fünf m.E. nach wichtigsten oder interessantesten Geschichten der Woche zur Nachlese.

Montag: Die Antisemitismusvorwürfe gegen Jakob Augstein – und die Unfähigkeit deutscher Journalisten, wenigstens Englisch zu lesen oder sich mit dem eigenen Fehlverhalten auseinanderzusetzen.

Dienstag: Die NRA erklärt uns, daß Computerspiele Menschen töten und nicht Waffen. Ist ja mal was ganz neues.

Mittwoch: WG-Zimmer gegen Sex. Und das im schönen München. Ein unmoralisches Angebot und seine Geschichte.

Donnerstag: Katholische Kliniken weisen ein Vergewaltigungsopfer ab. Kommentar von mir dazu gibt’s auch.

Freitag: Eine Taxlerin in Deggendorf weigert sich, einen Fahrgast zu befördern, der sie sexuell belästigt hat. Dafür wird sie entlassen.

Steigende Mieten – und ein sich veränderndes Stadtbild

Seit ich in München wohne hat sich das Bild meines Viertels ein wenig geändert. Ich wohne in der Maxvorstadt, ein ganz normales Univiertel eigentlich, das eine Menge Spaß macht und ich lebe wirklich gern hier. Zu den Dingen, die ich sofort ins Herz geschlossen hatte gehörten auch die ganzen Buchläden und Antiquariate, wo man mitunter sehr zufällig auf tolle Bücher stoßen konnte – und stundenlang wühlen.

Jetzt sterben diese Geschäfte. Zuerst erwischte es ein kleines Antiquariat in der Schellingstraße, da hatte ich selber noch nie eingekauft weil es praktisch nicht auf meinem Weg liegt. Stattdessen kam ein Musikladen rein, der blieb auch nicht lange. Jetzt ist es ein Café – links und rechts davon sind es auch Cafés oder Pizzerien.

Am Augenfälligsten war die Schließung der Universitätsbuchhandlung Heinrich Frank, die es da seit 135 Jahren gibt. Im Juli meldete er Insolvenz an, im Oktober war es vorbei. Auch der „linke Buchladen“, der eher alternative Literatur, Philosophie und Geschlechterrechtliches aus aller Welt führt, ist inzwischen auf die Hälfte seiner Größe geschrumpft – inzwischen gibt es in der Adalbertstraße Ecke Barer Straße nur noch den Philosophie-Laden. Die andere Hälfte ist ein Bekleidungsgeschäft.

Jetzt scheint in diesem Lande besonders im lädlichen Raum der Wunsch nach mehr Bekleidungsgeschäften zu bestehen (wie in Ennepetal oder in Rheinfelden), aber gerade die Münchner Innenstadt quillt doch über mit den Läden. Alleine in der Adalbertstraße sind auf den gut 200 Metern zwischen Barer und Türkenstraße 3 (!) Bekleidungsgeschäfte angesiedelt. Auch ansonsten habe ich das Gefühl, überall wo irgendwas eingeht entsteht danach ein Laden für weiße Hosen und bunte Kleider. Natürlich steigen überall die Mieten an, gerade auch die für Geschäfte (ganz krass zuletzt in Stuttgart), aber können die wirklich nur noch von irgendwelchen Läden mit Schaufensterpuppen getragen werden?

Die SPD hat das Thema Mietexplosion entdeckt und Peer Steinbrück möchte es im Wahlkampf nutzen – dazu gibt es nun ein Strategiepapier. Gerade als Münchner muß ich das erstmal gut finden, schließlich lebe ich in der teuersten Stadt des Landes. Allerdings ist meine Miete bis dato nicht erhöht worden – in fünf Jahren nicht. Ich klopf auch grad auf Holz daß es so bleibt. Dennoch ist die Frage nach bezahlbarem Wohnraum eine wichtige soziale Frage und von daher ist es gut, daß sich die SPD des Themas angenommen hat.

Allerdings fehlen mir hier Positionen zum Thema Ladenmieten – es ist immer nur von der Wohnung die Rede. Das ist wichtig, aber auch das Thema Ladenmieten ist ein wichtiges Thema. Denn nach und nach sehen deutsche Innenstädte immer gleich aus – zur Hauptstraße? Ach, das war doch immer beim H&M rechts. Marc-Uwe Kling hat das in seinem Text und Gedicht „Das Kettenkarussell“ schön persifliert:

Hier sollte die SPD noch einmal nachbessern. Sonst verschwinden die kleinen Läden komplett und wir haben nichts anderes mehr als Modeboutiquen und Lidl.

