Weiß Ferdl: DIe Linie 8

Nachdem ich heute endlich meine Weiß-Ferdl-Sammlung vervollständigen konnte, möchte ich natürlich auch meiner lieben Frau den Text der Linie 8 nicht vorenthalten.

Text:

Vom Münchner ist allgemein bekannt, daß er erstens einen gesunden Durst hat – und zweitens, daß er gern schimpft. Und am allermeisten schimpft er, wann er Trambahn fahren muß, besonders jetzt, wo wir so wenig Wägen haben.
Ich werde Ihnen nun eine Fahrt durch uns’re Münchner Stadt schildern, mit der Trambahn.

Ein Wagen von der Linie 8,
weiß-blau, fährt ratternd durch die Stadt.
So fährt der Wagen schnell dahin.
Die Menschen in dem Wagen drin,
die schaun gar grantig – niemand lacht.
Da drin – im Wagen der Linie 8.

„Nächste Haltestelle – Harras, Waldfriedhof umsteigen“
„Ach bitte schön Herr Schaffner – Max-Weber-Platz? Muß ich jetzt da jetzt umsteigen?“
„Nein, erst am Stachus, in die Linie 19 oder 4.
So, bitte aussteigen lassen“
„Aber Leid laßt’s doch’d Leid naus, hm? Laßt‘ es halt naus!“
„Geh halt weg, Du oida Depp!“
„Dir gib I glei an oidn Deppn, Du Rotzlöffe, Du rotziger!
A so a schwindsüchtiges Zigarettenbürschal a scho as Mei aufreißn!
I bin a oider Münchner Bürger, der 50 Jahr seine Steiern un Abgabn zahlt hat!
Da heat sich doch alles auf!“

„Vorsicht, der Wagen ist besetzt!“
*plim*

Ein Wagen von der Linie 8,
– „In die Mitte gehen!“ –
weiß-blau, fährt ratternd durch die Stadt.
– „noch jemand ohne?“ –
– „Isacklbar?“ – „Wohin?“ – „Isacklbar?“ –
So fährt der Wagen schnell dahin.
– „Isacklbar?“ –
Die Menschen, die im Wagen steh’n drin,
– „Oiso des woaß I ned wo des is…“ –
die wack’ln hin und her ganz sacht.
– „Der Herr möcht zur Isartalbahn.“ –
– „Jochso!“ –
Da drin – im Wagen der Linie 8.
– „Isacklbar, da soit ma draufkema.:!“ –

„Nächste Haltestelle Bavariastraß‘, steigt jemand aus?“
„Na nei woll’n ma! Geht’s halt auf’d Seitn, daß ma nei ko!
Da hockt a jeder drinn und liest Zeitung,
als wie wann a 5 Mark zoit hätt, für’n Sperrsitz
und wir warten da heraust bis die Verdrußlinie mal daher kummt
Auf’d Seitn, Himme Sackarament no amoi!!!“
„A so a Narrischer, kannt ma narrisch wer’n!“
„Vorsicht, der Wagen ist besetzt!“
*plim*

Ein Wagen von der Linie 8,
– „In die Mitte gehn“ –
weiß blau, fährt ratternd durch die Stadt
– „Noch jemand ohne?“ –
– „Sie Lümmel, Sie!“ -„A Preiß aa no, jetzt werd’s recht! Hoho!“ –
So fährt der Wagen schnell dahin.
– „Sie Kamel!“ –
Die Menschen, die im Wagen drin,
– „Du Rindviech, Du saudumm’s!“ –
die schau’n sich bös an, sind verkracht.
– „Affe!“ –
Da drin – im Wagen der Linie 8.
– „Rhinozeros!“ –

„Ruppertstraß! Zoologischer Garten, umsteigen.“
„Ach bitte schön, Herr Schaffner, Max-Weber-Platz? Muß ich da jetzt um…“
„Neeein, no lang ned, erst am Stachus in die Linie 19 oder 4.
So, bitte aussteigen lassen!“
„Aber Leid – laßt doch’d Leid naus! Laßt‘ es halt naus, hm?“
„Bitte schön, ich möchte aussteigen.“
„No, na steig halt aus“
„Ja, aber ich kann nicht!“
„Ja, dann kann i Dir a ned helfa“
„Vorsicht, der Wagen ist besetzt!“
*plim*
„Ja, ich möcht‘ doch aussteigen!“
„Ja, des häts’t da früher überlegn müssen“

Ein Wagen von der Linie 8,
– „In die Mitte gehn“ – „Da komm‘ ich ja wieder nicht hinaus“ –
weiß-blau, fährt ratternd durch die Stadt
– „Bei der Endstation, do geht’s nachad scho.“ –
– „So drücken Sie doch nicht so!“ – „I druck ja ned. Da hint‘ druckans“ –
So fährt der Wagen schnell dahin
– „Host sie gseng, mit de roten Fingernägel?“ –
Die Menschen, die im Wagen drin
– „und’s Mei o’gstricha, da graust’s ma scho“ –
Neipfercht, als wie in einem Schaft
– „A liaba no a angstrichas Maul, als wie a so a bissigs!“ –
Da drin, im Wagen der Linie 8.
– „Hohohoho“ –

