Das Interview – eine Analyse

Das also war das große Interview. Ich bin nicht über alle Maßen begeistert und glaube kaum, daß andere das so sehen würden. Aber, zunächst, für alle, die es verpasst haben, hier der Videomitschnitt der laut ARD/ZDF betont vollkommen ungeschnitten ist. Ein Transkribtion findet man auf dem Piratenpad.

Wulff betont hier, Fehler gemacht zu haben und vor allem räumt er ein, dem Amt des Bundespräsidenten „sicher nicht gedient“ zu haben – von beschädigen spricht er jedoch nicht. Das ist alleine für sich schon einmal eine Erkenntnis.  Er ist sich sicher, nicht gegen Gesetze verstoßen zu haben – weder als Bundespräsident noch vorher – und findet die Bezeichnung als Bundespräsident auf Bewährung sogar „abwegig“. Es ginge „um Transparenz“ und es sei eine „Bewährungsprobe“. Merke: Nicht auf Bewährung, aber auf Bewährungsprobe.

Auffällig wird das Interview gleich bei der ersten echten Frage von Deppendorf (ca. ab 1:45):  Christian Wulff entschuldigt sich nochmals ausdrücklich für seinen Anruf beim Chefredakteuer der BILD-Zeitung (nicht für den bei Döpfner, aber so kleinlich wollen wir ja mal nicht sein). Er erklärt, daß das nicht seinem Amtsverständnis entspräche und letztendlich deutet er an, eine Augenblicksentscheidung getroffen zu haben ohne darüber nachzudenken.
Das kann man so stehen lassen. Allerdings ist das interessaant, weil sich damit einmal mehr zeigt, daß das offensichtlich kein ungewöhnlicher Vorgang war sondern etwas, was er ohne groß nachzudenken tun kann. Das heißt für mich soviel wie „das ist nicht in Ordnung, aber letztendlich normal.“
Nun ist gerade die BILD natürlich auf den engen Kontakt zu den Regierenden (nicht daß Wulff einer wäre als Präsident!) angewiesen aber offenbar findet da eine viel engere Verzahnung von Spitzenpolitik und Medienlandschaft („unabhängig, überparteilich“ um mal einen Witz zu reißen) statt als der geneigte Bürger so richtig transparent nachvollziehen kann. Man fragt sich schon was da eigentlich sonst noch so läuft….

Wulff bittet ab der 3. Minute um menschliches Verständnis – er habe „Schutzfunktionen“ für Freunde und Familie. (Bei Kohl hieß das „Ehrenwort“) Es stimmt, daß er einen Tag vor seiner Auslandsreise „zum Emir“ sofort die Umstände des Privatkredites veröffentlich hatte als Journalisten und Typen von der BILD anfingen, in seinem Dorf herumzuschnüffeln.

Insgesamt hat das Interview vor allem den Eindruck vermittelt, ein Opfer einer Medienkampagne äußert sich in der Öffentlichkeit. Sicherlich ist eine Medienkampagne inszeniert worden und ziemlich sicher wird Wulff nun eine Menge Dreck nachgeworfen – aber letzten Endes hat er seine Rolle auch selbst ausgesucht. Er ist der von Merkel zum Präsidenten beförderte, letzte CDU-Konkurrent aus dem Andenpakt, der nun, kurz nach Franz-Josef Jung auch einen sensationellen Absturz erlebt.

Ich bleibe bei meiner Ansicht: Für diese Regierung, die sich wenn überhaupt, dann nur Milimeter über der Korruption hält, ist Christian Wulff sowohl moralisch, als auch ethisch und berufener Maßen der ideale Bundespräsident. Für das Volk nicht – aber das wählt ihn ja auch nicht.

Gespanntes warten….

Christian Wulff wird heute Abend um 20.15 ausgestrahlt.  Exklusiv hat er sich den Fragen von Bettina Schausten (ZDF) und Ulrich Deppendorf (ARD) als Bundespräsident (CDU) gestellt. Eine Pressekonferenz hat er abgelehnt. Hm…

Tatsächlich weist der Präsident der Bundesrepublik erneut eine seltsame Unfähigkeit nach, mit der Presse umzugehen. Das könnte tatsächlich so sein, aber irgendwie glaube ich das nicht. Warum sind die Medienberater des Bundespräsidialamtes neuerdings so schlecht? Was genau wird da eigentlich gespielt und wovon lenkt das gerade ab?

