Ach ja… es geht bergab

Seit JJ Abrahms aus der Idee einer humanistischen Zukunftsvision sein Star Trek für coole Leute gemacht hat, wird man das Gefühl nicht los einem Symptom für die Abkehr von einem gewissen ideellen Rationalismus in den USA beizuwohnen.

Mag sein… nein, ziemlich sicher interpretiere ich in die Thematik zu viel hinein. Aber irgendwie beschleicht mich ein Gefühl von Unbehagen, seit ich mich dem zweiten Star Trek – Film (Passender Weise mit dem Untertitel „Into the Darkness“) irgendwie doch mal zugewandt habe um wenigsten den Trailer mal anzuschauen. Zugegeben, die Variante, die ich hier für den Blog ausgewählt habe ist ein bißchen lustiger, aber trotzdem:

Seit ich Star Trek für mich entdeckt hatte, ohne je ein wirklicher Trekkie zu werden, mochte ich die Grundidee, die hinter Gene Roddenberrys Vision stand. Die Grundidee ist die einer Gesellschaft die dank Überflußwirtschaft den Kapitalismus und das Geldsystem abgeschafft hat, keinen Hunger und keine Not mehr kennt so wie wir sie tagtäglich auf unserem Planeten erzeugen. In der Zukunftsvision von Roddenberry hungert niemand mehr, bloß weil irgendein geldgieriger Sack hinter seinem Schreibtisch nach mehr Profit giert. Es wird auch niemand mehr für minderwertig gehalten, nur weil er das falsche Geschlecht oder die falsche Hautfarbe hat. Stattdessen gehen die Menschen ihrer Berufung nach und für manche ist dies die Erforschung des Weltalls. Deren Geschichten erzählt Roddenberry.

Nach seinem Tod 1991 bekam die in ihrer Botschaft ziemlich direkte Vorzeigeserie „The next Generation“ eine kleine Wendung: Das Universum wurde einen Hauch kaputter, die Serie actionreicher. Das Grundkonzept des humanistischen Diskurses ethischer Probleme vor dem Hintergrund fremder Welten blieb aber bestehen. Manche dieser Diskurse haben jetzt nicht nur so einen wie mich, sondern sogar Rechtsphilosophen beschäftigt.

Die kurz darauf gestartetet Serie „Deep Space Nine“, die nun nicht mehr die Erforschung des Weltalls, sondern ein Babylon 5 für Star Trek wurde, setzte den Fokus mehr auf dieses schon ein bißchen veränderte Universum. Es gab plötzlich eine größere Zahl von Gefechten und Schlachten zu beobachten, zum Teil wie in „Der Weg des Kriegers“ seltsam nüchtern inszeniert (Kein Vergleich mit der Babylon-5 Folge „Die Strafaktion„, die den Abwehrkampf wesentlich dramatischer, aber auch pathetischer inszeniert), und die Handlung dreht sich letztendlich um drei größere Auseinandersetzungen zwischen der Föderation, den Cardassianern, den Klingonen und dem Dominion.

Schon das ursprüngliche Setting ist irgendwie merkwürdig und bringt mich letztendlich auf das Thema, zu dem ich eigentlich kommen wollte: Deep Space Nine ist eine Raumstation im bajoranischen Sektor. Die Bajoraner waren bis vor kurzem von den Cardassianern besetzt und brutal unterdrückt worden und sind insgesamt eine extrem religiöse Gesellschaft. Sisko, der Föderationscommander von DS9, wird von ihnen für den „Abgesandten“ gehalten und nimmt letztendlich – auch bedingt durch das Serienfinale, wo er quasi zum Himmel fährt (also im Wurmloch verschwindet) eine sehr wichtige Position ein.

Babylon 5 bot das ziemlich genauso an, Sheridan stirbt nach 20 Jahren und fährt auch in die Unendlichkeit (in dem Fall von den Allerersten geholt), allerdings kokettierte J. Michael Straczynski mit der Thematik in einer wunderbaren „Rückschau“-Folge am Ende der vierten Staffel. Aber auch hier wurden religiöse Motive (hier sind es die Mimbari und das Erscheinen der „Allerersten“ Völker, sowie „des Allerersten“ Lorien – ja, die Anspielung auf Lórien ist Absicht!) verarbeitet.

