Vergaloppiert, Sueddeutsche?

Manchmal ist ja Fußball durchaus eine das Herz bewegende Sache. Beispielsweise wenn eine Underdog-Mannschaft einen Favoriten schlägt. Oder ein „Wir“-Gefühl entsteht, weil ein Mann einen Ball gut bewegt hat und zufällig den gleichen Paß in der Tasche hat wie man selbst.

Manchmal geht das Ganze aber in eine ziemlich absurde Heldenverehrung über. Dieser Text der Sueddeutschen Zeitung zum Beispiel – geradezu erschreckend.

Mal ganz davon abgesehen, daß ich Neuer auch für einen ausgezeichneten Torwart halte… was will uns der Autor Kneer mit diesem Schriftkonvolut voller schiefer Bilder sagen?
Daß die deutsche Nationalmannschaft gute Torwarte hatte und noch immer einen hat? Hm, das hätte es auch in einem Satz getan.

Aber diese Metaphernsammlung voller – teilweise, hm, sagen wir: seltsamer – Vergleiche und Bilder, von Torwarten als Übermenschen (sind die anderen dann Unter- na, Sie wissen schon) und als „blonde Siegfrieds„, von „korrosionsbeständig“ ist da immer die Rede und dem Autoren scheinen Männer aus Kruppstahl nicht mehr genug, Titan ist eben heute das was Kruppstahl früher war. Kneer würde ja auch den Teufel tun und noch ein „zäh wie Leder“ oder gar ein „flink wie Windhunde“ dazusetzen. (Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, daß ihm der Ursprung dieses geflügelten Wortes bekannt ist.)

Ganz zu schweigen von Begriffen wie „historischem Verdienst“ und „Macht ausstrahlen“ – bei einem Sportfest

Also, so rein sprachlich fällt einem hier auch ein „Sportlicher“ Vergleich ein: Stürmer.

Ein Scherz demaskiert….

Die Flut, die noch immer Teile Deutschlands im Griff hat (mittlerweile aber wieder in den Randspalten der Medien gelandet ist und vermutlich erst kurz vor der Wahl wieder auftauchen wird), ist zwar am sinken, aber das „Wir“- Gefühl, das teilweise erzeugt wurde, als wirklich alle lobenswert zusammenhalfen, treibt halt immer noch Menschen auf die Barrikaden.

Dazu zählt auch eine – wie ich stark vermute – Satireaktion, bei der einige Leute über die offizielle AntiFa Seite einen Aufruf zur Deichbeschädigung (Was bereits eine Straftat ist!) und zum befüllen des „Freibades Deutschland“ enthielt. Garniert war die ganze Sache mit dem Bild einiger vermeintlicher Linksautonomer, die eine Eimerkette zu einem Deich bildeten.

Gerade letzteres zeigt die Ernsthaftigkeit dieser Nummer an. Die liegt wohl irgendwo bei Null, mal ganz abgesehen davon, daß es schon an barbarische Blödheit grenzen würde, so einen Unsinn zu veranstalten. Nichtsdestoweniger klappte die mutmaßlich eigentliche Intention der Satiriker: Das Netz quillt über mit Haßparolen, Mordaufrufen und – natürlich – ausländerfeindlichen Parolen. Dankbar griffen vermeintlich seriöse Medien wie selbst die FAZ die Gelegenheit beim Schopfe, mal wieder über „die Gefahr von Links“ zu schwadronieren – im Vorfeld der Bundestagswahlen ein gutes Hilfsmanöver, um dem einfachen Konservativen, der zwischen Grünen und Anarchisten keinen Unterschied begreifen kann, eine Motivation zu geben.

Und die Leute springen drauf an – nicht alle, aber viele, wie man manchen Kommentaren durchaus entnehmen kann. Der folgende Kommentator hat vor lauter Schaum vor dem Mund schon gleich vergessen, wozu die Antwortfunktion eines Forums dient…

FAZ-KommentarSeltsam, nicht? Es wird aber noch besser. Um Tumbrl-Blog „Hochwassermob“ sind die besten Stilblüten des deutschen Mitmenschentums versammelt, das sich da so wunderbar im Geiste der christlichen Nächstenliebe zeigt. Da wird munter dazu aufgefordert, doch alle zu erschießen und damit die Deiche zu stopfen, Zwangsarbeiterlager einzurichten, KZs wieder zu eröffnen oder auch den Nichtdeutschen für ihr Nichterscheinen gedankt. Gut, aus der Zone sind sie ja auch rausgeprügelt worden, nicht wahr? Ja, gut, okay, stimmt nicht. Manche mußten auch mit den Füßen voran aus dem Osten gerettet werden….

