Hilfe! Tagesschau-Sprech Boulevard ist!

Im journalistischen Alltag dieser Republik gibt es ein Phänomen, das die Sprachgestaltung aller Medien zu beeinflussen scheint. Einer Krankheit ähnlich, fast wie eine Seuche, schleppt sich das Boulevardeske, ja der Boulevard-Slang durch die Medien.

Sprechen Sie Boulevard? Das geht relativ leicht. „Wissenschaftler fordern: So spricht man!“ oder „Furchtbar: Alle können nicht alles!“ wichtig auch: „Politik überfordert: Küken brüten Küken aus! wird die Welt jetzt untergehen?“

Zum Boulevard-Sprech gehört aber neben sinnlosem Inhalt auch die Neuerschaffung von Begriffen durch Zusammensetzung möglich simpel gestrickter Einzelwörter. Ein Mann, der gerne Kohle mit Kohle schürfen verdient würde also zum „Kohle-Kumpel“. Begriffe wie pädophiler Straftäter oder gar das umständliche „der Vergewaltigung einer Frau angeklagt“ wird dank dieser schönen nicht gerade neuen Sprache zur „Sex-Bestie“.

Das springersche Vorzeigeprodukt ist darin ja sehr groß, der Begriff Bild-Zeitung ist mir da gerade noch boulevardesk genug. Diese widerwärtige Mißhandlung der deutschen Sprache in Zeitungsform, die ja auch gerne mal für die deutsche Sprache Petitionen betreibt, hat aber anscheinend weitreichende Konsequenzen.

Seit einiger Zeit wird besonders bei der Süddeutschen, aber auch bei anderen im Grunde bis dato brauchbaren Print- und Telemedien die Neigung deutlich, Schlagzeilen möglichst im Primitiv-Sprech auszudrücken, wahrscheinlich damit der Normalo-Leser auch eine Chance hat, dem ganzen zu folgen. Richtig bitter wurde es aber gestern Abend.

Mir ist Berlusconi, den ich gerne Urban Priol folgend als Bonzai-Duce betitle (auch ein boulevardeskes Wort, nicht wahr?), im Grunde ja relativ egal. Ich freue mich, daß er vor Gericht muß und bin zugleich sicher, daß ihm nichts passiert. Den wählen die Italiener sicher auch wenn er im Knast steckt wieder.

Aber muß ausgerechnet die Tagesschau von „Sex-Vorwürfen“ reden? Die Süddeutsche von der „Ruby-Sexaffäre“ schreiben? Hilfe, was macht ihr mit meiner Sprache? Wenn das, ja DAS Leitmedium der deutschen Fernsehberichterstattung (heutzutage wahrscheinlich Fernseher-Berichterstattung?) mit einer Headline wie „Prozess wegen Sex-Vorwürfen“ daherkommen darf und keiner merkt es – was genau passiert dann gerade mit der Republik, dem offensichtlich sedierten Publikum?

Von meinem Lieblingslied

Im rechthaberischen Alltag dieser Republik gab es ein Lied, das der deutsche Liedermacher Reinhard Mey im Jahr 1990 auf seinem Album Mit Lust und Liebe veröffentlicht hat – es ist eigentlich ein bißchen älter, aber es passte in dieser Zeit besonders in den Kontext. Das Lied heißt: Die Mauern meiner Zeit.

 

Wer auch immer sich fragt, wie ich eigentlich bin, dem sei hiermit eine Antwort gegönnt. So bin ich. Dieser Song drückt so ziemlich all das aus, was ich als Mensch mit einem sozialdemokratischem Wesen empfinde – zumindest oft. Nachdem Herr Mey endlich einen großen Teil seiner Liedtexte online gestellt hat darf ich diesen Text verlinken und nachdem ich die Quelle nannte auch zitieren:

 

Erinn‘rungen verblassen, und des Tages Ruhm vergeht,
Die Spuren, die wir heute zieh‘n, sind morgen schon verweht.
Doch in uns ist die Sehnsucht, daß etwas von uns bleibt,
Ein Fußabdruck am Ufer, eh‘ der Strom uns weitertreibt.
Nur ein Graffiti, das sich von der grauen Wand abhebt,
So wie ein Schrei, der sagen will: „Schaut her, ich hab‘ gelebt!“
So nehm‘ ich, was an Mut mir bleibt, und in der Dunkelheit
Sprühe ich das Wort „Hoffnung“ auf die Mauern meiner Zeit.

