Kleiner Hinweis zum Friedensnobelpreis….

Morgen wird er ja verliehen und ich hoffe doch schwer, daß ihn nicht Helmut Kohl bekommt. Das wäre das letzte, was im Wahlkampf noch fehlt daß Steinbrück Helmut Schmidt und Merkel Helmut Kohl durch die Wahlkabinen schiebt und die CDU rufen kann: „Unser Kanzler ist Friedensnobelpreis!“

Tatsächlich haben nur zwei deutsche Kanzler den Friedensnobelpreis jemals erhalten:

Das war zum Einen Gustav Stresemann 1926 und 1971 Willy Brandt für seine Ostpolitik. Stresemann war ein Liberaler, Brandt Sozialdemokrat im besten Sinne. Ansonsten gabs den nur für deutsche Pazifisten: Carl von Ossietzky 1935 und zuvor 1927 ging er an Ludwig Quidde.

Interessant…

In den „finsteren Tagen“ der Großen Koalition hatte sich die Medienwelt mit einer gewissen Freude auf die SPD eingeschossen. Egal ob es konservative Zeitungen waren wie die FAZ oder gar irgend ein Brechreizblatt wie die Passauer, auch liberale und gar eher linksgerichtete Zeitungen gaben sich kräftig Mühe, die SPD aus der Regierung zu schreiben und das mit überwältigendem Erfolg.

Beobachtet man nun gerade als „Sozi“ die Medienlandschaft, so stellt man wenig überraschend fest, daß sich eigentlich nicht viel geändert hat mit einem Unterschied: nach wie vor werden die konservativen SPD’ler rund um den Seeheimer Kreis und vor allem die Netzwerker eifrig hoffiert.

Ein sehr interessantes Nebenspiel stellten die Tagesthemen gestern dar: Steinmeier, ein wichtiges Element der Troika von Gabriel, Steinbrück und ihm selbst wurde interessant und geradezu persönlich (aber wenig inhaltlich!)  befragt während zuvor bereits bei Jauch die SPD in Form von Steinbrück hoffiert wurde – man hatte sogar extra Helmut Schmidt zum Bauchpinseln bestellt. Es stellt sich die Frage, was genau wollen uns unsere Herren und Damen Massenmedien denn sagen – und in wessen Auftrag?

Abgesehen davon, daß ich von Steinbrück, nachdem ich ihn persönlich ein, zwei Mal erlebt habe, relativ große Stücke als Menschen halte, verbindet mich eigentlich nicht sehr viel mit ihm. Im Gegenteil – politisch sehe ich viele Dinge ein wenig anders als er, aber das ist ja das Schöne an der SPD, man darf auch eine eigene Meinung haben und diese diskutieren.

Ein bißchen irritiert mich aber schon, wie der Hype um Steinbrück getrieben wird – geradezu ausgerufen wird er als „logischer“ Kandidat. Ähnliches passierte hier in Bayern wo ausgrechnet Christian Ude nun Chef werden soll. Auch auf Ude halte ich persönlich große Stücke – der Mann hat viel Humor und ein angenehmes, intellektuelles Wesen – aber mir passt diese Haltung nicht, daß es unbedingt der sein muß „mit dem man Erfolg haben (könnte)“. Politik hat viel mit Inhalten zu tun und was ist in Bayern denn grad der Brenner – jedenfalls in Oberbayern? Genau: Die dritte Startbahn für den Münchner Flughafen. Ich will das hier noch nicht diskutieren aber soviel dazu: Sowohl die Bayern- wie auch die BundesSPD haben sich ziemlich klar dagegen ausgeprochen. Die, die das wollen sind neben der CSU vor allem die Betreiber des Münmchner Flughafens – und das sind ziemlich üble Outsourcer und Lohndumper. Auch würde München zum Drehkreuz ausgebaut, also gar nicht mehr Fluggäste aus der Region ziehen sondern nur Umsteiger bedienen. Mehr Flugverkehr für weniger Arbeitsplätze aber – und das ist wohl der Punkt – mehr Tourismuswerbung, mehr Gewerbesteuer, mehr Umsatz für die, die schon haben.
Die SPD hatte einen Parteitagsbeschluß gefasst der sich gegen diese Startbahn aussprach – auch im Hinblick auf die kleineren Flughäfen in Bayern (von denen m.E. nach zumindest Hof ohnehin so überflüssig wie ein Kropf ist aber sei’s drum). Nun, dank einem seeehr vorzeitigen Presserummel rund um Ude, hüpft die BayernSPD sobal der Journalist winkt. Ab in die Manege!