Nun kann man über Geschmacksfragen selten streiten – sicherlich zeugt ein solcher Aufruf von eher schlechtem Geschmack – aber Katastrophen und schlimme Zustände haben schon immer Komiker dieser Art angezogen. Ich bin mir ziemlich sicher, daß der eine oder andere unter den jetzt empörten auch einen 9/11-Witz der Kategorie „American Airlines fliegt sie jetzt direkt ins Büro“ oder auch „New York hat viele Einwohner. Etwa acht Millionen und ein paar Zerquetschte“ erzählt haben. Ich wette, das würden diese Leute auch nicht auf Ground Zero tun. Oder nehmen Sie bei der Kandidatenrunde zu den Berliner Wahlen letztens die Antwort von Martin Sonneborn von der Partei die PARTEI auf die Frage: „Glauben Sie, daß die Angehörigen der Opfer der Mauerschützen Ihre Forderung [die Mauer wieder aufzubauen] witzig finden?“: „Nein. Es reicht ja, wenn wir das witzig finden.“

Man kann sich nun drüber streiten ob so etwas witzig ist oder nicht, Tatsache ist, so etwas ist menschlich und ganz normal. Das gibt und gab es bei jeder Katastrophe. Daß die Truppe, die diesen Unsinn fabriziert hat, bei der Gelegenheit auch bewußt das anarchistische Vokabular verwendet hat, hatte vermutlich den Grund, daß sie erproben wollten, inwieweit Staat und Medien darauf reagieren.

Das hat ja auch prompt geklappt. Daß die Gehirnamputierten von „PI-news“ darauf reagieren würden und das für voll nehmen war logisch, sogar ein Video haben sie auf Youtube hochgeladen. Ob in dem Zusammenhang die Formulierung „Breaking News“ ein Scherz war, weiß ich nicht, aber witzig ist er auf jeden Fall und hätte gut als Überschrift des „Bekennerschreibens“ gepasst.

Indymedia hat inzwischen nochmals eine Klarstellung gepostet – es ist und bleibt einfach ein infantiler Hoax, sonst nichts. Aber weil da irgendwie „links“ draufsteht sind die Innenminister sofort in den Alarmzustand versetzt worden. Das Dokumentationsarchiv hat dankenswerter Weise aufgeschrieben, daß es sich hierbei sogar um einen PR-Gag aus der rechten Szene handeln könnte. Nichtsdestoweniger fallen sich konservative Politiker und angeblich seriöse Medien in die Arme über dieses Geschenk, daß es „Deich-Chaoten“ gibt, die eine linke Verschwörung zur Vernichtung Deutschlands planen. Langsam aber sicher glaube ich, Hugo Müller-Vogg hat mit seiner alarmistischen Panikmache nicht alleine einen an der Waffel – die sind alle so….

Oh, einen habe ich noch, zum Abschluß. Den fand ich so treffend, den muß ich ihnen einfach zeigen. Er entstammt auch der Hochwassermobseite, diesmal von Seite 3:

schreibweise… ist „Schreibweiße“ nicht das Pendant der Druckschwärze..? 😀


Nachtrag: Wie die Sueddeutsche heute berichtet, greifen Verschwörungstheorien über absichtliche Dammsprengungen um sich. Man versteht es nicht…

Die Welt der Gegendarstellungen

Im letzten Spiegel (22/2013) erschien passend zur Titelgeschichte ein Artikel von Sven Becker über eine Sexarbeiterin, die als Carmen in Berlin einen unabhängigen Escort-Service anbietet. Dieser Artikel war nach Ansicht der betroffenen Frau derart daneben, daß sie sich zu einer Gegendarstellung hinreißen ließ, die es sogar in den Bildblog schaffte.

Nun lese ich den Spiegel wegen seiner enttäuschenden Unterordnung unter den neoliberalen Zeitgeist nur noch sehr selten, aber diese Gegendarstellung hatte mich dann doch dermaßen beschäftigt, daß ich den betreffenden Artikel gelesen habe.

Wie Carmen vermutet hatte, hat Sven Becker auch tatsächlich seinerseits eine Gegendarstellung im Spiegelblog veröffentlicht und beide Artikel tragen unter sich recht lebhafte Diskussionsbeiträge, die aber den sympatischen Zug der Sachlichkeit tragen. (Ein paar gestörte Trolle aus der christlichen Ecke versuchen zwar auch mitzupielen, werden aber artig ignoriert)

Das Politikfeld „Prostitution in Deutschland“ gehört zu jenen, mit denen ich mich bislang überhaupt noch nicht beschäftigt habe. Über das Thema weiß ich lediglich was über Medien vermittelt wird und gelegentlich in Unterhaltungsmedien wie Filmen oder Romanen.

Diesen Rückstand fange ich nun an, aufzuholen und erfreulicher Weise findet man dank der Links bei Carmen auch eine Menge über die Positionen verschiedener Verbände der Betroffenen sowie der Piratenpartei. Das Thema ist schwierig weil vieles tabuisiert ist und nach wie vor die Gesellschaft Prostitution öffentlich verdammt, während sie zeitgleich wie zu jeder anderen Zeit in der Geschichte der Menschheit völlig selbstverständlich praktiziert wird.

Was an den beiden Gegendarstellungen recht interessant ist, das ist zum Einen, daß Carmen Herrn Becker im Schreibstil m.E. nach um einige Jahre voraus ist – sie schreibt geschliffen und belesen, man merkt einfach ob sich jemand mit Literatur befasst oder nicht. Herrn Beckers Stil ist dagegen deutlich flacher, und das obwohl er damit sein Brot verdient. Ich finde das bemerkenswert.

