Niks Notitz(en)-Blog zwischen den Jahren 07

Das Jahr 2010 war auf der künstlerischen Ebene das Jahr des Weggangs von Georg Schramm aus dem deutschen Fernsehen. Er wollte wieder auf die Bühne. Sein neuestes Programm, Meister Yodas Ende, läuft das ganze Jahr 2011 und ist vielerorts schon ausverkauft. Wer es noch nicht gesehen hat, der sollte es schleunigst nachholen, hier sind die Termine.

Zur Einstimmung auf das Widerstandsjahr 2011 nun eine Reihe von Videos von und mit Georg Schramm.

 

Programm Mephistos Faust (2002), Teil 7

Niks Notitz(en)-Blog zwischen den Jahren 06

Das Jahr 2010 war auf der künstlerischen Ebene das Jahr des Weggangs von Georg Schramm aus dem deutschen Fernsehen. Er wollte wieder auf die Bühne. Sein neuestes Programm, Meister Yodas Ende, läuft das ganze Jahr 2011 und ist vielerorts schon ausverkauft. Wer es noch nicht gesehen hat, der sollte es schleunigst nachholen, hier sind die Termine.

Zur Einstimmung auf das Widerstandsjahr 2011 nun eine Reihe von Videos von und mit Georg Schramm.

Programm Mephistos Faust (2002), Teil 6

Niks Notitz(en)-Blog zwischen den Jahren 05

Das Jahr 2010 war auf der künstlerischen Ebene das Jahr des Weggangs von Georg Schramm aus dem deutschen Fernsehen. Er wollte wieder auf die Bühne. Sein neuestes Programm, Meister Yodas Ende, läuft das ganze Jahr 2011 und ist vielerorts schon ausverkauft. Wer es noch nicht gesehen hat, der sollte es schleunigst nachholen, hier sind die Termine.

Zur Einstimmung auf das Widerstandsjahr 2011 nun eine Reihe von Videos von und mit Georg Schramm.

Programm: Mephistos Faust (2002), Teil 5

Niks Notitz(en)-Blog zwischen den Jahren 04

Das Jahr 2010 war auf der künstlerischen Ebene das Jahr des Weggangs von Georg Schramm aus dem deutschen Fernsehen. Er wollte wieder auf die Bühne. Sein neuestes Programm, Meister Yodas Ende, läuft das ganze Jahr 2011 und ist vielerorts schon ausverkauft. Wer es noch nicht gesehen hat, der sollte es schleunigst Nachholen, hier sind die Termine.

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Mephistos Faust (2002), Teil 4

Niks Notitz(en)-Blog zwischen den Jahren 03

Das Jahr 2010 war auf der künstlerischen Ebene das Jahr des Weggangs von Georg Schramm aus dem deutschen Fernsehen. Er wollte wieder auf die Bühne. Sein neuestes Programm, Meister Yodas Ende, läuft das ganze Jahr 2011 und ist vielerorts schon ausverkauft. Wer es noch nicht gesehen hat, der sollte es schleunigst Nachholen, hier sind die Termine.

Zur Einstimmung auf das Widerstandsjahr 2011 nun eine Reihe von Videos von und mit Georg Schramm.

Mephistos Faust (2002), Teil 3

 

Frohe Weihnachten!

Niks Notitz(en)-Blog zwischen den Jahren 02

Das Jahr 2010 war auf der künstlerischen Ebene das Jahr des Weggangs von Georg Schramm aus dem deutschen Fernsehen. Er wollte wieder auf die Bühne. Sein neuestes Programm, Meister Yodas Ende, läuft das ganze Jahr 2011 und ist vielerorts schon ausverkauft. Wer es noch nicht gesehen hat, der sollte es schleunigst nachholen, hier sind die Termine.

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Mephistos Faust (2002), Teil 2

Niks Notitz(en)-Blog zwischen den Jahren 01

Das Jahr 2010 war auf der künstlerischen Ebene das Jahr des Weggangs von Georg Schramm aus dem deutschen Fernsehen. Er wollte wieder auf die Bühne. Sein neuestes Programm, Meister Yodas Ende, läuft das ganze Jahr 2011 und ist vielerorts schon ausverkauft. Wer es noch nicht gesehen hat, der sollte es schleunigst Nachholen, hier sind die Termine.

Zur Einstimmung auf das Widerstandsjahr 2011 nun eine Reihe von Videos von und mit Georg Schramm.

Mephistos Faust (2002), Teil 1
Frohe Weihnachten!