Die Herzen sind verschlossen, die Blicke leer und kalt.
Brüderlichkeit kapituliert vor Zwietracht und Gewalt.
Und da ist so viel Not und Sorge gleich vor unsrer Tür,
Und wenn wir ein Kind lächeln sehn, so weinen zehn dafür.
Der Himmel hat sich abgewandt, die Zuversicht versiegt.
Manchmal ist‘s, als ob alle Last auf meinen Schultern liegt.
Doch tief aus meiner Ohnmacht und aus meiner Traurigkeit
Sprühe ich das Wort „Hoffnung“ auf die Mauern meiner Zeit.

Um uns regiert der Wahnsinn, und um uns steigt die Flut.
Die Welt geht aus den Fugen, und ich rede noch von Mut.
Wir irren in der Finsternis, und doch ist da ein Licht,
Ein Widerschein von Menschlichkeit, ich überseh‘ ihn nicht.
Und wenn auf meinem Stein sich frech das Unkraut wiegt im Wind,
Die Worte „Ewig unvergessen“ überwuchert sind,
Bleibt zwischen den Parolen von Haß und Bitterkeit
Vielleicht auch das Wort „Hoffnung“ auf den Mauern jener Zeit.

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Der Text von Reinhard Mey gab mir an vielen Stellen Kraft und an noch mehr Stellen half er mir, den Sinn für das Wesentliche beizubehalten. Und dafür, lieber Reinhard, möchte ich Dir ganz herzlich danken.

Fundstück der Woche (07.KW): Wer hat denn heute noch Zeit zum Lesen?

Antwort:  Vegas.  Diese junge Dame aus Berlin macht sehr kreativ Kurzfilme und hat schon über 200 Stück zusammengebracht. Generell ist ihre Site witzig und erfrischend frech, alleine die durchwegs guten Ideen des wohl schon in die Jahre gekommenen Pictures of the Day sind einen Klick wert.

Als angehender Deutschlehrer begeistern mich aber eigentlich noch mehr die kurzen Zusammenfassungen von Werken der Literatur – verständlich und vor allem holt sie das beste aus dem Ganzen raus. Hier mal die ersten drei Folgen:
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Wer sich näher mit ihr befassen möchte, dem sei hier ein Interview ans Herz gelegt.

Von der kritischen Betrachtung neuer Medien

Im journalistischen Alltag dieser Republik gibt es ein Phänomen, dessen Zweck und Daseinsbestimmung darin besteht, moderne Medien mit Gewalt in Verbindung zu bringen. So sollen Computerspiele Jugendliche gewalttätig machen und zu irrsinnigen Taten anstiften. Das ist etwas ganz neues, bestimmt.

Nur – ich glaube das nicht. In der Geschichte hat es immer wieder den gleichen Vorgang gegeben: Ein neues Medium entsteht und wird erfolgreich – und schon deutete der Konservative es als Bedrohung für alles „was gut und richtig ist“ – womit er meint, für alles was er kennt. Glauben Sie nicht?

Das finstere Theater, der böswillige Fußball

Im Jahr 2002 kramte der spätere PDS und WASG – Politiker Helge Meves für diesen Artikel einen Text von Philipp Stubbe heraus, und zwar „the anatomy of abuses in England„, also die „Anatomie der Mißstände in England“. Darin wehrt sich der Puritaner Stubbe massiv gegen die aus seiner Sicht geradezu obszönen Formen der Unterhaltung wie beispielsweise das Theater nach William Shakespeare.

Auch anderes kam nicht gut weg. Die Anatomy of Abuses beschreibt zum Beispiel Fußball so: „Ein teuflicher Zeitvertreib (…) der Neid, Groll und Bosheit wachsen lässt, und manchmal gar zu Streit, Mord, Totschlag und großem Blutverlust führt.“. Auch Tanz ist nicht gerade gesund: „Manche haben ihre Beine beim Hüpfen, Springen, Drehen und Kopfschlagen gebrochen (…) Männer und Frauen gemeinsam (…) bei öffentlichen Versammlungen mit grosser Beteiligung, mit so viehischem Geifern, Küssen und schlechtem Betragen (…) jeder Hüpfer oder Sprung im Tanz führt sie der Hölle näher.“

Infolge dieses Denkens wurde 1612 eine spezielle Order erlassen, die ein „Verbot der Gigues am Ende der Stücke aus dem Grunde, dass die unzüchtigen Gigues, Lieder und Tänze (…) es zum Sammelpunkt von Beutelschneidern und anderen übelgesinnten Personen machten und zu Verletzungen des Friedens führten.“