„Do helfa’d Mannsbilder zam, wenns um so a Flitschal geht, um a so a ozupft’s!
Da haert sich doch alles auf!“
„Nächste Haltestelle Sendlinger Tor – Platz, umsteigen in der Richtung Fraunhofer und Neikirchner Straß!“
„Ach bitte schön Herr Schaffner, Max-Weber-Platz?“
„Naaa! Erst am Stachus, jetzt lassn’s eahna nur Zeit!
So, bitte aussteigen lassen!
Erst die Plattform frei machen!
Bisl rascher aussteign!
Herrschaft, alte Rutschn!
Schau halt amoi, daß’d ausse kimmst, sonst tritt i da ins Kreiz nei!“
„Ist doch unglaublich! So spricht man doch nicht mit einer Dame!“
„Im Trambahn gibt’s koa Dame!“
„Na, da gibt’s blos an Hammel, gell? Is a wahr a, ned?“
„Jetzt drucka de scho wieder rei, laßt’s doch uns zuerst naus!
Himma Sackarament no amoi!!!“
„Vorsicht, der Wagen ist besetzt!“
*plim*

Ein Wagen von der Linie 8,
– „In die Mitte gehn“ –
weiß-blau, fährt ratternd durch die Stadt.
– „Noch jemand ohne?“ –
– „hach Gott, ich krieg keine Luft mehr!“ – „Guat, dann gibst ma Deine Lebensmittelmarken.“ –
So fährt der Wagen schnell dahin
– „A paar hängen am Trittbrett drobn…“ –
Die Menschen, die im Wagen drin
– „schaung gar nimmer hin, wenn einer nunter foit“ –
die haben ihn nur im Verdacht
– „der hat halt ned zahln wolln!“ –
So san’s, im Wagen der Linie 8.

„Nächste Haltestelle Stachus-Karlsplatz!
Umsteigen in der Richtung Hauptbahnhof, Pasing, Neuhausen, Marienplatz, Maximilian- und Leopoldstraß‘!
So, bitte aussteign lassn!“
„Aber Leid – laßt’s doch’d Leid naus – hm? Laßt‘ es halt naus“
„Ja ko ma ja ned, wenn der Schieber dosteht wia a… “
„Dir gib i do glei an Schiaber, Du Dreckhammel, Du mistiger, gell, Du?
Hau Dir a paar solcherne Watsch’n runter, daß’d hinten raus schaugst! Da heart sich doch alles auf!“
„So nehmen Sie doch Rücksicht auf eine schwächliche Frau!“
„Hoho! Schwächliche Frau! Rennt ma glei an Ellnbogen nei, daß ma d’Rippn alle krachn, des mog i“
„So wat gibt’s ja nur in Bayern!“
„Sie ah scho, de preißische Krampfhenna, net wohr?“
„Also jetzt lasse  grad mi aussteige, i muß ja an Bahnhof! Sonnst dawisch i mei Zügle nimmer!
Aussteige lasse! Aussteige lasse!“
„Vorsicht, der Wagen ist besetzt!“
*plim*

Ein Wagen von der Linie 8,
– „In die Mitte gehn“ –
weiß-blau, fährt ratternd durch die Stadt.
– „Noch jemand ohne?“ –
– „Sie, laßn’s eahna Nasntröpfal ned grad auf mi falln“ –
– „Na, hinauf kann i’s a ned falln lassn.“ –
So fährt der Wagen schnell dahin
– „Fahrberechtigungsausweis!“ –
Do schaugt jetzt mancher gradaus drin
– „Aha! Zwei Mark!“ –
– Jo freili!“ – „Ja, geh ha, des war do glacht! –
– „Ja, dann steign’s aus!“ –
Jawoi des dur’i, geb’ns nur acht
– „Do muaß i a so raus!“ –

„Nächste Haltestelle Gabelsberger Straß, steigt jemand aus?“
„Ach bitte schön, Herr Schaffner, Max-Weber-Platz?“
„Jetz is de no oiwei da, mein Gott!
I hab’s eahna doch zwanzg moi gsagt, am Stachus, bei der letzten Station, do hättn’s raus müassn!“
„Was? O Gott o Gott! Mich trifft der Schlag!“
„Gut, dann bleibn’s sitzn bis zum Nordfriedhof“
„Vorsicht, der Wagen ist besetzt!“
*plim*

Ein Wagen von der Linie 8,
– „In die Mitte gehn“ –
weiß-blau, fährt weiter durch die Stadt.

Wen es interessiert, dem sei hier der Netzplan von 1964 verlinkt, das ist der älteste den ich auftreiben konnte. Die Linie 8 (grün dargestellt) wurde 1975 eingestellt als die UBahn (Linie U3) bis nach Fürstenried West hinausging. Bis dahin fuhr die Linie 8 von Fürstenried West über das Stadtzentrum (Sendlinger Tor, Stachus) und Milbertshofen bis zum Hasnbergl. Heute wird der südliche Teil von der U3, ab Harras auch der U6 bedient, der nördliche von den UBahnlinien 2 sowie natürlich einer Reihe von Bus- und Tramverbindungen kreuz und quer. Nebenbei gibt es eine sehr interessante Homepage zur Geschichte der Tram in München.

Schönes und Unschönes auf dem Heimweg

Als ich heute von der Arbeit nach hause kam begegneten mir gleich dreierlei Dinge, die irgendwie nachdenklich stimmen. Eine Begegnung zwischen zwei Menschen, ein Bettler und eine bettelnde Rentnerin.

Im Münchner Studentenviertel zwischen Maxvorstadt und Schwabing begegnen einem zwischen Frühling und herbst stets eine Gruppe von Gestalten, die um eine kleine Spende bitten. Sie sind meist südländischer Herkunft, gehen samt und sonders mit einer Krücke umher und – ganz wichtig – sie haben die Straßen offenbar deutlich nach Bezirken unter sich aufgeteilt.

Das wäre soweit ja ein ganz normales Verhalten in einer Großstadt allerding sind diese Jungs offensichtlich ziemlich gut organisiert – sobald ich mal einen freien Abend habe finde ich mal heraus woher die eigentlich kommen und vor allem wo die wohnen. Ich habe nicht das geringste dagegen, daß sie Hilfe benötigen und würde ihnen auch gerne helfen. Allerdings glaube ich in dem Zusammenhang nicht an echte Armut, sondern eher an eine straff durchorganisierte Geschichte bei der vielleicht ein Dritter mitverdient.