Vom Gutmenschentum und schlechten Menschen

Im diskutierenden Alltag dieser Republik gibt es einen Begriff, der als „Totschlag – Argument“ versucht, eine bestimmte Gruppierung oder Haltung abzutun und damit nebenbei eine ganze Menge mehr zerstört als eigentlich gemeint ist. Die Rede ist vom „Gutmenschen“.

Seit den 90er Jahren wird der Begriff in der Regel von der politischen Rechten als Kampfbegriff gebraucht, um insbesondere Grüne, aber auch generell Linke zu umschreiben. Dabei machen sich diese Leute in der Regel nicht des Umstandes bewußt, daß die Selbstabgrenzung von einem solchen Begriff automatisch zu einer Selbstbeschreibung im Gegenteil führt. Sie selbst sehen sich also als „Schlechtmenschen“ oder vielleicht auch als „Gutaffen“, je nach dem was sie eigentlich negieren wollen.

Eigentlich grenzen Sie den guten Menschen vom Gutmenschen ab, zumindest ist das die Intention des Begriffes. Wie sinnvoll das Wort als solches ist, soll im Nachfolgenden diskutiert werden.

Um den Begriff zu recherchieren ist Wikipedia natürlich ein beliebter Einstieg. So liest man im entsprechenden Artikel folgendes:

Gutmensch ist eine meist abwertend gemeinte Bezeichnung für Einzelpersonen oder Personengruppen („Gutmenschentum“), denen ein übertrieben moralisierendes oder naives Verhalten unterstellt wird. In der politischen Rhetorik wird Gutmensch als Kampfbegriff verwendet. Der Neologismus leitet sich von „guter Mensch“ ab – und wendet die positive Bedeutung ins Gegenteil.

Benutzer des Begriffs unterstellen Personen oder Personengruppen mit betont moralischer Grundhaltung ein fehlgeleitetes beziehungsweise zweifelhaftes Verhalten. Der Begriff bezieht sich auch auf den Unterschied zwischen ‚gut gemeint‘ und ‚gut gemacht‘. Ein Gutmensch hat gute Absichten, möchte bestimmte Probleme lösen oder die Welt verbessern. Seine Handlungen oder die verwendeten Mittel gelten aber in den Augen derer, die den Begriff Gutmensch negativ verwenden, als zweifelhaft, meist wegen vermeintlich einseitiger Betrachtung eines Problems, mangelnder Objektivität oder Unkenntnis der Faktenlage. Gutmensch wird oft mit Begriffen wie Pharisäer und Heuchler, seit Mitte der 1990er-Jahre auch mit dem Begriff „Politische Korrektheit“ verbunden und als Anklage verstanden, die drastisch als „Terror der Gutmenschen“ erscheint. Im öffentlichen Sprachgebrauch dient er durchweg als eine negativ konnotierte Fremdbezeichnung. (…)

Bekanntermaßen ist das Gegenteil von „gut“ ja „gut gemeint“. Nun sehen wir uns mal die Verwendung des Begriffes an. Die Gegner von politischer Korrektheit – gerne auch als „linker Mainstream“ oder gar als „linker Gesellschaftsterror“ verunglimpft – versammeln sich in verschiedenen Dunstkreisen von der konservativen bis hin zur extremen Rechten.

Ob das bei „politically incorrect“ oder der neuen Rechten ist – der „Gutmensch“ ist das Feindbild. Er ist ein dummer Idealist, der an einer subjektiv wahrgenommenen Wirklichkeit nicht teilhaben willen oder kann. Denn das ist doch der Kern – jemand mit subjektiver Wirklichkeitserfahrung kritisiert subjektive Weltsicht.

Nehmen wir uns mal die Extremisten unter den Islamophoben vor. Diese Leute verurteilen das Verhalten von Politikern und linksgerichteten (also im Grunde Toleranz predigenden) Gruppen als „Gutmenschentum“. Warum? Na weil diese Extremisten eine „schleichende Islamisierung“, also eine heimliche wahrnehmen (weswegen sie dann auch noch heimlich sein soll wissen die Schlechtmenschen aber nun auch wieder nicht) und dagegen wird ihrer Ansicht nach nicht genug getan.

Nun bitte ich Sie, mal den nächstbesten Mohammedaner in Ihrer Umgebung zu betrachten. Sprechen Sie mit ihm, trinken Sie einen Tee. Klopfen Sie seine Ansichten ab und suchen Sie nach dem Beweis, daß er ein Mitglied einer islamischen Weltverschwörung ist mit dem Ziel, die Welt zu islamisieren. Möglicherweise ist das gar nicht sein Ziel, vielleicht will er einfach nur am Ende des Monats genug Geld übrig haben um seinen Sohn oder seine Tochter auf die Uni schicken zu können.