Der große Erfolg der Neuauflage der Serie „Battlestar Galactica“ hat auch so eine seltsame religiöse Nummer. Ich mag die Serie sehr gern, aber spätestens ab der Dritten Staffel bricht die irgendwie ab und es geht hier nur noch um das Erfüllen eines wie auch immer gearteten Schicksals. Am Ende finden die Menschen und die organischen Zylonen die Erde wieder und besiedeln sie gemeinsam – zusammen mit den Urmenschen bilden sie die genetische Basis der heutigen Menschheit. Mal abgesehen von der „Das Leben kommt aus dem All“ – Motivation durchzieht die ganze Serie eine quasimythische Stimmung: Da stehen Leute von den Toten wieder auf und Träume weisen den Weg.

Die neueren Star Trek Filme springen nun ebenfalls auf diesen Zug auf und sind ebenfalls sehr von dem Thema „Bestimmung“ gefesselt. War das bei Star Wars noch eher eine amüsante Randerscheinung, die zu dem leicht märchenhaften und sehr an Fantasy erinnernden Setting passte (nebenbei wird JJ Arbahms auch da künftig Regie führen), so wird Star Trek nun auch lauter, von zukunftsweisenden Schlachten und Bestimmungen einzelner Helden geprägt. Das daran gruselige ist, daß dadurch die Maxime von Vernunft und Logik (passender Weise hat Abrams ja das Logikervolk der Vulkanier schon aus der Gleichung gestrichen) durch religiöse Motive ersetzt werden, die – man sieht es ja an Erfolg und Zuschauerzahlen – offenbar mehr in die Zeit passen und das Publikum eher ansprechen.

Das wiederum lässt einen doch darüber nachdenken, was eigentlich dieses 21. Jahrhundert für eines werden soll. Überall brechen die religiösen Fanatiker aus den Löchern aus, in die sie Aufklärung und Rationalismus mal eingesperrt hatten. Egal welcher Couleur, manche freuen sich sogar schon darauf, gegeneinander den totalen Krieg, das Armageddon zu führen. Im Namen der Verteidigung christlicher Werte wird neuerdings der Jude als Zeuge bestellt um den Muslim abzuwehren und die Kirchen beklagen, systematisch angegriffen zu werden. Mit ein wenig Verspätung kämpfen sie nun mit aller Kraft um ihren Machterhalt.

Dabei verursachen sie dieselbe ideologische Verblendung gleich mit: Ganze Religionsgemeinschaften werden in die weltpolitische Sippenhaft genommen und es scheint einem Kölner Kardinal kein Problem zu bereiten, daß „Muslim“ und „Islamist“ beim weniger intellektuellen Teil der Bevölkerung als Synonym verstanden wird. Das wäre so, als würde man alle Christen für Guantanamo Bay in Sippenhaft nehmen.

Daß das 21. Jahrhundert wieder zunehmend religiös wird – vielleicht als Antwort auf die von uns geschaffene, kompliziertere Welt – stimmt nachdenklich. Vielleicht behalten Gene Roddenberry und Michael J Straczynski ja recht: Beide haben in ihren Welten einen Dritten Weltkrieg im 21 Jahrhundert prognostiziert. In Star Trek war es ein Krieg, der durch eugenische Experimente an Menschen erzeugt worden war (und in den USA ist Eugenik in gewisser Hinsicht längst wieder Realität – auch ein Ergebnis Neoliberalen Denkens), im Babylon.5 Universum ist es ein Ressourcenkonflikt. Vielleicht aber schaffen wir es ja doch, uns ganz mittelalterlich wegen des Namens der Rose die Köpfe einzuschlagen.

Nun vergreift man sich auch an den Kindern…

Lange Zeit ist das Bullshit-TV schon in der Kritik und es hält eisern und störrisch durch. Ob sich Dirk Bach mit „abgehalfterten Scheinprominenten, die man besser vorher eingeschläfert hätte“ für das verblödete Publikum durch Insekten futtert oder ob Dieter Bohlen zur hämischen Freude des längst entmenschten Zuschauers junge Menschen fertig macht.

