Von der Neutralität der Staatsmedien

Oftmals kritisiert die Bevölkerung ja die Gebühren für die staatlichen Medien – der Medienjournalist Holger Kreymeier lebt unter anderem auch von seiner Kritik am öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Man kann auch vieles nicht gerade gutheißen, auch wenn mir persönlich das Privatfernsehen deutlich unsympathischer ist als das öffentliche. Jedenfalls meistens.

Seit einiger Zeit irrlichtert jedoch der Verdacht, daß die Tagesschau, oder sagen wir genauer, die ihr seit 1997 ständig zuarbeitende Infratest Dimap, die im Gegensatz zur Tagesschau nun wirklich eine private GmbH ist, nicht unbedingt so neutral ist wie man immer meint. Ihre Ergebnisse werden in aller Regel von Jörg Schönbohm vorgetragen, der mir ja auch schon einmal sauer aufstieß. Trotzdem war ich beeindruckt, daß es der WDR und die Infratest geschafft haben, in den ARD-Brennpunkt rund um den Zusammenbruch der Rot-Grünen Minderheitsregierung in NRW gleich dreimal das CDU-Wahlplakat und den Spruch in die „Informationssendung“ zu halten. Glauben Sie nicht? Bitte:


(bei 00:54, bei 03:25 und bei 15:18)

Aber das ist ja gar nicht das, worauf ich heute hinauswollte. Heute Abend habe ich mit eher beiläufigem Interesse auf der Homepage der Tagesschau die Haushaltsplanungen unserer Regierung für 2012 geschaut. Gucken Sie sich doch mal diese Grafik an:

Ich finde es doch deutlich interessant, daß der „kleine“ Darstellungsfehler ausgerechnet beim sehr umstrittenen Element Bildung im Vergleich zu den allgemeinen Finanzen passiert. Nicht wahr?

Tagesschau vor 20 Jahren

Für uns politisch Interessierte ist die Tagesschau ja noch immer eine der ersten Anlaufstellen für Informationen, auch wenn man längst ein wenig aufpassen muß was da so gesendet wird – und vor allem was nicht. Für uns historisch Interessierte bietet Tagesschau.de nun etwas besonderes zum Download an: Tagesschau von vor 20 Jahren.

Ab dem heutigen 12.7. scheint man auf Tagesschau.de anzubieten, daß man neben der regulären Tagesschau auch die von 1991 downloaden kann. Das erzeugt neben einem hübschen Nostalgiegefühl (Joe Brauner war auch mal jung!) vor allem Interesse: 1991 ist die letzte Phase der Sowjetunion und der Beginn der Auseinandersetzungen zwischen Serben und Kroaten um die Macht im – eigentlich schon verlorenen – Jugoslawien. Ich persönlich nehme, auch wegen meines Jahrgangs natürlich, den Jugoslawienkrieg und den Deutschen Einsatz seinerzeit als ein eher plötzliches Ereignis wahr. Nun höre ich in der Tagesschau von 1991 von Aufrüstungen der Volksgruppen und Plänen gegen die anderen loszuschlagen.

Nicht daß mich das verwundert – längst hat mich das Studium der Geschichte mit den Dingen vertraut gemacht. Aber eine „Tagesaktuelle“ Nachricht zu hören die letztlich Kriegsgefahr signalisiert ist doch interessant. Zeitgeschichte ist immer ein sehr schwieriges Feld, der Historiker mißtraut dem Zeitzeugen zu Recht und nimmt dessen Aussage keinesfalls als Faktendarstellung, sondern nur als Sichtweise auf. Das ist genau der Fehler, den Guido Knopp macht. Dennoch ist eine Nachrichtensendung von damals eine Quelle und daher danke ich den Damen und Herren der ARD für diese Gelegenheit, wieder ein bißchen Zeitgeschichte betreiben zu können.

Ganz Aktuell: Guttenberg gibt doch den Titel auf.

Im Gegensatz zu den vergangenen Tages dieser Republik scheint der Haus- und Hofberichterstattung gerade die Luft wegzubleiben. Eher zufällig meldete Bild heute um 20 Uhr im Newsticker:

(Quelle)

Mittlerweile führen auch Welt.de, Bild in langer Fassung, der österreichischer Standard, und auch die Augsburger Allgemeine unter Berufung auf die Tagesschau die Meldung.

Hilfe! Tagesschau-Sprech Boulevard ist!

Im journalistischen Alltag dieser Republik gibt es ein Phänomen, das die Sprachgestaltung aller Medien zu beeinflussen scheint. Einer Krankheit ähnlich, fast wie eine Seuche, schleppt sich das Boulevardeske, ja der Boulevard-Slang durch die Medien.