Interessant ist auch, daß die Tagesschau auf ihrer Internetpräsenz betont:

Eine inhaltliche Absprache der Fragen fand nicht statt. Für den Gesprächsgast gibt es keine Möglichkeit, das Interview nachträglich zu verändern.

Aha. Warum muß man das betonen? Ist das sonst nicht so üblich? Wie muß man das verstehen? Interessant ist auch, daß eine Pressekonferenz abgelehnt wurde und stattdessen beide Staatssender gleichzeitig das interview senden. Dazu heißt es bei der Tagesschau:

Auf Initative des Bundespräsidialamtes wurde diese Sperrfrist im Nachhinein verändert, um andere Medienvertreter nicht zu benachteiligen: Ab 18:00 Uhr konnten Agenturjournalisten das Interview ansehen und daraus zitieren. Die Aufzeichnung wurde zu diesem Zeitpunkt auch an andere Medien gegeben, die dann bis zu drei Minuten Material aus dem Gespräch verwenden durften.

Nochmal aha. Andere sollten nicht benachteiligt werden, sondern durften Werbung machen. AUch ein interessanter Vorgang.

Fundstück der Woche (46. KW): Warum die Polizei so hart zuschlug

Am 27.11.2011 wird die Volksabstimmung über Stuttgart 21 in Baden.Württemberg abgehalten. Die Gegner erwarten einen regen Zuspruch und vermutlich geht das auch negativ für die Bahn aus. Vielleicht aber auch nicht.

Die SPD hat mit ihrer Forderung nach einer Volksabstimmung aber genau das richtige getan – auch wenn die Grünen das eigentlich nicht wollten. Sollte eine Mehrheit dafür sein wird es lustig zu sehen, wie der konservative Grüne Kretschmann seinen Wählern den Bau des Bahnhof verkauft.

Hier ein interessanter Bericht von Monitor zu den Demonstrationen:

Wie auch immer es ausgeht: Das Volk wird endlich gefragt. Sollten die Gegner ihre Mehrheit aber nicht zustandebringen, dann müssen sie das Votum akzeptieren. Umgekehrt sollten die Befürworter aber auch hinnehmen, daß der Bau dann eben nicht vonstatten geht.

Fundstück der Woche (45.KW): Ghostbusters Flashmob

Ach, die 80er Jahre. Da war die Welt noch in Ordnung und der Feind im Osten, irgendwie war die Welt besser weil es war ja früher. Das ist natürlich Unsinn, wie spätestens Jochen Malmsheimer so treffend festgestellt hat. Aber manche Dinge waren früher gut. Und wer vermisst nicht die Ghostbusters mit Bill Murray, Sigourney Weaver und Dan Aykroyd?

Na, die Knaben hier zum Beispiel ganz gewiss:

Fundstück der Woche (KW 43): Der Ursprung des Begriffes Spam

Jeder, wirklich jeder kennt Spam-Mails. Und jeder hasst sie. Aber warum heißt Spam eigentlich Spam? Woher kommt der Begriff?

SPAM war dereinst die Bezeichnung für eine bestimmte Sorte Dosenfleisch (SPiced hAM), die besonders im zweiten Weltkrieg in Großbritannien omnipräsent gewesen ist. Diese Omnipräsenz wurde dann zunächst im Usenet dazu benutzt, auch die Omnipräsenz von Textbotschaften so zu bezeichnen. Die vermutlich Spam-hafteste Anwendung des Begriffes Spam ist allerdings sicherlich Monty Python’s Flying Circus geschuldet, wie der folgende Beitrag verdeutlicht:


dank dieses schönen Sketches hat sich der Begriff Spam für Werbemails etabliert.

Und nun zur Werbung…

Zugegeben, eigentlich verabscheue ich Werbung. Ich werbe auch nicht gerne auf meinem Blog. Wenn ich das tue, dann freiwillig und ohne Entgeld, in der Regel weil ich das Beworbene witzig finde (wie Kuschelbazillen), interessant oder wichtig.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein interessantes T-Shirt aufmerksam machen, das spätestens im Rahmen der Menschenverachtung gegenüber „Nerds“ endlich Thema ist: Holger Kreymeier verkauft T-Schirts mit der schönen Aufschrift „Scheiß RTL“

Scheiß RTL

Man mag darüber positiv oder negativ denken, die Wortwahl, Ausdrucksweise und den Stil falsch oder gut finden (Immerhin ist Kreymeier Hanseat, das sollte berucksichtigt werden), Kreymeier steuert sehenden Auges auf eine Konfrontation mit dem Verblödungsgiganten RTL zu, und das alleine verdient meines Erachtens nach Unterstützung. Ich halte ihm die Daumen.

