Eine kleine Nachdenkung…

In den vergangenen Tagen unserer Republik gab es ein Ereignis, das den vereinten Bund der unverständlichen Amtssprache zum jubeln hätte bringen können. Mir fiel beim Sortieren alter Unterlagen zufällig die Ebersberger SZ vom 11. März 2008 in die Hand und ich fragte mich, warum ich gerade diese aufgehoben hatte.
Sie kennen das, Sie finden einen alten Ordner mit der Aufschrift „wichtig“ und befreien ihn vom Staub. Dann fragen Sie sich, ob unerledigte wichtige Dinge durch Lagerung gewinnen oder ob man sie lieber zu lässt. Dann probiert man doch und wundert sich warum das mal wichtig war.
Damals war ein wichtiges Thema Ebersberger Jugendliche, die irgendwie jugendlich aussahen und sich auch so verhielten und das in der Öffentlichkeit. Die „Punks“ saßen in Bahnhofsnähe, hörten ein bisschen Musik, tranken ein bisschen Bier (und taten dies in einem öffentlichen Raum mit anderer als Bierzeltmusik!) und sahen dabei irgendwie schmuddelig aus – und angeblich belästigten sie sogar Leute die da vorbei kamen.
Natürlich stellt sich da schnell die Henne-und-Ei – Frage, ob zuerst die spürbare Ablehnung oder zuerst die verbale Belästigung da war (oder ob die spürbare Ablehnung eine Folge der „optischen Belästigung“ war, der sich einige Bürger hier bereits ausgesetzt fühlten) aber zur Sache trug das alles nichts bei. Die junge Union forderte, jugendpolitisch wie sie sich ja versteht, den Bahnhof mit Kameras zu überwachen um die verbrechen der Jugendlichen besser filmen zu können und der Bürgermeister ging sogar persönlich hin und sprach mit den jungen Menschen.
Die Lösung war ein lokales sitz-und-trink-Verbot sowie die Ankündigung der Polizei, öfter mal da vorbei zu gehen und sicherzustellen daß da keiner sitzt und trinkt der Jugendlich aussieht und dabei auch noch keine Blasmusik hört. Die Jugendlichen saßen einfach woanders wo sie keiner sieht und auch keiner mehr gucken kann, was sie eigentlich den lieben langen Nachmittag so treiben und sitzen da vermutlich immer noch. Die Lösung ist prima weil wenn mal was passiert kann glaubhaft versichert werden, man wisse ja von nichts weil sich die bösen Burschen immer verziehen.
Aber als ich den Artikel nochmal so durchlas fiel mir die Formulierung von Ebersbergs Polizei auf, das gesamte Gebiet künftig einer regelmäßigen „Bestreifung“ zu unterziehen. Ich glaube, deswegen habe ich den Artikel aufgehoben. Was zur Hölle ist eine Bestreifung?
Die Nachsilbe -ung macht aus einem Verb ein Substantiv, beispielsweise bei Verdummung, Berufung und Achtung. Ich muß also davon ausgehen, daß die Polizei derzeit Ebersberg „bestreift“. Klar, gemeint ist Streife laufen. Aber bestreift man ein Gebiet durch Streife laufen? Durchstreift man es nicht vielmehr durch Streife laufen? Zudem hat die „be-“ Vorsilbe ja immer irgendwie was auf dem Objekt anrichtendes. Bemalung zum Beispiel macht Farbe drauf. Berufung versetzt einen Menschen mit einem (meist göttlichen) Ruf, also einer Bestimmung. Macht die Polizei jetzt Streifen in Ebersberg? Entstehen so vielleicht Zebrastreifen, ist das eine Bestreifung der Straße?
Abgesehen von diesen sprachlichen Fragen stellt sich außerdem eine für Freunde komplexer Formulierungen. Diese Art im Beamten-Jargon, Dinge zu substantivieren. Das ist zwar präzise weil es abgeschlossene Handlungen suggeriert, aber es hört sich einfach bescheuert an. Glauben Sie nicht?

Lassen Sie uns mal eine kleine Nachdenkung machen. Beziehungsweise die Machung der Denkung ins Auge fassen. Wenn die Ausdrückung von präziser Formulierung die Notwendigkeit der Schaffung von Ausdruckungen ist, welche die Lesung der Sprechung mit einer Erschwerung versieht, so ist das eine Benachteiligung dessen, der die Lesung mit einer Vornehmung versieht. Kapierung?