„Gutmenschentum“ wird also als ein naives Weltbild betrachtet in welchem die Menschen zu wenig „gesunde Angst“ haben und dem Selbsterhaltungstrieb ihrer Kultur nicht fröhnen. Ist das denn eigentlich wirklich so?

Die meisten Auseinandersetzungen, der meiste Hass entsteht aus Angst und aus Unkenntnis. Der Mensch fürchtet das unbekannte, das unerforschliche, ein Umstand der die Geschichten von Edgar Allen Poe, Algernon Blackwood und Howard Phillips Lovecraft so lesenswert machen. Leider aber auch ein Umstand weswegen Gesellschaften immer wieder auf ihnen fremde Minderheiten oder den Nachbarn ablehnen. Diese Denkweise beginnt bei „denen im Nachbardorf“ und endet nicht zuletzt beim „ausbeutenden Juden“ oder „erobernden Muslim“. Simple Ahnungslosigkeit wandelt sich in Furcht und dieser wird dann zu Ablehnung und Hass. So entstehen Kriege, die von der Gesellschaft begrüßt und unterstützt werden.

Natürlich ist die Welt nicht ganz so simpel. Es gibt eine Reihe von Faktoren die mit hineinspielen, aber im Kern bleibt immer mangelnde Offenheit und Akzeptanz – und das, nebenbei gesagt, von allen Seiten. Wenn die Leute immer nur unter sich bleiben ist das natürlich auch nicht Zielführend. Das berühmte „Multi-Kulti“ kann nicht als Sammlung von Parallelgesellschaften funktionieren. Zumindest nicht wenn es über das normale Maß hinaus geht. Trotzdem ist ein Miteinander möglich und auch wünschenswert – schließlich ist es auch zu machen.

Das setzt aber voraus, daß bei den jüngsten bereits begonnen wird und hier steckt der Teufel drin: Wie man sehr schön an Beispielen wie Frau Freitags Blog sehen kann kämpfen hier tolerant erzogene Lehrer einen beinahe aussichtslosen Kampf gegen die Windmühlen des vom Elternhaus eingetrichterten Hasses und Vorurteils. Das Problem besteht im sich-verstecken und im Pflegen alter Vorurteile. Aber es besteht auch darin, daß sobald der Kopf heraus gestreckt wird er sofort droht, abgeschlagen zu werden. Mit einem ausländischen Namen muß man sich hierzulande bis zu acht mal häufiger bewerben als mit einem deursch klingenden Namen. Integrationswilligkeit wird mitunter als Anbiederung abgelehnt. Auch das kann nicht zielführend sein.

Nun sind die so genannten „Gutmenschen“ den Schlechtmenschen darin voraus, daß sie sich stets um Toleranz bemühen und sie für eine ideale Haltung der Gesellschaft umzusetzen versuchen, wenn auch nicht immer dort wo es wichtig wäre. Schlechtmenschen ist das egal.

Das Problem bei so manchen Idealisten ist das gleiche Problem, das zum Beispiel die Kirche derzeit hat: Viele Kirchenmänner predigen Moral und Anstand und sehen ihre Institution als moralischen Maßstab in der Welt. Da passen die Kinderschänder aber nun wirklich nicht mehr hinein. Ähnliches gilt für die Jeep fahrenden Umweltschützer oder auch den intoleranten Toleranzprediger. Idealismus fängt im Großen an, seine Umsetzung aber im Kleinen. Und da ist es am schwierigsten.

Ein anderes Problem ist die Frage der Dosierung. So kann eine hochpeinliche Claudia Roth schonmal eine ganze Partei unmöglich machen und das Fremdschämen in ganz andere Dimensionen erheben. Naivität und Blauäugigkeit tun ihr übriges, wer als Lehrer arbeitet weiß ja ziemlich schnell, wie ein abrauschender Idealismus aussieht.

Mein liebstes Beispiel für realitätsfernen Idealismus ist eigentlich der typische mütterliche Rat, wenn dem Kind das Pausenbrot geklaut oder es verprügelt wird: „Ignorier ihn einfach“. Jeder Idiot weiß, daß das nicht funktioniert, aber trotzdem wird der „Tipp“ von Generation zu Generation weitergetragen. Nicht auszurotten ist das.

