… und es geht um in Europa. Bislang war es allen klar, daß auf Demokratie nur eine Sorte von Menschen allergisch reagieren: Diktatoren. Meistens die bösen, die vom Kommunismus, die auch so ein Gespenst besitzen. Jetzt sind es „die Märkte“. Was sagt das über „die Märkte“ aus?
Erst einmal: Keine Angst. Es sind gar nicht „die Märkte“, Sie können auch morgen noch Brot kaufen, auch wenn die Griechen plötzlich ungefragt das Volk befragen. Es sind die Finanzmärkte, um die es geht. Aber sie schaffen es spielerisch, durch ein bißchen Kursturbulenz Mittwoch und Donnerstag nahezu alle Europäischen Regierungen in Panik zu versetzen.
Was sagt das eigentlich aus? Also vor allem: Was sagt das uns?
1. „Die Märkte“, also die Finanzmärkte sind mit Demokratie offenbar ein bißchen überfordert. Das war so auch nicht abgemacht daß die Märkte den Griechen ein Angebot machen und dann die griechische Regierung einfach mal bei den Betroffenen nachfragt. Haben Sie schonmal erlebt, daß der überschuldete Chef Ihrer Firma eine Mitarbeiterbefragung durchführt bevor er entlässt? Nö, ne? Aber die EU ist gar nicht der Chef des griechischen Volkes.
2. Wenn es für die EU ein Problem ist, wenn ein Staat sich in Demokratie übt möchte ich im Zusammenhang mit Libyen und der Türkei gerne nochmal ein paar Fragen stellen dürfen. Wäre Gadhaffi noch am Leben käme er sich vermutlich nicht nur verfolgt, sondern auch verarscht vor. Von daher hat er schon fast Glück gehabt.
Ich selber war erleichtert als Merkel den Schuldenschnitt durchgedrückt hatte. Ehrlich gesagt, das war das erste Mal, daß ich ernsthaft den Eindruck hatte, wir haben eine Regierung der es nicht nur ums Zäpfchendasein für die Mächtigen geht. Das war eine ziemlich harte und sicher nicht einfache Verhandlung. Sie war im Ergebnis eine Minimalentscheidung und eigentlich auch eine sich aus der Logik erzwingende Selbstverständlichkeit, aber welcher Banker ist schon mit sowas unwichtigen wie der Realität vertraut? Wir reden hier von der Finanzwirtschaft!
Die widerwärtige Reaktion aus Europa zeigt aber doch das von Erwin Pelzig zurecht angeprangerte System, daß die Kanzlerin eine marktkonforme Demokratie im Kopf hat. Und das stellt Fragen, oder?
Tatsache ist: „Der Markt“, also der komplett liberale Markt, ist das Gegenteil von Zivilisation. Das Prinzip der Zivilisation ist ja das nominelle Herauslösen aus der Evolution um Letztendlich mehr Lebewesen Leben zu ermöglichen: Zivilisiert ist, an einem Zebrastreifen anzuhalten nud nicht einfach über alte Menschen drüberzubrettern, nur weil man der Stärkere ist. Die Errungenschaft der Zivilisation ist die Kanalisierung von Gewalt zugunsten eines Sozialverhaltens. Der Starke hilft dem Schwachen, er beutet ihn nicht aus.
Da sind wir noch nicht, keine Frage. Wer sieht daß unsere Zivilisation, also die Freiheit und der Wohlstand der Ersten Welt letztendlich von der Abhängigkeit und dem Leid in der Dritten abhängt – und das tut er, ohne Zweifel! – der weiß, so weit sind wir noch nicht.
Die Entwicklung der Demokratie, die zum Teil harrsche Verteidigung desselben („Ein Amerikaner würde über einen Ozean segeln um die Demokratie zu verteidigen aber nicht über die Straße gehen um zu wählen“) zeigt aber, daß letztendlich eine Mitbestimmung – eine kanalisierte vielleicht aber eine Mitbestimmung – der Weg zur Wahrheit ist.
Der Markt hingegen ist kein demokratisches Prinzip, er ist das Gegenteil. Der ungezügelte Liberalismus ist letztendlich nichts anderes als das Prinzip des Starken, der den Schwachen frisst. Auf das reale Leben heruntergebrochen lässt ein Banker sie von seinen Gehilfen Zusammenschlagen um Ihren Partner zu erobern und zu besitzen. Die Gehilfen hoffen, sie kriegen was ab. So funktionieren Räuberbanden und der Unterschied zwischen dem Neandertaler und dem Homo Sapiens Sapiens wird auf einmal sehr wenig Sapiens.
Denken Sie mal an den Beginn dieses Unsinns zurück: Die erste Finanzkrise. Da ging es noch um Immobilien. Also die Durchreisenden haben den Räubern im Wald ihre Wegstrecke verkauft und dafür das Versprechen erhalten nicht überfallen zu werden. Die Wegelagerer wußten, daß Reisdenden nicht viel dabei haben und ncht bewaffnet sind und haben daher beschlossen, nicht zu überfallen.
Aber, und das ist nun entscheidend, sie haben die Strecke der Reisenden weiterverkauft. Und die neuen Käufer haben überlegt und beschlossen, daß es für sie vielleicht auch nicht langt und das auch weiterverkauft… so lange, bis eine Gruppe beschlossen hat die Reisenden doch zu überfallen und prompt leer ausging. Für die Reisenden war das blöd – sie waren nun blank und wohnungslos – aber für die Räuber die bei anderen in der Pflicht standen war das katastrophal.
Das Absurde an der Mär ist nun: Die Räuber baten den Sheriff um Hilfe. Und der hat nicht etwa den Reisenden geholfen sondern versucht, den Räubern einen Ausgleich zu verschaffen indem er für die Reise künftig eine Gebühr erhob. Die versprach zwar keine unmittelbare Sicherheit vor den Räubern aber den künftigen Reisenden wurde versichert, daß die Räuber nun erstmal bekommen hatten was sie wollten und die Reisenden daher eine gewisse Sicherheit hatten. Nur – das galt nicht für die anderen Wegelagerer, die bislang nur weiterverkauft hatten. Dreimal dürfen Sie raten wie das weiterging.
Der Homo Stupidus, mit dem wir es hier zu tun haben, muß aber uninformiert bleiben, wenn er trotz dieser Zuständer weiterhin den Sheriff wählen soll. Und das ist das Problem, das Merkel und co mit der Idee, das griechische Volk zu befragen haben. Würde man die Griechen nämlich fair behandeln und injformieren, waären sie längst noch viel wütender, als sie es eh schon sind. Also reagiert Merkel „schmallippig“.
—
Wir brauchen eine Reale, auf Bildung basierende Demokratie. Und das so ziemlich jetzt gleich.