Und genau den selben Unsinn droht – nicht zum ersten Mal – die BundesSPD nun auch zu machen. Springen Steinmeier und Gabriel noch immer auf jede hochgezogene Augenbraue des tiefgezogegen Mundwinkels, sprich: sobald irgendwo ein Rot-Rot droht packt die CDU die Ypsilantifalle aus und die BundesSPD überschlägt sich in der Beteuerung, keinesfalls mit irgendwelchen „Spinnern“ koalieren zu wollen, so soll nun auch die Partei auf Befehl von Presse und der diese bezahlende via Anzeigen unterstützende Finanzwirtschaft hüpfen.

Natürlich ist alle Programmatik, alle Prinzipienreiterei wie ich sie hier in meiner kleinen Ecke des Internets treiben kann eine schöne Sache, reden wir also mal Realpolitisch Tacheles und vor allem mal in Zahlen. Damit die SPD den Kanzler stellen kann müssen drei Dinge eintreten:

  • Die SPD muß stärkste Kraft noch vor der CDU/CSU werden. Das ist, nach Stand der Dinge, unrealistisch. Da fehlen 5% nur alleine in den Umfragen – und angesichts der Tatsache, daß die SPD noch  nicht wieder als Partei der Menschen, sondern als „Genosse der Bosse“ wahrgenommen wird, wird ihr da nicht drüberhelfen. Warum CDU light wählen wenn ich CDU haben kann?
  • CDU/CSU und Grüne dürfen nicht auf eine gemeinsame Mehrheit kommen. Sollte das geschehen ist das eine ziemlich wahrscheinliche Koalition, auch wenn sich bislang alle öffentlich davor sträuben. Tatsächlich ist der durchschnittliche Grünenwähler mit dem der FdP gar nicht so verschieden, lediglich die Politisierung ist bei den Grünen höher und dementsprechend ein vierlerorts vorhandenes Problembewußtsein.
  • Die FdP muß doch die 5% knacken und die Piraten dürfen nicht zu stark werden. Ohne Witz: fliegt die FdP raus könnten die Piraten eher versehentlich Steigbügelhalter für eine Große Koalition oder Schwarz-Grün werden, käme die FdP wieder rein wäre sogar trotz allem eine Schwarzgelbe Fortsetzung denkbar., schlicht weil andere Mehrheiten fehlen.

Niemand will die FdP wieder im Parlament. Eigentlich nie wieder. Alleine die widerwärtige Arroganz von Christian Linder beim Kommentar zum Jauch’schen Politikhampeln war prägnant: „Wenn Peer Steinbrück stärker die Nähe von Helmut Schmidt als von Sigmar Gabriel sucht, dann enthüllt das die Identitätskrise der SPD“, sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner am Sonntag in Berlin. „Steinbrück und Schmidt loben noch eine Agenda-Politik, die die Gabriel-SPD schon längst auf Parteitagen wieder abgewickelt hat.“ So wie Helmut Schmidt als Bundeskanzler seinerzeit die Unterstützung der eigenen Partei verloren habe, so stehe überdies Peer Steinbrück heute noch nicht einmal vor einer möglichen Kandidatur für das Programm der SPD. „Das ist die Figuren-Konstellation einer griechischen Tragödie.“ Lindern empfahl Steinbrück, er solle in seiner Partei lieber für seine politische Linie kämpfen, statt „als Buchautor die Republik zu bereisen und den Vorwahlkampf Barack Obamas mit provinzielleren Mitteln kopieren“.“ Und das von der Partei, die bei der erstbesten Gelegenheit Heckenschütze spielte und Helmut Schmidt politisch in den Rücken schoss. Na Prost Mahlzeit.

Aber selbst wenn die FdP nicht reinkommt könnte es für Rot-Grün dennoch schwer werden – gerade wegen der Piraten. Sie könnten damit Merkel unbeabsichtigt zu einer dritten Kanzlerschaft verhelfen. Zumindest so lange sich Steinbrück (oder wer auch immer aus der SPD) weigert, eine Koalition mit der Linken einzugehen.

Und vielleicht ist das auch genau das Ziel: Austauschbarkeit bei den Kandidaten, Uniformität bei den Inhalten. Sollte die SPD wider Erwarten den nächsten Kanzler stellen werden wir von der Anstandsseite – also von den echten Sozialdemokraten – aber gehörig mitreden!