Nichtsdestoweniger ist der Kampfbegriff „Gutmensch“ Unfug weil er eigentlich nur eines zeigt: Daß es Menschen gibt, die Idealismus und den Versuch, gutes in der Welt zu tun und zu ermöglichen ablehnen. Der Zynismus, der hinter dieser das Leben ablehnenden Weltsicht steckt ist bezeichnend. Und sollte für diese im Herzen armen Menschen wenigstens Mitleid erregen.

Vom Schreiben des ersten Satzes

Im schreibenden Alltag dieses Blogs gibt es jedes Mal wenn ich einen Artikel anfange ein Ereignis, dem man leicht gähnend einer gewissen Gleichförmigkeit zuweisen könnte, weil man das Gefühl nicht los wird, es schon einmal gelesen zu haben. Die Rede ist vom ersten Satz. Nachdem ich das mehrfach gefragt wurde möchte ich die Antwort darauf natürlich auch online stellen, das spart mir Emails.

Im Jahr 2007 ging im ZDF mit „Neues aus der Anstalt“ die vielleicht wichtigste deutsche Satiresendung seit dem Ende des Scheibenwischers auf Sendung und bringt seither so ziemlich den letzten vernunftgeleiteten Widerstand gegen das Merkelregime in die nahezu gleichgeschaltete Medienwelt. Dieter Hildebrandt, der Altmeister des deutschen Kabaretts und vielleicht einer der letzten echten Intellektuellen übergab in der ersten Sendung symbolisch den Staffelstab und gratulierte der zweiten deutschen Sendeanstalt zynisch zu 28 Jahren satirefreiem ZDF – nicht ohne ein paar Anmerkungen zu Stolte und seinen Umgang mit Hildebrandt zu verlieren.

Die Sendung rundete der Altmeister ab indem er „Nur einen Satz verlor“ zu einem Vorgang in der deutschen Journaille, vertreten durch den Cicero und Joachim Fest, der wieder einmal die systematische rechtskonservative Schreibe entlarvte, der deutsche Medien immer wieder anzuhängen scheinen.

Der Satz lautete so:

„Im journalistischen Alltag uns’rer Republik gab es ein Ereignis im abgelaufenen Jahr 2006, es war die Mitteilung, daß man dem linken Philosophieprofessor Jürgen Habermas endlich nachweisen konnte,daß er im Alter von 14 oder 15 Jahren ein glühender Hitleranhänger gewesen sein muß, deren es ja seit Grass und Hinze und Kunze zum großen Vergnügen unserer Schlaffsäcke Karasack und Latusak und Matusak immer mehr gibt, kam ich ins Grübeln ob der Mitteilung und zwar ob der Lächerlichkeit, daß der dem Habermas vorgeworfenen Tats, der Tat, die er begangen haben soll, und die bestand darin, daß er als Feldscher der Hitlerjugend, das waren die Sanitäter, die Sanitäter waren die Feldscherer, und wer das war, der hatte einen Druckposten, hat er seinem Freund Wehler, einem heutigen Historiker, einen Zettel geschickt, er soll zum Dienst kommen, und dieser Zettel endete mit der damals natürlich normalen Formulierung ‚Mit deutschem Gruße, Heil Hitler, Dein Jürgen Habermas‘, und kam aber nicht zu einem Ende weil dieser Wehler dann, viel später in den fünfziger Jahren diesen Zettel seinem Freund Habermas schadenfreu präsentierte den dieser dann, laut einer launigen Mitteilung der Frau Habermas, aufgefressen hat um ‚Belastungsmaterial verschwinden zu lassen‘, dessen Verschwinden aber durch ein Aufhorchen des ‚großen Historikers‘ Joachim Fest verhindert wurde, der dieses zu einer Enthüllung machte und den Jürgen Habermas des Nationalsozialismus überführte, eine Enthüllung, die ihm vom Gericht dann untersagt worden ist, was Fest aber nicht davon abhielt, später in seiner Autobiographie diese Lächerlichkeit noch einmal zu verwenden, was mit dem Tode des Fest dann vergessen worden wäre, wenn nicht, ja, wenn nicht der Journalist Jürgen Busche, vor dem hier dringend gewarnt werden muß, in der Zeitung ‚Cicero‘, die mit dem Namen Cicero so viel zu tun hat wie Busche mit Habermas, diesen Schwachsinn, diesen von Fest schon gelogenen Schwachsinn noch einmal in dreifacher Länge mit einem Titelbild noch einmal wiederholt hätte, was zu ein paar matten Blähungen der deutsche Presse geführt hat, aber zu nicht mehr, was aber doch in Wirklichkeit eine große Gemeinheit und eine Riesenschweinerei war, kam ich auf den Gedanken, man müsste dazu einen Satz verlieren, wobei das Wort „verlieren“ schon einen Hauch von Resignation hat.
Ich danke Ihnen, das war der Satz, es war wirklich nur einer und jetzt bin ich weg!“,

und ist hier zu finden.