Fundstück der Woche (35.KW): Wie ein Boulevardsender es mit der Menschenwürde hält

Informationen sucht der geneigte Zeitgenosse ja eher selten auf RTL zu erlangen – abgesehen von einer gewissen Bevölkerungsschicht vielleicht die Harald Schmidt mal recht boshaft karikiert hat. Daß Sender wie RTL oder auch ProSieben sich gerne Opfer suchen über die sie herziehen können ist dabei nichts neues – nur diesmal ging der Schuß nach hinten los.

RTL zeigte diesen Beitrag über die GamesCon 2011 – eine Computerspielemesse. Und natürlich mußte für das zu verängstigende Publikum eine gute Mischung aus potentieller Gewaltgefahr und psychischer Unterprivilegiertheit dargestellt werden. Also sichte man Typen mit Gewehrattrappen und machte sich über das Äußere möglichst vieler Teilnehmer lustig, das ganze garniert mit „kritischen Stilfragen“ eines hübsch anzusehenden, letztlich sich aber dem Sender prostituierenden Models. Aber schauen Sie selbst:

(nebenbei:Ich hab das Video am 26.8. verlinkt. Falls es nicht mehr geht werde ich es ersetzen).

Fazit: Männer, die Computerspiele spielen sind unrasiert, faul, stinken und haben keine Freundin. Frauen die solche Spiele spielen auch. (z.B. RTL-Sportspiele…). Natürlich soll der geneigte Zuschauer nicht all die RTL-Mainstream-konformen Typen im Hintergrund der Interviews betrachten sondern explizit an der Demütigung der einzelnen Typen teilhaben. Denn um nichts anderes geht es.

Wie Gamer nunmal so sind laufen Sie Amok bei RTL. Aber mit den Waffen des schmierigen „Journalismus“ von RTL selbst. Der Bericht ist genauso daneben und folgt einer „Wie Du mir, so ich Dir“-Ideologie der letztlich eher fehlgeleitete Christen mit Bibel-Halbwissen folgen, aber eine kleine Rache hatte RTL auf jeden Fall verdient.

Tagesschau vor 20 Jahren

Für uns politisch Interessierte ist die Tagesschau ja noch immer eine der ersten Anlaufstellen für Informationen, auch wenn man längst ein wenig aufpassen muß was da so gesendet wird – und vor allem was nicht. Für uns historisch Interessierte bietet Tagesschau.de nun etwas besonderes zum Download an: Tagesschau von vor 20 Jahren.

Ab dem heutigen 12.7. scheint man auf Tagesschau.de anzubieten, daß man neben der regulären Tagesschau auch die von 1991 downloaden kann. Das erzeugt neben einem hübschen Nostalgiegefühl (Joe Brauner war auch mal jung!) vor allem Interesse: 1991 ist die letzte Phase der Sowjetunion und der Beginn der Auseinandersetzungen zwischen Serben und Kroaten um die Macht im – eigentlich schon verlorenen – Jugoslawien. Ich persönlich nehme, auch wegen meines Jahrgangs natürlich, den Jugoslawienkrieg und den Deutschen Einsatz seinerzeit als ein eher plötzliches Ereignis wahr. Nun höre ich in der Tagesschau von 1991 von Aufrüstungen der Volksgruppen und Plänen gegen die anderen loszuschlagen.

Nicht daß mich das verwundert – längst hat mich das Studium der Geschichte mit den Dingen vertraut gemacht. Aber eine „Tagesaktuelle“ Nachricht zu hören die letztlich Kriegsgefahr signalisiert ist doch interessant. Zeitgeschichte ist immer ein sehr schwieriges Feld, der Historiker mißtraut dem Zeitzeugen zu Recht und nimmt dessen Aussage keinesfalls als Faktendarstellung, sondern nur als Sichtweise auf. Das ist genau der Fehler, den Guido Knopp macht. Dennoch ist eine Nachrichtensendung von damals eine Quelle und daher danke ich den Damen und Herren der ARD für diese Gelegenheit, wieder ein bißchen Zeitgeschichte betreiben zu können.