KOSTBAR – und Neujahrspause

So meine Lieben,

wie auch letztes Jahr verabschiede ich mich blogtechnisch in die Neujahrspause, und das bis zum 6. Januar. Bis dahin habe ich allerdings für alle Kurzentschlossenen noch einen Sylvestertipp: Die Kostbar in München.

KostbarLogoDie befindet sich in der Barer Straße (erreichbar über die Tram Linie 27 – Schellingstraße – oder über die U-Bahnen U3/U6 – Universität) und bietet ein tolles Sylvestermenü an, das man hier per pdf (Sylvestermenue 2012 mit Musik) downloaden kann.

Da ein wahrer Sozialdemokrat ja immer arbeitet und das meine Stammkneipe ist, habe ich ihm außerdem über Weihnachten eine neue Speisekarte gebaut, welche ich hier (Speisekarte Kostbar ) ebenfalls verlinken möchte. Auch ohne Sylvester ist die Kostbar auf jeden Fall immer einen Besuch wert. Mich werdet ihr an Sylvester leider hier nicht antreffen können, ich feiere mit meiner Frau, einem guten Freund und Studienkollegen, einer lieben Freundin sowie einigen anderen Freunden am Bodensee. Vielleicht poste ich Euch ein Bild vom Feuerwerk.

Einen guten Rutsch ins Jahr 2013, lasst Euch nicht unterkriegen und vor allem: Kämpft weiter für die Gute Sache. Für unser Land. Für unser Europa.

Euer

Nik

Kurze Eilmeldung: Heftiger Knall

Heute Mittag tat es einen ordentlichen Knall in der Türkenstraße in München – kurze Zeit später hörten die Sirenen gar nicht mehr auf. Anscheinend kam es zu einer Gasexplosion in der Nähe der Schule, ein Juweliergeschäft ist dabei wohl schwer beschädigt worden.

Laut Polizei kamen dabei Menschen zu Schaden, derzeit ist die Gegend komplett abgesperrt. Man versucht noch die Ursache zu finden, anscheinend gab es da eine Gasexplosion und man ist besorgt, daß es Folgeexplosionen gibt. Soweit die Kurzmeldung.

Bild_Gasexplosion 01

Was mich an der Geschichte ein bißchen erschüttert ist, daß es zum Einen keine 60 Meter von meiner Wohnung passierte. Und zum Anderen, daß ich keine fünf Minuten vorher genau da vorbeigegangen bin, weil ich in der Mittagspause schnell duschen wollte. Das macht nachdenklich…

Bild_Gasexplosion 02

Lastknightniks Woche (32/2012)

Wie (fast) jeden Freitag eine kurze Nachschau über die fünf m.E. nach wichtigsten oder interessantesten Geschichten der Woche zur Nachlese.

Ansonsten bleibt es eher Sommerlochig

 

Sommerloch: Die Geschichte Münchens (1)

Um das Sommerloch zu füllen habe ich mich ja einerseits auf das Thema Computerspiele gestürzt, andererseits erscheint es mir als die Gelegenheit, mal ein bißchen was aus meinem Forschungsbereich vorzustellen beziehungsweise Sie, verehrter Leser, an meinen Forschungen teilhaben zu lassen.

Konkret bedeutet das, daß ich meiner Abschlußarbeit hier Raum geben werde. Ich schreibe bei Prof. Dr. Hans-Michael Körner eine Arbeit über das Verhältnis der Stadt München als Residenz- und Hauptstadt zum bayerischen Fürsten- und Königshof, wobei ich mich wegen des beträchtlich kurzen Umfangs der Arbeit (ca. 120 Seiten) auf verhältnismäßig wenige Punkte beschränken werde.

In diesem ersten Teil möchte ich Ihnen meine Grundüberlegungen mitteilen sowie einige der Fragestellungen formulieren, die ich an diese Arbeit habe; Die Ergebnisse von Archivrecherche und ähnlichem werden dann in der Folge in unregelmäßigen Abständen (!) von mir veröffentlicht.