Es gibt hier im Viertel einen oder zwei Obdachlose die gelegentlich nach Geld fragen – oder sich auch mal einen Kaffee spendieren lassen. Die kennt man und das sind ziemlich liebe Kerle, einer von ihnen ist ein hochgebildeter Mann der mir mal erklärt hat, seine selbstgewählte (und eigentlich in Deutschland nicht zwingend notwendige) Lebensweise sei seine Art, das System zu ignorieren. Er ignoriert das System und das System ignoriert ihn meistens auch. Naja, warum denn nicht, das ist ein freies Land. Bei den Studentenprotesten vor ein paar Jahren konnte man ihn stets antreffen – ob das allerdings etwas mit einer politischen Haltung zu tun hatte oder doch eher mit der Volksküche bleibt mal dahingestellt.

So ganz einfach ist dieses Leben sicher auch nicht – vergangenen Winter erfror ein Obdachloser nahe der U-Bahnstation Universität.

Das zweite, was mir begegnete war eine Rentnerin. Sie stellte sich als Luise vor und bat um zwei Euro, weil ihre Rente ihr nicht reiche, um in München Wohnung und Leben zu finanzieren. Im Winter könne sie nicht heizen und im Sommer selten duschen, weil die Nebenkosten zusätzlich zur Miete einfach zuviel sind. Kinder hat sie keine, leben tut sie, nach eigener Aussage, in einem kleinen Ein-Zimmer-Appartment nahe der Münchner Freiheit.

Ich habe nun keine Möglichkeit, jedenfalls keine, die ich derzeit realisieren möchte, um diese Aussagen zu überprüfen aber die zwei Euro bekam sie dennoch. Warum? Naja, ich beobachte seit einigen Jahren daß nicht nur sichtlich besonders arme Schlucker in den Müllkörben und -tonnen der Bahnhöfe nach Pfandflaschen graben sondern zunehmend Senioren, die mitunter auch nicht gerade einen armen Eindruck machen. Ein bißchen einen Schrecken versetzte es mir, als ich mir vor ein paar Wochen bewußt wurde, daß ich am Ostbahnhof einen Senioren (ich würde sagen so um die 70) im tadellosen Anzug dabei beobachtete, wie er Cola- und Bierflaschen aus einem Papierkorb fischte. Quer hatte vor einigen Monaten einmal über eine Seniorin berichtet, die in ihrer eigenen Wohnung fror weil die Rente die Heizkosten der ungedämmten Wohnung nicht mehr deckt. Parallel (Mitte Februar) sind mal wieder Rekordgewinne verkündet worden (beispielsweise bei Daimler). Schöne, neue Welt.

Allerdings gibt es auch etwas positives. Münchens Politessen haben allgemein einen recht schlechten Ruf, sie gelten als harsch, unfreundlich und vor allem als rechthaberisch. Es kann einem durchaus passieren, daß man das Knöllchen kassiert, während man schon wieder im Wagen sitzt und fünf Minuten über der Zeit ist.

Nun hatte ein junger Mann bei mir um die Ecke sein Fahrrad so blöd hingestellt, daß sowohl der begehrte Münchner Parkplatz, als auch der Bürgersteig unbenutzbar waren, da dort auch noch ein Baugerüst stand. Madame Politesse, eine sehr junge und wirklich bemerkenswert schöne Frau, wartete auch gleich beim Fahrrad wohl in der Hoffnung, den Delinquenten zu erwischen. Schrieb sogar, mein Eindruck, am Strafzettel.
Wieviel schöner dann die Szene, als er wieder herauskam. Sie unterhielten sich kurz, dann schob sie ihm ihren Block und den Stift zu. Sie tauschten Telefonnummern, keine Strafzettel. Mein München, irgendwie…

Von der Moral…

Eine Erzieherin arbeitet für die katholische Kirche. Nach 12 Jahren allerdings gestattet sie sich ihr Coming-Out und gesteht ihrem Arbeitgeber, daß sie lesbisch sei. Pikanter Weise befindet sie sich zu diesem Zeitpunkt – man liest es leicht verblüfft – im Mutterschutz. Dennoch kündigt ihr Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis weil es sich dabei um eine „schwerwiegende Loyalitätspflichtverletzung im Sinne der kirchlichen Grundordnung“ handeln soll. Aha.

Wie die Sueddeutsche Zeitung berichtete, hat die junge, lesbische Dame wohl zumindest die erste Instanz gewonnen. Entschieden ist aber in Wahrheit noch gar nichts, denn die Kirche prüft, ob sie gegen das Urteil Berufung einlegt und vor allem ändert sich ja nichts an der Situation; Sobald sie aus dem Mutterschutz kommt wird sie von der Kirche entlassen. Sie könnte sicherheitshalber vielleicht noch eine Maultasche essen, aber vermutlich braucht sie das nicht. Auf der Homepage der Sueddeutschen findet sich der komplette gerichtliche Vorgang, den ich auch eigentlich unkommentiert lassen möchte.