Für das Theater, bei dem es ja bekanntlich auch nur um Unkultur geht, fand Stubbe noch deutlichere Worte:
Bei ihren geheimen Treffen betreiben sie dann Sodomie und Schlimmeres. Und dies ist die Frucht von Schauspielen und Interludien, zum größten Teil. (…) wenn Du lernen willst zu morden, zu schinden, zu töten, zu klauen, zu stehlen, zu rauben, zu vagabundieren; wenn Du lernen willst, dich gegen Fürsten zu erheben, (…) dann brauchst du in keine andere Schule zu gehen, denn all diese guten Beispiele kannst Du in Interludien und Schauspielen vor deinen Augen ausgemalt sehen.“

Man kann deutlich erkennen, was uns das Theater antut: Es macht uns alle zu Mördern, zu Gotteslästerern und zu Widerstandskämpfern gegen die Obrigkeit. Und sowas wird im Deutschunterricht behandelt!

Die brutale Literatur

Apropos Deutschunterricht: Ganz übel ist ja die Unterhaltungsliteratur. Oder, um es christlich zu formulieren, die Schmutz- und Schundliteratur. Damit gemeint ist die besonders im 19. und 20. Jahrhundert aufkommende Welle von Abenteuer- und Unterhaltungsromanen, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts sogar zu erotischer Literatur führten. Nicht, daß es dergleichen nicht vorher auch schon gegeben hätte – Goethes „Werther“ zum Beispiel mußte deutlich entschärft werden bevor er auf den Markt kommen durfte, er war an einigen Stellen dann doch zu direkt und deutlich. Nicht nur das – der „Werther-Effekt“ beschreibt ein Phänomen, das Jugendliche durch Literatur angestiftet worden sind, sich umzubringen. Das lesen Jugendliche in der Schule, wissen Sie!

Literatur hat sogar weitergehende, gefährliche Einflüsse, wie das unten stehende Beispiel sehr schön zeigt:

 

 

 

Ein junger Mensch von 17-18 Jahren geht aus meinem Dorfe vor etwa zehn Jahren ins ‚Niederland‘ in Arbeit. Zurückgekehrt macht er seine Kameraden mit einem Buche bekannt, das Aufschluß gibt über die lüsternen Dinge. (…) Einer von diesen jungen Leuten, ein körperlich wie geistig nicht völlig normaler Mensch, arbeitet später als Handwerksgeselle in der Großstadt, sucht hier die Gelegenheit zu dem, wovon er durch das Buch Kenntnis hat – und versinkt im Sumpf des Lasters. Er kommt zurück, teilt den Genossen seine Erlebnisse mit, und da es ihm hier an solchem Umgange fehlt, lockt er kleine Kinder zu sich heran und vergeht sich mit ihnen, wie sich später herausstellt in der schwersten Weise. (…)

Wie Sie sehen, machen Bücher über ‚lüsterne Dinge‘ Menschen zu Kinderschändern. Welch Fluch das Buch also für die Gesellschaft ist.

Das mordende Kino

Damit aber nicht genug! Denn die Menschen begannen Anfang des 20. Jahrhunderts den „Bildern das Laufen beizubringen“ – der Film wurde erfunden und praktisch im gleichen Atemzug dann auch der Pornofilm. Aber schon die unterhaltende Branche war schlimm. Oftmals zitiert wurde ein Aufsatz von Robert Gaupp (Über die Gefahr des Kinos in: Süddeutsche Monatshefte 9 (1911/ 12), S. 363-366; Nachdruck in Jörg Schweinitz (Hrsg.): Prolog vor dem Film 1992 ) und daraus hat Meves diesem Abschnitt zitiert gehabt: „(…) Die widerliche Spekulation auf die Freude der Menschen am Krassen und Schauerlichen, am Sentimentalen, am sexuell Aufregenden macht sich breit. Von historischen und politischen Ereignissen früherer Zeit bekommen wir namentlich grauenerregende Dinge zu sehen: die Schrecken der Bartholomäusnacht, die Folter der Inquisition, die Grausamkeiten der russischen Justiz. (…) Zerrbilder von Elend und Not, Armut und Krankheit erzeugen quälende Gedanken über die Ungerechtigkeit der Welt, rauben die Achtung vor dem Gesetz und staatlicher Autorität (…) Für noch gefährlicher halte ich die grauenhaften Darstellungen aus dem Verbrecherleben … auch der Selbstmord wird mit allem nur denkbarem Grauen im Kino vor Augen geführt. Die Zeitungen melden uns erschreckende Vorkommnisse, bei denen jugendliche Personen das im Kino gesehene Verbrechen in der Wirklichkeit nachahmen wollen.“

Auch hier folgt wieder der Fall – das Kino macht die jungen Menschen zu Selbstmördern, zu Verrückten, zu gefährlichen Menschen und vor allem zu richtig ungehorsamen Wesen!