Das Verhältnis einer Haupt- beziehungsweise einer Residenzstadt zum Hof ist immer interessant, weil die Stadt einerseits als solche gewisse Sonderprivilegien genießt (schon seit dem Mittelalter das Stadtrecht, aber im Reich gab es auch bestimmte Sonderprivilegien für freie Reichsstädte wie beispielsweise die Gerichtsbarkeit), andererseits ist die Residenzstadt in besonderem Maße auch an den Hof gebunden, denn dieser bedeutet Einkünfte und Reiseverkehr, aber auch Anforderungen an Verkehrswege und Raum für Hofzeremonielle.

Nun wurden seit dem Mittelalter die Städte von den Handwerkszünften und den Gilden der Kaufleute regiert, wobei es da natürlich Sonderfälle wie Augsburg gab. Diese Gruppen setzten sich mehr oder weniger aus den freien Bürgern der Stadt zusammen und damit regierte die Bürgerschaft letztendlich die Stadt. Sie wiederum waren maßgeblich an ihrer wirtschaftlichen und sozialen Freiheit interessiert, daher herrschte auch kein Adel über eine freie Reichsstadt. Im Gegenzug leisteten die Städte vor allem in fiskalischer Hinsicht eine Menge zum Erhalt von Königreich und Königtum.

Allerdings beschäftigte die Frage, wer eigentlich welche Kompetenz hatte von Natur aus die Politik untereinander. Als Beispiel aus dem Mittelalter soll hier die Auseinandersetzung zwischen London und dem, englischen Königshof 1349 dienen, als der König wider die geltende Rechtsprechung die Stadt zwang, das Schlachthofviertel zu schließen. Der Hintergrund war die große Pestepidemie, die seit 1348 besonders in den Schlachtervierteln wütete.

Aber auch aus bayerischer Sicht lassen sich einige solche Vorgänge festhalten. So hat beispielsweise der Wunsch eines protestantischen Weinhändlers namens Johann Balthasar Michel, in München als Bürger ansässig werden zu dürfen (und dabei sogar eine ″Weingastgebengerechtigkeit″ zu erwerben!), für eine Irritation gesorgt. Michel war ein pfalzbayerischer Untertan, der eben kein Katholik war was vordergründig zum Widerstand der eingesessenen Münchner Händler führte, die sich in Wirklichkeit aber auch durch den Großindustriellen Michel, der beste Kontakte zum Hof unterhielt, in ihrer wirtschaftlichen Freiheit bedroht sahen. Dennoch war die Schiene, mit der sie und damit der Münchner Stadtmagistrat diese Eingabe bei Hofe zu verhindern suchten, die des Primats der katholischen Religion in der Stadt München. Tatsächlich baten sie Max Joseph anzuerkennen, daß der Erwerb bürgerschaftlicher Rechte in München nun einmal an die katholische Religion gebunden sei – was der Kurfürst ziemlich ärgerlich mit einem Verweis auf die Landesverfassung parierte, die ausdrücklich eine Behinderung wegen der Religionszugehörigkeit verbot. Letztendlich machte der Kurfürst der Stadt in einem herrlich launigen Schreiben klar, daß sich tatsächlich mit den Reformen, die er und sein allmächtiger Staatsminister Montgelas anstrebten, eine Menge Verhältnisse zwischen Stadt und Hof ändern würde. Er befahl, den Bürger Michel mit sofortiger Wirkung zum Münchner Bürger zu erheben und verbat sich jedweden Widerstand: ″Für den geringsten Exzeß haftet jedes Magistratsmitglied persönlich.″

Dieser Vorgang eröffnete die Ansässigmachung nichtkatholischer Bürger in Altbayern und Schwaben, selbst die Juden, die es offiziell seit dem 15. Jahrhundert nicht mehr in München geben durfte, durften sich nun von ihrer rechtlichen und sozialen Benachteiligung befreit sehen und seit 1812 galt die Freizügigkeit für Juden in Bayern. (Michel ist übrigens auf dem alten Münchner Südfriedhof beerdigt worden, womit er auch der erste war, der als Protestant auf einem Münchner Friedhof liegen durfte)