Soweit, so abartig. Da es aber wegen der hohen Erregungsschwelle des Zuschauers immer noch schlimmeres braucht, hat sich RTL etwas neues einfallen lassen: Kinder zu Bohlen zu schicken. Nicht die offensichtlich schon einer latenten Realitätsstörung verfallenen, aber wenigstens (fast) erwachsenen Figuren die da normalerweise hingeschickt werden, jetzt dürfen, wie ich zunächst den Nachrichten des Hamburger Abendblattes entnahm und dann hier und hier erfuhr, Kinder zwischen vier (sic!) und 14 Jahren erleben, wie es so ist mit Dieter Bohlen zu arbeiten. Natürlich ist sich RTL „Der Sensibilität des Themas bewußt“ wie der Stern sicherheitshalber die Sendung kritisch promoted, aber wenigstens auf den Castinghinweis verzichtet.

Schon seit längerem plane ich einen Kommentar dazu, jetzt hat mich die aktuelle Ausgabe von Fernsehkritik.tv nochmal kräftig in den Hintern getreten und gleich noch ein entsprechendes amerikanisches Produkt dazu vorgestellt. Aber schauen Sie sich doch nochmal kurz die Eltern an, die nach dem Willen der CSU demnächst ein Betreuungsgeld bekommen sollen statt ihre Kinder in eine pädagogische Krippe zu geben:

Link zu Fernsehkritik.tv

Alleine bei der Vorstellung dreht sich einem doch der Magen um, oder? Was sind das für Leute und warum kriegen die Kinder? Und warum erlaubt ihnen der Gesetzgeber, daß sie ihre Kinder einem Sender wie RTL und ihrer eigenen Ruhmsucht zum Fraß vorwerfen?

Nun sind Kinder im Fernsehen nichts neues. „Wetten dass..?“ gab es für Kinder, die „Mini-Playback-Show“ war bereits ein ähnliches Format und das bloßstellen von Kindern ist im Zeitalter der „Supernanny“ nun auch nicht gerade etwas überraschendes. Die Würde des Menschen, besonders des jungen Menschen ist eben durchaus antastbar, zumindest für das Privatfernsehen daß sich einer tiefen Freundschaft zu bestimmten politischen Gruppen sicher sein kann.

Nicht anders ist es in anderen Ländern. Dank der Sendung Fernsehkritik.tv bin ich auch auf eine amerikanische Sendung aufmerksam geworden, die das Konzept von DSDKS oder wie auch immer RTL das dann wirklich titulieren will, bereits umgesetzt haben. Das Ding heißt „Toddlers & Tiaras“ und ist mit großem Abstand das widerwärtigste, perversteste und abstoßendste, was mir jemals untergekommen ist. Kindesmißbrauch nicht direkt in sexueller Hinsicht, wohl aber Ausbeutung und Mißbrauch von Kindern für die Karrieregeilheit von deren Eltern und was die Zuschauer betrifft: Leute die sich als Sexsymbol aufgemachte Fünfjährige ansehen… ach ich will’s gar nicht schreiben.

Wenn es tatsächlich einmal dazu kommt, daß uns eine hochzivilisierte fremde Rasse besucht, sollten wir sie keinesfalls fernsehen lassen. Sie würde uns vermutlich auslöschen. Zu Recht.
Ich geh jetzt kotzen.

P.S.: Ich wünschte, Georg Schramm hätte nicht immer Recht. Systematische Volksverblödung, und dazu kommt nun auch noch das, natürlich immer im Sinne des Profites…

Ich weiß nicht….. Star Trek?

In den vergangenen Tagen meines Lebens gab es eine Menge Phasen die man unterscheiden könnte – Phasen die ineinander überlaufen – und das dürfte wohl bei jedem Menschen so sein. Manche davon waren vorübergehend – wie meine Leidenschaft für eher dumme Dinge.