Das Selbstmörderische Fernsehen

Derartiges findet sich erst recht beim Fernsehen wieder, der nächsten Stufe der „Vergewaltung der Gesellschaft“. Auch das Fernsehen macht uns krank, bringt uns zu Gewalttaten und anhand des Beispiels der Sendung „Der Tod eines Schülers“ (eine Arbeit dazu findet sich hier auf Seite 6) wird der Nachahmungseffekt exemplarisch deutlich gemacht. Damals stieg die Suizidrate nach einer sechsteiligen Sendung recht brutal in die Höhe, ähnlich wie das durch den Werther geschah. Blieb dort allerdings nicht sondern sank wieder, wenn auch nicht ebenso rasch.

Das verstandraubende Rollenspiel

Aber die Macher unseres Untergangs sind ja noch nicht fertig – sie erfanden Rollenspiele! in den 60er Jahren erfanden zwei Männer namens Gary Gygax und Dave Arneson das Pen&Paper Rollenspiel, das in den 70er und 80er Jahren einen Boom erlebte. Rollenspiele, eine frühe Form der interaktiven Geschichte, quasi ein neues Medium des Interaktiven Erzählens beschäftigten viele junge Menschen und fanden sofort wieder Gegner, diesmal wieder aus der christlich-konservativen Ecke. Woher auch sonst?

1980 brachte sich der gerade einmal 18 Jahre alte Schüler James Dallas Egbert III um – und war selbst ein Rollenspieler. Diesen Fall als Ausgang nehmend – und dabei auch möglichst die Fakten ignorierend – machte eine recht lautstarke Bewegung auf sich aufmerksam, die das Rollenspiel als Teufelei wider die natürlich Ordnung verstand und die junge Menschen dazu bringe, Menschen für Objekte zu halten und zu töten, sie in den Selbstmord treibe und überhaupt, da treffen sich die jungen Leute und tun – ja, was miteinander?

Gut, sie spielen, so wie andere Leute sich treffen und Karten spielen. Aber das ist nicht gut, dagegen muß man vorgehen. Zweifelhafte und sicherlich interessante Höhepunkte dieser Bewegung sind der Roman „Mazes and Monsters“ von Rosa Jaffe und der darauf basierende Film „Labyrinth der Monster“ – einem der ersten Filme von Tom Hanks.

Sie haben sicherlich bemerkt, daß die christlichen Bewegungen hier zu „Schundliteratur und Gewalttätigkeitsfilm“ gegriffen haben, um ihre Kampagne voranzutreiben. Aber Zwecke heiligen ja bekanntlich Mittel. Die Bewegung „Bothered About Dungeons And Dragons“ definierte ihre Existenz sehr deutlich: „Dungeons & Dragons ist ein Fantasy-Rollenspiel, das Dämonologie, Hexerei, Voodoozauber, Mord, Vergewaltigung, Gotteslästerung, Geisteskrankheit, Suizid, Attentate, sexuelle Perversion, Homosexualität, Prostitution, satanische Rituale, Glücksspiel, Barbarei, Kannibalismus, Sadismus, Schändung, Geister- und Totenbeschwörung, Hellseherei und andere Lehren nutzt.“

Ähnlichkeiten mit vorangegangenen Beispielen sind sicherlich kein Zufall.

BADD löste sich 1990 auf, nachdem der Science-Fiction Autor Michael A. Stackpole seinen „Pulling Report“ veröffentlichte und darin die fragwürdigen und manipulierenden Methoden der BADD nachwies. Das bedeutet aber nicht, daß die Idee einer solchen Bewegung gestorben wäre.

Das Mörder machende Killerspiel

Nun sind wir in der heutigen Zeit – eine Zeit die nicht nur vom Computerspiel als Unterhaltungsmedium entschieden beeinflusst wird sondern deren digitale Community-Erschaffung auch eine neue Gesellschaft bildet, deren genaue Entwicklung wir in Wahrheit weder absehen noch begreifen können. Die Cyber-Demokratie kommt, so orakelten manche noch vor kurzem, andere sehen in dem daraus sich ableitenden Unterhaltungsangebot, das ja ein nicht unerheblicher finanzieller Motor dieser Entwicklung ist, die Vorboten unseres Untergangs.