Das aber eigentlich bemerkenswerte ist der Stil der Präsentation, den der Spiegel hier gewählt hat. Im Grunde wehren sich das Magazin und namentlich Herr Becker sowie Herr Reißmann gegen vermeintliche Falschbehauptungen, wobei hier nachgewiesener Maßen (Lesen Sie mal die Kommentare, insbesonder unter Carmens Beitrag den Kommentar von Kraven, 49. Beitrag) keine Tatsachen umgedreht worden sind – man muß den Text halt nur genau lesen. Das ist im Onlinezeitalter vielleicht ungewöhnlich aber noch schreiben Menschen mitunter richtig gute Sätze, die man genau und bis zum Ende lesen muß, um sie zu verstehen. Daher auch mein Stilkommentar im obrigen Absatz. Es scheint, Herr Becker hat da eine nicht ganz ausreichende Lesekompetenz.

Herr Becker wehrt sich nicht gegen den Vorwurf der tendenziösen Schreibe (mit den Worten: „Mit der restlichen Kritik von Carmen an meinem Text kann ich leben, auch wenn ich sie nicht teile.“), was ich im höchsten Maß beachtenswert finde. Scheint also tatsächlich so zu sein und genau darum zu gehen. Und tatsächlich: Betrachtet man die Seite mal ohne Werbung, bietet sich folgende Aufmachung der Gegendarstellung von Herrn Becker:

SpiegelblogInteressant, nicht wahr? Als Artikelbild wird weder der Autor, noch meinethalben ein Foto des strittigen Artikels oder aber des Artikels, um den es hier geht gebracht, sondern ein Screenshot von der Homepage von Carmen. Die Wirkung auf den Leser, zusammen mit der Überschrift „Bei der Wahrheit bleiben“ ist großartig gemacht, wenn auch alles andere als subtil. „Hure, bleib dem dem waste kannst!“, schreit mir der Spiegel hier hochseriös entgegen und setzt noch eines drauf: Die Subüberschrift ist mittlerweile entfernt, taucht aber noch oben in der Betreffzeile auf:

Spiegelblog 2„Eine Escort-Dame macht Politik: Bei der Wahrheit bleiben.“ Das ist faktisch nicht falsch, aber man sollte sich das schlicht mal auf der Zunge zergehen lassen.

Von daher hat sich für mich wieder einmal bestätigt, daß der Spiegel von einst nicht mehr existiert sondern längst zu einem tendenziösen Medium geworden ist, das sich ebenso wie ein Großteil der restlichen Journaille längst einer gewissen Gesellschaftsklasse andient in der Hoffnung, durch eilfertige Hofberichterstattung ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Da dienen die investigativen Geschichten, die sich manchmal ins Blatt verirren, wohl eher der Ruferhaltung. Schade.

Nachtrag: Einige Blogbeiträge zum Thema (Mit dank an die Hinweisgeber):

Manchmal ist es zum Lachen

Normalerweise schreibe ich ja nicht über das Blatt. Aber diesmal konnte ich es mir nicht verkneifen. Es gibt wohl kaum ein anderes Medium, welches sich derart penetrant mit dem Schüren von Ängsten bei Eltern beschäftigt, wie das Springer-Vorzeigeprodukt.

Bild und Facebook: Das ist eine Hassliebe, ähnlich wie generell das ganze böse Internet und die Bildzeitung als Verfechter der guten Sache. Man betrachte mal kurz folgende Schlagzeilen:

  • Facebook-Party auf Sylt eskaliert (21.5.2013)
  • Jugendlicher feiert Geburtstag: Randale bei Facebook-Party (31.3.2013)
  • Haus nach «Facebook»-Party verwüstet (11.2.2013)
  • Facebook-Party kostet 218 000 Euro (9.2.2013)
  • Trotz Warnungen! Jugendliche verwüsten Haus bei Facebook-Party (12.12.2012)
  • Erlangen verbietet Facebook-Party
  • Randale verhindert! Dresdner Polizei löst Facebook-Party auf

Insgesamt 150 Treffer bietet alleine der Begriff „Facebook-Party“ bei Bild.de. Was ein Zufall. Besonders das Verbot der vermeintlichen Krawall-Party (auch wieder so ein Begriff!) in Dresden liefert zig Artikel. Das machen natürlich auch andere unseriöse und seriösere Medien ganz gern. Je nach Kundschaft kann auch das Besäufnis von 60 Personen schon mal als „Facebook-Party“ gelten, auch wenn man das grad in Bayern sonst Volksfest nennt.

Der MDR brachte gestern, am 27.5., eine Meldung über „geschockte Eltern“. Sowas ist natürlich noch nie dagewesen, die 60er und 70er Jahre sind für das vorbildliche Verhalten ihrer Jugend ja schon öfter ausgezeichnet worden. Das sind heute oftmals dann die „geschockten Eltern“, aber wir wollen ja nicht nachtragend sein. Das werden wir lieber dann, wenn diese Generation, die uns ja immer erzählt hat, daß man vom fremden Mann keine Schokolade nehmen darf, auf eine Kaffeefahrt mitfahren…

Soweit so langweilig. Wo wollte ich eigentlich hin? Ach ja, die Aufbereitung bei Bild. Die funktioniert so:

Überschrift: Drama und entsetzen!