Andere Dinge waren von Dauer – wenn auch von periodischer Aufmerksamkeit. Star Trek ist so ein Fall. Manche Dinge haben mich von diesem Thema eher entfernt, andere eher hingebracht. Als ich Kind und Jugendlicher war, war sicherlich die Action eine wichtige Komponente. Seit ich erwachsen bin ist das gar nicht mehr so der Fall. Neulich habe ich mit einem Schüler eher zufällig über Star Trek diskutiert und dabei festgestellt, daß ich offensichtlich – seit Januar diesen Jahres – älter werde.
Für ihn (14 Jahre alt) ist Star Trek eine uralte SciFi-Marke aus den fernen 70ern die jetzt modern geworden ist – letztendlich ein ähnlich gelagerter Fall wie bei Battlestar Galactica. Nach Inhalten gefragt geht’s da vor allem um Raumschiffe und Action. Ungefähr das ist auch das, was davon heute noch übrig ist.
Gesehen hat er die Serien noch nicht, vielleicht ein paar Folgen von Enterprise, aber das ist bereits die Spätphase dieses Universums gewesen. Im Grunde hatte er daran auch nicht viel Interesse, hauptsächlich weil er in der Schule bei seinen Kumpels eine Menge darüber gehört hat, daß es sich um letztlich langweilige Serien handelt – Deep Space 9 sei ganz cool, mehr Action. Darüber habe ich nachgedacht und die darauffolgende Nachhilfestunde mit einem Gesprächsanhang versehen. Wir haben uns zwei Folgen aus Star Trek: The Next Generation angesehen. Damit’s dennoch einen kleinen positiven Nebeneffekt auf seinen Schulweg hat, auf Englisch. Die Folgen heißen „Wem gehört Data?“ (The Measure Of A Man) und „Das zweite Leben“ (The Inner Light).

Von der Schöpfung
Die eigentliche Hauptfigur der Serie TNG war und ist Lieutenant Commander Data. Er ist ein Androide, eine vollständige künstliche Person die nicht nur eine Künstliche Intelligenz besitzt, sondern auch ein künstliches Bewußtsein. Datas Anstrengung gilt der Frage wie es ist, Mensch zu sein. Dieses Bestreben führt nicht selten zu recht komischen Ergebnissen wenn er menschliches Verhalten zu unpassenden Zeiten kopiert (So nennt er einen Vorgesetzten mal „Du Knalltüte“, als er das Wesen des Humors erforscht), aber vor allem weist er Zuschauer und Mitbesatzung immer wieder auf die menschliche Natur hin. Picard vergleicht ihn öfter mit Pinocchio.

In dieser Folge möchte ein Wissenschaftler Data zerlegen um ihn nachbauen zu können. Picard legt dagegen Einspruch ein und versucht mithilfe eines Gerichtsprozesses zu beweisen, daß Data eine eigenständige Persönlichkeit ist – und als Person alle Rechte eines Lebewesens der Föderation genießt. Als Ankläger fungiert hier Commander Riker, vermutlich weil die Crew der Enterprise sonst auf letztlich zwei handelnde Akteure zusammengeschrumpft wäre, Sinn ergibt diese Konfiguration nicht.
Riker beweist schlüssig, daß Data eine Maschine ist indem er im zuerst einen Arm abnimmt und ihn danach einfach abschaltet. Ein Vorgang, der mit einem Menschen nicht zu machen wäre. Picard verargumentiert letztlich, daß die Herstellung unzähliger dienender Androiden, die intelligent und selbstbestimmt sind, eine Sklavenrasse schaffen würde – etwas, was mit den fundamentalen Prinzipien, welche die Menschheit inzwischen entwickelt hat, nicht vereinbar wäre. Er bekommt Recht.