Grabstätte des Johann Balthasar Michel

Derartige Vorkommnisse fanden in jener Zeit sehr rasch aufeinanderfolgend statt; Montgelas ließ viele Münchner Kirchen und Klöster schließen und zerstören (Beispielsweise stand an der Stelle, wo sich heute das Nationaltheater befindet, einst ein großes Franziskanerkloster, das 1802 im Rahmen der Klostersäkularisierung abgebrochen wurde) was den Widerstand der Münchner Bürger herausforderte – außerdem verbot der Hof diverse Prozessionen wie beispielsweise die Marienprozession zu Pfingsten nach Andechs. Dabei kam es 1802 sogar zu Auseinandersetzungen zwischen den Münchnern und der Polizei, weil die Münchner die Prozession (unter Beteiligung des Stadtrates!) einfach trotzdem abhielten und den Handwerksburschen besonders ein Anlaß willkommen war, sich bei der Regierung für die gestrichenen Feiertage ohne Lohnausgleich erkenntlich zu zeigen.

Als Bayern zum Königreich von Napoleons Gnaden erhoben wurde war das den Münchnern im Grunde sehr recht, dennoch nahm die Bedeutung der Stadtverfassung weiter ab und immer mehr Rechte gingen auf die bayerische Regierung über. So waren die eben beschriebenen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Münchner Bürgern vor allem deshalb möglich, weil 1802 die Polizeihoheit der Stadt an den Kurfürsten abgegeben wurde; Gleichzeitig verlor München auch die Gerichtshoheit. Etwas, was heute für Europäer kaum vorstellbar ist, in Amerika allerdings noch heute Gang und Gäbe, nämlich die kommunal organisierte und verwaltete Polizei, fand in dieser Zeit ihr Ende.

1804 wurde die bis dahin bestehende Organisationsform der städtischen Selbstverwaltung endgültig beseitigt, die immerhin seit 1304 bestanden hatte, Es wurde eine Stadtverwaltung mit 12 Magistratsräten und zwölf Vertretern des ″zugelassenen Handwerks″ geschaffen. 1808 schließlich übernahm der Staat endgültig die Verwaltung, indem er alle Gemeinden unter Staatskuratel (Kuratel ist ein veralteter Ausdruck für: Sachwalterschaft, Vormundschaft, Pflegschaft; Ausübung von Aufsicht, Herrschaft, Macht) stellte und sie einem von der landesherrlichen Polizeidirektion ausgewählten Administrators unterstellte. Sogar das Stadtwappen ließ der sich inzwischen König Max I. Joseph nennende Herrscher abschaffen.

Auseinandersetzungen zwischen Münchnern und Hof gab es allerdings weiterhin; So war die Affäre Lola Montez Dreh- und Angelpunkt einer einschneidenden Auseinandersetzung zwischen dem König (nun Ludwig I.) und den Bürgern, wobei die Affäre nur der Anlaß war um den Streit zwischen Staatlicher Obrigkeit und kommunaler Selbstverwaltung wieder aufflammen zu lassen. Kern war die willkürliche Schließung der Universität München und die Ausweisung der nicht in München beheimateten Studenten in Reaktion auf die harrsche Kritik und den Spott der Münchner gegenüber der Affäre des Königs. Es kam zu Zusammenstößen und Verletzungen; Ein Student wurde sogar niedergestochen. Die Münchner Bürger versammelten sich daraufhin vor der Residenz und verlangten vom König ein Einlenken. Sie setzten sich schließlich auch durch, Lola Montez mußte die Stadt verlassen und ihr Haus in der Barer Straße wurde von einer wütenden Menschenmenge verwüstet. Das Ganze trug sich 1848 zu – einer Zeit revolutionärer Gedanken und immer lauter und extremer werdende politischer Forderungen. Schließlich kulminierte der Aufruhr der Münchner Bürger in einem eher unerwarteten Erfolg: Ludwig I. dankte ab.

Unter Maximilian II. schließlich kam es erneut zu Auseinandersetzungen, diesmal war es der sogenannte ″Nordlichterstreit″, der sich darum entzündete, daß Max II. norddeutsche Professoren an die Münchner Universität berief, was von den bayerischen Akademikern als Karrierehindernis, sogar als Kränkung empfunden wurde. Im Gegensatz zu seinem Vater Ludwig hatte Maximilian aber auch keine Liebe für die Stadt München, er baute wenig und ließ sogar eine Kaserne einrichten, die mit einem Beschießungsplan für die Stadt ausgestattet war, sollte es erneut zu Aufständen kommen.