Deutlich faszinierter bin ich zum Einen von der kirchlichen Doppelmoral, die sich hier wieder einmal offenbart: Einerseits betreibt die Kirche ein reges Verschleiern der sexuellen Neigungen und Vorlieben ihrer (geweihten) Bediensteten, bezahlt für die illegitimen Kinder und schaut bei homosexuellen Priestern weg, andererseits werden nicht geweihte Angestellte bei Bedarf entlassen. Ich kann mich gut an die ganzen Regeln erinnern, die mir eine Komilitonin, die das katholische Religionslehramt studierte, erläuterte. Sie mußte unter anderem zur Schutzbehauptung greifen, weder bei ihrem Freund, noch bei einem anderen, nicht verwandten Vertreter des anderen Geschechtes zu leben, also auch nicht in einer gemischten WG. Lustig, wenn sie eine Lesbe gewesen wäre…
Die katholische Sexualmoral ist in ihrer propagierten Art ein wenig altmodisch, in der praktizierten Art verlogen. Die Liebe wird als Machtinstrument verstanden und wohlweißlich reglementiert, der Fortpflanzungstrieb kann dem Gläubigen eigentlich nur unter kirchlicher Erlaubnis befriedigt werden ( = „Sakrament der Ehe“) mit den entsprechend bitteren Ergebnissen. Und das Verhalten der Kirche im Rahmen der systematischen sexuellen Ausbeutung von Kindern („Dienst am Hirten“) durch ihre Bischöfe, Pfarrer und Erzieher, da wollen wir lieber nicht von anfangen. Das meine ich mit verlogen.

Was mir aber zweitens viel mehr aufstößt, um nicht zu sagen, wirklich ankotzt ist die Tatsache, daß irgendeine Religionsgemeinschaft, völlig wurscht welche das ist, sich anmaßen kann, die Besetzung eines Arbeitsplatzes an einen persönlichen GLauben oder eine bestimmte Sexualpraktik zu knüpfen. Daß so etwas arbeitsrechtlich überhaupt möglich ist (Was der Richter ja schön lapidar mit  den Worten „Wer für die Kirche arbeitet, ist selber schuld.“ kommentiert.)
Regeln hat jeder Arbeitgeber. Manche verlangen einen gewissen Dress, ein bestimmtes Auftreten, keine Piercings oder extremen Frisuren, gewisse Fähigkeiten und Fertigkeiten werden immer vorausgesetzt. Das ist völlig normal. Aber wir sind schon beim Besetzen von Stellen nach Geschlecht oft am Rand der Diskriminierung weil es keinen Grund für eine Geschlechterspezifische Besetzung gibt: Weder sind Männer automatisch die besseren Chefs noch per se die schlechteren Kellner. Natürlich gibt es Männer, die bessere Chefs als Kellner sind aber das gilt auch umgekehrt.
Ein kirchlicher Arbeitgeber darf mich aber nach meiner Religionszugehörigkeit befragen und mir Vorschriften über meine Partnerwahl im Schlafzimmer machen. Ich zitiere mal in Auszügen eine Stellenausschreibung der evangelischen Landeskirche:

„Stellenausschreibung des Landeskirchlichen Archivs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern
[…]
Ihr Profil:
[…]
– Mitgliedschaft in einer evangelischen Kirche (vorzugsweise der evangelischlutherischen)“

Was hat die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die eine bestimmte Weltanschauung pflegt, mit den Diensten und Fähigkeiten eines Archivars zu tun? Warum muß man religiös sein, um eine Hilfsarbeit für Historiker verrichten zu dürfen?

Religion ist Privatsache. Was wer glaubt interessiert mich nicht. Wenn einer meint, er müsse bei Vollmond um Mitternacht einen Ochsen melken so soll er es tun – er und der Ochse werden schon sehen was sie davon haben. Weder den Staat, noch meinen Arbeitgeber oder sonst jemanden geht mein persönlicher Glaube etwas an. Das ist eine Sache zwischen Gott (oder den Göttern) und mir. Eine Weltanschauung als Grundvoraussetzung für eine Arbeitsstelle…. man darf nur hoffen, daß andere nicht auf die Idee kommen, diesem Beispiel zu folgen. Das gab es schon mal – war der sogenannte „konservative Lösungsansatz der sozialen Frage“ in der Zeit des Kaiserreiches. Ein gewisser Herr Krupp baute Arbeitersiedlungen und Schulen und verlangte im Gegenzug von seinen Arbeitern, bei den Reichstagswahlen in seinem Sinne abzustimmen. Käme heute irgendwie auch nicht gut an in der Öffentlichkeit, oder? Aber die Kirche(n), die darf alles.

Nachträglicher Einwurf am Rande: Wo bleibt eigentlich eine Sarrazineske Auslassung des Islamophoben Mobs darüber, daß vermutlich auch islamische Einrichtungen streng auf die religiöse Orientierung ihrer Putzkräfte achten? Einfach, weil in Deutschland die Religionsfreiheit von manchen als Narrenfreiheit verstanden wird und man als „Kirche“ schlicht machen darf was man will?

Liebe Münchner….

…. Bitte, BITTE stimmt am heutigen Sonntag gegen das Vorzeigeprojekt Eures Bürgermeisters und damit gegen die SPD in München. Als Wahlmünchner habe ich leider keine Stimmberechtigung, sonst würde ich es selber ebenfalls tun.

Es kann nicht sein daß wir uns als Bürger immer und immer wieder der Großmannssucht einiger weniger ergeben die dann ihre gigantischen Betonwüsten errichten um ihren eigenen Reichtum, aber ganz gewiß nicht den Euren zu mehren. München wird praktisch nichts von der Dritten Startbahn haben.


Nachtrag, 18.6.2012:
Wow, klasse. 54%..! Wir sind das Volk!

Occupy München – Eindrücke

Heute also war sie: Die größte Demonstration der Welt. In fast 1.000 Städten haben heute die Menschen gegen den ungeheuerlichen Zustand der Ausplünderung ihrer Gesellschaft durch einige wenige Verbrecher demonstriert. Eine gute Sache, ein Aufstand der Anständigen.