Der Traum der Menschheit von künstlicher Intelligenz ist nicht neu und in unzähligen verschiedenen Arten im Rahmen der Science-Fiction – Literatur bereits aufgegriffen worden. Das bekannteste Werk in dem Zusammenhang dürfte vermutlich „I, Robot“ von Isaac Asimov sein. Asimov hat in vielen Romanen und Erzählungen die Thematik um künstliche Lebewesen entwickelt, unter anderem auch die drei Gesetze der Robotik entworfen und ihre Grenzen diskutiert. Geschichten wie beispielsweise die der Terminator-Filmreihe oder auch der Roman „Robocalypse“ von Daniel Wilson erzählen uns von den Gefahren durch künstliche Intelligenzen, der wahrscheinlich beste Roman des 21. Jahrhunderts, „Angenehm. Erziehungsroman einer Künstlichen Intelligenz“ von Matthias Hirth wiederum zeigt uns unsere eigene Beschränkung auf wenn wir versuchen uns selbst zu erklären – und wie wir diese Menschlichkeit dann einer Maschine beibringen wollen.
Data ist nun nicht nur eine künstliche Intelligenz, er hat ein Bewußtsein. Ob das eine das andere bedingt, darüber ließe sich trefflich streiten, was ja auch gemacht wird. Im Laufe der Diskussion kam mein Schüler auf das Argument, daß man, wenn man etwas erschafft, was nach irgendeiner Definition lebt, auch die Verantwortung dafür tragen muß. Im Gegenzug fragte ich ihn, wie es dann um unsere Behandlung von Tieren steht; Wir erschaffen sie ja nicht, wir benutzen sie aber obwohl wir wissen daß sie wirklich leben und in den meisten Fällen zumindest ein rudimentäres Bewußtsein haben. Da stellte er mir eine ziemlich geniale Frage: Was ist eigentlich ein Bewußtsein?

So einfach ist das nicht zu beantworten. Man könnte von einem Bewußtsein sprechen, wenn das betreffende Lebewesen Gedanken hat. Nur sind Gedanken nicht so einfach nachzuweisen, wenn eine Kommunikationsschnittstelle fehlt. Ich weiß als Katzenbesitzer zum Beispiel eine Menge darüber, wie Katzen jagen. Wie sie oftmal recht ungeschickt vorgehen aber aus Fehlern lernen und sich regelrechte Strategien einfallen lassen. Einmal haben unsere beiden Katzen gemeinsam mit dem Nachbarskater einen regelrecht verhassten Vogel gejagt – eine Amsel die sie wirklich gern ärgerte – und sie sind dabei taktisch äußerst geschickt vorgegangen und haben das Tier regelrecht in eine Falle getrieben. Geht sowas ohne Gedanken, rein auf der instinktiven Ebene?
Bewußtsein kann, religiös gesprochen, als das gelten, das beseelt ist. Tiere empfinden Schmerzen, nehmen oftmals Farben wahr. Maschinen nicht, können aber so programmiert werden daß sie eine entsprechende Reaktion zeigen. Nur ist diese Reaktion dann eine Reaktion eines Bewußtseins oder nur ein einprogrammierter Automatismus? Was ist denn unser Schmerzempfinden? Schmerz sagt dem Körper, daß irgendwas nicht stimmt und der Körper reagiert darauf. Wer sagt, daß es einer Maschine nicht weh tut, wenn man einen Kondensator überlastet? Eigentlich wird das doch nur durch die Annahme bestätigt, daß eine Maschine eben ein Ding ist und kein Lebewesen. Ist ein Kotelett ein Ding, obwohl es von einem Lebewesen stammt? Dem Kotelett tut es nicht weh, wenn man es schneidet – dem Lebewesen aber schon wenn man es in das Kotelett schneidet.

Betrachtet man den Film Blade Runner von Ridley Scott, einen der einflußreichsten Science-Fiction Filme überhaupt, so ist die Grenze zwischen Ding und Lebewesen in der Emotion zu finden – erst die Emotion macht den Menschen zum Menschen und im Film eben auch den Replikanten, weswegen er ab- oder ausgeschaltet werden muß. Geht man aber noch einen Schritt weiter und überlegt, ob es nicht möglich wäre ein menschliches Bewußtsein, das ja eigentlich nur aus Elektronenimpulsen besteht, in eine Maschine zu laden – wäre diese Maschine dann nicht ein Lebewesen?

Die Erschaffung von künstlichen Lebensformen liegt zumindest im Augenblick noch in der Zukunft, auch wenn es Anzeichen gibt, daß diese Zukunft nicht mehr allzu fern ist. Ob wir als Art überhaupt schon die zivilisatorische Reife haben, mit einer solchen schöpferischen Fähigkeit umzugehen, ist allerdings fraglich.

