Über den Denglisch-Wahn wird ja allenthalben gespottet, mitunter auch geflucht. So dichteten die deutschen Sänger (unter dem englischen Bandnamen) der WiseGuys mal so schön: „Ich will, dass beim Coffee-Shop ‚Kaffeehaus‘ oben draufsteht / oder dass beim Auto-Crash die “Lufttasche” aufgeht,“.
Nun kann man sich über Anglizismen gerne mal aufregen, warum denn auch nicht. Bringen wird das allerdings nichts, denn Produkte verkaufen sich nun einmal mit englischen Vokabeln besser, als mit deutschen. Würden sie ein Auto mit einem Prallsack kaufen? Oder einem Prallkissen? Das wäre nämlich korrekte deutsche Bezeichnung des „Airbags„, in den im Übrigen keine Luft, sondern ein Gasgemisch gepumpt wird.
Lustiger sind aber allemal die englischen Begriffe, die sich Deutsche ausgedacht haben um ein Produkt zu bezeichnen. Das bekannteste dürfte wohl das „Handy“ sein, ein Wort, welches als Adjektiv übersetzt höchstens „praktisch“ heißt – der englische Begriff „Mobile“ (oder auch „cell phone“) wird hierzulande ebenso wenig verwendet wie der deutsche Begriff „Mobiltelefon“.
Das ist aber keine neue Erscheinung. Über die vielen Anglizismen hört man in aller Regel Menschen mittleren und höheren Alters schimpfen, manchmal sogar in ihrem Oldtimer sitzend. Dabei sind sie selbst (oder werden es bald) die Oldtimer, denn ein „Oldtimer“ ist immer ein älterer Mensch. Aber für ein simples „Altes Auto“ würde keiner Liebhaberpreise bezahlen. Auch so ein schon ewig verwendeter, falscher Begriff ist der „Smoking“ für den kleinen Gesellschaftsanzug. Der Ursprung des Begriffes liegt eigentlich in der „Smoking Jacket“, einer Raucherjacke, die man anzog, damit die Damen nicht mit dem Zigarrengeruch an der Kleidung belästigt wurden. Daraus entwickelte sich in der feineren Gesellschaft das „dinner jacket“ als Alternative zum Frack. Die amerikanische Bezeichnung „tuxedo“ für das „dinner jacket“ geht übrigens auf einen exklusiven Privatclub „Tuxedo“ zurück, in dem das Teil erstmalig getragen wurde – vom englischen König.
Andere vermeintlich englische Begriffe sind aber lustiger. So amüsieren sich Deutsche beim „Public Viewing„, Amerikaner meist weniger, denn der Begriff bezeichnet eigentlich das Aufbahren und Zurschaustellen der Leiche eines Verstorbenen. Gut, hin und wieder spielt die eigene Mannschaft so, daß der Begriff schon wieder hinkommt. Apropos Leiche: Diese Umhängetaschen, die zeitweise mal fürchterlich in Mode waren, kennt man hierzulande ja als „Body Bag„. Eigentlich heißt das aber Leichensack.
Auch das Fernsehen verschont uns nicht – Rudi Carell erfand den Begriff „Showmaster„, dem bald darauf „Quizmaster“ und „Talkmaster“ folgten, ein in England und Amerika praktisch unbekannter Begriff. Auch „zappen“, wo wir grad beim Fernsehen sind, ist so ein Wort. Klingt englisch, ist aber keines.
Scheinanglizismen nennt man diese Wortschöpfungen. Und es gibt sie zu hunderten. Viele davon sind längst Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs – Baseball-Mützen zum Beispiel bezeichnen manche noch als „Basecap„, das ist aber eine Zierleiste. Ein „Beamer“ ist eigentlich ein schnelles Auto von BMW und kein „projector“. Selbst „Happy End“ ist eine Wortschöpfung, aber hier stimmt wenigstens die Bedeutung. „Happy Hour“ hingegen bezeichnet eigentlich den Zeitpunkt, ab dem es gesellschaftlich angemessen ist, Alkohol zu trinken.
Karl-May Fans erkennen den „tramper“ vielleicht noch als Wortschöpfung – beim „Schatz im Silbersee“ sind die Antagonisten nämlich „Tramps“, Trampler, Unholde. Keine „hitchhiker“. Sehr witzig finde ich die deutsche Wortschöpfung „catchen“ für den „Sport“ Wrestling, „to catch“ heißt nämlich schlicht „fangen“, was zumindest für die Deppen gelten kann, die tatsächlich mitfiebern und sich fragen, wer den „Kampf“ wohl gewinnen wird. Sportlich ist auch „kicken“ für Fußball spielen nicht schlecht und wenigstens halbwegs nah an der echten Bedeutung, „to kick“ heißt schlicht „treten“. Aber das „Treter“-Magazin würde wahrscheinlich schon wieder keiner kaufen. Unfreiwillig, aber ziemlich urkomisch ist die Deutsche Bahn, die mit „Rail&Fly“ Tickets zum Flughafen anbietet. Korrekt wäre „Rail & Flight“, also „Schiene & Flug“, das ist wohl gemeint. „to rail“ heißt allerdings „schimpfen, fluchen“, also wirbt die Bahn mit „Schimpfe & Fliege“ und das ist wenigstens ehrlich….
Es gäbe noch hunderte andere Beispiele. Eine recht neue Begriffsübernahme ist, etwas zu „checken„, was eigentlich (–> „to check“) kontrollieren heißt, in der – jetzt wirklich gruseligen – Wortschöpfung etwas „auschecken“ (also etwas auszuspähen) ist aber wenigstens die ursprüngliche Bedeutung schon wieder halb drin. Eine „Musicbox“ ist eigentlich eine Spieluhr. Ein „Puzzle“ ist eigentlich ein Rätsel. Und so weiter, und so fort…
Nun macht das alles eigentlich nichts. Sprache ist niemals etwas festes sondern immer im Fluss, in Bewegung. Erst die Festlegung von verbindlichen Regeln hat unsere Rechtschreibung geschaffen, und auch Ausspracheregeln manifestiert. Heute schreibt eigentlich die Schreibweise die Aussprache vor, früher war das anders herum. Und Fremdeinflüsse in die Sprache sind auch nicht gerade eine neue Erfindung: Französische Vokabeln sind im Rheinland beispielsweise sehr verbreitet, eine nicht unerhebliche Menge deutscher Vokabeln entstammt eigentlich dem Lateinischen, Griechischen oder Jiddischen. Begriffe wie „Mischmasch“, „Kindergarten“ oder „Blitzkrieg“ sind dafür wiederum Germanizismen im Englischen geworden. Das Französische kennt so Wörter wie „le berufsverbot“ oder „l’ersatz“. Norwegisch hat so Begriffe wie „fingerspitzgefühl“ oder „besserwisser“ übernommen – selbst „slager“ hat tatsächlich deutsche Wurzeln.
Erfundene Wörter, die englisch klingen aber keines sind, sind allerdings seltener und manchmal eben auch lustiger, wenn eine eigentliche Bedeutung dabei übersehen wird. Auch da sind wir Deutschen nebenbei nicht alleine: In Italien heißt „Joggen“ schlicht „footing“.