Überschrift: Drama und Entsetzen!

Unterschrift: Auch schon dabei?

Unterschrift: Auch schon dabei?

😉

Was mich eigentlich so fasziniert ist, daß es dieser „Zeitung“ gelingt, den Lesern den Link zu verkaufen, derartiges hätte es noch nie gegeben und sei letztendlich die Schuld von diesem neumodischen Facebook. Das dann mit Facebook-Werbung zu kombinieren ist eben lustig…

P.S.: Weils mir grad erst jetzt aufgefallen ist: Im Folgeartikel ist natürlich auch eine Klickstrecke mit schrecklichen Bildern zu sehen. Und die 15-Jährige (!), die dazu eingeladen hatte. Unverpixelt. Es lebe der Pranger.

Nein, ich mache ihn nicht aus

Eine konzentrierte Aktion mehrerer Online-Angebote von Magazinen und Zeitungen klappte mir gestern morgen überraschend einen Hinweis auf, der nicht nur überall gleich aussah und formuliert war, sondern der auch so ein bißchen an die Bettelhinweise Finanzierungsaufrufe bei Wikipedia erinnerte.

Ich benutze einen Adblocker. Das mache ich hauptsächlich deswegen, weil mich aggressive Werbung nervt und weil ich die Werbung ohnehin nicht beachte, weil ich einen Inhalt lesen will. Einer der Gründe, warum ich Focus nicht mehr aufrufe, selbst wenn mich der Inhalt interessiert, ist der, daß die Focus-Website mich dann geradezu aggressiv zum Facebookfreund machen will: Ein Popup-Fenster ploppt auf und möchte erst einmal beiseite geklickt werden, penetranter (und peinlicher!) geht es nicht. Grad, daß sie mir nicht noch einen Brief schreiben. Das machen manchmal Leute, zum Beipiel um Twitter-Kontakte zu finden.

Focus nervt

Werbung ist aber nicht nur dann besonders nervtötend, wenn sie als Popup aufploppt und mich am Lesen hindern will. Richtig furchtbar wird das Ganze, wenn sie auch noch Videos abspielt oder mich plötzlich mit irgendwelchen Melodien vollquäkt. Ganz zu schweigen davon daß solche Seiten das immer dann tun, wenn ich vergessen habe die Lautsprecher auszuschalten und mein Chef grad im Raum steht.

Besonders witzig finde ich Werbung, die irgendeine Flash-Anwendung im Dauerlauf abspielt und dabei die CPU so richtig voll beansprucht. Man hat dann gerne 7 Tabs offen und sucht verzweifelt in der Lärmkulisse nach dem Urheber, während der Rechner immer langsamer und man letztlich gezwungen wird, Flash manuell abzuschießen.
Dabei ist mir noch etwas aufgefallen: Seit ich den Adblocker nutze laden die Seiten schneller. Einfach weil der ganze Müll, den ich ohnehin nicht will, nicht mehr geladen werden muß.

Auch mag ich neben einem Text eigentlich ungern blinkende Hormonspiegel aufgeregt um meine Aufmerksamkeit betteln sehen – es stört beim Lesen. Kein Problem habe ich mit dezenter Werbung am Rand, was aber nicht heißt, daß ich sie beachten würde. Damit ich sie beachte ist die Werbung mitunter reichhaltiger als der Inhalt, wie dieser Unfall hier schön zeigt.

Man stelle sich folgendes Szenario vor: Sie liegen im englischen Garten und lesen eine Zeitung/Zeitschrift Ihrer Wahl. Kurz darauf fahren um Sie herum drei LKW auf, deren Seitenflächen ein großformatiges Video abspielen, zeitgleich beschallen sie Sie mit 8000 Watt, damit Sie es auch hören. Natürlich drei verschiedene. Radfahrer kommen vorbei und legen Ihnen ungefragt ein Foto ihres Produktes vor die Augen. Hinter Ihnen spielt eine Kapelle einen Jingle ein, der im Krach aber untergeht, weswegen sie näher rückt und darum bittet, „geklickt“ zu werden.
Seien Sie mal ehrlich, liebe Online-Journalisten: Möchten Sie ihre Lebens- und Lesezeit so verbringen?

Grundsätzlicher Denkfehler der Medienwelt
Vielleicht liegt aber der grundsätzliche Denkfehler tatsächlich schon im Printbereich. Lesen Sie Anzeigen in Zeitungen oder Zeitschriften? Also ich höchstens die ganz Großformatigen, um herauszufinden ob sich da vielleicht noch irgendein Artikel versteckt. Manchmal wird die Werbung deswegen als Artikel getarnt, auch wenn das nach den Richtlinien des Pressekodex eigentlich unzulässig ist. Interessiert aber keinen, wenn es um Kohle geht.