Leider auch ein Aufstand von Leuten, die man lieber nicht öffentlich reden lassen sollte. Spätestens der Theologiestudent, der unartikuliert zusammenhanglose Satzbrocken gefühlte Stunden mit der Lautstärke eines startenden Düsenfliegers ins Mikrophon brüllte, fügte dem Begriff „Fremdschämen“ ganz andere Dimensionen zu. Und das via Livestream in die ganze Welt hinaus. So schnell gehen Karrieren flöten.

Ich war mit meiner Videokamera vor Ort und habe versucht, ein paar Impressionen einzufangen. Hier die Videoschnipsel in Zusammengefügter Form. Übrigens: Magnus waren gar nicht so schlecht als sie hier auftraten. Sind derzeit in der KostBar zu hören…

Letztlich war in Frankfurt und Berlin sicher mehr los…. aber ein Anfang ist gemacht!
Nicht daß ich hier zu negativ rüberkomme – all das Gelächter, den Spaß den man als Gemeinschaft für einen Nachmittag (der saukalt war!) hatte, all das zeigte daß sich die Dinge bewegen. Das ist gut. Auch daß sich die Bürger äußern, und zwar letztendlich alle, das ist wichtig. Aber daß Wichtigtuer letztendlich da was kaputtmachen können, das besorgt mich, gerade weil manchmal der Einschlag der Reps…. na, lassen wir das. In einem Monat soll es weitergehen. Ich werde vor Ort sein. Und vielleicht dann doch auch mal meine Stimme erheben statt klug daherzureden… 😉

Von der Direkten Demokratie – Teil III

Vielleicht können Sie sich erinnern – ich besuchte vor etwa einem halben Jahr das „Gustav Radbruch Forum“ der Arbeitsgemeinschaft der Juristinnen und Juristen in der SPD zum Thema „Direkte Demokratie auf Bundesebene“ und veröffentlichte darüber zwei Artikel (nachlesbar hier und hier). Nun ist daraus ein Gesetzentwurf geworden, denn ich Ihnen natürlich nicht vorenthalten möchte.

Beschluss des ASJ-Bundesvorstandes
Einführung eines Verfahrens über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid auf Bundesebene durch Änderung des Grundgesetzes und Beschluss eines Ausführungsgesetzes

Auf der Basis des von den Fraktionen der SPD und von Bündnis 90/Die Grünen 2002 eingebrachten Antrags (BT-Drs.14/8503) und im Ergebnis der Beratungen in Partei und ASJ, insbesondere der Klausurtagungen des ASJ Bundesvorstandes 2010 und 2011, des ASJ Bundesauschusses 2010 in Laatzen, der ASJ Bundeskonferenz 2010, des Gustav-Radbruch-Forums 2011 in München sowie den Ergebnissen der SPD Werkstatt Freiheit und Demokratie 2011 („Mehr Demokratie leben“) ruft der ASJ Bundesvorstand die SPD-Bundesfraktion auf, den folgenden Gesetzentwurf möglichst in Abstimmung mit anderen Parteien in den Bundestag einzubringen und um die notwendigen verfassungsändernden Mehrheiten zu werben:

I. Einführung
Die im Grundgesetz verankerte parlamentarische Demokratie hat sich in der Bundesrepublik Deutschland bewährt. Doch der Wunsch nach stärkerer Beteiligung wächst in der Bevölkerung. In den letzten Jahren wurden die Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger auf Ebene der Bundesländer deutlich ausgebaut. Die Erfahrungen damit waren überwiegend positiv.
Bürgerinnen und Bürger sollen die Möglichkeit erhalten, dem Parlament selbst Gesetzgebungsanträge zu stellen (Volksinitiative) und – falls das Parlament dem nicht entspricht – im Wahlvolk für einen Volksentscheid werben können. Wird dieses (Volks-) Begehren von genügend Wählerinnen und Wählern unterstützt, soll das Volk über das Gesetz wie bei einer Wahl selbst entscheiden.

Es wird folgendes Verfahren vorgeschlagen:

  • Die Volksinitiative ist ein Antrag aus dem Volk an das Parlament, ein konkret formuliertes Gesetz zu beschließen. Die Beratung des Antrags im Parlament mit den Antragstellern ermöglicht einen umfassenden Diskurs, die Vermittlung von Erkenntnissen, die Parlamentarier den Antragstellern voraus haben mögen – und umgekehrt. Argumente und Vorgänge werden plastisch und transparent. Die Möglichkeit, einen Volksentscheid herbeizuführen, wird die parlamentarische Arbeit positiv beeinflussen. Antragsteller einer Volksinitiative können im Parlament ähnlich verhandeln wie parlamentarische Antragsteller. Dabei bleibt die Souveränität des Parlaments in vollem Umfang erhalten: Das Parlament kann ein durch das Volk beschlossenes Gesetz genauso ändern wie ein parlamentarisches.
  • Kommen die Initiatoren mit dem Parlament nicht zu einem Ergebnis, das dem initiierten Gesetzentwurf entspricht, haben sie die Möglichkeit, für ein Volksbegehren zu werben. Das Quorum muss so hoch sein, dass erkennbar wird, dass viele Bürgerinnen und Bürger es unterstützen, über das Anliegen einen Volksentscheid herbeizuführen; aber es darf nicht so hoch sein, dass es regelmäßig mit den Mitteln ehrenamtlich tätiger Initiatoren nicht zu erreichen ist, weil sonst das Instrument der direkten Demokratie leer liefe. Vorgeschlagen wird deshalb eine Zahl von 2 Millionen Stimmen als Voraussetzung für ein erfolgreiches Volksbegehren.
  • Nach einem erfolgreichen Volksbegehren findet ein Volksentscheid nach dem Muster einer Wahl statt, bei dem regelmäßig über den Entwurf der Antragsteller, aber ggf. auch über einen Alternativentwurf des Parlaments abgestimmt wird.
  • Der Ablauf von Volksinitiativen soll so ausgestaltet werden, dass auf jeder erfolgreich genommenen Verfahrensstufe eines Plebiszits das Parlament eingeschaltet werden muss, damit dieses mit Korrekturen oder im Falle einer parlamentarischen Konkurrenzvorlage auch mit einem Kompromissangebot reagieren kann. Es sind obligatorische Hearings und Debatten im Parlament vorzusehen, in denen Initiatoren ihre Vorlage öffentlich verteidigen müssen. Eine solche Verzahnung der parlamentarischen Gesetzgebung mit Prozessen der direkten Demokratie führt zu einer Kontinuität der so erfolgreichen parlamentarischen Diskussions-, Verhandlungs- und Kompromisspotentiale auch bei direktdemokratischen Gesetzgebungsverfahren.
    Durch die Koppelung kann noch stärker garantiert werden, dass nicht das Einzelinteresse, sondern das Interesse des Gemeinwohls dominiert. Die Initiatoren von Volksentscheiden müssen die Möglichkeit haben, ihren Vorschlag im Laufe von Verhandlungen mit dem Parlament zu modifizieren oder zurückzuziehen. Das Parlament muss hingegen die Kompetenz besitzen, einen eigenen Alternativentwurf mit zur Abstimmung zu stellen. Und Parlamente sind natürlich berechtigt,
    volksbeschlossene Gesetze ihrerseits zu ändern.
  • Finanzwirksame Volksentscheide müssen, um zulässig zu sein, Kostendeckungsvorschläge enthalten. Ausgeschlossen sind Volksentscheide über das Haushaltsgesetz als solches.
  • Ein Volksentscheid kann sich – überwindet er das dann höhere Quorum – nur insoweit auf die Änderung der Verfassung richten, als dies auch der parlamentarische Gesetzgeber könnte.
  • Ein Gesetzentwurf ist angenommen, wenn die Mehrheit der Abstimmenden zugestimmt hat und mindestens ein Fünftel der Stimmberechtigten sich an der Abstimmung beteiligt haben.
    Für Verfassungsänderungen gelten erheblich höhere Quoren. Ein verfassungsändernder Gesetzentwurf ist angenommen, wenn zwei Drittel der Abstimmenden zugestimmt und mindestens fünfzig vom Hundert der Stimmberechtigten sich an der Abstimmung beteiligt haben. Dies entspricht der erschwerten Abänderbarkeit der Verfassung im parlamentarischen Verfahren. Die Verfassung als Grundlage der Rechtsordnung und des politischen Prozesses soll nur dann durch Volksabstimmung geändert werden können, wenn ein breiter gesellschaftlicher Konsens besteht. Bei Gesetzen, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen und bei verfassungsändernden Gesetzen gilt das Ergebnis der Abstimmung in einem Land als Abgabe seiner Bundesratsstimmen.
  • Neue direktdemokratische Beteiligungsrechte müssen sich wie parlamentarische Initiativen und Entscheidungen an den Grundrechten, den unveränderlichen Grundentscheidungen der Verfassung und den übrigen verfassungsrechtlichen Bestimmungen ausrichten. Auch bindendes Völkerrecht, EU-Recht und sonstiges Europarecht, insbesondere die Europäische Menschenrechtskonvention müssen gerichtlicher Prüfungsmaßstab sein. Die Rechtmäßigkeit von Gesetzesinitiativen aus dem Volk und ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht sollen umfassend bereits im Zulassungsstadium geprüft werden können.
  • Der Präsident des Bundestages prüft jede Volksinitiative auf ihre Zulässigkeit. Sieht er die gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Volksinitiative als nicht gegeben, entscheidet über die Zulassung das Bundesverfassungsgericht. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts muss spätestens drei Monate nach Anrufung durch den Präsidenten des Bundestages erfolgen.
  • Parlamentarische Vertretung des Volkes und direkte Gesetzgebung kosten Geld. Es war – trotz vieler Anfeindungen – einer der größten Fortschritte der Demokratie, dass nicht nur Adelige und wohlhabende Bürger Politik machen oder Parteien gründen konnten. Genauso muss auch bei der Einführung direkter Demokratie verhindert werden, dass sich Konzerne Gesetze oder Reiche Volksabstimmungen „kaufen“ können oder es sich nur Reiche leisten können, Volksentscheide zu initiieren. Wie bei den Regeln über direkte Demokratie in den Bundesländern sollen deshalb auch auf der Bundesebene Erstattungen vorgesehen werden. Die Initiatoren erhalten einen Ausgleich für die ihnen entstandenen Kosten, wenn ein Volksbegehren oder ein Volksentscheid erfolgreich sind. Dies kann ähnlich gestaltet werden wie die Wahlkampfkostenerstattung der Parteien. Auch damit soll der Gefahr entgegen getreten werden, dass sich Volksbegehren und Volksentscheid nur leisten kann, wer Geld hat; umgekehrt muss die Erstattung so begrenzt werden, dass es sich nicht lohnt, nur ihretwegen Volksgesetzgebung zu initiieren.
  • Mit dieser Kostenerstattung müssen die Initiativen in Vorleistung gehen und bei einem nicht erfolgreichen Volksbegehren die Kosten für ihr Anliegen allein tragen. Zwar baut dies Hürden auf insbesondere für Anliegen, hinter denen keine finanzkräftigen Interessen stehen. Deswegen sind weitere Maßnahmen zu entwickeln, um die Zivilgesellschaft insofern auch finanziell zu stärken.
  • Es ist sicherzustellen, dass nicht durch finanzintensive Kampagnen und Öffentlichkeitsarbeit zur Durchsetzung individueller Interessen eine einseitige Beeinflussung der Öffentlichkeit erfolgt. Gegner und Befürworter eines Volksentscheides müssen auf Augenhöhe agieren und ihre Argumente der Öffentlichkeit vermitteln können. Sämtliche Offenlegungspflichten, die für Parteien gelten, sollen auch für die Initiatoren von Volksentscheiden gelten.
  • Angehörige bestimmter sozial schwacher Milieus beteiligen sich an Volksabstimmungen meist deutlich weniger als andere besserverdienende Bürger. Diese Entwicklung zeigt sich zwar auch bei Parlamentswahlen, etwa bei den Europawahlen. Trotzdem muss bei der Ausgestaltung der Volksgesetzgebung besonders auf Transparenz und Chancengleichheit geachtet werden. Um das Instrument allen zugänglich zu machen, bedarf es einer breiten Informationskampagne sowie der dauerhaften Einrichtung einer Beratungsinstanz durch die Bundesregierung oder den Bundestag. Dies erfordert insbesondere, dass ausführlicheAbstimmungsheftemit Informationen über die verschiedenen Positionen bereitgestellt werden, in denen u.a. die Abstimmungsempfehlungen von Parteien und Verbänden deutlich aufgeführt werden.
  • Volksentscheide vorzubereiten erfordert Sach- und Verfahrenskenntnis. Es muss gewährleistet werden, dass dieses Instrument für jede Bürgerin und jeden Bürger handhabbar ist und nicht ausschließlich von einer gesellschaftlich privilegierten Bevölkerungsschicht angewandt wird, weil politische Partizipation für alle sonst nicht gewährleistet ist. Dafür bedarf es auch einer öffentlichen Verwaltung, die die Initiierung von Volksbegehren unterstützt und sie nicht blockiert. Es muss sichergestellt sein, dass die Initiatoren durch die öffentliche Verwaltung fachkundig beraten und hinsichtlich des Verfahrens unterstützt werden (ähnlich wie die Mitglieder des Bundestages durch den wissenschaftlichen Dienst).
  • Die Einführung direkter Demokratie wird einerseits zu einem Verlust an Einfluss der Parteien führen, andererseits eröffnen sich aber auch neue Chancen für die Parteien. Die SPD muss sich auf diese neuen Herausforderungen einstellen: Parteien haben die Möglichkeit, neben den Wahlen für Themen zu werben und zu streiten.