Braucht es eigentlich einen Grabstein?
Die Folge „Das zweite Leben“ aus der fünften Staffel handelt davon, daß die Enterprise auf eine fremde Sonde stößt und – wie es eben in den alten Star Trek Serien noch sein durfte – neugierig wird. Man untersucht die Sonder via Scanner und Captain Picard wird ohnmächtig. Er erwacht auf dem Planeten Kataan und wird von allen Kamin genannt, ist plötzlich verheiratet und von Beruf Eisenweber. Seine Frau trägt ein Amulett das genauso geformt ist wie die Sonde. Im Laufe seines Lebens auf Kataan, das Picard inklusive Kinder und Enkel dort verbringt und dabei sogar beharrlich das Flötespiel erlernt, stellt sich heraus, daß diese gerade erst die Raumfahrt entdeckende Zivilisation dem Untergang geweiht ist: Ihre Sonne wird zur Nova werden.
Die Zivilisation des Planeten kann dagegen nichts machen, allerdings schickt sie mit all ihren Mitteln und Kraft eine Sonde aus. Diese ist in der Lage, einem Individuum – in dem Fall Captain Picard – die Geschichte, Kultur und Lebensweise des Volkes von Kataan durch eine Erinnerung an ein dort gelebtes Leben zu vermitteln. Der ganze Vorgang dauert etwa 20 Minuten. Danach zerstört sich die Sonde selbst. Das einzige was die Crew aus der Sonde bergen kann ist die Flöte mit der Picard das Spielen erlernte.

Für die Diskussion nach der Folge stellte ich ihm eine Frage: Warum haben die das gemacht? Warum all ihre Kraft darauf angewendet, eine Sonde zu bauen die von ihrem Schicksal erzählt und nicht alles unternommen, um wenigstens ein paar von sich zu retten? Er antwortete mit einer Gegenfrage: Warum haben sie als Gegenstand die Flöte mitgeschickt? Warum nicht eine Aufzeichnung ihrer Geschichte, ein Buch oder einen Film oder sowas?

Stattdessen die Flöte – und die Volksweise, die Picard im Laufe seines „Lebens“ auf dem Planeten erlernt hat. Vielleicht ist das auch dies das Erinnerungswürdigste eines Volkes – seine Geschichten und Lieder. Blickt man da auf die Leistungen unseres Volkes in Zeiten von DSDS, Dieter Bohlen und Lena Meier-Landruth, so gilt das vermutlich nicht uneingeschränkt, aber man fragt sich, ob es nicht Zeit wird, daß wir aussterben… Wie heißt es so schön? Wenn die Kraft zuende geht….

Im Laufe der Diskussion kamen wir zu dem Schluß, daß viele Menschen sich wünschen, unsterblich zu sein. Jede Religion verspricht dies in gewisser Weise, manche durch Wiedergeburten, andere durch simple Vorstellungen eines ewigen Lebens, da wiederum einige mit Hilfe eines Heilsversprechens, eine Paradieses oder einer ewigen Party wie bei den Germanen, andere unterteilen die Toten erstmal nach ihrem Leben und bestrafen sie bei Bedarf gleich für deutlich länger als das Leben selbst andauerte. Dafür versprechen sie auch Ablässe.

Was aber ist denn „der Mensch?“ Was zeichnet uns, als Zivilisation, als Ganzes betrachtet, eigentlich aus? Der Blickwinkel ist erstaunlich ungewöhnlich, auch wenn er zunächst gar nicht so scheint. Wir betrachten in verschiedenster Form und Sprache gerne einmal „die Menschen“ und wir können eine Menge auch über sie als Gruppe sagen. Allerdings nur als entweder Statistik, oder als Einzelperspektive. So sehe ich „die Türken“ in Deutschland beispielsweise sowohl statistisch als Gruppe von Arbeitgebern und -nehmern, also auch als eine Gruppe, deren Jugend neueren Studien zufolge Anpassungsprobleme hat – was erstaunlich ist, bedenkt man daß nicht wenige davon bereits die Dritte Generation in Deutschland sind. Zugleich nehme ich aber die Türken in meinem Umfeld und Freundeskreis wahr – und irgendwie passt das nicht zu den Statistischen Daten.
So wird es einem oft gehen. Egal ob man die Türken, die Deutschen oder auch nur die Bayern betrachtet, stets hilft einem die Statistik dabei, Schubladen zu benutzen die eine Kategorisierung einfacher machen. Je weiter weg eine Zivilisation ist, desto einfacher fällt das. Wenn „der Inder“ sich über „die Deutschen“ Gedanken macht – humorlose Organisationstalente, das einzige Volk, das seine Unterwäsche bügelt – so wird er den Begriff „Bayer“ vermutlich auch auf einen Nürnberger anwenden, oder einen Bamberger. Selbiger würde das vielleicht nicht direkt unterschreiben. Wie ist dann unsere Sicht von „dem Muslim“? Nicht vielleicht genauso falsch?