Tatsächlich frage ich mich immer, warum Firmen eigentlich diese gigantischen Preise bei Printmedien zahlen, ich kenne niemanden, wirklich niemanden, der den Anzeigen mehr Aufmerksamkeit schenkt als jeder anderen Lesestörung. Kein Mensch guckt sich ernsthaft einen Werbeblock im Privatfernsehen an – die meisten zappen weiter oder gehen aufs Klo. Aber wenigstens kann ich das da machen – Onlineformate wollen mich aber zwingen, die Werbung zu betrachten. Und dann wird der Quatsch von einer Störung zur Zumutung.

Natürlich gucke ich auch Werbung (mangels Fernseher allerdings nicht dort) – aber eher in Katalogform. Beilagen zu Zeitschriften zum Beispiel erhalten von mir mehr Aufmerksamkeit. Wenn ich eine Aboanzeige in Briefform der FAZ in meiner Titanic finde, lese ich sie normalerweise – und bestelle hin und wieder auch ein Probeabo. Kaufanreize bei Onlineportalen, die bei mir recht gut funktionieren sind diese „Kunden haben auch schon gekauft“ oder „Das könnte Ihnen gefallen“ – auch wenn ich die damit verbundene Datensammelei nicht sonderlich mag. Prinzipiell gebe ich daher bei Portalen wo immer es möglich ist und zum Kauf nicht notwendig falsche Angaben. Falsche Vornamen sind da ein schönes Mittel – auch um herauszufinden, wohin Ihre Daten weiterverkauft werden.

Mittlerweile werden in Printmedien Anzeigen auch gerne mal mitten im Text platziert – eine Art Retrokonversion aus dem Onlinebereich. Langsam hat man uns dahin gewöhnt – angefangen hatte das mal mit als Zwischenüberschriften getarnten Zitaten, die vielleicht, aber nicht zwingend im nächsten Abschnitt kommen könnten. das war so ein bißchen wie die Werbevorschau auf den nächsten Film im Fernsehen statt des Abspannes beim letzten Film („Sehen Sie gleich..!“)

Auch das Mittendrin stört. Es stört den Lesefluß weil die Layouter mutmaßlich den Befehl bekommen haben, die Anzeige so einzuschieben, daß ein Wort getrennt werden muß – das Auge hüpft herunter, nimmt dabei die – meistens gelbe – Anzeige wahr und liest weiter, aber man hat nur kurz die Anzeige gesehen, sich nur beim Lesen stören lassen. Bis es verboten wurde hat man auch Produkteinzelbilder in Filme geschnitten.

Was wahrscheinlich kommen wird
Ich ahne schon, wohin das nun führen wird: Ich kenne Seiten, die ein PopUp Fenster aufrufen wenn man einen Adblocker an hat, welcher verhindert, daß man die Seite benutzt – so lange, bis er ausgeschaltet ist. Online-Games wir OGame beispielsweise verbieten durch ihre AGB gleich mal die Benutzung eines Adblockers; Account (und evtl. das dafür bezahlte Geld) können dann schon mal weg sein. So ist der Deutsche: Wenn er mit bitten etwas nicht erreicht sucht er keine kreative Lösung, er denkt sich eine Regel oder ein Gesetz aus und beschäftigt einen Anwalt, der es durchsetzt. Aber es geht auch anders.

Fazit
Leute, vergesst es einfach. Ihr habt mich nicht gefragt, ob ich die Werbung möchte, wollt aber, daß ich Eure Artikel lese, damit ich Euch Werbeeinnahmen verschaffe. Ihr wollt bezahlt werden, und da bin ich dafür. Treffen wir uns doch in der Mitte: Macht den Teaser kostenlos und wenn er mich interessiert, klicke ich ihn an und lese ihn. Dafür zahle ich dann eine Kleinigkeit und werde mit Werbung verschont. TAZ zahl‘ ich, versteht Ihr?
Ich halte die Micropayment – Idee eigentlich für genial und nutze sie auch. Ich werde SIe gerne benutzen, um guten Journalismus zu belohnen – und würde mich über die Möglichkeit freuen, auf diese Weise schlechten Journalismus zu bestrafen. Im Printbereich darf ich es durch Nichtkaufen ja auch.

Nachtrag:
Damit beschäftigen sich wohl auch andere wie zum Beispiel…

Ich mag auch mal….

Verschwörungstheorien machen ja Spaß. Jetzt darf ich mal. Ein nicht ganz bierernster Beitrag.

Es ist Dienstag Abend und ein wenig verwundert nach einem recht fiesen Arbeitstag reibe ich mir die Augen und frage mich, ob ich eigentlich heute schon Nachrichten gehört habe. Ich kann mich nicht entsinnen, irgendein Fettnäpfchen von Peer Steinbrück in den letzten Tagen durch die Medien geistern zu sehen. Nichtmal erwähnt hatten sie eines.

Habe ich wirklich Nachrichten gehört, gelesen und gesehen? Hm… Doch, halt, klar, Antenne Bayern hat  ja halbstündig jubiliert, daß Bayern nun gegen den Ländferfinanzausgleich klagt. und dabei immer Söder zitiert, damit beim Hörer der Eindruck hängen bleibt, daß letztlich Söder gegen Wowereit klagt. Auch Radio Gong macht das so. Naja, gut. Aber sonst?

Oh, ja richtig: Die Bundesregierung profiliert sich mit einer möglichen Absage an die Erhöhung der Kosten von Stuttgart 21. Die gute Union, immer auf der Höhe der Zeit.