Der Begriff Killerspiel, eine inflationär gebrauchte Bezeichnung für Ego-Shooter, impliziert eigentlich nicht ein Spiel, in dem „gekillt“ wird sondern versucht den Link zu einem Killer, also einem Mörder herzustellen. Dieselben Leute, die wutentbrannt aufschreien wenn jemand Tucholsky zitiert und „Soldaten sind Mörder“ schreibt, schreiben nun im Grunde „Spieler sind Mörder“. Jeder Mensch, der Computerspiele spielt ist also ein Mörder, oder, um mit Dieter Hildebrand zu sprechen, ein „potentieller Mörder“.

So werden Computerspiele mit allem in Verbindung gebracht, was irgendwie schlecht ist in der Welt: Terrorismus oder Amokläufe, Selbstmorde, Beziehungszerfall oder unregelmäßiges Niesen. Kein Anlaß ist zu nichtig, auch wenn sich die kritischen oder wenigstens nachdenklichen Stimmen durchaus mehren.

Foll finsteres Fazit

Ja, da ist ein Rechtschreibfehler aber ich brauchte hier eine Alliteration. So etwas ist auch ein Spiel, eines mit Sprache eben, und es macht niemanden zum Mörder. Unterhaltung ist längst nicht nur ein Teil unserer Gesellschaft und zumindest im Westen sicherlich einer der wichtigsten Wirtschaftszweige – wenn man den Profisport dazurechnet denke ich mal, daß im Unterhaltungsbereich am meisten Geld umgesetzt wird. Ich habe zu dieser Behauptung keine Zahlen finden können und wäre dankbar um Hinweise.

Unterhaltung hatte schon immer mit Gewalt zu tun – jeder Krimi hat seine Leiche, jedes Drama seinen Mord. Offensichtlich ist es ein für den Menschen durchaus wichtiges Detail der Unterhaltung, daß Gefahr und Tod dabei sind – wir fiebern mit Helden mit die in Lebensgefahr geraten und freuen uns wenn sie es schaffen beziehungsweise leiden ein bißchen wenn sie es nicht schaffen.

Das ist seit Jahrhunderten so – mittelalterliche Romane sprechen Bände davon und erst antike Geschichten bis hinunter zu homerischen Zeiten? Da wird gemordet und überlebt was das Zeug hält, es zerbrechen Ehen und Beziehungen, da wird erschlagen und gewütet, geliebt und gestraft so weit das Auge reicht.

All das war schon immer Unterhaltung und ist es auch heute. Die neuen Medien steigern lediglich die Unmittelbarkeit des Erlebens oder geben dem Konsumenten die Möglichkeit, Protagonist zu sein, sich auszuleben. Das wird an nicht wenigen Stellen zu unbequemen Erkenntnissen führen, auch mitunter über sich selbst. Eine mögliche Endstufe ist sicherlich das „Holodeck„, das in der Fernsehserie „Star Trek: The Next Generation“ sehr ausgiebig behandelt wurde und innerhalb der Serie auch als Idee diskutiert werden konnte.

Ich gehe felsenfest davon aus, daß nahezu jedes neue Medium seine Kritiker finden wird. In der Regel stets Leute, die es nur vom Hörensagen kennen, begleitet von (eben meist konservativen) Politikern die mit einer gewissen Panikmache und dem damit verbundenen Versprechen „etwas zu tun“ Punkte zu sammeln erhoffen. Meistens hat das nichts mit Überzeugung zu tun sondern es geht in der Regel nur darum, Menschen die keine Ahnung haben vorsichtshalber für sich zu gewinnen, bevor sie aufgeklärt werden können.

Im Grunde ist das schade, auch wenn ein gesundes Mißtrauen gegenüber allem Neuen nicht unbedingt dumm oder verkehrt ist. Ich vermute mal, daß dies am treffendsten der als Philosoph leider kaum beachtete Douglas Adams zusammengefasst hat:

Ich habe ein paar Regeln aufgestellt, die unsere Reaktion auf technische Neuerungen beschreiben:

1. Alles, was es schon gibt, wenn du auf die Welt kommst, ist normal und üblich und gehört zum selbstverständlichen Funktionieren der Welt dazu.