Ein Volk oder eine Lebensorganisation nach bestimmten kulturellen Merkmalen zu beurteilen ist gar nicht so einfach weil die Wertigkeit der einzelnen Bestandteile von außen gar nicht so ohne weiteres feststellbar ist. Den gleichen Blick haben wir in die Geschichte unserer eigenen Leute. Wir wissen, daß sie für unglaubliche Summen und vor allem für eine unglaubliche Bauzeit gigantische Kathedralen errichtet haben. Daraus schließen wir auf eine hohe Religiosität, aber so manche Historiker zweifeln daran daß das für das gesamte Mittelalter und jede Region im gleichen Maße anwendbar ist. Wenn unsere Nachfahren von Bauwerken wie dem Frankfurter Bankenviertel oder dem neuen Reichstag auf unsere Hörigkeit gegenüber Banken oder Staat schließen würden….. könnte es da nicht zu Irrtümern kommen?

Wir stellen auf unsere Gräber Grabsteine auf denen meistens nur die Lebensdaten vermerkt sind sowie der Name. Selten noch einen Satz, der im Sprichwort öfter vorkommt als in Wirklichkeit. Manche schreiben sogar gar nichts auf den Grabstein, manchmal macht man nur ein Holzkreuz, oder – wie bei den rasch angelegten Soldatengräbern im Krieg oftmals – nur ein Symbol auf Stock und Helm. Massengräber bekommen gar kein Insignium, meist entweder weil es nicht zu schaffen wäre (bei Seuchen) oder weil es der letzte Schritt der Entwürdigung des Mitmenschen (bei Massenerschießung) sein soll – man spricht dann in der Regel auch von „verscharren“ und nicht von „begraben“ oder „beerdigen“.
Ich wohne praktisch in Sichtweite des alten Münchner Nördlichen Friedhofs, der sehr Zentral in Maxvorstadt gelegen ist. Der Friedhof ist offengelassen, also er wird nicht mehr benutzt und dennoch sind bis heute etwa 850 Gräber erkennbar (von ehemals 9.000), der Friedhof wurde allerdings im zweiten Weltkrieg völlig verwüstet. Heute ist er ein Naherholungspark, Kinder spielen zwischen den Grabsteinen Fangen oder Seilhüpfen und vor allem Jogger aus der Gegend nutzen das Gelände zum täglichen Training. In meinen Versuchen ihnen nachzueifern bin ich allerdings einige Male stehengeblieben um mir die Namen, die noch lesbar sind, anzusehen.

Eine Frage, die sich mir vor allem stellt ist die, ob eigentlich die dort Begrabenen oder gar ihre Verwandten sich Gedanken darüber gemacht haben, was ich mir für Gedanken darüber mache, wenn ich ihre Namen lese. Nicht zwingend ich speziell, aber was sich wohl der Besucher ihres Grabes denken würde, wenn er zweihundert Jahre später daran vorbeimarschiert. Schenken Sie bei Besuchen auf Friedhöfen „fremden“ Gräbern echte Aufmerksamkeit?
Vielleicht wenn sie besonders auffällig gestaltet sind. Aber ansonsten? Kaum, nehme ich mal an. Dennoch stehen überall Namen und Geburts- und Sterbedaten. Es ist keine Unsterblichkeit – aber, um mit Reinhard Mey zu sprechen, ein Schrei: „Schaut her, ich hab gelebt!“. Was würde ich auf meinem Grabstein haben wollen? Was soll von mir bleiben wenn ich mal sterbe – und vor allem was soll länger wichtig bleiben als nur für meine Kinder und vielleicht noch meine Enkel? Für Menschen, die mich gar nicht kennengelernt haben?