Aber ich habe gar nichts mehr davon gelesen, daß er Politiker für unterbezahlt halte. Dabei sagen doch alle, daß er das gesagt habe. In der FAS. Bestimmt. Und nach „zu wenig“ kam bestimmt ein Punkt. Achso, nein. Na, was soll’s. Aber er hat ja unheimliche Nebeneinkünfte gehabt. und die sogar offengelegt. Und die anderen nicht! Naja, auch nicht erwähnenswert mehr.

Alles diese Geschichten. Warum lese ich gar nichts mehr davon? Achso, richtig, letzte Woche hatten wir den Eierlikör und den Besuch beim „unvorbereiteten Bürger“, der zufällig halt eine Genossin war. Stimmt. Das war aber letzte Woche.

Was war denn diese? Komm, da muß doch was sein…. au ja, ich habs: Den Peerblock. Gleich zweimal, also am 4.2. und am 5.2. ereifert sich die Sueddeutsche über den Peerblog und die Tatsache, daß da eine Presseagentur finanziert von fünf Unternehmern (wichtig: Sind ominöse Unternehmer) einen steinbrückfreundlichen (und wer ihn sich anguckt erkennt: auch eher peinlichen bis jämmerlichen Jubel-)Blog betreibt.

Puh, nagottseidank. Eine Woche ohne einen Steinbrückskandal, und ich wäre ausgewandert. Doch halt, lesen wir den Blog mal genauer.

Betrieben wird die ganze Geschichte von einer Agentur namens „steinkuehler-com“, die auch einen Großteil der Autoren stellen. Die Artikel reichen von den üblichen „Der Gegner ist schlecht“ bis hin zu den „Der Kandidat ist toll“ Artikeln aus der ersten Klassse der Journalistenschule. Okay. Ich habe nichts dagegen.
Finanziert wird die Geschichte von fünf Unternehmern (die offenbar nicht die SPD, sondern Peer Steinbrück unterstützen wollen, was zumindest für die Nachdenkseiten sicherlich Munition liefern wird), die nicht genannt werden wollen. Treffer, versenkt. Eine neue schöne Peer-Steinbrück-und-die-Reichen Geschichte, die Presse wird jubeln für dieses Geschenk.
Da stellt man sich doch die Frage, ob dieser hochintelligente Herr Steinbrück eigentlich wirklich eine so durchweg beschissene PR-Beratung hat. Wer bezahlt ihm eigentlich diese Berater? Die CDU?

Noch viel mehr frage ich mich aber, ob da nicht ein paar qualifizierte PR-Fritzen auf die Idee gekommen sind, ein paar Freunden und alten Spendern von CDU und FdP den Tipp zu geben, den Gegner dadurch zu bekämpfen, indem man der Presse neue Munition zuspielt. Eigentlich ein geniales Konzept.

Naja, ist ja nur eine Verschwörungstheorie. Diesmal aber meine. Ganz bestimmt.


Hm, mal im Ernst: Die Idee, eine Variante der amerikanischen PACs im deutschen Wahlkampf zu benutzen gefällt mir überhaupt nicht. Schon bei den Parteispenden läuft es alles andere als transparent ab, aber da jetzt noch mit dieser dubiosen Spendenvariante anzufangen halte ich für gefährlich.

Werbemaschine "Trendsetting"

Es ist ja ein bekanntes Element guter Werbung, daß sie sich irgendwann verselbstständigt. Das kann entweder so laufen, daß der Werbespruch zum geflügelten Wort wird (à la „die Freiheit neh’m ich mir“), daß der Produktname gleich zur Produktbezeichnung mutiert („Tempo“ oder „Rollerblades“), oder daß ein Produkt immer wieder auch in der neutralen Berichterstattung auftaucht und durch Omnipräsenz zum Trendsetter erklärt wird.

Um sich die dritte Methode zunutze zu machen bezahlen manche Firmen viel Geld um zu erreichen, daß Print- und Online-Medien keine signifikaten Trennung zwischen Werbung und redaktionellem Inhalt schaffen. Das führt zwar zur Kollision mit den Richtlinien des Presserates, aber das ist weder bindend, noch interessiert es die Zeitungen wirklich, sofern nicht die Konkurrenz betroffen ist.

Die Firma Apple, von der ich auch ein Produkt besitze, erfreut sich besonders der permanenten Befeuerung der Aufmerksamkeit ihrer Produktpalette und „Qualitätsmedien“ wie die Sueddeutsche Zeitung lassen sich entweder willfährig zum Handlanger machen oder aber kassieren eine Menge Geld dafür, die Produkte ausführlich verschleiert zu bewerben. Letzteres ist nur eine Vermutung.

