Ich bekomme als städtischer Mitarbeiter beinahe täglich mit, wie kompliziert viele die Tarifumstellung zum 1.1.2020 bei den öffentlichen Verkehrsmitteln in München finden. Dabei war doch der Ansatz, dass man es einfacher machen wollte. Ist das gescheitert? Nein, im Gegenteil!
Zugegeben: Wer den Münchner Tarifwald mit seinen drei verschiedenen Tageskarten, 16 Ringen, 4 Zonen, Einzel-, Gruppen-,Jugend-, Senioren-, Jugendgruppen-, Seniorengruppen- und Streifentickets gewöhnt war, der fühlt sich im ersten Augenblick wahrscheinlich tatsächlich überfordert.
Das neue Tarifsystem hat erst einmal einen wesentlichen Vorteil: Wesentlich mehr Menschen müssen für ihre Fahrten wesentlich weniger bezahlen. Das finde ich richtig und wichtig. Jetzt müssten nur noch ein paar mehr Züge fahren, weil unter einem Passagierdesinteresse leidet der MVV bzw. die MVG nun wirklich nicht…
Aber zum Tarifsystem: Bislang war die Stadt für Nichteinheimische in 4 Zonen aufgeteilt: Innenstadt (weiß) und drei Außenzonen. Der (oder die) Einheimische, der in der Regel eine Wochen- oder Monatskarte nutzen sollte, hatte 16 Ringe. Vier im Innenstadtbereich und 12 in den Außengebieten. Man berechnete nun einfach die Zahl der Zonen (Einzeltickets / Tagestickets) bzw. Ringe (Wochen-/Monatskarten), die man richtig betreten oder durchquert hat und wusste, was man zahlen muss. durchquerte man eine Zone zweimal, war diese auch zweimal zu bezahlen – aber nie mehr als vier Zonen.
Der Durchschnitt aus den beiden Systemen (16 und 4 Geltungsbereiche) wären 10, das ist noch recht viel und darum gibt es jetzt für alle 7 Geltungsbereiche – Einheimische wie Touristen.
Bei den monatelangen Verhandlungen kam eine neue und recht bunte Karte heraus, die sich von der Alten dann doch ziemlich unterscheidet. Das spannende an der neuen Karte sind die Tarifgrenzen und da stößt das Verständnis vieler offenbar auch auf Grenzen.
Die neue Preisstruktur verlangt nämlich nun wieder Preise nach den Zonen, wobei Fahrten im Außenraum kombiniert günstiger sind als Fahrten aus München heraus in den Außenraum.
Das Problem: nach zähen Verhandlungen mit den Gemeinden und Landkreisen ist das Ergebnis nun, dass sehr viele Haltestellen auf Zonengrenzen liegen. So liegen an der Linie S3 zum Beispiel alle Haltestellen zwischen Fasanenpark und Deisenhofen an der Zonengrenze zwischen Zone M und Zone 1. Das bedeutet, sie sind von der Innenstadt aus mit einem Ticket für die Zone M (oder einer DB-Fahrkarte) erreichbar (was früher nicht möglich war, weil Deisenhofen im Außenbereich lag), aber sie liegen auch in der Zone 1, weswegen die Fahrt nach Otterfing (jetzt in Zone 2) nun nur 3,30€ kostet statt wie bisher 4 Streifen bzw. 5,80€.
(Puristen mögen an der Stelle anmerken, dass man aber von Deisenhofen nach Otterfing auch mit einer Kurzstrecke hätte fahren können. Ja, aber nicht vom Fasanenpark aus. Nun kostet es das gleiche – die Deisenhofener etwas mehr, die Fasanenparker weniger. Wenn der Deisenhofener schlau ist, nimmt er nach Otterfing aber weiterhin die Kurzstrecke für 1,70€…)
Gibt es auch Nachteile?
Klar, wo gibt’s die bitte nicht? Verlierer sind diejenigen, die bislang nur die äußeren Ringe genutzt haben und nicht die Innenstadt bei ihrer Monatskarte mit dabei haben. Wer zum Beispiel in Heimstetten wohnt und in Berg am Laim arbeitet, der kam mit 3 Ringen (66,60€/Monat) aus und braucht nun die M+1 Fahrkarte (88.90€).
Insgesamt sind fast alle, die bislang im Ring 5 wohnten und Richtung Innenstadt nur bis Ring 3 mussten, die Verlierer der ganzen Geschichte.
Verwirrend wird das Ganze in manchen Ecken, beispielsweise zwischen Moosach und Karlsfeld. Ich hab mal in Karlsfeld gewohnt und bin via Moosach zur Arbeit gefahren. Da schiebt sich so ein gelber Zone-1 – Streifen zwischenrein, aber der Bus der da pendelt bleibt trotzdem die ganze Zeit in der M-Zone. Das dient nur der visuellen Aufbereitung, weil Moosach und Karlsfeld nun M/1 – Haltestellen sind – also sowohl in der Zone M wie auch in der Zone 1 liegen.
Karlsfeld war übrigens bislang Außenbereich, der Ortsteil, in dem wir wohnten, aber Innenstadt. Mit der S-Bahn nach Hause zu fahren war also erheblich teurer, als mit dem Bus. Der Quatsch mit den Zonengeteilten Ortschaften gehört nun auch der Vergangenheit an.
Ob Sie, werter Leser, einen Vor- oder Nachteil haben, können Sie direkt beim MVV prüfen lassen. Der bietet nämlich einen einfachen Tarifcheck an.
Meine persönlichen Vorteile
Für mich als Garchinger sind die zeitweilig ziemlich schwierigen Verhandlungen nur fast gut gelaufen. Bislang liegen wir in Zone Grün, Ring 6. Künftig in Zone 1 was für mich bedeutet, dass ich ein M+1 – Ticket brauche, das als Einzelticket mit 5,00€ zwar billiger ist als jetzt (5,80€), dass ich aber gegenüber den nur unwesentlich näher an München wohnenden Menschen in Fröttmaning an der Fußballarena benachteiligt bin. Damit die Fußballfans nicht alle Auto fahren liegt die Arena nämlich zufällig noch im „Innenstadtbereich“. Andererseits haben die Menschen, die da wohnen eben die Arena nebenan… da zahle ich lieber mehr für’s Ticket.
Nicht in der M-Zone zu sein, ist aber eigentlich nicht so tragisch: In Wahrheit sinkt aber für mich auch der Preis: Kostete die IsarCard für 6 Ringe bislang 103,70€ pro Monat, kostet sie künftig 88,90€ im Monat. Das sind 14,27% weniger! Wo bitteschön erlebt man denn noch Preissenkungen bei öffentlichen Verkehrsmitteln heutzutage?
Noch dazu wird wohl der LKR München versuchen, die Zusatzkosten der „+1“ – Zone abzufangen. Sprich: Ich werde wohl die 33,70€/Monat vom Landkreis auf Antrag erstattet kriegen. Wow. Da jetzt die LHM zudem noch die IsarCard Job für mich als städtischen Mitarbeiter finanzieren wird (die nochmal 10% weniger kostet, aber nur das Jahresabo bezahlt, das mir zu viel auf einmal ist), fahre ich dann wohl nurmehr für einen winzigen Differenzbetrag im Monat mit den Öffis! Da sage ich doch mal: Danke, München!