Manipuliert am Tatort Guttenberg

In den vergangenen Tagen unserer Republik gab es ein Fernsehereignis über das bereits angefangen wurde reichhaltig zu debattieren und das vor allem durch die Haßpredigten auf allen Seiten erstaunlich negativ auffiel.

Wie bei vielen emotionalen Themen und auch bei vielen nicht-emotionalen die versehentlich dem Boulevard-„Journalismus“ und den angeschlossenen Fernsehanstalten (also alle privaten und manche staatliche) in die Hände fallen, kochte auch hier die Volksseele hoch und ließ sich dumm wie zehn Meter Landstraße in die richtige Richtung lenken. Die Rede ist – natürlich – von dieser einzigartigen Rufmordsendung „Tatort Internet“

Die Freiherrin zu Guttenberg hatte das Thema ja mit angeheizt und sich beim Tittensender RTL II (Big Brother) verkauft um dann vor Kinderschändern zu warnen, per Buch und vor allem mit dieser Sendung.

Nun sei an dieser Stelle einmal glasklar und eindeutig gesagt, daß ich für Kinderschänder absolut nichts übrig habe. Kein Verständnis und keine Milde.

Aber (Das kennen Sie ja nun schon, dieses Aber!) ich weiß nun einmal auch, daß es sich bei Pädophilie um eine wenn auch erschreckende Krankheit handelt. Eine Störung im Sexualtrieb die nebenbei lange Zeit gesellschaftlich für normal gehalten wurde. Im Mittelalter war in Europa eine Eheschließung mit einem 13, 14 oder 15 Jahren alten Kind nicht ungewöhnliches, bei Frauen von Stand waren diese Ehen oftmals schon kurz nach der Geburt geschlossen worden. erst vom 16. bis zum 18. Jahrhundert kann man den Anstieg des Alters bei der Erstheirat von rund 20 auf 25-27 Jahren bei Frauen, von gut 20 auf ca. 30 Jahren bei den Männern beobachten.

Ich will pädophile Taten keinesfalls verteidigen und werde es nicht tun aber ich habe ein Problem damit, daß gerade bei diesem Thema der Rechtsstaatliche Gedanke plötzlich als störend empfunden wird. Einwände gegen Bloßstellung oder die Medienhetze mit der teilweise unschuldige Menschen Opfer werden werden gerne als „Täterschutz“ diffamiert. Rechtsstaatliches Vorgehen, das sich ein bisschen vom „Aug um Auge“ – Gedanken trennt ist „Opferdiskriminierung“, „Täterschutz“ und angeblich rechtfertigendes Blabla.

Nein. Es gibt keine Alternative zum rechtsstaatlichen Vorgehen, auch wenn das heißt, daß ein KiFi ein ordentliches Verfahren bekommt und nicht vom Lynchmob an den nächsten Baum gehängt wird. Man kann immer über härtere Strafen gerade in diesem Bereich diskutieren (eine strafrechtliche Gleichsetzung von Mord und sexueller Nötigung egal gegen wen wäre eine Option über die zu reden ich sehr bereit wäre!) aber das unrechtmäßige Vorgehen eines pseudomoralischen Fernsehsenders, der ansonsten auch mal zur Kindersendezeit Live aus dem Bordell berichten kann, ist weder zu unterstützen, noch kann die diffamierende, beschämende und widerliche Art, mit der Menschen da vom Fernsehen mißhandelt werden gar als glanzvolles Beispiel für das deutsche Rechtssystem Schule sein.

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Zum Schluß möchte ich Sie da auf zwei Aspekte aufmerksam machen:

Sie werden manipuliert. Das Thema ist gerade wegen seiner grauenhaften Inhalte bestens geeignet, um Menschen zu manipulieren. Glauben Sie nicht? Was empfanden Sie bei der Bild-Überschrift: „Erste Sex-Bestie hinter Gittern!“ Klang doch ganz gut, oder?

Es geht bei dem ganzen Thema um Manipulation in zweierlei Hinsicht. Zum Einen sollen Sie, werter Leser, einen Eingriff in den Freiheitsraum Internet emotional befürworten. Sie werden dahingehend manipuliert daß Sie glauben, das Internet sei ein Spielplatz für abnorme Sexualstraftäter (vulgo „Bestien“) und wäre das einzige Umfeld für so etwas. Niemand behauptet das, es wird Ihnen suggeriert, untergeschoben.

Nur um das klarzustellen: Die Täter stammen zu mehr als drei Vierteln aus dem sozialen Umfeld der mißbrauchten Personen, nicht aus dem Internet. Die Oberösterreichische Staatsanwaltschaft geht sogar davon aus, daß 90% der Opfer die Täter gut kennen. Das Internet ist ganz klar ein Bereich in dem sich Kinder nur unter Anleitung und Beistand durch Erwachsene beschäftigen sollten.

Aber, und hier kommt es mal wieder, unter dem Deckmäntelchen des Kinderschutzes versuchen relativ starke Kräfte der Freiheit des Internets Riegel vorzuschieben und (endlich) Zensuren einzuführen. Nur um des Vergleiches Willen: In Nordkorea und China wird die strenge Zensur des Internets mit der Bekämpfung der Pornographie begründet, unangenehme politische Inhalte verschwinden dabei halt zufällig auch mit. Blogs zum Beispiel.

Der zweite Aspekt ist die Manipulation in einer etwas anderen Dimension. Bild, Bunte und RTL II haben es geschafft, den Namen Guttenberg grundsätzlich mit einem positiven „die tut da was aktiv gegen Kinderschänder“ zu verbinden. Nicht nur der Freiherr, sondern auch die Freifrau verstehen es sehr gut mit der Medienmaschinerie zu arbeiten und sie dazu zu mißbrauchen um beim gemeinen Volk eine Stimmung zu schaffen. Angesichts der nicht gerade sehr unauffälligen Medienkampagne, Merkel zu entsorgen und durch Guttenberg zu ersetzen ein interessanter Vorgang.

Guttenberg, der Shooting-Star und an seiner Seite die Frau, die „die erste Sex-Bestie hinter Gitter“ gebracht hat. Da klingelt es doch irgendwie, nicht wahr? Zu Guttenberg und seine Frau brauchen das Thema nicht mehr zu erwähnen. Die entsprechenden Hofberichterstatter werden schon dafür sorgen daß der Wähler das nicht vergisst.

Na hoffentlich vergißt der Wähler auch nicht, daß „Tatort Internet“ keinen einzigen Kinderschänder gezeigt hat. Dafür Frau von Guttenberg, die mit einem Buch zum Thema ein bisschen Geld verdient. Ist eben doch ein anständiges Geschäft bei dem Thema zu machen.