Eine Auswahl (Thema iPhone):
Neues Smartphone – Apple-Chef Cook präsentiert das iPhone 5 (12.09.2012, 21:16) (Video Reuters)
Reaktionen auf iPhone 5 – Schlichtweg erstaunlich – und völlig langweilig (13. September 2012, 10:44) (Bildstrecke, Presseschau)
Präsentation des iPhone 5 Dünner, schneller und größer
(13.09.2012, 09:43) (Video dpa-rufa)
Neues Smartphone Was kann das iPhone 5
? (13.09.2012, 07:53) (Video dapd)
Apples iPhone-Revolution ist vorerst vorbei (12.09.2012, 22:33) (Bericht)
Apple schrumpft sein iPhone groß (12.09.2012, 20:28) (Live-Ticker)
So sieht das neue iPhone aus(12.09.2012, 20:27) (Bildstrecke)
Hipster und das iPhone Von Apple veräppelt
(12.09.2012, 12:21) (Stilkritik)
Neues Apple-Handy – Zehn Dinge, die man über das iPhone wissen sollte (12. September 2012, 08:09) (Bildstrecke)
Großbank JPMorgan Chase – Neues iPhone erhöht US-Bruttoinlandsprodukt (12.09.2012, 06:51) (Video dapd)
Apple-Hype – Das iPhone 5! Kommt! Jetzt! Garantiert! (11. September 2012, 19:03) (SZ-Blog)
Gerüchte über Apples iPhone 5 – So soll es aussehen (11.09.2012, 18:09) (Video dapd)
Gerüchte um Apple-Smartphone – Das ist das neue iPhone 5 – oder nicht? (11. September 2012, 16:26) (Bildstrecke)
iPhone 5 steigert Bruttoinlandsprodukt in den USA (11.09.2012, 15:40) (Bericht)

Skurrile Schutzhüllen fürs Apple-Handy – Pimp my iPhone (14. August 2012, 18:59) (Bildstrecke)
Neues iPhone kommt auf den Markt – Im September ist es soweit (01.08.2012, 09:24) (Video dapd)
Teheran – Apple-Hype auch im Iran angekommen (28.07.2012, 08:36) (Video dapd)
Spekulieren, bis das iPhone kommt (27.07.2012, 15:18) (Bericht)
Mein Ich ist ein iPhone (29. Juni 2012, 10:03) (SZ-Blog)
Fünf Jahre iPhone – Wischen statt tippen (26.06.2012, 20:51) (Video dapd)
Nächstes iPhone soll größeres Display erhalten (16.05.2012, 17:32) (Bericht)

Und so weiter. Ich hab jetzt nur die rausgegriffen, die tatsächlich keinen oder nur einen geringen Nachrichtenwert haben, Artikel über die rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Apple, Motorola oder Samsung sind m.E. nach schon eine Nachricht wert. Daß die Firma Apple ein eigenes Thema, also eine Kategorie bei der Sueddeutschen unter „Digital“ ist, finde ich aber bemerkenswert. Microsoft steckt beispielsweise unter Wirtschaft.

Natürlich ist das nicht der einzige Fall – im gegenteil. Das Thema Nokia feiert ähnliche Blüten aber man fragt sich halt schon, was so alles Thema ist. Bundesliga ist zum Beispiel ein schönes Thema, Audi auch? Oder wäre das „Auto“? Warum der Markenname? Auch schön sind die Reise-Themen oder auch die Veranstaltungstipps für Clubs beispielsweise, die so ein bißchen wie ein Restaurantführer arbeiten.

Bleibt die Frage, was das alles so mit seriösem Journalismus zu tun hat…

Redaktionelle Werbung

Schon der Bildblog beschäftigt sich ja recht gerne mit der mangelhaften Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbetexten. Interessant finde ich generell die Rubrik „Ausflugsziele in Bayern“ in der Sueddeutschen Zeitung. Darunter fand ich diesen Artikel hier.

Daneben gibt es noch Artikel zum Gasthaus Hoffranger in Passau, Schloß Wildthurn in Landau, das Museums-Café in Regensburg oder auch das Stemplinger Hansl in Hauzenberg die alle von Margit Brand geschrieben wurden und vermutlich diesem Buch hier entnommen sind.

Andere sind gleich gar nicht mit einem Autor gekennzeichnet. Natürlich ist so ziemlich alles, was unter der Rubrik „Reise und Ausflugsziele“ erscheint, irgendwie kein redaktioneller Inhalt, auch wenn die Rubrik die nette Subüberschrift „Die schönsten Ausflugstipps aus der SZ-Redaktion“ trägt. Naja, „die besten Anzeigeninhalte aus der SZ-Redaktion“ kommen da vermutlich auch nicht so gut. Wie das funktioniert haben übrigens die Jungs von der Anstalt mal schön herausgearbeitet (ab Minute 6 ungefähr):

Sagen Sie mal, Herr Bohsem…

… haben Sie da irgendeine seltsame Drogenquelle aufgetan? In Ihrem Artikel in der Sueddeutschen Zeitung am Montag vermitteln Sie jedenfalls erfolgreich den Eindruck, komplett weggetreten zu sein. Sie loben den Erfolg von Hartz IV in Worten, die einen mehr oder weniger sprachlos zurücklassen.