Wie Sie nun bemerkt haben habe ich diese erste Formulierung bei Hildebrandt entliehen. Die Problematik des ersten Satzes – Generationen von mit Aufsätzen geplagten Deutschschülern werden mir da zustimmen – ist immer wieder gegeben, allerdings nie mein Problem gewesen. Ich war immer mehr der Einleitungen Schreibende als derjenige vor dem leeren Blatt, aber ich wollte ein Wiederkehrendes Element einbauen – vielleicht auch um der Geschwätzigkeit des Internets zu begegnen, die Hildebrandt ja zu Recht kritisiert.

Was meinen Sie – ist das eine brauchbare Idee?

Quo vadis, "Genosse"?

Im Alltag des sozialdemokratischen Teils unserer Republik gab es ein Ereignis, das die Innenpolitik und die Außenpolitik der SPD im Parteiensystem der Republik maßgeblich bestimmte: Die Abspaltung der Linkspartei. Dabei ist ein nicht unerhebliches Problem im Selbstverständnis der SPD, daß die Linke per se ja gar nicht aus der SPD ausgetreten ist.

Die Linkspartei hat sich aus einer Reihe kleinerer Gruppierungen gebildet, deren größten Anteil sicherlich die ehemalige WASG (Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit) und die PDS stellen, wozu allerdings eine ganze Reihe kleinerer linker Gruppierungen kommen, von denen nicht wenige Altlinke oder aber ganz neue Gruppen waren, die sich im Zuge der Hartz-IV – Reformen bilden mussten.

Nun gehört es zu den Problemen der „alten Tante SPD“, daß sie einige alte Anredeformen und Traditionen hochhält. Beispielsweise duzt man sich untereinander grundsätzlich von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen. Und eine andere Tradition hat man nun mit der Linken gemein: Die Anrede „Genosse“.

Das verursacht mitunter Streit. Manchen ist diese Anrede zu antiquiert, wieder andere möchten nicht weil sie unter anderem auch in kommunistischen Gefilden üblich war. Außenstehende verstehen den Grund dieser Tradition häufig gar nicht und nicht selten wird bei großen und in der Presse übertragenen Reden die Anrede in „Liebe Freundinnen und Freunde“ umgewandelt.

Ich finde das schade. Dr. Hans-Jochen Vogel, ein sehr respektabler Genosse, umschrieb das Phänomen mal mit einem sehr prägnanten Satz: „Liebe Genossinnen und Genossen, ich werde diese Anrede nicht aufgeben weil zu viele Menschen ihr Leben gelassen haben um das sagen zu können und ich finde, das sollte man auch ehren und so gemeinsam hochhalten.“

Und da ist eine Menge dran. Die Anrede stammt aus der Zeit, als sich die SPD überhaupt als Partei und als Vertretung für die Arbeiterklasse entwickelt hatte. Sie war eine Anrede untereinander um sich eben von den abgelehnten bürgerlichen Anredeformen „Herr“ und „Frau“ und dem „Sie“ abzugrenzen. Eine Maßnahme der Stärkung der Moral.

Mißbraucht wurde der Begriff natürlich auch. Die KPdSU verwendete ihn selbstverständlich in der Abwandlung „Volksgenosse“, eine Formulierung, die auch die NSDAP benutze. In der DDR war die Anrede Genosse beim Militär üblich und im Volk nicht ungewöhnlich, aber auch nicht immer unumstritten.

Diesem Mißbrauch zum Trotz aber existiert die Anrede noch – ebenso wie bei vielen Juso-Gliederungen noch das Singen der „Internationalen“. Mag sein, daß manches davon eigentlich überholt ist, aber ich bin schon der Ansicht, daß man untereinander eben Genosse ist und zu einer besonderen Gruppe gehört, und sich das auch nicht von irgendwelchen Verbrechern wegnehmen lässt. Und die Tatsache, daß zumindest in dieser Hinsicht gerade die Jungsozialistinnen und Jungsozialisten ein klein wenig traditionalistisch und konservativ sind…