Die tatsächlich erforderlichen Gesetzänderungen können Sie dem ASJ BuVo Beschluss Direkte Demokratie 09.07.2011 hier entnehmen. Ich freue mich auf Kommentare und Diskussion.

Also, wie war das jetzt nochmal..?

Preisrätsel des Monats: Wer mir diesen Satz erklären kann, nimmt an der Verlosung für einen Duden Teil.

Der Satz lautet „Liefert nur den Hinweis, betätigt den materiellen Gegenstand ist der Standard.“ und ist teil der Vertragsbedingungen in einem Münchner Lokal – das ist auf der Speisekarte zu finden. Und liefert den Hinweis. Hä?

Vom Busfahrer rausgeschmissen weil… Kinderwagen dabei!

Am heutigen Tage in München erlebte ich eine etwas absonderliche Busfahrt mit einem etwas absonderlichen Busfahrer. Er warf gleich zweimal Leute mit Kinderwagen hinaus – und das am Sonntag bei bestem Biergartenwetter wenn auch noch Muttertag ist.

Bevor die Empörung hochkocht: Der Mann war technisch gesehen im Recht, seine Firma hat da Blödsinn gemacht. Folgendes war das Problem:

Auf der Linie 154, eine von zweien durch den englischen Garten, fahren lediglich kurze Busse (wie der Mercedes Citaro O530)   und nicht die MAN NG 263 Gelenkbusse. Hierin befand sich bereits ein Kinderwagen als ich zustieg. Nach dem Englischen Garten, Haltestelle Thiemesstraße, wollte ein weiteres junges Pärchen mit Kinderwagen einsteigen, wurden jedoch nicht besonders höflich vom Fahrer wieder hinauskomplementiert.

An der Haltestelle Türkenstraße das gleiche noch einmal. Verärgerte Fahrgäste noch verärgertere Menschen, die gerne Fahrgäste geworden wären waren die logische Folge. Der Fahrer erklärte auf Nachfrage, daß nicht mehr als ein Kinderwagen in den Bus hinein darf – passiere etwas sei er der Schuldige. Das werde zwar normalerweise ignoriert aber er habe die Schnauze voll.

Nun – ich bin mir angesichts seiner Laune ziemlich sicher daß er einen anstrengenden Arbeitstag bei schönstem Wetter und dazu die eine oder andere unschöne Begegnung mit Fahrgästen hatte, aber etwas harrsch kam das dann doch rüber. Auch wenn es zu einem Münchner gehört daß er grantelt, so geht es dann auch nicht.

Bitte, liebe MVG, was ist denn das für ein Zustand? Auch wenn München bald so teuer ist daß nur noch Zahnärzte und Anwälte sich eine Wohnung leisten können – auch die vermehren sich manchmal. Und dafür sollte doch bitteschön auch noch ein bißchen Platz im Bus sein, wo sind wir denn?

Von der Direkten Demokratie Teil II

Das Gustav-Radbruch Forum benennt sich nach dem ehemaligen Reichsjustizminister und Reichstagsabgeordneten Gustav Radbruch, der als Jurist und Sozialdemokrat eine Periode der Weimarer Republik entscheidend mitgestaltet hatte.