2. Alles, was zwischen deinem 15. und 35. Lebensjahr erfunden wird, ist neu, aufregend und revolutionär und kann dir vielleicht zu einer beruflichen Laufbahn verhelfen.

3. Alles, was nach deinem 35. Lebensjahr erfunden wird, richtet sich gegen die natürliche Ordnung der Dinge.

Dem ist wohl nichts hinzuzufügen.

Die beiden Grafiken entstammen einem Scan des „Wächters von Jugendschriften“ vom 15.10.1910. Danke an dieser Stelle an Johanna Altheintz

Weil es durchaus Interesse wecken könnte, woher ich so alles bezogen habe, sei hier eine weiterführende Linklist gegeben. Ich bin nicht mit jedem Link einer Meinung, aber um das Thema zu vertiefen ist dies erst einmal geeignet:

Dissertationen:

Medium und Initiation. Béla Balázs: Märchen, Ästhetik, Kino Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophischen Fakultät der Universität Konstanz vorgelegt von Hanno Loewy aus Frankfurt am Main

Medienrevolutionen und Redereflexe. Die Etablierung neuer Medien im Spiegel ihrer Diskurse. Dissertation
am Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaften der Universität Gesamthochschule Siegen vorgelegt im Jahr 2000 von Tilman Welther
Eine hochinteressante Arbeit!

Gesammeltes:


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Wie man Power-Lan einrichtet

Vorsicht: Satire! Die folgende Anleitung bitte weder ernst nehmen noch befolgen. Ich übernehme keinerlei Haftung für Schäden an Leib und Leben sowie an irgendwelcher Hardware. Wer sich nicht auskennt sollte solche Spielereien (Ebenso manuelles defragmentieren oder seine Grafikkarte auszutauschen) sowieso wirklich unterlassen!

Power-Lan für Lebensmüde
oder: Wie Herr K die Rentenkasse schonte

 

Das ist Herr K. Herr K ist Archivar und außerdem ein guter Surfer. Und weil der Herr K so gerne surft, braucht er ein besseres Internet. Leider hat Herr K keine Ahnung von diesem Internet, aber er hat viel Halbwissen.
Herr K. hat im Internet mal gelesen, daß es so ein ″Power-Lan″ gibt. Power kann Stärke heißen, also muß das Power-Lan viel besser sein als sein Kabel. Herr K hat aber nicht einfach keine Ahnung, das wäre ja furchtbar. Herr K weiß also auch, daß man Power-Lan mit Stromkabeln macht. Und wie Herr K das machte, das zeigen wir Euch jetzt.
Herr K nimmt als erstes alles was er braucht: ein altes Stromkabel, eine Crimpzange, etwas Tape zur Sicherheit und natürlich so Netzwerkkabelstecker.
Die kann man alle kaufen.
Da der Herr K. ein sehr vorsichtiger Mann ist macht er sich zuerst mal einen Plan. Daß er das überlebt, da hat er eine Fifty-Fifty Chance. Da lacht er, der Herr K.
Als erste muß der Herr K. mal den blöden Gerätestecker wegzwicken. Das Kabel ist dick, da muß sich der Herr K gaaanz furchtbar anstrengen.
Wenn er das geschafft hat, dann hat der Herr K nun einen Stecker auf der einen Seite, und eine Schnittstelle auf der anderen Seite. Toll, hat er gleich noch eine Schnittstelle hinbekommen! Das heißt auf Englisch ″interface″. Ja, so schlau ist er, der Herr K.
Dann muß der Herr K das Große Kabel abisolieren. Das geht auch mit der Crimpzange.
Toll: Macht er die Isolierung weg, hat er plötzlich drei Kabel. Obwohl er nur eines gekauft hat. Da kann der Herr K auch noch Geld verdienen, wenn er zwei verkauft!
So klug ist der Herr K.!
Und weil der Herr K ja nur ein Kabel braucht zwickt er einfach die anderen weg!
Am besten nimmt man dazu die Phase, die ist schwarz oder blau. Manchmal ist sie auch braun. Herr K nimmt einfach kein Gelbgrünes und schon geht es ihm gut.
Von dem Kabel muß natürlich auch wieder die Isolierung weg. Weil der Herr K weiß, daß eine Isolierung einsam macht und er möchte aber viele Freunde im Internet haben.
Außerdem kann sonst kein Strom fließen und das Internet bringen.
Jetzt braucht der Herr K die Stecker. Weil der Herr K will daß alles schön aussieht hat er sogar einen Hut für den Stecker. Dann kann es sogar regnen!
Außerdem ist Hutstecker ein lustiges Wort.
Zuerst muß der Hut auf das Kabel. Da schaut dann vorne das Kupfer raus wie eine lustige Nase!
Nun muß der Herr K die Drähte in den Stecker schieben. Das ist ganz schön verzwickt! Von den acht Polen nimmt er nur vier, dann ist sein Power-Lan sogar Gigabit-fähig. Was das heißt weiß Herr K auch nicht genau. Der Artikel war so lang. Aber es stand im Internet, also wird das schon stimmen.
Mit der Crimpzange macht der Herr K das ganze nun fest. Das ist ganz schön anstrengend, aber der Herr K bekommt ja auch was dafür. Also immer schön pressen.
Jetzt noch schnell den Hut drüber und fertig. Das ist das Power-Lan von Herrn K, sogar zum ausgehen mit Hut schon angezogen. Toll!
So sieht das Kabel jetzt aus. Herr K hat noch ein Messer dazugelegt weil es dann cooler wirkt. Ja der Herr K kommt an bei seinem Sohn!