Die Auseinandersetzungen zwischen Landesregierung und Hauptstadt ziehen sich durch die Geschichte bis in die Gegenwart; Meine Arbeit wird sich allerdings auf den Zeitraum zwischen Max IV Joseph und Maximilian II konzentrieren. Prinzipiell könnte man den Faden weiterspinnen bis in die heutige Zeit, wenn sich Stadt und Land über die Finanzierung einer zweiten S-Bahn Stammstrecke für München streiten. (Siehe dazu auch die Drucksache 16/11149 des bayerischen Landtages und die Mitschrift der Debatte im Plenarsaal am 2. Februar 2012 über einen Dringlichkeitsantrag der CSU und einen der Freien Wähler sowie eine Diskussion im Münchner Stadtrat zum gleichen Thema am 24.10.2010 ab S. 15)

Zum Weiß Ferdl…

Nachdem ich einige recht unfreundliche Kommentare erhalten habe möchte ich doch kurz dazu Stellung beziehen, daß ich als Sozialdemokrat mit einem Mann wie dem Weiß Ferdl so viel anfangen kann. Der wird ja gerne als Nationalsozialist beschrieben, was nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig ist.

Weiß Ferdl, eigentlich Ferdinand Weisheitinger, ist 1883 geboren worden und starb 1949. Er war als bayerische Volksschauspieler und Sänger bekannt, aber vor allem seine satirischen Bühnenprogramme sind heute den meisten überliefert, darunter eben die Linie 8, wie auch das bayerische Wikipedia in aller Kürze vermerkt. Er war, das muß man klar sagen, ein früher Anhänger des Nationalsozialismus, trat allerdings erst um 1940 der Partei bei, was vermutlich auch mit seinen zum Teil sehr kritischen Bühnenwerken zu tun hatte.

Weiß Ferdl war sicher kein Widerstandskämpfer, aber er hat in einer Zeit, als ein Großteil des Volkes sein Denken kollektiv eingestellt hatte, sich immerhin Geist und Charakter bewahrt. Es geht das Gerücht, daß er öfter mal nach Bühnenauftritten von der stets anwesenden Polizei einkassiert worden ist und sogar eine regelrecht private Zelle in Stadelheim hatte. Ein schönes Beispiel war ein Auftritt mit einem großen Koffer. Er verkündete dem Publikum und den dort anwesenden Polizisten, er habe „die ganze Regierung darin“. Auf Befehl des sofort herbeigeeilten Schutzmannes öffnete er den Koffer in dem sich nur Stofffetzen befanden. Als der Polizist nach kurzer Durchsuchung eher überrascht rief: „Da sind ja nur Lumpen darin!“ Soll der Weiß Ferdl locker geantwortet haben: „Das haben jetzt Sie gesagt.“ Den Mut sieht man heute eher bei den Priols und Schramms, eher selten schon bei einem Pispers und kaum bei einem anderen.

Ein anderes Beispiel, das mir meine Großmutter erzählt hat, gefällt mir noch besser: Weiß Ferdl betritt mit einem Hitlerporträt die Bühne, stellt es zunächst an die linke Seitenwand, dann an die rechte, anschließend in die Mitte. Auch das gefällt ihm nicht und er hält es an verschiedenen Stellen am Hintergrund hoch. Schließlich, bislang wortlos, nun scheinbar ratlos, wendet er sich ans Publikum und fragt: „Was meinen Sie? Hänegen wir ihn auf oder stellen wir ihn an die Wand?“
Weiß Ferdl hat sich auch immer kritisch mit seiner Zeit auseinandergesetzt. So hat er 1946 sehr schön im Refrain des Liedes „Unser Fähnelein weht weiß und blau“ eingefügt: „Und jetzt weht’s Fähnelein wieder – mit Genehmigung der Militärregierung – aber weiß und blauhu!„. Auch sah er den Entnazifizierungsvorgang eher kritisch, man darf gerne drüber streiten wie er es meinte wenn er ins Publikum 1946 rief: „Und wenn ihm sonst nichts zu beweisen war: Hitler-Briefmarken hat er bestimmt von hinten abgeleckt!“ Ein anderer Stropheneinsatz fällt auch auf, wieder aus dem „Fähnelein“:

„Das Bayernlandle, ja, das muß bestehen.
Wo soll’n die vielen Flüchtling‘ auch sonst hingehen?
Mir wer’n net weniger, auf keinen Fall
zu uns da kummans her von überall.
Do geht’s uns guat, sie wissen’s ganz genau:
Wo aber weht das Fähnelein schön, aber weiß und blau?“