Doch hat Hartz IV den Grundsatz verankert, dass es allemal besser sei, für weniger Geld zu arbeiten, als sein Leben in dauerhafter Abhängigkeit vom Staat zu fristen. Das ist ein Erfolg, den selbst die betroffenen Arbeitnehmer bescheinigen werden.“

Aha. Also vor Schröder waren alle Arbeitlosen faul und machten sich einen schönen Lenz auf Ihre Kosten. Jetzt haben sie Angst vor sozialem Abstieg, das verbessert die Lage. Um sowas denken zu können muß einem doch schon schwer was fehlen aber daß Sie sowas auch noch ins Internet stellen finde ich schon schwer beeindruckend. Da möchte ich Ihnen ernsthaft ans Herz legen sich mal Gedanken über strukturelle Arbeitslosigkeit, ihre Gründe und Ursachen zu machen und dann mal aufs Amt zu fahren und sich die Menschen anzusehen, die da so „herumlungern“. Reden Sie da mal mit Menschen und nicht über sie.

Deutschland galt als kranker Mann Europas. Niemand traute der Bundesrepublik eine derartige Kraftanstrengung zu. Heute arbeiten hierzulande mehr Menschen als jemals zuvor.
Aha. Also dieses „kranker Mann“-Gefasel ist ja mein Lieblingsbild. Die seinerzeit Drittmächtigste Industrienation des Planeten redete sich 20 Jahre lang ständig klein, unternahm endlich was gegen das „klein sein“ und ist nun auf Platz vier oder fünf, je nach dem wie man zählt. Bravo.

Und was den zweiten Satz betrifft: Mehr Menschen arbeiten zu weniger Lohn als vorher und müssen vom Steuerzahler aufgestockt werden. In diesem Land, einem der reichsten Länder der Erde, ist es kaum möglich, daß man von einem Job alleine lebt – besonders nicht wenn man eine Familie hat. Wir haben annähernd 8 Millionen Leistungsempfänger in diesem Land, vergessen Sie mal die Arbeitslosen. Menschen, die einen Job haben und um Stütze betteln müssen, die gezwungen werden zu betteln obwohl sie eine Stelle haben, denen schreiben Sie ins Gesicht, daß „es allemal besser sei, für weniger Geld zu arbeiten, als sein Leben in dauerhafter Abhängigkeit vom Staat zu fristen.“

Für so einen wie Sie, der völlig hirnverbrannt die dümmsten Parolen nachplappert ohne einen Funken Eigenintelligenz einzuwerfen gibt es kaum Begrifflichkeiten.  Schämen Sie sich! Schämen Sie sich in Grund und Boden! Sie sind in der falschen Branche, als Pressesprecher beim Hundt hätten Sie sicher mehr Erfolg. Aber daß die – ausgerechnet! – Süddeutsche Zeitung Ihnen für diesen Quark auch noch Platz und vermutlich Zeilengeld gibt, demonstriert den Niedergang des Restjournalismus in diesem Land in besonders effektiver Weise.

Die Hartz – Reformen haben tatsächlich einige strukturelle Probleme angegangen und das ist ja auch gar nicht schlecht. Der Preis aber ist, daß die Einkommensschere in einer Art und Weise auseinandergeglitten ist wie das 1985 sich noch keine hätte vorstellen können. Transportiert hat man soziale Kälte und regelrechten Klassenhaß, den heute die Gesellschaft untereinander empfindet. Bravo.

Nicht „Deutschland“ hat von Hartz-Reformen profitiert, sondern ein paar der oberen Zehntausend die nun für Dumpinglöhne arbeiten lassen und die Statistiker, die für das mittlerweile vollverblödete BILDungsbürgerliche Lager ständig Unsinn von wegen Vollbeschäftigung faseln. Wenn Sie, lieber Guido Bohsem, tatsächlich nicht in der Lage sind, die Statistiken mal richtig zu lesen, nicht in der Lage sind zu erkennen, daß der soziale Wert von Arbeit nur dann erreicht werden kann, wenn man von ihr auch leben kann, dann sollten Sie zurück auf die Grundschule. Vielleicht hilft auch ein bißchen Lektüre, um Politikersprech zu entschlüsseln. Dabei waren Sie doch auch mal ein bisßchen weiter wie man hier sehen kann. Was ist passiert?

Von der besonders raffinierten Themenverknüpfung

Heute morgen machte der BildBlog im sechsvorneun auf einen Artikel unter Science@orf.at aufmerksam. Darin geht es darum, daß Biologen sich dagegen wehren, daß man bei homosexuellem Verhalten von Tieren von „schwul“ oder „lesbisch“ spricht. Besonders Medien seien aufgefordert, weniger sensationsheischend zu berichten weil sich auf die Art und Weise falsche und verzerrende Bilder ergeben, die letztendlich Vorurteile fördern.

Unter anderem besorgt die Biologen, daß mitunter der Gedanke gefördert wird, Homosexualität sei eine Krankheit, eine nicht gerade selten kolportierte Aussage. Soweit so interessant. Was allerdings findet man am unteren Rand eines Artikels heutzutage? Genau, die Rubrik „Mehr zum Thema“. Die sieht bei Science@ORF.at so aus:

Genau. „Warum es schwule Tiere gibt“, „Umweltgift macht Vögel homosexuell“ oder auch „Forscher machen Fliegen zeitweise homosexuell“. Man sieht, auch beim ORF gibt es das soeben kritisch angemerkte zu lesen.