Und kurz bevor der Herr K verbrannte sah das Ganze so aus:

Fundstück der Woche (06.KW): Brilliante Huldigung eines großen Komponisten

Wer kennt John Williams Musik eigentlich noch nicht? Er machte die Musik zu einer ganz enormen Reihen von Blockbustern, darunter die Star-Wars Trilogien, die Indiana-Jones-Filme, die Jurassic-Park Trilogie, Der weiße Hai, Schlacht um Midway, E.T., Sieben Jahre in Tibet, Amistad, Der Soldat James Ryan oder auch Spielberg‘s Unheimliche Begegnung der dritten Art.

Hier nun ein toller A-Capella-Medley. Wer erkennt alle?

LYRICS:

[Close Encounters of the Droid Kind]
You must use the Force
You must use the Force
(repeat ad nauseam)
You must use the Force

[Raiders of the Lost Wookiee]
Time ago, far, far away
Long time ago, far, far away
Kiss a Wookiee, kick a droid!
Fly the Falcon through an asteroid!
Till the princess is annoyed!
This is spaceships,
It’s monsters,
It’s Star Wars,
We love it!
Come and help me,
Obi-Wan
X-wing fighter
And a blaster gun!
Dance with Ewoks,
Oh, what fun!
This is spaceships,
It’s monsters,
It’s Star Wars,
We love it!

[Super Han]
Get in there you big, furry oaf
I couldn’t care less what you smell!
I take orders from only me
Maybe you’d like it back in your cell
Your Highness, your worshipfulness,
Your Highness, your worshipfulness!
No one cares if you upset a droid
(Nobody cares if you upset a droid)
That’s because droids don’t tear
your arms out of sockets
(Nobody cares)
I suggest a new strategy:
Let the Wookiee win
That’s because nobody cares if you upset a droid

[E.T. – The DiscoTerrestrial]
Now we listen to Luke whining:
One more season… one more season…
One more season… one more season…
I was gonna go to Tosche
Station for power converters
Now I guess I’m going nowhere
It just isn’t fair…

[Jaws: The Wookiee]
Woooooookiee (6x)
Someone move this walking carpet
(Woo-kiee! Woo-kiee!)
Someone move this walking carpet
(Woo-kiee! Woo-kiee!)
Kiss your brother, kiss your brother
Princess Leia!
Well, I guess
You don’t know anything
About women
Who’s your daddy? Who’s your daddy?
Who’s your daddy? Who’s your daddy?

[Jurassic Darth]
Luke, I’m your father
(That’s not true!)
It is useless to resist
(My hand!)
Come with me, my son
We will rule!
(I’ll never join you!)
Search your feelings, it is true
So, you have a twin sister who
Obi-Wan was wise to hide
(Is that Leia?)
If you will not turn
Then perhaps she will
Give in to your hate,
You are mine

[Close Encounters of the Droid Kind – Reprise]
(Long, long, long time ago…)
Far, far, far, far away
Long, long, long time ago,
Far, far, far away!
Kiss a Wookiee, (kiss a Wookiee)
Kick a droid! (kick a droid!)
Fly the Falcon (fly the Falcon)
Through an asteroid!
Till the princess (till the princess)
is annoyed!
(She’s annoyed!)
This is spaceships,
It’s monsters,
It’s Star Wars,
We love it, it’s true!
Episode III
Coming to you
2005
So let’s go
(Go, go, go to the movies)
Stand in line
(Buy, buy, buy me some popcorn)
Cause it’s al-
(Please, I’d like extra butter)
-most the time!
(JOIN THE DARK SIDE)
May the Force be with you all!
JOHN WILLIAMS IS THE MAN!