Erinnert in gewissen Noten doch an sehr aktuelle Aussagen, nicht wahr? So richtig haben sich manche Dinge nicht geändert. Einen anderen Text vom Weiß Ferdl möchte ich Ihnen hier noch vorstellen, er stammt aus dem Jahr 1932 und heißt: „Die Großkopferten“.
Bevor ich den Text nun bringe, zur Unterstützung meiner Nordlichterleser: Ein „Großkopferter ist einer, der bestimmt. Am Ort sind das meist die reichen Bauern und heutzutage eventuell die Familien mit viel Grundbesitz oder einer Firma. Auf Bayern bezogen sind es die Großindustriellen, die Großbanker und die Spitzenpolitiker. Das sind Großkopferte.

Schon im Altertum freuten sich die Leute, wenn ein Spaßvogel über die Großkopferten etwas sagte. Und das ist bis zum heutigen Tage gleich geblieben. zur Zeit hat halt ein Komiker bei diesem Thema Konzentrationshemmungen, Sie werden das verstehen. Aber ich weiß auch, das die wirklich großen Männer, daß die auch einen Spaß verstehen, die lachen selber drüber, und sie wissen ach, daß wenn ein kleiner komiker einen Witz macht, daß ihre Position noch lange nicht erschüttert ist.
Unangenehm sind aber die anderen, die sich immer einbilden, Großkopferte zu sein, und sind gar keine. Sie, Gschaftlhuber hat’s schon immer gegeben, man nennt sie jetzt ‚Hundertzehnprozentige‘. Man wird doch noch lachen dürfen. Es heißt ja immer: ‚Kraft durch Freude‘. Gibt es eine größere Freude als wie die Schadenfreude?
Nein. Über die prominenten Persönlichkeiten existieren schon viele Witze, die die Herren sicher selber kennen. Interessant ist es nur, wie die erzählt werden. Während die wirklichen Nationalsozialisten, SA und SS solche Witze wirklich hemmungslos und mit voller Namensnennung erzählen, ihnen kann ja nix passieren, sind andere etwas vorsichtiger:
Er trifft einen Freund, will ihm den Witz erzählen, schaut rechts, schaut links und nach unten und dann wispelt er ihm ins Ohr den Witz. Wenn nun sein Freund lacht, dann ist alles in Ordnung, wehe aber wenn der ein bedenkliches Gesicht macht: Dann kriegt’s der Witzeerzähler gleich mit der Angst und sagt: „Ja, ich hab ihn halt auch g’hört, ja? Er wird jetzt überall erzählt, mhm, ja, also, Heil Hitler, gell?“
Der Name des Führers, der muß viel zudecken, wenn sich zwei streiten, so kommen sie sofort auf das politische Gebiet.
Neulich hat ein Hausbesitzer, eines der bedauernswertesten Geschöpfe der Jetztzeit, mit einem Spenglermeister einen Krach gehabt, wegen den Dachrinnen, ned, und sagt also: „Ihr seid’s ja ausg’schamt, mit Eich konn ma ned orbeiten, Ihr seid’s ja ärger wie sie Juden!“ Jetzt fängt der Spenglermeister an: „So? Da hoaßt’s allweil ma soit dem Handwerkererstand wiada auf’s Fiaß heifa, weil ma a so scho hoibat am verrecka san; na wenn ma a paar Penning verlang‘, na is Eich grod as zuvui, es Hungerleider, es traurigen! Es wart’s ma die richtigen Volksgenossen, hm? Woit’s an Hakenkreuzfanderl raushänga und am andern de Gurgl zudrucka, schamt’s eng!“
Jetzt fing aber der Hausbesitzer an: “ A so kamst ma Du, Du Aprilnazi, Du trauriger, Du eam schaug o, Du bist ja erst zu uns kemma wias koa andere Partei mehr geb’n hat..!“

Man könnte das nun ewig fortsetzen. Ein Stück Zeitgeschichte ist es allemal. Eines aber möchte ich trotzdem gesagt haben: Auch das gehört zu unserer Vergangenheit – und ehrlich gesagt, einen besseren Blick auf die Verhältnisse als so durch eine Quelle kann man kaum bekommen.