Das elektronische Zeitalter bietet da in gewisser Hinsicht einen Beispielhaften Versuch: Dieser Blog wird auch nach meinem Ableben noch existieren. Wie eine Hinterlassenschaft von Büchern ist er dann statisch, aber kann viel leichter gefunden werden, sofern er nicht irgendwann gelöscht wird oder die Server auf denen er besteht, einen totalen Ausfall haben. Da könnte dann vielleicht das Internet Archive einen Teil von ihm retten. Nur – will ich das? Macht mich dieser Blog aus? Nein. Gewiss nicht. Ich veröffentliche hier ja, auch wenn ich mitunter Details aus meinem Leben preisgebe oder sogar wichtige Stücke meiner Persönlichkeit präsentiere, so ist das zwar durch meinen Willen geschehen – aber eigentlich nicht echt. Ich zeige von mir nur so viel wie ich möchte und der psychologisch geschulte Leser wird mehr entdecken – aber alleine dadurch, daß ich in dem Blog meine Meinung kundtue wird der Blog noch nicht zum Abbild meiner Person.

Nun wird aber das vielleicht von mir bleiben. Vielleicht auch mehr – ich beabsichtige noch wenigstens 50 Jahre zu leben und in der Zeit kann noch eine Menge geschehen. Nur frage ich mich, ob es jemandem, der mich aus irgend einem Grunde beforscht, eigentlich klar werden würde, was mir wirklich wichtig ist? Ob er mich verstehen könnte, obwohl er gar nicht so genau weiß was ich alles sehe, lese, höre?
Umgekehrt, mal als Historiker gefragt: Ist mir eigentlich wirklich klar, was für ein Mensch zum Beispiel Friedrich der Große war, obwohl ich vermutlich mehr Übungen, Seminare und Vorlesungen zu ihm als zu sonst irgendeiner Persönlichkeit der Geschichte besucht habe? Und vor allem: Wie war das Leben eines Müllers in Friedrichs Zeit? Was liebte er, was lebte er? Der Historiker fragt nach so etwas nicht oft – aber ist es nicht eigentlich das, was wirklich bewahrenswert ist?

Fazit
Es bleibt die Erkenntnis, daß man den Drehbuchautoren der Serie nach wie vor immer gern gratulieren würde. Sie haben oftmals auch Unsinn produziert oder Folgen geschaffen, die wirklich oberflächlich oder mehr unterhaltend gemeint waren. Aber nicht zuletzt TNG hat zum einen das Star Trek – Phänomen überhaupt so richtig zum Leben erweckt, es hat auch dafür gesorgt, daß sowohl Wissenschaftler der Astrophysik (Stephen Hawking hat sogar einen Gastauftritt in einer Folge, wo er mit Data, Albert Einstein und Isaac Newton Poker spielt und gewinnt), als auch Geisteswissenschaftler sich für Star Trek zu begeistern begannen. Hawking soll beim Besuch der Kulisse des Maschinenraumes der Enterprise-D gesagt haben: „Ich arbeite dran“.

Es ist gelungen, ethische, moralische und menschliche Existenzdiskurse in eine Unterhaltungsserie einzubauen, die eine große Fangemeinde unter erheblichen Schwierigkeiten errungen hat. Zeitgleich ist es, wenn auch immer schwächer werdend, der Versuch, eine positive und interessanter Weise Postkapitalistische Zukunftsversion dem – ausgerechnet – amerikanischen Publikum zu verkaufen. Das erscheint heute nicht mehr zeitgemäß, weswegen man im neuen Star Trek darüber lieber keinen Gedanken verschwendet. (Protokoll hier) Was schade ist, denn im Grunde starb mit Gene Roddenberry ( 1991) und zuletzt mit seiner Frau, Majel Barrett ( 2008) auch noch das letzte bißchen positiver Zukunftsvision und Paramount macht mit der Marke, was es braucht: Vermarktung.

Nur ein weiteres, schönes Beispiel dafür daß es in der Regel den Dingen nicht gut tut, den Gesetzen des Marktes geopfert zu werden.