Zu Mubarak…

… und seiner Lage in Ägypten habe ich in den vergangenen Tagen nichts gesagt und werde es auch künftig nicht tun. Gleichwohl ich natürlich die Berichterstattung in den Medien verfolge und mir meine Gedanken zu den Vorgängen mache reicht mein persönlicher Wissenschatz rund um die Zustände in Ägypten nicht aus, als daß ich zu einer klugen, fundierten Ansicht gelangen könnte.

 

Hingegen verstehe ich den Westen sehr wohl. Am Beispiel dieser Krise in Nordafrika zeigt sich sehr deutlich, was passieren mußte als die Wähler Europa dem Konservativen zum Fraß vorwarfen. Wie ich im Oktober vergangenen Jahres in einem offenen Brief an Gerhard Schröder schrieb hat das Jahrzehnt der sozialdemokratischen Herrschaft in Europa ausgerechnet die Sozialdemokratie in ihrem Kern versagen lassen, und das gründlich.

Das Ergebnis war, daß sich die Wähler wieder den konservativen Parteien zuwandten und dort nach Lösungen für die offenen Fragen suchten. Angeboten haben sie keine bekommen, aber Europas Konservative haben den Rest der Volkseigenen Pfründe auch noch an den meistbietenden verscherbelt. Das war bis dato einfach nur ärgerlich und in manchen Teilen peinlich, nun aber offenbart sich deutlich, was passiert wenn Europa von einer Ansammlung an Kleinststaatenparteien regiert wird: Es wird handlungsunfähig.

Anstatt daß Europa schnell und vor allem selbstsicher außenpolitisch agiert und versucht, im nicht fernen Ägypten eine Rolle als Friedensvermittler einzunehmen stellt sich die Konservative Bande hin und tut nichts. Die europäische Außenministerin fragt um Erlaubnis bei den Staats- und Regierungschefs, ob sie aktiv werden darf.

Merkel und Sarkozy entscheiden sich zur maximalen Gesprächsbereitschaft und das Büro vom deutschen Außenminister verlautbart andauernd, daß der Außenminister mal „eindringlich„, mal „gewissenhaft“ mit seinem Amtskollegen telefoniert habe. Wow, beeindruckend.

Berlusconi, der „Bonzai-Duce“ (Priol) spielt wieder einmal völlig verrückt und die Briten, die sich in der Region schon historisch mit am besten auskennen dürften hängen sich an die Amerikaner, die ihrerseits etwas unsicher wirken, aber wenigstens aktiv werden.

Dem Westen, so wird es besonders am Verhalten des Versager-Duos Merkel/Westerwelle deutlich ist es offensichtlich völlig egal, wer oder was Ägypten nachher beherrscht. Hauptsache der Tourismus floriert und die Regierung neigt dem Westen irgendwie zu. Da kann es auch ein neuer Autokrat werden. Aktiv werden unsere konservativen Christen höchstens wohl, wenn „Ägypten an eine Muslimbruderschaft fallen“ würde. Weil dann droht ja wieder irgendeine Verbreitung der kommunistischen islamischen Weltverschwörung…

 

Oh, Du mein Verkehrsverbund V: Von MO nach MU

In den vergangenen Tagen dieses Blogs verwies ich ja schon des öfteren auf nette Erlebnisse mit meinem Lieblingsverkehrsverbund. Diesmal möchte ich Ihnen eine hilfreiche Handreichung vor Touristen vorstellen.

Man kenn sie ja, die kleinen Hinweise unter den Zugverweisen, mit denen der MVV und die MVG Ihre Fahrgäste auf Probleme aufmerksam machen, die sie ohne den MVV gar nicht hätten. Netterweise gibt es auch fast immer eine Hilfestellung zur Lösung. Nur nicht imemr nachvollziehbar.

der Einheimische kann vermutlich erschließen, daß der unbekannte Autor des Hinweises die Fahrgäste der U3 Richtung Moosach an der Münchner Freiheit umsteigen lassen möchte. Das muß er dann dem Touristen erklären. Gibt’s dafür eigentlich dann eine Fremdsprachenzulage beim Kauf der nächsten Fahrkarte?