Star Trek: Discovery – JJ Abrams oder Star Trek?

Seit JJ Abrams über das Star Trek – Universum hergefallen ist und ihm für immer seinen neuen „coolen“ Look gegeben hat – samt Bestimmungsgeschwafel und urkonservativer Menschenverachtung – fühlen sich für mich „Star Trek“ – Kinoplakate ein bißchen wie eine verlorene Kindheit an. Mit Discovery wollen die Serienmacher das ändern. Aber… naja.

Ich habe mir heute mal die Serie vorgenommen und sie – gemeinsam mit meinem Sohn, obwohl der davon sicher noch nicht viel hatte – angesehen. zumindest, soweit sie schon veröffentlicht ist. Ein großer Fan von dem auch auf Streamingdiensten angewandten „Warten Sie bis Tag X für die nächste Folge“ – Gehabe bin ich nicht. Unter anderem dieser „Ich bin der Programmplaner, teile Dein Leben nach meinem Plan ein!“ – Quatsch hat dazu geführt, dass wir keinen Fernseher mehr haben. Also derzeit eben bis zur Folge 11 oder so.

Anfänglich machte die Serie richtig Spaß. Ein bisschen düster, aber ein interessanter Charakterreigen. Die neuen Uniformen sind zwar nun keine Schlafanzüge mehr, aber sie erinnern ein bisschen an manche der Kinofilmuniformen. Sollte diese Serie wirklich in der richtigen Zeitlinie und nicht in der Kelvin-Zeitlinie spielen, wäre ich sehr gespannt, wie sie die Veränderung der Uniformen nur zehn Jahre später erklären wollen.

Da kommt auch schon das eigentliche Problem: Kontinuität. Wo die für meine Begriffe völlig unterschätzte Serie „Enterprise“ sich redlich Mühe gab, ihren Look zugleich futuristisch und antiquirt zu gestalten, um letztendlich eine optische Brücke zwischen dieser neuen – letzten – Serie und der rund einhundert Jahre später stattfindenden, ursprünglichen Serie zu schaffen, wird das in Discovery völlig ignoriert. Hier malen die Charaktere völlig ungeniert mit dem Finger in holografischen Darstellungen herum, die Phaser sind auf einmal sehr den Laserkanonen von Star Wars ähnlich und haben nichts mehr mit einer halbweg realistischen, ja fast wissenschaftlich korrekten Darstellung einer Strahlenwaffe zu tun – und das neue Design der Klingonen… Alter Schwede.

Den Machern der Serie war diese, vermutlich zweit- oder drittwichtigste Rasse im Universum von Star Trek mindestens so egal wie dem Idioten Abrams, der es tatsächlich fertiggebracht hat, nahezu der gesamten Populärkultur des 20. Jahrhunderts seine eigene Version überzustülpen. Er fing mit Star Trek an und ist mittlerweile sogar dazu übergegangen, dem Star Wars Universum das wenige an Mentalität zu nehmen, das es mal hatte. Ich bin gespannt auf seine Verfilmungen des Herrn der Ringe (vielleicht Laseraugenschießende Hobbits?), der Buddenbrooks (Tony könnte doch sicher auch eine asiatische Kampfamazone werden?), der Simpsons (Bart muss doch eine Bestimmung haben, sonst wäre er nie geboren worden!) und natürlich die Neuverfilmung von Blade Runner (Deckard hat eindeutig zuwenige Bruchmomente und sollte dringen ein Nokia auf dem Motorrad nutzen)  und Tron (man könnte wenigstens öfter mal über einem Abgrund hängen).

Nun haben die Klingonen eine Reihe von Änderungen im Verlauf der Star Trek Geschichte erfahren, was dem Budget der ursprünglichen Serie geschuldet war. Waren es anfangs noch recht schlicht geschminkte Menschen, so ist mit TNG eine „richtige“ Fremdrasse daraus geworden – die Serien TNG und DS9 entwickelten die Klingonen weiter und gaben ihnen mehr Tiefe und die optischen Veränderungen wurden in ENT wenigstens kanonisch erklärt. Sie waren eine tief in einem aus menschlicher Perspektive archaischen Ehrbegriff verhaftete Rasse, die aber letztendlich ein ehrbarer Gegner ist und dann zu einem interessanten und wankelmütigen Nachbarn (Verbündeten?) wird und den Menschen stets einen Spiegel vorhält.

Discovery macht aus den Klingonen ein Volk von etwas indivuelleren Jaffa, religiöse Dumpfbacken die gerne für Volk und Führerfigur in einen völlig sinnlosen Tod gehen. Optisch haben sie etwas von Käfern, die Rüstungen haben ein paar CGI-Klappeffekte die 1999 bei Stargate: Kommando SG-1 noch gerade so cool waren und der Oberbösewicht sieht – oh Wunder – seinen Klonen aus der Hobbit-Trilogie und den neuen Star Wars Filmen erstaunlich ähnlich. Ein Albino eben. Da muss ich mal einen eigenen Artikel zu schreiben.

Wissenschaftlichkeit gerät ebenfalls schnell in den Hintergrund. Wo man sich früher bemühte, halbwegs sinnvolle Erklärungen zu suchen und möglichst nah an der Physik zu bleiben, was Star Trek zu einem der wenigen Sci-Fi Label machte, das auch unter echten Wissenschaftlern einen guten Ruf genoss, so springt man jetzt mit Hilfe von Pilzsporen (!) quer durch die Galaxis, wobei der CGI-Effekt dazu ein ganz eigener LSD-Trip ist, der wahrscheinlich nur zufällig an Douglas Adams‘ Unwahrscheinlichkeitsantrieb gemahnt.

Die Dicovery ist das einzige Schiff, das einen „Sporen-Antrieb“ nutzt, Sporen von einem Myzel, das das Universum und sämtliche Dimensionen darin umschließt. Wo der Pilz ist, fragt man sich da, aber der ist wahrscheinlich dann Gott. Da fängt schon wieder so ein „Da gibt es eine Macht, die das Universum zusammenhält“ – Quatsch an, der eine esoterische Komponente ins Spiel bringt, die nichts, aber nun wirklich nichts in Star Trek zu suchen hat.

Positiv fallen für mich die Charaktere ins Gewicht – angefangen bei der Hauptdarstellerin Sonequa Martin-Green als Michael Burnham über den recht gelungenen Sarek bis hin zu dem wirklich süßen Pärchen Stamets/Culber, dem ersten offiziell schwulen Paar in diesem Universum. Ein bisschen nervt zwar diese Tilly, aber vielleicht entwickelt sich die Figur ja noch. Humor könnte für meine Begriffe nicht schaden, der blitzt zwar manchmal auf und ist dann auch staubtrocken, aber insgesamt nimmt sich die Serie dann doch etwas gar zu ernst für ihre eher belanglose, wenn auch den Zuschauer packend gestaltete Handlung.

Es bleibt: Eine recht durchwachsene Serie mit einigen guten Ideen, technisch sehr guter Umsetzung und einer mitreißend gestalteten Handlung, die aber eher schlecht als Recht über ihre Logiklücken hinwegtäuschen kann, auch weil das Rezept: Action statt Handlung einfach bei einem nüchternen Zuschauer nicht funktioniert. Vielleicht trinke ich einfach vorher mehr – aber wer weiß, was dann der Sporenantrieb an Anfällen auslösen kann…

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