Sprechen Sie Boulevard? Das geht relativ leicht. „Wissenschaftler fordern: So spricht man!“ oder „Furchtbar: Alle können nicht alles!“ wichtig auch: „Politik überfordert: Küken brüten Küken aus! wird die Welt jetzt untergehen?“

Zum Boulevard-Sprech gehört aber neben sinnlosem Inhalt auch die Neuerschaffung von Begriffen durch Zusammensetzung möglich simpel gestrickter Einzelwörter. Ein Mann, der gerne Kohle mit Kohle schürfen verdient würde also zum „Kohle-Kumpel“. Begriffe wie pädophiler Straftäter oder gar das umständliche „der Vergewaltigung einer Frau angeklagt“ wird dank dieser schönen nicht gerade neuen Sprache zur „Sex-Bestie“.

Das springersche Vorzeigeprodukt ist darin ja sehr groß, der Begriff Bild-Zeitung ist mir da gerade noch boulevardesk genug. Diese widerwärtige Mißhandlung der deutschen Sprache in Zeitungsform, die ja auch gerne mal für die deutsche Sprache Petitionen betreibt, hat aber anscheinend weitreichende Konsequenzen.

Seit einiger Zeit wird besonders bei der Süddeutschen, aber auch bei anderen im Grunde bis dato brauchbaren Print- und Telemedien die Neigung deutlich, Schlagzeilen möglichst im Primitiv-Sprech auszudrücken, wahrscheinlich damit der Normalo-Leser auch eine Chance hat, dem ganzen zu folgen. Richtig bitter wurde es aber gestern Abend.

Mir ist Berlusconi, den ich gerne Urban Priol folgend als Bonzai-Duce betitle (auch ein boulevardeskes Wort, nicht wahr?), im Grunde ja relativ egal. Ich freue mich, daß er vor Gericht muß und bin zugleich sicher, daß ihm nichts passiert. Den wählen die Italiener sicher auch wenn er im Knast steckt wieder.

Aber muß ausgerechnet die Tagesschau von „Sex-Vorwürfen“ reden? Die Süddeutsche von der „Ruby-Sexaffäre“ schreiben? Hilfe, was macht ihr mit meiner Sprache? Wenn das, ja DAS Leitmedium der deutschen Fernsehberichterstattung (heutzutage wahrscheinlich Fernseher-Berichterstattung?) mit einer Headline wie „Prozess wegen Sex-Vorwürfen“ daherkommen darf und keiner merkt es – was genau passiert dann gerade mit der Republik, dem offensichtlich sedierten Publikum?

Von einem Medienunfall V: Tagesschau und Bildzeitung..

…. haben in den vergangen Tagen unserer Republik vor allem bewiesen, daß sie entweder nicht schreiben können, wie die Tagesschau:

oder aber, das fand ich noch gelungener, zu schlechten Fotografen auch noch dämliche Webdesigner besitzen:

Gesehen? Das neue Kabinett:


Ist doch nett, was? Natürlich kommt die „Zeitung“ da im Niveau auch nur ihrem Wirtschaftsminister entgegen:

Von einem Medienunfall

Im journalistischen Alltag unserer Republik gibt es eine Vielzahl von Ereignissen die einen nachdenklich machen. Dazu zählt unter anderem, daß es derzeit noch immer Mode ist, die SPD als die finstere Verräter- und Übeltäterpartei zu brandmarken und ausgerechnet die eher dem Neoliberalen zuneigenden Grünen als Hoffnungsträger für den anständigen Teil der Bevölkerung hochzujubeln.

Typisch für dieses Verhalten war und ist auf der Printmedienseite stes die Sueddeutsche und auch der Spiegel (Wenn der nicht gar konservativ wurde), aber vor allem die Tagesschau und die Tagesthemen lassen es sich normalerweise nicht nehmen, alle Parteien zu einer Sache Stellung nehmen zu lassen – nur nicht die zweitgrößte des Landes. Nun ist eine totale Ausgewogenheit unmöglich und auch blödsinnig, kein Problem wenn bei bestimmten Themen eben eher bestimmte Parteien gehört werden. Aber es war symptomatisch seit der Großen Kollision Koalition.

Nun brachten die Tagesthemen gestern die Hartz-IV – Debatte, die nebenbei sehr interessant anzusehen war, im Abendprogramm. Zu meinem gelinden Erstaunen fanden hier nun ausgerechnet die Grünen nur anfangs als Auseinandersetzung mit dem Bundestagspräsidenten statt, vielleicht um das unsinnige Bild der „Randaliererpartei“ weiter zu bedienen. Dafür war der Schlagabtausch zwischen Siegmar Gabriel und Ursula von-der-Leyen ausführlich drin und sogar Gysi durfte 15 Sekunden von seiner ausgezeichneten Rede wiederfinden.

Kein Wort von den Grünen und auch keines von der FDP. Keine liberale Partei mit einer Stellungnahme im Beitrag – was ist los?