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Die Frage nach der direkten Demokratie ist die Frage nach einer Wirklichkeit, die den Sinn hat, der Gerechtigkeit zu dienen, wie Radbruch es wahrscheinlich formulieren würde. In diesem Sinne fanden sich auf dem Podium Prof. Dr. Peter Huber (Richter des Bundesverfassungsgerichts), Prof. Dr. Jürgen Kühling (Ordinarius für Öffentliches Recht an der Universität Regensburg), Dr. h. c. Moritz Leuenberger (Schweizer Bundesrat a. D.) und andere.

Argumentativ begann die Veranstaltung schnell mit der Skepsis (die ich ja bereits schilderte). Demagogie ist eine stete Gefahr der direkten Volksabstimmungen, ein Beispiel das sich sehr schön mit den regelmäßigen Wellen von Forderungen nach der Todesstrafe in Volk und Bildzeitung, beispielsweise im Zusammenhang mit den Taximorden in den Siebzigern oder beim Thema Kinderschänder derzeit.

Zudem ist es institutionell in Deutschland ein gewisses Problem – durch das unsägliche föderale System ist es nicht so ohne weiteres möglich, durch ein direktes Votum des Volkes den Bundesrat zu umgehen, das System müsse geändert werden. Und wer sagt, daß eine Entscheidungsmacht wirklich Zustimmung und Zufriedenheit generiert?

Da fragt man am besten die Schweizer. Und Dr. Leuenberger konnte eine Menge erhellender Gedanken bieten. So aktiviere die Entscheidungsmacht die Bürger, zwar mitunter polarisierend aber die Bürger in der Schweiz informieren sich auch tatsächlich über die Fragen, denen sie sich stellen. Jedes Gesetz wird mit Argumenten dafür und dagegen zuvor gedruckt und an die Haushalte verteilt. Auch der Rundfunkstaatsvertrag ist in der Schweiz keineswegs wie in Deutschland die Lizenz zum Verblöden, sondern erzwingt politisch neutrale Diskussionssendungen mit denen die Bürger sich eine Meinung bilden können.

Es ist also möglich, kostet aber Geld und Zeit – und manches ist in Deutschland auch nicht praktikabel, das sollte allen klar sein. Niemand möchte für 80 Millionen Bürger zig Gesetzesvorlagen mit Argumenten drucken, welcher Bürger liest denn schon das Bundesgesetzblatt? Eines muß man sich aber klarmachen, so Leuenberger, Demokratie ist ineffizient und direkte Demokratie ist noch ineffizienter. Aber zumindest den Schweizern sei Partizipation wichtiger als Effizienz.

Auch Professor Huber wiegelte ab – so viele Volksbegehren entstünden ja gar nicht und man müsse sich von dem Gedanken trennen, die Direkte Demokratie als Konkurrenz zu unserem Staatswesen zu verstehen. Ein Volksentscheid könne eine Ergänzung sein, kein Ersatz, egal wie polarisierend das Thema sei. Man denke nur an die Volksinitiativen zum Thema G8 oder auch zur Privatisierung des Waldes hier in Bayern – beides seien polarisierende Themen gewesen die es nicht über die Hürde geschafft hatten.

Letztlich könnte man die Direkte Demokratie als eine Methode zur Entwicklung einer Schere im Kopf der Politiker betrachten: „Will mein Volk das?“

Dr. Leuenberger zeigte bei der anschließenden Fragerunde der Bürger Verständnis für die Unsicherheit der Deutschen – Deutsche Bürger seien einfach in anderer Form sozialisiert. Deutsche Verbände, Parteien und Kirchen passten nicht immer zu den Milieus. Legitimität in der Interessenvertretung und Legitimität eines Staatsapparates sei kein natürlicher Zustand, sondern werde zugesprochen. Wenn die Deutschen dies verstünden würden sie vielleicht offener sein für die Verantwortung der Bürger. Aber dies sei ein schwieriges unterfangen – er berichtete von einem Treffen mit dem damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler am Bodensee, der ihm sagte: „Also Euer System mit der Direkten Demokratie bei Euch, das müsst Ihr jetzt dann mal aufhören.“

Ein Bürger griff den Faden auf und meinte, So mündig sei der Bürger gar nicht. Man sehe sich die Debatte zur doppelten Staatsbürgerschaft an oder frage sich, ob die Ostpolitik Willy Brandts wirklich möglich gewesen wäre. Guttenberg wäre wahrscheinlich noch Verteidigungsminister, immerhin hätten ihm in Kelkheim auch Akademiker und Intellektuelle applaudiert.

Dem entgegnete Prof. Huber ganz nonchalant die Frage, wenn die Bürger denn nicht mündig wären, wer wähle denn dann? Lobbyarbeit gegen das Volk sei im Parlament nun einmal einfacher (und billiger!) als gegen eine breite Masse. Um die Akzeptanz und die Erkenntnis über die Möglichkeiten dem Bürger klar zu machen sei es wichtig, niedrige Quoren einzuführen und den Bürgern zu zeigen, daß sie etwas bewegen könnten. Zudem sei die Außenpolitik aufgrund ihrer immensen Komplexität tatsächlich nicht von einer direkte Bürgerentscheidung abhängig zu machen, auch sollte man zumindest diskutieren, ob man dem Parlament nicht das Budgetrecht überlässt.

Fragen gab es viele die im Einzelnen aufzuzeichnen hier jeden Rahmen sprengen würde (ich habe auch bei weitem nicht alles mitgeschrieben). Aber abgesehen von der tatsächlichen Ausgestaltung ist die direkte Demokratie vielleicht wirklich eine Möglichkeit, bestimmte Elemente der Politik wieder für das Volk umzugestalten und nicht gegen seine Interessen. Dr. Leuenberger rundete das Ganze mit einem schönen Satz ab:

Es gibt nur zwei politische Systeme: Solche mit unzufriedenem Volk und solche mit unzufriedenen Politikern. Überlegen Sie wo Sie leben wollen.